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Japan Brief (Foreign Press Center Japan)
26. 02. 2007
Bank of Japan erhöht Leitzins; Tempo weiterer Erhöhungen ungewiss
Die Bank of Japan erhöhte am 21. Februar den Tagesgeldsatz um 0,25 Prozentpunkte auf 0,5% und ließ Raum für Spekulationen über die Möglichkeit und den Zeitpunkt weiterer Zinserhöhungen. Die Leitzinserhöhung war die erste innerhalb von sieben Monaten seit Juli letzten Jahres, als die Zentralbank ihre "Nullzinspolitik" aufgab, an der sie nach dem Zusammenbruch der Bubble Economy fast sechs Jahre lang als Notmaßnahme zur Wiederbelebung der japanischen Wirtschaft festgehalten hatte.
Der Gouverneur der Bank, Toshihiko Fukui, erklärte auf einer Pressekonferenz im Anschluss an die Entscheidung, er glaube, der aktuelle Zinssatz (Tagesgeldsatz) sei verglichen mit der aktuellen Wachstumsrate der japanischen Wirtschaft von etwa 2,2% immer noch "extrem niedrig". Fukui sagte, er beabsichtige, den Leitzins schrittweise so weit wie möglich anzuheben.
Doch der Zeitpunkt weiterer Zinserhöhungen war und ist aufgrund von Problemen bei der Bewertung der ihr zugrunde liegenden Wirtschaftsstärke ein äußerst heikles Thema. Zudem wird die Frage durch die unverblümte Ablehnung weiterer Zinssteigerungen seitens der Politik zusätzlich kompliziert. Die Entscheidung der Bank of Japan, den Leitzins zu erhöhen, erregte daher ungewöhnlich großes Interesse, da sie im Januar trotz weit verbreiteter Spekulationen noch auf eine Erhöhung verzichtet hatte. Die Glaubwürdigkeit der Bank hat dadurch Schaden genommen, da sie den Eindruck vermittelte, sich dem politischen Druck gebeugt zu haben.
Die mit acht gegen eins Stimmen getroffene Entscheidung des Bankdirektoriums vom 21. Februar scheint erheblich durch das BIP beeinflusst, das im Quartal von Oktober bis Dezember 2006 umgerechnet auf das Jahr eine Steigerung um 4,8 % aufwies - ein Zeichen für eine stabile wirtschaftliche Erholung. Die Konsumpreisinflation und der private Verbrauch - zwei Werte, die bei Zinserhöhungen ebenfalls berücksichtigt werden - sind jedoch wie bereits im Januar schwach und werden auch in den kommenden Monaten kaum zulegen.
Fukui sagte, er gehe davon aus, dass die Preise und der private Verbrauch auf lange Sicht weiter steigen werden, wenn auch langsam und mit Schwankungen. Er betonte außerdem, die Zentralbank werde sehr sorgfältig mit weiteren Zinserhöhungen umgehen. Wie viele weitere Erhöhungen bis zum Ablauf seiner Amtszeit im März nächsten Jahres anstehen, bleibt offen für Spekulationen.
Dies alles macht es Fukui ausgesprochen schwer, eine klare und überzeugende Erklärung für die Zinserhöhung zu geben. Die Medien waren sich daher einig, dass die Entscheidung der Zentralbank unangemessen sei oder zumindest eine ausreichende Abstimmung mit dem Markt und der Öffentlichkeit vermissen lasse.
Wie sich herausstellte, hat der um 0,25 Prozentpunkte erhöhte Leitzins andere Auswirkungen als erwartet, nämlich einen Anstieg der Börsenpreise und einen schwächeren Yen, da die Finanzmärkte davon ausgingen, dass der Leitzins auf absehbare Zeit auf seinem niedrigen Niveau bleiben würde. Sollte die große Differenz bei den Zinsen gegenüber dem Ausland anhalten, wird die Exportindustrie weiterhin von dem schwachen Yen profitieren, während der Abfluss von Finanzmitteln in Form des so genannten "Yen Carry Trade" anhalten wird, da die Investoren billige Yen leihen und in höherverzinsliche ausländischen Währungen investieren.
Der "Yen Carry Trade" gilt gegenwärtig als wichtigste Quelle für billiges Kapital weltweit, was wiederum das zunehmende Risiko einer plötzlichen Trendwende birgt, die zu einer plötzlichen Aufwertung des Yen und damit zu einem Zusammenbruch des auf der schwachen Währung beruhenden Booms führen könnte. Obgleich Fukui solche externen Faktoren nicht explizit benannte, werden sie bei der Anhebung des Leitzinses zweifellos eine Rolle gespielt haben.
Anders als beim Januar-Treffen des Bankdirektoriums der BoJ, fiel der Versuch der Politik, eine Anhebung des Zinssatzes zu verhindern, diesmal merklich schwächer aus - wahrscheinlich, weil der Versuch zuvor als unangemessene Einmischung kritisiert worden war. Tatsächlich sind sich die Regierungspartei und die Regierung aufgrund unterschiedlicher Positionen bei der langfristigen wirtschaftlichen Strategie jedoch uneins. Premierminister Shinzo Abe, sein Wirtschaftsminister Hiroko Ota und der Generalsekretär der LDP, Hidenao Nakagawa, setzen zum Beispiel auf eine Wachstumsstrategie verbunden mit einer Erhöhung der Produktivität und monetärem Spielraum, die Steuererhöhungen - insbesondere eine Anhebung der Verbrauchersteuer - vermeidet. Finanzminister Koji Omi hingegen bevorzugt eine disziplinierte Wirtschaftspolitik, die auf höhere Zinsen setzt.
