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Japan Brief (Foreign Press Center Japan)
08. 02. 2007
Wiederaufnahme der Sechsparteien-Gespräche: Nordkorea fordert u.a. 500 000 Tonnen Schweröl als Gegenleistung für Stilllegung eines Atomreaktors
Die Sechsparteien-Gespräche über Nordkoreas Atomprogramm wurden am 8. Februar in Beijing wieder aufgenommen. Die Gespräche waren im Dezember letzten Jahres aufgrund der Differenzen zwischen den Vereinigten Staaten und Nordkorea bezüglich der Aufhebung finanzieller Sanktionen gegen Pjöngjang zum Stillstand gekommen. Nach ersten Konsultationen zwischen den USA und Nordkorea in Berlin stellte sich nun die Frage, ob eine Vereinbarung über erste Maßnahmen hinsichtlich der Einstellung des nordkoreanischen Atomprogramms (einschließlich der Stilllegung von Atomanlagen) geschlossen werden kann. Allerdings wird erwartet, dass Nordkorea die Lieferung von jährlich 500 000 Tonnen Schweröl und die Gewährung humanitärer Hilfe, z.B. Lebensmitteln, fordern wird, so dass der Ausgang der Verhandlungen offen ist.
Berichten zufolge äußerte der nordkoreanische Chefunterhändler, der stellvertretende Außenminister Kim Kye Gwan, u.a. gegenüber einem früheren Beamten der US-Regierung, der Nordkorea besuchte, dass Pjöngjang im Gegenzug für die Stilllegung des Yongbyon-Kernreaktors jährlich mehr als 500 000 Tonnen Schweröl oder eine entsprechende Energiemenge an Hilfslieferungen fordert. (Im Rahmen der 1994 getroffenen Vereinbarung zwischen den USA und Nordkorea, die allerdings 2002 gelöst wurde, waren beide Seiten übereingekommen, im Gegenzug für die Stilllegung des Yongbyon-Reaktors 500 000 Tonnen Schweröl zu liefern.) Darüber hinaus forderte Nordkorea u.a. nicht nur die Aufhebung der finanziellen Sanktionen, sondern auch die Rücknahme der amerikanischen Behauptung, dass Nordkorea den Terrorismus unterstütze.
Japanische Regierung macht ihre Position gegenüber Vize-Außenminister Hill deutlich
Vor der Wiederaufnahme der Gespräche besuchte der stellvertretende US-Außenminister Christopher Hill Japan und beriet sich mit einer Reihe von Vertretern der Regierung und der regierenden Parteien, darunter Außenminister Taro Aso und der Leiter der Abteilung Asien-Ozeanien des Außenministeriums, Kenichiro Sasae, der als Japans Chefunterhändler bei den Sechsparteien-Gesprächen fungiert. Hinsichtlich der Energielieferungen an Nordkorea als Gegenleistung für die Stilllegung von Atomreaktoren erläuterte Außenminister Aso die japanische Haltung: "Angesichts der gegenwärtigen Situation, dass Nordkorea keine ernsthafte Absicht zur Lösung der anstehenden Probleme mit Japan - die Frage der Entführungen eingeschlossen - erkennen lässt, sind die Maßnahmen, die Japan ergreifen kann, begrenzt." In einer Reihe von Gesprächen kamen Japan und die Vereinigten Staaten überein, bezüglich der Lösung der Entführungsfrage eng zusammenzuarbeiten. In der Zwischenzeit unterstrich der Vorsitzende des Politischen Forschungsausschusses der Liberaldemokratischen Partei (LDP), Shoichi Nakagawa, gegenüber Vize-Außenminister Hill, dass für die Aufhebung der finanziellen Sanktionen grundsätzlichere Maßnahmen als die bloße Unterbreitung von Plänen notwendig seien. Er betonte, dass, selbst wenn Nordkorea Inspektionen der Internationalen Atomenergiebehörde zulassen und Pläne zur Einstellung seines Atomprogramms vorlegen würde, die Vereinigten Staaten die Sanktionen nicht einseitig aufheben sollten.
Leitartikel der Zeitungen: Kompromiss oder Übereinkunft nicht in Sicht
Die führenden japanischen Zeitungen befassten sich mit den Sechsparteien-Gesprächen in ihren Leitartikeln vom 8. Februar.
Unter der Überschrift "Sechsparteien-Gespräche: Dialog zwischen USA und Nordkorea begann vielversprechend" legte die Asahi Shimbun das Augenmerk auf die Tatsache, dass sich die Vereinigten Staaten und Nordkorea anders als beim letzten Mal im Vorfeld "intensiven Diskussionen" gewidmet hätten und schrieb: "Obgleich es nicht sinnvoll ist, sich großen Erwartungen hinzugeben, [...] begrüßen wir die Vertiefung des Dialogs zwischen den USA und Nordkorea, der schließlich entscheidend für einen Ausweg aus der diplomatischen Sackgasse ist. Wichtig ist nun, die Phase der Gefahr und der Konfrontation zu beenden, die mit Nordkoreas Raketentests im letzten Juli begann." Die Asahi fuhr fort: "Öllieferungen an Nordkorea sollten erst gewährt werden, wenn garantiert ist, dass die Schließung des Kernkraftwerks den ersten Schritt zur vollständigen Einstellung von Pjöngjangs Atomprogramm darstellt. Zweifelsohne kommt der Schließung des Kernkraftwerks, das nach wie vor waffenfähiges Material für Atombomben herstellt, unmittelbare Priorität zu. Allerdings muss dies auf eine Art erreicht werden, die eine Einstellung von Pjöngjangs Atomprogramm garantiert." Sie schrieb weiter: "Japan legt auf die Frage der Entführungen seiner Staatsangehörigen in der Vergangenheit durch Nordkorea großen Wert. Jedoch darf Tokyo nicht vergessen, dass Fortschritte in den Gesprächen über das Atomprogramm auch von großer Wichtigkeit für die Verbesserung der Aussichten auf eine Lösung der Entführungsfrage sind."
