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Japan Brief (Foreign Press Center Japan)


27. 01. 2007

 

 

Regierungserklärung von Premierminister Abe vor dem Parlament - Umbau des Bildungswesens genießt höchste Priorität

In seiner ersten Regierungserklärung anlässlich der Eröffnung einer ordentlichen Sitzungsperiode des Parlaments vor den versammelten Abgeordneten des Ober- und Unterhauses plädierte Premierminister Shinzo Abe am 26. Januar für einen Abschied vom System der Nachkriegszeit, stellte seine Ideen umfassend dar und setzte sich für den Gesetzentwurf über ein Referendum zur Änderung der Verfassung ein, der in der aktuellen Sitzungsperiode des Parlaments verabschiedet werden soll. Premierminister Abe ging zudem näher auf den Umbau des Bildungswesens ein, der in seinem Kabinett "höchste Priorität" genießt, indem er die Revision des Konzepts einer "Bildung mit Raum für persönliche Entwicklung" (Lernen ohne Druck) ankündigte und die Bedeutung der Bildung der Kinder mit Blick auf Werte wie "Engagement für die Allgemeinheit, Selbstdisziplin, Moral sowie Verbundenheit und Liebe für die Gemeinschaft und das Land" hervorhob.

Revision des Systems der Nachkriegszeit

Zu Beginn seiner Rede erklärte Premierminister Abe: "Ich möchte Japan zu einem Land machen, das als Modell in der internationalen Gemeinschaft des 21. Jahrhunderts fungiert." Er fuhr fort: "Es ist offensichtlich, dass viele unserer grundlegenden Systeme - angefangen bei der Verfassung bis hin zum Verwaltungssystem, der Bildung, der Wirtschaft, dem Beschäftigungssystem, dem Verhältnis von Regierung und Kommunen sowie der Außen- und Sicherheitspolitik - den im 21. Jahrhundert stattfindenden Umbrüchen nicht mehr gewachsen sind. [...] Daher ist jetzt die Zeit gekommen, das System der Nachkriegszeit bis zu den Anfängen zurückreichend gründlich zu überprüfen und Segel für einen neuen Kurs zu setzen."

Premierminister Abe unterstrich, dass für die Umsetzung seiner Vision eines "schönen Landes Japan" eine "vitale Wirtschaft die unverzichtbare Grundlage darstellt." Er betonte zudem, dass seine Regierung eine auf die Stärkung des Wachstumspotentials durch Verbesserung der Produktivität ausgerichtete neue Wachstumsstrategie fördern werde. Hinsichtlich der Einkommensunterschiede hob er erneut die Bedeutung neuer Chancen für die Menschen hervor und kündigte die Absicht seiner Regierung an, notwendige Änderungen beim System der Mindestlöhne vorzunehmen, um die Lage der Beschäftigten in schwieriger wirtschaftlicher Situation zu verbessern und die Beschäftigung zu sichern, indem der Wille zur Arbeit gefördert wird.

Bezüglich der Anhebung der Verbrauchssteuer kündigte Premierminister Abe an, eine grundlegende Reform des Steuersystems in Angriff zu nehmen, damit die Last der in Zukunft weiter steigenden Sozialabgaben von allen Generationen gleichermaßen getragen wird. In Bezug auf das Amt für Sozialversicherung machte er klar, dass dieses aufgelöst und in sechs Abteilungen aufgeteilt wird. Die neue Einrichtung werde einen besonderen nicht-öffentlichen Status haben. Hinsichtlich der Sicherheitspolitik brachte der Premierminister seine Absicht zur Verabschiedung eines ständig geltenden Gesetzes über Auslandseinsätze der Selbstverteidigungsstreitkräfte zum Ausdruck und unterstrich: "Wir müssen die verfassungsrechtliche Grundlage für die nationale Sicherheit neu gestalten, um mit den Erfordernissen der heutigen Zeit mithalten zu können."

Als spezielle Maßnahmen für die unmittelbare Zukunft kündigte Premierminister Abe u.a. (1) für Mai die Aufstellung einer Strategie namens "Innovation 25" für technologische Innovationen sowie der "Asia Gateway Initiative" für den Austausch mit anderen asiatischen Staaten an; (2) für April sei der Beginn des "Programms zur Selbsthilfe für hilfebedürftige Regionen" vorgesehen, das den Kommunen Unterstützung für unabhängige Projekte, etwa die Vermarktung einheimischer Produkte, gewährt; (3) verfolge er das Ziel, Japan erneut zum "sichersten Land der Welt" zu machen, indem bis zum Frühjahr diesen Jahres alle Polizeiwachhäuschen (koban) wieder besetzt werden.

