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Japan Brief (Foreign Press Center Japan)
14. 02. 2007
Sechs-Parteien-Gespräche: Ist Vereinbarung zur Stilllegung von Nuklearanlagen ein Schritt nach vorn?
Die dritte Zusammenkunft der fünften Runde der Sechs-Parteien-Gespräche über das nordkoreanische Atomprogramm, die nach einer Unterbrechung von ca. sechs Wochen am 8. Februar in Beijing wieder aufgenommen wurden, endete am 13. Februar mit einem Abkommen über erste Maßnahmen, die die beteiligten Parteien für die nukleare Abrüstung der koreanischen Halbinsel ergreifen wollen.
Die Vereinbarung umfasst zwei Teile: Maßnahmen in der Anfangsphase und daran anschließende Maßnahmen, für die allerdings kein zeitlicher Rahmen gesetzt wurde. In der Anfangsphase soll Nordkorea innerhalb von 60 Tagen den Kernreaktor Yongbyon einschließlich der Wiederaufbereitungsanlage zum Zwecke einer eventuellen völligen Aufgabe abschalten und versiegeln sowie zudem die Aufsicht und Prüfung durch die internationale Atomenergiebehörde (IAEA) zulassen. Die Vereinigten Staaten werden bilaterale Gespräche für eine Normalisierung der diplomatischen Beziehungen zu Nordkorea aufnehmen sowie Schritte unternehmen, um Nordkorea sowohl von der Liste der den Terrorismus fördernden Staaten zu streichen, als auch die Anwendung des "Trading with the Enemy Act" (US-Gesetz, das US-Bürgern verbietet, Handelsbeziehungen zu Unternehmen zu unterhalten, wenn diese im Besitz von Staatsbürgern eines Staates sind, der zu den politischen Feinden der USA zählt) auf Nordkorea aufzuheben. Im Gegenzug zu den von Nordkorea zu ergreifenden Maßnahmen werden vier der anderen fünf an den Sechs-Parteien-Gesprächen teilnehmenden Länder (außer Japan) innerhalb von 60 Tagen mit der Lieferung von Energie im Gegenwert von 50 000 Tonnen beginnen.
Um in Bezug auf die nukleare Abrüstung auf der koreanischen Halbinsel weiter im Gespräch zu bleiben und die Beziehungen zu Nordkorea zu verbessern, kamen die Parteien darüber hinaus überein, Arbeitsgruppen zu folgenden fünf Themen einzurichten: 1. kernwaffenfreie koreanische Halbinsel (unter dem Vorsitz Chinas); 2. Normalisierung der Beziehungen zwischen den USA und Nordkorea; 3. Normalisierung der Beziehungen zwischen Japan und Nordkorea, 4. wirtschaftliche Zusammenarbeit auf der koreanischen Halbinsel einschließlich Energie (unter Vorsitz Südkoreas); und 5. Frieden und Stabilität in Nordostasien (unter Vorsitz Russlands). Gemäß Vereinbarung werden die Arbeitsgruppen innerhalb von 30 Tagen erstmals zusammentreten.
In der nächsten Phase wird Nordkorea dann wie vereinbart eine komplette Liste seines Atomprogramms vorlegen und sämtliche existierenden Atomanlagen, einschließlich seiner Wiederaufbereitungsanlage, abschalten. Dafür erhält das Land Hilfe in Form von Energie im Gegenwert von einer Million Tonnen Schweröl, wobei die erste Lieferung von 50 000 Tonnen Schweröl eingeschlossen ist. Die Vereinbarung legt zudem fest, dass die sechste Runde der Sechsparteien-Gespräche am 19. März beginnen wird, um erste Berichte der Arbeitsgruppen zu hören und Maßnahmen für die nächste Phase zu diskutieren.
Haltung der japanischen Regierung
Der Leiter der japanischen Delegation, Kenichiro Sasae, Leiter der Abteilung Asien-Ozeanien des Außenministeriums, äußerte am Morgen des 13. Februar gegenüber der Presse: "Wir haben an unseren Prinzipien festgehalten." Er unterstrich erneut, dass Japan keine Energie liefern könne, solange in der Entführungsfrage keine Fortschritte erzielt wurden und machte deutlich, dass sich Japan nicht an der Lieferung von 50 000 Tonnen Schweröl in der Anfangsphase beteiligen wird. Am selben Tag begrüßte Premierminister Shinzo Abe die aktuellen Sechs-Parteien-Gespräche als einen "wichtigen Schritt vorwärts", bekräftigte jedoch zugleich die Haltung der Regierung, dass "Japan wegen der Entführungsfrage keine Energielieferungen oder andere Hilfe gewähren kann." Premierminister Abe fuhr fort: "Nichtsdestotrotz möchte sich Japan am Prozess der Schaffung eines entsprechenden Systems mit den anderen Staaten beteiligen, um Nordkorea zu einer Einstellung seines Atomprogramms zu drängen. Die anderen Länder zeigen für Japans Haltung Verständnis."