Unter der Überschrift "Handel mit der DVRK macht keinen Sinn" brachte der Leitartikel der Yomiuri Shimbun seine Hoffnung zum Ausdruck, dass Gespräche zur Umsetzung der im September 2005 verabschiedeten gemeinsamen Erklärung in Gang kommen und warnte zugleich: "Wenn die Sechsparteien-Gespräche weiterhin nicht in der Lage sind, Nordkoreas nukleare Aufrüstung zu stoppen, gibt es keinen Grund sie fortzusetzen. Die aktuelle Gesprächsrunde ist von besonderer Bedeutung, da sonst der Sinn der Sechsparteien-Gespräche in Frage gestellt ist." Sie fügte hinzu: "Japan wird unmittelbar von Nordkoreas Atomwaffen bedroht, da es sich in Reichweite seiner Rodong-Raketen befindet. Auch mit Blick auf die Frage der Entführungen japanischer Staatsangehöriger durch nordkoreanische Agenten hat Nordkorea keine Anzeichen für eine Lösung erkennen lassen. Es ist daher verständlich, dass Premierminister Shinzo Abe jegliche Unterstützung Japans für Nordkorea ablehnt, solange es in der Entführungsfrage keine Fortschritte gibt. Wenn es in dieser Gesprächsrunde zur Bildung einer Arbeitsgruppe für die Beziehungen zwischen Japan und Nordkorea kommt, sollte Japan sorgfältig beobachten, wie sich Nordkorea mit Blick auf die Entführungsfrage verhält."
Der Leitartikel der Sankei Shimbun unter der Überschrift "Erfolg nicht durch leichtfertige Zugeständnisse erkaufen" unterstrich: "Da die Vereinigten Staaten und Nordkorea in den Vorgesprächen im Januar wohl erste Ergebnisse erzielt haben, gibt es berechtigte Hoffnung auf eine Wiederaufnahme der Sechsparteien-Gespräche. Trotzdem sollten sie nicht alles daransetzen, durch Zugeständnisse einen Erfolg zu erzielen. Dies würde Nordkorea nur zusätzliche Zeit verschaffen, um sein Atomprogramm voranzutreiben und die Gefahr zu vergößern." Im Unterschied zu den anderen Zeitungen legte die Sankei das Hauptaugenmerk auf erste Maßnahmen für eine Einstellung des nordkoreanischen Atomprogramms und kommentierte: "Im Moment sieht es aus, als ob sie erste Schritte anstreben. Ist das nicht ungewöhnlich?" Indem sie ihre Leser daran erinnerte, dass Nordkorea - weit entfernt von einer Aufgabe seines Atomprogramms - einen Kernwaffentest durchführte, schrieb die Sankei: "Wir dürfen nicht noch einmal einen Fehler [wie das Scheitern der zwischen den USA und Nordkorea vereinbarten Rahmenvereinbarung im Herbst 2002] machen. Um eine sinnvolle Vereinbarung mit einem Gegenüber wie Nordkorea zu erzielen, ist ein Mechanismus zur Sicherung und Garantie der Vereinbarung notwendig." Sie fügte kompromisslos hinzu: "Sollte Nordkorea an seinem Status als Atommacht festhalten, muss man erwägen, die Sechsparteien-Gespräche einzustellen und die Frage an den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen weiterzuleiten."
Unter der Überschrift "Festhalten an den Grundzügen der Politik gegenüber Nordkorea" schrieb die Nikkei beunruhigt: "Es bereitet uns Sorge, dass die Vereinigten Staaten, die ursprünglich die vollständige und unumkehrbare Einstellung von Nordkoreas Atomprogramm forderten, unlängst Anzeichen von Nachgiebigkeit zeigen. In der Vergangenheit hatten bereits China, Südkorea und Russland ihre Bereitschaft gezeigt, Energie und wirtschaftliche Hilfe zu gewähren, wenn Nordkorea zusagt, seinen Atomreaktor in Yongbyon zu schließen; nun scheinen dies auch die Vereinigten Staaten in Erwägung zu ziehen." Damit die Politik von "Dialog und Druck" gegenüber Nordkorea nicht scheitert, müsse Japan die Vereinigten Staaten, die nach schnellen handfesten Ergebnissen streben, bremsen und während der Gespräche auf diesem Punkt [der Notwendigkeit der vollständigen atomaren Abrüstung] bestehen. Die Nikkei kommentierte zudem: "Wir haben nichts dagegen, während der Sechsparteien-Gespräche Arbeitsgruppen einzurichten; doch wichtiger ist eine gründliche Diskussion über die Art und Weise der atomaren Abrüstung auf der koreanischen Halbinsel und ein Zeitplan für deren Umsetzung. Sollten nur einige Anlagen geschlossen und dabei schrittweise Unterstützung gewährt werden, würde dies nur Nordkorea nützen."
(Copyright 2007 Foreign Press Center, Japan)