Diesjährige Oberhauswahl im Blick

Die Rede von Premierminister Abe kommentierte ein Artikel der Yomiuri Shimbun am 27. Januar: "Während er die Themen auf der Grundlage seiner eigenen politischen Ideen, wie z.B. die Änderung der Verfassung, hervorhob, legte Premierminister Abe zudem in umfassender Weise konkrete Maßnahmen wie die Wiederbelebung der Regionen vor, die in der ersten Jahreshälfte in Kraft treten werden. Diese waren wohl in hohem Maße der im Sommer anstehenden Wahl zum Oberhaus geschuldet." Die Asahi Shimbun meinte am 27. Januar: "[Premierminister Abe] kündigte eine Rückkehr zu konservativen Ideen, etwa die Revision der Verfassung und eine Bildungsreform, an. Gleichzeitig wandte er sich gegen die Politik der Demokratischen Partei Japans (DPJ) zur Aufhebung der Einkommensunterschiede, indem er die Sicherung von Arbeitsplätzen für Jugendliche einschließlich Teilzeitkräfte anführte. Er verfolgt somit eine Doppeloffensive." Die Mainichi Shimbun stellte am 27. Januar fest: "Die Regierungserklärung hatte einen deutlich konservativeren Grundton als seine Rede vor dem Parlament im Herbst letzten Jahres. Ein Beispiel dafür ist seine Erklärung zum Abschied vom System der Nachkriegszeit, das auf der aktuellen Verfassung beruht. Obgleich die Zufriedenheit mit der Regierung weiter abnimmt, kann man sagen, dass sein Ziel mit Blick auf die Oberhauswahl im Sommer in der Konsolidierung der konservativen Wählerstimmen durch eine 'Rückkehr zu den Ursprüngen' besteht."

Im Regierungslager lobte der Generalsekretär der Liberaldemokratischen Partei (LDP), Hidenao Nakagawa, die Rede und betonte: "Es war eine Aufgabe der Regierung Abe, schnell zu handeln. Die Rede entsprach der Ernsthaftigkeit und Aufrichtigkeit des Premierministers." Der Chef der Neuen Komei-Partei, Akihiro Ota, meinte: "Es war eine gute Rede, die das Engagement und die Absichten des Premierministers deutlich machte." Er fügte jedoch hinzu, "es wäre besser gewesen, wenn er etwas ausführlicher über das Problem der Beziehung zwischen Politik und Geld gesprochen hätte." Die Opposition hingegen äußerte lautstarke Kritik. Der amtierende Vorsitzende der (DPJ), Naoto Kan, meinte: "Meiner Meinung nach war das eine Rede, mit der jedem Genüge getan werden sollte - ohne Inhalt und Einfluss." Der Chef der Kommunistischen Partei Japans, Kazuo Shii, bemerkte: "Da war absolut nichts, was den Wünschen und Empfindungen der Menschen in Bezug auf die Politik entsprochen oder Nachhall gefunden hätte." Mizuho Fukushima, die Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei, betonte: "Er [der Premierminister] stellt sich in keiner Weise den Nöten und Sorgen der Menschen."

Abes Markenzeichen

Die führenden Tageszeitungen kommentierten die Rede in ihren Leitartikeln vom 27. Januar.

Der Leitartikel der Asahi mit der Überschrift "Abes Regierungserklärung: Der Premierminister muss die Probleme anpacken" unterstrich, dass viele Menschen Premier Abes Rede verfolgten, um zu hören, wie er seine Entschlossenheit zur Untersuchung der aktuellen Skandale in Bezug auf die Beziehungen zwischen Politik und Geld zum Ausdruck bringt, in die mehrere Minister involviert sind, die er selbst ernannt hat: "Abe ging jedoch auf keinen der Vorwürfe ein". Die Asahi kritisierte: "Es schien, als ob Abe nicht mit den Skandalen, die seine Regierung erschüttern, in Verbindung gebracht werden wollte." Mit seiner Betonung der Bildungsreform, so die Asahi, habe Abe die Bedeutung hervorgehoben, den Kindern Werte "wie Engagement für die Allgemeinheit, Selbstgenügsamkeit, Verbundenheit und Liebe für die Regionen und das Land, in dem sie geboren wurden und aufwuchsen sowie moralische Standards" zu vermitteln. Aber: "Während er dies predigt, scheint Abe den aktuellen politischen Skandalen gegenüber blind zu sein. So wird er die Öffentlichkeit kaum für sich gewinnen."

