Home > Presse & Publikationen > Japan Brief

Japan Brief (Foreign Press Center Japan)
05. 04. 2007
Einigung auf Freihandelsabkommen zwischen USA und Südkorea erschüttert Japan
Die Nachricht, dass die Vereinigten Staaten und Südkorea ihre schwierigen Verhandlungen für ein bilaterales Freihandelsabkommen (FTA) erfolgreich abgeschlossen haben, hat Japan erschüttert und im Land zugleich das Gefühl verstärkt, dass Japan innerhalb des weltweiten Trends zum vermehrten Abschluss dieser Abkommen auf bilateraler oder regionaler Ebene - insbesondere in der Region Asien-Pazifik - zunehmend ins Hintertreffen gerät. Es herrscht die Auffassung vor, dass die Vereinigten Staaten und Südkorea, die beide zu den wichtigsten Handelspartnern Japans gehören, Japan zuvorkamen, dessen Gespräche über ein Freihandelsabkommen mit Südkorea seit über zwei Jahren nicht vorankommen.
Das Abkommen zwischen den USA und Südkorea wird von den Japanern als Ausdruck starken politischen Willens auf beiden Seiten gewertet, bei dem nicht nur wirtschaftliche Vorteile zählen. Im Rahmen des Abkommens, das noch vom US-Kongress und dem Parlament Südkoreas ratifiziert werden muss, werden u.a. die Agrarmärkte in beiden Ländern - mit Ausnahme von Reis - weitgehend geöffnet, und dies angesichts heftigen Widerstands der Landwirte auf beiden Seiten. Die US-Regierung sieht sich zudem der Kritik der Rindfleischexporteure ausgesetzt, denen das Tempo der auf mehrere Jahre festgesetzten Reduzierung der Zölle auf koreanischer Seite zu langsam ist.
Trotz dieser Schwierigkeiten schlossen beide Regierungen ihre schwierigen zehnmonatigen Verhandlungen in letzter Minute ab, da Washington seinen schwindenden Einfluss im Bereich Handel in Asien stoppen wollte - insbesondere auch mit Blick auf China - während Südkoreas Präsident Roh Moo-hyun das Bündnis seines Landes mit den Vereinigten Staaten stärken wollte, das wegen der Politik gegenüber Nordkorea belastet wird. Zugleich strebt er die Umgestaltung der heimischen Wirtschaft an und benutzt dabei das Abkommen mit Amerika als Hebel.
Das Freihandelsabkommen zwischen den Vereinigten Staaten und Südkorea ist das umfangreichste bilaterale Übereinkommen seiner Art weltweit, und es könnte große Auswirkungen auf die Region und die Welt insgesamt haben. Einige Untersuchungen schätzen, dass das Abkommen zu einer Zunahme des bilateralen Handels um 20 Mrd. US-Dollar führen wird, der sich 2006 laut International Herald Tribune auf insgesamt 78 Mrd. US-Dollar belief.
Es ist derzeit nicht klar, welche Auswirkungen das Freihandelsabkommen auf Japan haben wird. Sehr wahrscheinlich aber dürfte die Wettbewerbsfähigkeit japanischer Industrieprodukte auf dem US-Markt gegenüber den Produkten aus Südkorea leiden, die von den amerikanischen Zöllen befreit werden. Dies dürfte vor allem auf Autos und Elektrogeräte zutreffen. Auch der Wettbewerb mit amerikanischen Exporteuren auf dem südkoreanischen Markt dürfte härter werden, wovon vor allem der Bereich Maschinenbau betroffen sein dürfte. Zur Zeit ist Japan in Südkorea der größte Exporteur von Maschinenbau-Ausrüstung nach den Vereinigten Staaten. Südkoreanische Importeure könnten nun auf US-Produkte umschwenken - etwa bei Maschinen zur Produktion von Halbleitern oder Pumpanlagen.
Auch wenn die unmittelbaren wirtschaftlichen Auswirkungen keinen Anlass zur Sorge geben, dürften die psychologischen Auswirkungen des Abkommens erheblich sein, da es die schwache Position Japans innerhalb des weltweit zunehmenden Trends zum Abschluss von bilateralen oder multilateralen Freihandelsabkommen deutlich macht. Bislang hat Japan Freihandelsabkommen (die von der japanischen Regierung wegen ihrer umfassenderen Natur als "Wirtschaftliche Partnerschaftsabkommen" bezeichnet werden) mit sechs Staaten geschlossen, darunter auch Thailand - das entsprechende Abkommen wurde gerade am 3. April unterzeichnet. Dieses langsame Tempo irritiert die Wirtschaft, die die Regierung auffordert, ihr Engagement in diesem Bereich zu verstärken. Der Unternehmerverband Nippon Keidanren hatte im Januar sogar die Prüfung der Möglichkeit des Abschlusses eines Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten vorgeschlagen.
Die Situation in Bezug auf Südkorea gestaltet sich besonders frustrierend. Die Verhandlungen für ein Wirtschaftliches Partnerschaftsabkommen begannen im Dezember 2003, also vor über drei Jahren, treten jedoch seit November 2004 auf der Stelle, hauptsächlich weil die Agrarlobby das Einströmen südkoreanischer Agrarprodukte nach Japan fürchtet, aber auch wegen der angespannten Beziehungen aufgrund der Besuche des früheren Premierministers Koizumi im Yasukuni-Schrein sowie wegen Territorialstreitigkeiten. Und dies, obwohl Südkorea Japans drittgrößter Exportmarkt ist, wobei Maschinen und andere Industrieausrüstungen den Hauptteil ausmachen.