Verhaltene Unterstützung der Medien
Die Kommentare in den Leitartikeln der führenden japanischen Zeitungen (sämtlich vom 22. Februar) unterstützten grundsätzlich die Entscheidung zur Erhöhung des Leitzinses, obgleich sie nicht vollständig von der Erklärung der Bank überzeugt zu sein schienen. Dies macht deutlich, dass auch die Medien von den sich zum Teil widersprechenden Tendenzen der Wirtschaft im Moment und in der Zukunft verwirrt sind.
Die Nikkei z.B. begrüßte die Leitzinserhöhung und schrieb: "Da sich die Wirtschaft auf dem Weg zu einem moderaten Aufschwung befindet, ist die Anpassung des Leitzinses eine angemessene Maßnahme." Sie fuhr fort: "Es gibt Bedenken hinsichtlich der Zukunft unserer Wirtschaft, die eine detaillierte Prüfung der Tendenzen in der Wirtschaft und bei den Preisen für das Wirtschaftsmanagement irgendwann unerlässlich machen." Die Zeitung rief zudem die Zentralbank auf, "ihre Fähigkeit zum Dialog mit dem Markt zu verbessern." In Bezug auf die Forderung von Regierung und Regierungspartei, die Zinssätze so lange wie möglich auf niedrigem Niveau zu halten, um so eine finanzielle Erholung und ein hohes Wirtschaftswachstum zu erreichen, plädierte die Zeitung für "eine nicht allein von der Finanzpolitik abhängige, gut ausbalancierte Makropolitik, um sich finanziell zu erholen und das Wachstum zu steigern. [...] Es wird schwierig und schädlich sein, die Zinssätze über einen langen Zeitraum niedrig zu halten und damit die Realitäten der Wirtschaft zu ignorieren."
Die Asahi Shimbun kommentierte: "Japans Wirtschaft befindet sich auf dem Weg der Erholung von der Deflation, so dass es guten Grund für die Bank of Japan gibt, der anhaltenden unnormalen Situation, insbesondere den verschwindend geringen Guthabenzinsen, ein Ende zu setzen. Höhere Zinsen werden nicht nur die Kauflust der Rentner ankurbeln, sondern auch den extrem unterbewerteten Yen stärken." Sie schrieb weiter: "In einer Pressekonferenz nach der Entscheidung äußerte Fukui stolz, dass die Zinsanhebung die Märkte nicht überrascht habe. Allerdings gab es bis zum letzten Moment Unsicherheit bei den Banken und Versicherungsgesellschaften, da die Ausrichtung der Politik der Bank of Japan lange unklar war."
Die Yomiuri meinte, dass "die Zentralbank von Juli bis Januar gegen eine Erhöhung des Leitzinses war, da es negative Anzeichen gab. Seit dem haben sich jedoch die Indikatoren für den Verbrauch oder andere preisrelevante Messgrößen eingependelt oder abgeschwächt. Die Zentralbank sollte dem Markt und den Menschen im Land erklären, weshalb sie es für möglich hielt, den Leitzins zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu erhöhen und warum sie diese Erhöhung für notwendig erachtete." Nach dem Zugeständnis, dass, "wenn die Zinsen trotz einer Erholung der Wirtschaft über einen langen Zeitraum niedrig belassen werden, die Wirtschaft einschließlich der Investitionen beeinträchtigt wird", schrieb die Zeitung weiter: "Für die Zentralbank ist es wichtig, sorgfältig zu prüfen, ob sich der Verbrauch und die Preise negativ verändern. Sollte die Zentralbank weitere Zinserhöhungen erwägen, muss sie gut über deren Intervalle nachdenken."
Die Mainichi Shimbun argumentierte: "Es ist kurzsichtig zu glauben, dass ein geringes Absinken der Preise einen Rückfall in die Deflation bedeut. [...] Selbst nach der Verdopplung des Tagesgeldsatzes beträgt er nun weiterhin nur 0,5 %. Eine Zinserhöhung dieser Größenordnung wird die Geschäfte kaum beeinträchtigen, und zum Wohle der Normalisierung der monetären Anpassungsmechanismen müssen die Zinsen sogar weiter erhöht werden."
Die Sankei Shimbun stellte fest, dass die Bank of Japan "sieben Monate nach dem Ende der Nullzinspolitik im Sommer letzten Jahres mit der Erhöhung letztendlich einen Schritt in Richtung Normalisierung der Zinsen getan hat." Hinsichtlich der Unruhe der Märkte in Bezug auf mögliche weitere Erhöhungen verwies die Zeitung auf die gesunkene Glaubwürdigkeit der Zentralbank, die stark gelitten habe, als sie aufgrund des politischen Drucks auf eine Zinserhöhung im Januar verzichtete.
(Copyright 2007 Foreign Press Center, Japan)