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Japan Brief (Foreign Press Center Japan)
23. 03. 2007
Kommunalwahlen: Abstimmungen in dreizehn Präfekturen einschließlich Tokyo
Der Wahlkampf in dreizehn Präfekturen für die Wahl der Gouverneure hat am 22. März offiziell begonnen. Dies markiert den Start der so genannten zusammengefassten Kommunalwahlen, die in Japan alle vier Jahre stattfinden. Zugleich markieren diese Wahlen auch den Beginn der politischen Auseinandersetzung für die im Sommer anstehende Oberhauswahl. Beim Wahlkampf für die am 8. April stattfindenden Wahlen geht es um solche Themen wie die zunehmende Ungleichheit zwischen den einzelnen Regionen sowie um die immer dringender werdende Neuordnung der Staatsfinanzen. Die Wahlen sind für Premierminister Shinzo Abe die ersten Wahlen in landesweitem Umfang seit seinem Amtsantritt im September letzten Jahres. Ihr Ausgang dürfte sowohl die künftige politische Situation in Japan als auch den Trend zu mehr regionaler Autonomie beeinflussen.
Vorspiel zur Oberhauswahl im Sommer
Das Zusammenfallen der zusammengefassten Kommunalwahlen mit der Oberhauswahl tritt alle zwölf Jahre auf. Alle politischen Parteien werten die zusammengefassten Kommunalwahlen als Vorspiel zur Oberhauswahl im Sommer und rüsten sich dementsprechend für eine umfassende Auseinandersetzung. Bei der Wahl in Tokyo richten sich die Blicke vor allem auf den früheren Gouverneur von Miyagi, Shiro Asano (59 Jahre), der den eine dritte Amtszeit anstrebenden Amtsinhaber Shintaro Ishihara (74 Jahre) herausfordert. Beide Kandidaten haben die Unterstützung durch politische Parteien strikt abgelehnt, allerdings haben sich die Liberaldemokratische Partei (LDP) und die Neue Komei-Partei für Ishihara sowie die Demokratische Partei Japans (DPJ) und die Sozialdemokratische Partei (SDP) für Asano ausgesprochen. Im Gegensatz dazu haben die LDP und die DPJ in den Präfekturen Hokkaido und Iwate jeweils eigene Kandidaten für den Gouverneursposten aufgestellt.
Neben Ishihara und Asano bewerben sich als weitere Kandidaten für den Gouverneursposten in Tokyo der frühere Chef des Stadtbezirks Adachi, Manzo Yoshida (59 Jahre), der von der Kommunistischen Partei Japans (KPJ) unterstützt wird, sowie der Architekt Kisho Kurokawa (73 Jahre). Der Schwerpunkt dieser Wahl liegt auf Ishiharas Bewerbung für die Ausrichtung der Olympischen Spiele in Tokyo sowie auf seinen Leistungen in den zurückliegenden acht Jahren als Gouverneur von Tokyo. Besondere Aufmerksamkeit wird der Gouverneurswahl in Tokyo auch wegen ihrer Bedeutung als Stimmungstest für die Oberhauswahl beigemessen, da hier das Wahlverhalten der Wähler in den Großstadtregionen erkennbar wird, wo die Nichtwähler dominieren.
Die zusammengefassten Kommunalwahlen finden alle vier Jahre statt, um u.a. die Gouverneure der Präfekturen und die Abgeordneten der kommunalen Parlamente zu bestimmen. Die anstehenden
Wahlen sind die 16. Wahlen ihrer Art seit 1947. Die Wahlen werden an einem Termin abgehalten, um Kosten zu sparen, die Effizienz zu verbessern sowie das Interesse an regionaler Selbstständigkeit zu fördern. Insgesamt finden innerhalb eines Monats 1120 Wahlen auf unterschiedlichen Ebenen statt, die sich auf die beiden Termine 8. und 22. April konzentrieren. Wegen der so genannten "Großen Heisei-Kommunalreform", die zum Zusammenschluss zahlreicher Städte und Gemeinden führte, hat sich die Zahl der Kommunen, bei denen eine Bürgermeisterwahl ansteht, gegenüber der letzten Wahl 2003 um etwa 60 % verringert, und auch die Zahl der Wahlen zu Kommunalparlamenten ist um etwa die Hälfte zurückgegangen.
Schwindende Präsenz der Parteien
Ein interessantes Merkmal der anstehenden Kommunalwahlen ist die verdächtig geringe Präsenz der politischen Parteien. Von den neun amtierenden Gouverneuren, die sich erneut zur Wahl stellen, treten vier ohne Unterstützung durch eine Partei an. Die DPJ wollte ursprünglich für alle Gouverneurswahlen eigene Kandidaten aufstellen, konnte aber in sechs Präfekturen keine Kandidaten finden. Die Sankei Shimbun schrieb daher am 23. März: "Die Kandidaten in Tokyo, Kanagawa und Fukuoka spielen ihre Nähe zu den politischen Parteien herunter, um so dem Misstrauen der Wähler gegenüber den Parteien zuvorzukommen. Sie haben sich für Wahlkampagnen entschieden, die sich an die Nichtwähler richten."
Dahinter steht die zunehmend größer werdende Zahl der Wähler, die ihr Vertrauen in die Parteien verloren haben. Bei den letzten vier Gouverneurswahlen in Tokyo haben die Kandidaten, die von Parteien unterstützt wurden, erheblich an Stimmen eingebüßt, und bei der Gouverneurswahl in der Präfektur Miyazaki im Januar konnte sich der unabhängige Kandidat Hideo Higashikokubaru gegen die Kandidaten der LDP und der anderen Parteien durchsetzen.