Unter der Überschrift "Besonderheiten bleiben unsichtbar" führte die Mainichi Shimbun als Charakteristik der Rede " Abes Konservatismus, sein Markenzeichen, das er sich auf die Fahnen geschrieben hat", an. Unter Verweis darauf, dass "die Vorstellung vom ‚schönen Land', das der Premierminister verfolgt, vage bleibt", stellte die Mainichi fest: "Anstelle abstrakter Begriffe erwarten wir von ihm ein umfassendes Bild, das die Menschen verstehen können." Hinsichtlich der Änderung der Verfassung forderte die Mainichi zudem: "Wir möchten, dass der Premierminister detaillierter auf die Bestimmungen des revidierten Artikels 9 eingeht, den er vorzulegen gedenkt." Zur Bildungsreform schrieb die Mainichi: "Wir erwarten eine deutliche Erklärung, wie die Reformen zu einer Lösung solch schwerwiegender Probleme wie der Gewalt in den Schulen und den abnehmenden akademischen Fähigkeiten beitragen sollen."

Bezüglich der Betonung der Notwendigkeit einer gründlichen Überprüfung des Nachkriegssystems "bis zurück zu seinen Ursprüngen" durch Abe gleich zu Beginn seiner Rede forderte die Yomiuri: "Wir können es kaum erwarten, zu sehen, wie er diesen entschlossenen Worten Taten folgen lässt. Wir hoffen, dass er die Details und den Ablauf der von ihm angestrebten Reformen ausführlich erläutert und diese gründlich im Parlament diskutiert werden." Mit der Feststellung, dass eine Änderung der Verfassung "notwendig ist, wenn sich unser Land vom System der Nachkriegszeit befreien will", schrieb die Yomiuri: "Um dies zu tun, muss Abe das Parlament den Gesetzentwurf über ein Referendum verabschieden lassen, da dieses Gesetz die Vorgehensweise bei der Änderung des höchsten Gesetzes festlegt." Die Yomiuri bezog sich zudem auf Premierminister Abes Zitat von Yukichi Fukuzawa am Ende seiner Regierungserklärung: "Das Zitat unterstreicht, wie wichtig es ist, sich Schwierigkeiten entschlossen zu stellen und ihnen nicht auszuweichen." Sie bemerkte zudem: "Abe muss die Probleme, die vor ihm liegen, anpacken und Maßnahmen zu ihrer Lösung ergreifen."

Die Nikkei (der neue Name der Nihon Keizai Shimbun) beschrieb die Rede als "von ‚Abes Markenzeichen' durchdrungen." Sollte die Zustimmung für die Regierung weiter sinken, so die Nikkei, wäre ein oft genannter Grund dafür die Unzufriedenheit mit dem "Mangel an Führungsstärke". Die Zeitung unterstrich: "Um in die Offensive zu gehen, ist es [für das Kabinett] notwendig, in der aktuellen Sitzungsperiode des Parlaments konkrete Ergebnisse zu erzielen." Am Ende seiner Rede habe Premierminister Abe Yukichi Fukuzawas Äußerung über den Geist der Samurai zitiert: "Ich werde mit ganzem Herzen und ganzer Seele an die Spitze treten und den Weg weisen, um mit unerschütterlicher Entschlossenheit die verschiedenen Reformen umzusetzen [...]" Die Nikkei kommentierte: "Der Weg nach vorn wird sich nur dann öffnen, wenn er - wie er sagt - an die Spitze tritt und die Reformen entschlossen durchführt." 

Indem sie die Forderung nach einem "mutigen Abschied vom Nachkriegssystem" als Charakteristikum der Rede bezeichnete, stellte die Sankei Shimbun fest: "Mehr als alles andere ist es notwendig, dass Abe voranschreitet und die Reformen verwirklicht." Sie schrieb weiter: "Herzstück ist das Bewusstsein, dass ‚etliche der grundlegenden Systeme' - beginnend mit der Verfassung, dem System der Verwaltung, der Bildung [und so weiter] ... nicht mehr in der Lage sind, den großen Veränderungen des 21. Jahrhunderts Rechnung zu tragen'". Die Sankei unterstrich: "Die Verantwortung des Premierministers besteht darin, 'mit dem richtigen Sinn für das Tempo Schritt für Schritt Ergebnisse vorzulegen', um ein Land zu gestalten, das dem 'neuen Modell' entspricht." Die Sankei meinte weiter: "Der Premierminister nahm Bezug auf den Geist der Samurai bei der Bewältigung von Problemen. Das darf keine bloße Worthülse bleiben."

(Copyright 2007 Foreign Press Center, Japan)

 

 

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