In Bezug auf Agrarimporte haben sowohl Japan als auch Südkorea bei internationalen Handelsgesprächen in der Vergangenheit eine protektionistische Haltung eingenommen. Südkoreas umfangreiche Zugeständnisse an die USA im Agrarbereich haben nun jedoch Japan in eine schwierige Lage versetzt. Dadurch könnte nämlich sowohl im Innern als auch von außen der Druck auf Japan zunehmen, seinen Agrarmarkt zu öffnen, selbst wenn die kompromisslose Weigerung Südkoreas, seinen Reismarkt im Rahmen der FTA-Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten zu öffnen, die japanischen Reisbauern etwas beruhigt hat.
Japanische Regierung wird aufgefordert, FTA-Gespräche voranzubringen
Die Kommentare in den Leitartikeln der führenden japanischen Tageszeitungen nach dem Abschluss der Verhandlungen zwischen den Vereinigten Staaten und Südkorea forderten die Regierung von Japan auf, die Gespräche über Freihandelsabkommen zu beschleunigen sowie die Hindernisse zu überwinden, die infolge des Protektionismus in Bezug auf bestimmte Produkte in den Bereich Landwirtschaft, Fischerei und Milchprodukte bestehen.
Die Nikkei meinte in ihrem Leitartikel vom 3. April: "Japan ist mit Blick auf die Liberalisierung des Handels mit Südkorea weit hinter die Vereinigten Staaten zurückgefallen. [...] Allerdings deutet die Übereinkunft zwischen den Vereinigten Staaten und Südkorea trotz der heftigen antiamerikanischen Proteste der südkoreanischen Bauern die Möglichkeit an, dass auch Japan und Südkorea dieses Hindernis überwinden können, wenn sie sich ernsthaft anstrengen." Die Zeitung fügte hinzu: "Für Japan sind die Nachteile, kein Wirtschaftliches Partnerschaftsabkommen mit Südkorea als unserem drittgrößten Handelspartner nach China und den vereinigten Staaten abzuschließen, einfach zu groß."
Die Asahi Shimbun kommentierte ähnlich in ihrem Leitartikel vom 3. April unter der Überschrift "Als führende Handelsnation muss Japan jetzt handeln" in Bezug auf das Freihandelsabkommen zwischen den Vereinigten Staaten und Japan: "Die Vereinbarung kam nach Monaten quälender Verhandlungen zustande und sollte Japans Handelsstrategie nun wachrütteln, das sich bislang mehr auf den Schutz der heimischen Interessen konzentriert hat." Die Zeitung fuhr fort: "Der erfolgreiche Abschluss eines FTA mit den Vereinigten Staaten könnte Südkorea dazu veranlassen, ein ähnliches Abkommen auch mit Japan zu schließen. Dies öffnet Japan eine große Möglichkeit, die festgefahrenen Handelsgespräche wieder aufzunehmen." Auch die Sankei Shimbun forderte in ihrem Leitartikel vom 4. April die Regierungen Japans und Südkoreas auf, die festgefahrenen Verhandlungen für einen raschen Abschluss umgehend wieder aufzunehmen.
Die Yomiuri Shimbun schrieb in ihrem Leitartikel vom 4. April: "Südkorea war ein guter Partner bei Japans Anstrengungen, sich gegen den globalen Druck zur Öffnung des Agrarmarktes unseres Landes während der Doha-Runde der multilateralen Agrar- und Handelsgespräche im Rahmen der Welthandelsorganisation zu wenden. Die südkoreanische Regierung von Präsident Roh Moo-hyun zeigte sich über den raschen Aufstieg Chinas und Indiens in den letzten Jahren als neue Wirtschaftsmächte besorgt. Der erfolgreiche Abschluss des jüngsten Abkommens bedeutet, dass Südkoreas Präsident in der Lage war, den starken Widerstand von Seiten der Bauern im Land gegen die Öffnung des südkoreanischen Agrarmarkts zu überwinden." Die Zeitung meinte, dass Japan daraus Lehren ziehen solle.
Die Mainichi Shimbun stand mit ihrem Beharren auf einen nicht übereilten und bedächtigen Ansatz allein. In ihrem Leitartikel vom 4. April meinte sie: "Die Frage lautet, wie Japan auf die veränderte Situation angesichts des FTA zwischen den USA und Südkorea reagieren sollte. [...] Während ein FTA zwischen Japan und Südkorea durchaus wünschenswert ist, hat Südkorea erhebliche Zugeständnisse bei den US-Agrarprodukten gemacht, etwa die Abschaffung von Zöllen auf Rindfleisch. Im Gegensatz dazu wird Seoul seine harte Haltung gegenüber Japan weiter aufrechterhalten. Zwar stellen landwirtschaftliche Produkte für Japan die wichtigste Frage dar, allerdings müssen auch die Auswirkungen offener Märkte berücksichtigt werden. Auch wenn Reis (aus dem FTA mit den Vereinigten Staaten) ausgeklammert wurde, werden Südkoreas Landwirtschaft und Menschen von dem FTA mit Amerika erheblich betroffen werden. Dies sollte Japan eine Lehre sein."
(Copyright 2007 Foreign Press Center, Japan)