Leitartikel der Zeitungen: Zwischen Zustimmung und Vorsicht
Nachdem die letzte Runde der Sechs-Parteien-Gespräche von Schwierigkeiten geprägt war, bewerteten die führenden japanischen Tageszeitungen in ihren Leitartikeln vom 14. Februar das Zustandekommen einer Vereinbarung positiv. Gleichzeitig zeigten sich die meisten Leitartikel aufgrund der Tatsache, dass der Weg zur Einstellung von Nordkoreas Atomprogramm noch unklar ist, besorgt und bestanden darauf, dass die Entführungsfrage entsprechend dem Verhalten Pjöngjangs in der Arbeitsgruppe geprüft werden sollte.
Unter der Überschrift "Keine klare Vision zur Entmilitarisierung Nordkoreas erkennbar" fragte die Yomiuri Shimbun: "Wird die bei den Sechs-Parteien-Gesprächen getroffene Vereinbarung den Weg für die Einstellung des nordkoreanischen Atomprogramms freimachen? Ein großes Fragezeichen liegt über der Vereinbarung." Die Zeitung meinte, dass, wenn der Yongbyon-Atomreaktor heruntergefahren und die Plutoniumherstellung für den Augenblick eingestellt würde, "sicherlich ein 'Ergebnis' erzielt wurde." Was jedoch die Umsetzung der "vollständigen, nachweislichen und endgültigen Demontage" des gesamten Atomprogramms Nordkoreas, einschließlich der von Japan und den USA geforderten Urananreicherung betrifft, so die Yomiuri, sei die Vereinbarung "noch weit vom Ziel entfernt". Sie schrieb weiter: "Wichtig ist nicht zu vergessen, dass die aktuelle Vereinbarung keineswegs bedeutet, dass Pjöngjangs Atomprogramm gestoppt wurde. Genauso wenig hat Nordkorea eine Einstellung seiner Atomtests zugesagt." Hinsichtlich der nach dem Atomtest gegenüber Nordkorea verhängten Sanktionen durch die Vereinten Nationen und Japan unterstrich die Yomiuri: "Solange der Prozess der Einstellung des Atomprogramms vage bleibt, ist die Aufrechterhaltung der Sanktionen selbstverständlich." Die Yomiuri fuhr fort: "Ohne Fortschritte in der Frage der Entführung japanischer Staatsbürger durch nordkoreanische Agenten wird Japan Nordkorea nicht helfen. Wie wird sich Nordkorea in der gemeinsamen Arbeitsgruppe mit Japan in den kommenden 60 Tagen verhalten? Japan sollte die Frage von Hilfslieferungen von Pjöngjangs Auftreten in den Gesprächen abhängig machen."
Der Leitartikel der Mainichi Shimbun unter der Überschrift "Traut Nordkorea nicht, bevor die Auflagen erfüllt sind" bewertete die Gespräche positiv und schrieb: "Allein das misstrauische Nordkorea an den Verhandlungstisch und zu dem Zugeständnis gebracht zu haben, seine Kernwaffen aufzugeben, ist ein Schritt vorwärts." Gleichzeitig fügte sie jedoch hinzu: "Bevor wir in 60 Tagen Ergebnisse sehen werden, ist es zu früh einzuschätzen, ob Nordkorea sein Atomprogramm wirklich einstellt." Die Mainichi schrieb weiter: "Die Vereinigten Staaten haben versprochen, erste Schritte zur Aufhebung der Sanktionen einzuleiten, nicht jedoch, diese bereits jetzt aufzuheben. Sie sollten hinsichtlich der Aufhebung der Sanktionen vorsichtig sein." Bezüglich der japanischen Regierung unterstrich die Zeitung: "[Die Regierung] sieht sich der komplizierten Frage gegenüber, wie man nun die Entführungsfrage in die Sechs-Parteien-Gespräche integrieren kann. Die Vereinbarung [...] scheint vorauszusetzen, dass keine Arbeitsgruppe zurückfallen darf - so könnte die Entführungsfrage außen vor bleiben. Die Regierung sollte daher überlegt vorgehen."