Ein weiteres interessantes Merkmal - ein Resultat der jüngsten Änderung des Gesetzes über Wahlen für öffentliche Ämter - ist die Verbreitung von Manifesten, welche die numerischen Ziele sowie Zielmarken der Kandidaten umreißen. Die Verbreitung dieser Manifeste wurde in Japan erstmals im Wahlkampf für die Unterhauswahl 2003 zugelassen. Die anstehenden zusammengefassten Kommunalwahlen werden die ersten sein, bei denen es Manifeste gibt. Die Asahi Shimbun schrieb in ihrer Abendausgabe vom 22. März: "Die Aufhebung des Verbots von Manifesten ist von großer Bedeutung, weil sie das Wesen der Kommunalwahlen von Kampagnen, die sich auf regionale Beziehungen und Blutsbande stützen, hin zu Auseinandersetzungen über politische Themen verändern können."
Kommentare der führenden Tageszeitungen
In ihren Leitartikeln vom 22. März (Asahi vom 21. März) kommentierten die führenden Tageszeitungen des Landes die zusammengefassten Kommunalwahlen.
In ihrem Leitartikel unter der Überschrift "Kommunalwahlen: Sicherung der Selbstständigkeit ist gemeinsames Anliegen" meinte die Asahi, dass bei diesen Wahlen "eine gemeinsame Frage lautet, wie die Selbstständigkeit am besten gesichert werden kann. Beispielsweise ist die strukturelle Verkrustung etablierter Interessen, die zu Absprachen zwischen Regierungen und der Industrie führten, ein Produkt der überkommenen Mentalität der Abhängigkeit von der Zentralregierung. Die Wähler sind nun gefordert Vertreter zu wählen, welche die traditionelle Abhängigkeit von Zuwendungen von Seiten der Zentralregierung beenden und ihre Kommunen vermittels Weisheit und innovativer Ideen in starke Einheiten umformen können."
Unter der Überschrift "Wettstreit mittels Manifesten" wies die Mainichi Shimbun darauf hin, dass dieser Trend "neue Fragen aufwirft. Wie wird sich ein unabhängiger Gouverneur gegen das Präfekturparlament stellen? Und welche Rolle spielen die Parteien, die vor allem von Tokyo aus gesteuert werden, in der regionalen Politik?" Die Mainichi fuhr fort: "Es werden die ersten Wahlen seit der Aufhebung des Verbots von Manifesten im Wahlkampf für die Führer kommunaler Regierungen sein. Hoffentlich werden diese Wahlen den Beginn [eines neuen Trends in Richtung] einer Nutzung von Manifesten sein, um das Interesse der Wähler zu erringen und für eine hohe Wahlbeteiligung zu sorgen."
Die Yomiuri Shimbun überschrieb ihren Leitartikel mit "Kandidaten müssen beim Wahlkampf Visionen aufstellen" und brachte ihren Wunsch zum Ausdruck, dass die "Kandidaten bei den Kommunalwahlen ihre Zukunftsvisionen deutlich vorstellen und nützliche Debatten führen werden." Sie fuhr fort: "Der politische Einfluss der Parteien bei den Gouverneurswahlen schwindet zusehends. Die beiden großen Parteien, die regierende LDP und die größte Oppositionspartei DPJ, treten nur in Hokkaido und Iwate direkt gegeneinander an. Allerdings haben die politischen Parteien die Verantwortung, der Politik in den Kommunen die Richtung vorzugeben und inspirierende Debatten zu fördern."
Die Nikkei überschrieb ihren Leitartikel mit "Wählt die Führer für die Ära der dezentralisierten Regierung auf der Grundlage ihrer politischen Vorschläge." Sie versicherte, dass "in der Ära der dezentralisierten Regierung die Führer auf der Grundlage der von ihnen verfolgten Politik bestimmt werden" und fuhr fort: "Mit der Dezentralisierung der Regierung gewinnen die kommunalen Regierungen an Ermessungsspielraum. Wir sind in eine Ära eingetreten, in der das Gedeihen einer Region von den Fähigkeiten ihrer Führer bestimmt wird." Die Zeitung schrieb weiter: "Dies sind die ersten Wahlen für die Führer der Kommunen, bei der die Verbreitung von Manifesten erlaubt ist." Sie forderte die Wähler dazu auf, ihre Auswahl "sorgfältig zu treffen, die besonderen Merkmale der Politik der einzelnen Kandidaten herauszuarbeiten und selbst darüber zu urteilen, ob sie verwirklicht werden können."
Unter der Überschrift "Debatte konzentriert sich auf Dezentralisierung" erklärte die Sankei Shimbun die diesjährige zusammengefassten Kommunalwahlen zu "den ersten großen regionalen Wahlen seit der Trend zu mehr regionaler Autonomie begann, der durch solche Ereignisse wie die ‚Große Heisei-Kommunalreform' und die Zusammenfassung zu größeren Verwaltungseinheiten markiert wird." Die Sankei fuhr fort: "Der zunehmende Trend in Richtung Dezentralisierung zwingt die Kommunen zu größerer Beachtung der Notwendigkeit zu mehr Selbstständigkeit. Niemals zuvor wurden die Fähigkeiten der kommunalen Führer einer derart intensiven Prüfung unterzogen. Bei diesen zusammengefassten Kommunalwahlen müssen nicht nur die Kandidaten, sondern auch die Wähler von einer völlig neuen Perspektive aus agieren."
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