Unter der Überschrift "Sechs-Parteien-Gespräche: Schlüsselfrage ist Nordkoreas Entmilitarisierung" betonte der Leitartikel der Asahi Shimbun, dass ein bestimmter Grad an Zugeständnissen unvermeidlich war. Sie schrieb: "Die Abmachung enthält eine Reihe positiver Elemente, die die Situation, die rapide außer Kontrolle zu geraten schien, wieder normalisiert" und fuhr fort: "Nordkorea hat nicht nur einmal Versprechen gegenüber der internationalen Gemeinschaft gebrochen. Es mag zu optimistisch sein, zu glauben, dass die neue Vereinbarung aufrichtig umgesetzt wird. Trotzdem begrüßen wir diese neue umfassende Abmachung, die Nordkorea zur Stilllegung seiner Nuklearanlagen verpflichtet. Die internationale Gemeinschaft hat keine andere Wahl, als die Vereinbarung zum Ausgangspunkt zu machen, um eine vollständige nukleare Abrüstung Nordkoreas zu erreichen." Die Asahi meinte zudem besorgt: "Was jetzt als 'zweite atomare Krise' auf der koreanischen Halbinsel bezeichnet wird, ist durch Pjöngjangs Programm zur Urananreicherung ausgelöst worden. Zu diesem Thema hingegen enthält die Vereinbarung keinerlei Hinweise." Hinsichtlich Japans Vorgehen bemerkte die Zeitung: "Es müssen effektive Wege gefunden werden, um dieses Forum [die Arbeitsgruppe zur Normalisierung der Beziehungen zwischen Japan und Nordkorea] für eine Lösung der offenen Fragen zu nutzen. Die Strategie der Regierung sollte darauf ausgerichtet sein, durch gezielte Bemühungen für die nukleare Abrüstung auch einen Weg aus der Sackgasse bei der Frage der Entführungen zu finden."
Die Sankei Shimbun schrieb in ihrem Leitartikel unter der Überschrift "Die Regierung muss auch jetzt an ihren Prinzipien festhalten": "Es ist ihnen gelungen, zu einer Vereinbarung zu kommen. Trotzdem bestehen noch zahlreiche Bedenken und Unklarheiten. Die Aufgabe, die sich nun stellt, wird darin bestehen, wie man Nordkoreas Zusage zur Einstellung seines Atomprogramms verbindlich macht. Man darf Nordkorea nicht gestatten, über Schlupflöcher die Entwicklung seiner Atomwaffen weiter voranzutreiben oder auf Zeit zu spielen." Hinsichtlich der Tatsache, dass eine der fünf Arbeitsgruppen, die für künftige Gespräche eingerichtet wurden, sich mit den Beziehungen zwischen Japan und Nordkorea befasst, meinte die Sankei optimistisch: "Dies ist ein Anfang. Zumindest wurde ein Forum für Gespräche zwischen Tokyo und Pjöngjang geschaffen, das sich u.a. mit der Entführungsfrage befassen wird. Wir sollten diese Möglichkeit nun nutzen." Unter Hervorhebung der Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen Japan und den Vereinigten Staaten fügte die Sankei hinzu: "Letztendlich sind es in erster Linie die USA, die die Nordkorea-Frage lösen können. Deshalb ist es für Japan wichtig, weiter eng mit den Vereinigten Staaten zu kooperieren."
Unter der Überschrift "Sechs-Parteien-Vereinbarung ist erster Schritt zur nuklearen Abrüstung Nordkoreas" stellte die Nikkei fest: "Wir müssen darauf hinweisen, dass die Vereinbarung lediglich einen ersten Schritt zur vollständigen Einstellung des nordkoreanischen Atomprogramms darstellt. Das Problem besteht darin, dass sowohl Nordkoreas Vorgehen in Bezug auf seine Plutonium-Atombomben, von denen es, wie es heißt, fünf oder mehr besitzt, als auch in Bezug auf seine Anlagen zur Urananreicherung, die heimlich entwickelt wurden, völlig unklar ist. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind wir von einer tatsächlichen nuklearen Abrüstung noch weit entfernt. Durch die fünf einzurichtenden Arbeitsgruppen müssen sich die fünf beteiligten Länder [außer Nordkorea] zusammentun und die Gespräche für eine 'vollständige und endgültige Aufgabe' dieses nuklearen Materials und der Nuklearanlagen forcieren." Die Nikkei lobte darüber hinaus die Tatsache, dass die Grundprinzipien der japanischen Politik gegenüber Nordkorea in den Gesprächen unerschüttert blieben. Sie schrieb: "Es ist richtig, dass Japan an seiner Position festhielt, Nordkorea keine Hilfe zu gewähren oder die diplomatischen Beziehungen zu normalisieren, solange die Entführungsfrage nicht gelöst ist. Wir hoffen, dass die Arbeitsgruppe zur Normalisierung der diplomatischen Beziehungen zwischen Japan und Nordkorea alles unternimmt, um das Entführungsproblem zu lösen."
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