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Japan Brief (Foreign Press Center Japan)


16. 04. 2007

 

 

Besuch des chinesischen Premierministers Wen macht Wunsch nach besseren Beziehungen deutlich

 

Der Japanbesuch des chinesischen Premierministers Wen Jiabao - der erste Besuch eines chinesischen Premierministers seit sechseinhalb Jahren - wurde von den Japanern als nachdrücklicher Wunsch nach besseren Beziehungen zwischen beiden Ländern verstanden, die seit Jahren einer schweren Belastung durch historische Fragen ausgesetzt sind. Beispielhaft dafür waren die Besuche des vormaligen japanischen Premierministers Koizumi im Yasukuni-Schrein. Bei seinem Gespräch mit Premierminister Shinzo Abe und in seiner Rede vor dem japanischen Parlament brachte Wen seine Entschlossenheit zum Ausdruck, Vertrauen zu entwickeln und eine Zukunft anzustreben, die auf "strategischen Beziehungen von gegenseitigem Nutzen" beruhen.

Wens dreitägige Reise vom 11. bis 13. April, die als Besuch zum "Schmelzen des Eises" bezeichnet wurde, war die Antwort auf Premierminister Abes "bahnbrechenden" Besuch im Oktober letzten Jahren in Beijing. Mit diesen Metaphern wird der Stand der Beziehungen zwischen beiden Ländern beschrieben, die ihre schwerste Krise wohl überwunden haben; da die Situation aber nach wie vor instabil ist, bedarf es weiterer aufrichtiger Anstrengungen auf beiden Seiten, damit das Tauwetter anhält. Es wurde deutlich, dass sich beide Regierungen auf die Vertiefung der wirtschaftlichen Beziehungen sowie auf die Zusammenarbeit in diesem Bereich konzentrierten, um das Verhältnis zu verbessern. Dabei wurden sensible politische Fragen, einschließlich der Beilegung des Streits über die Gasförderung im Ostchinesischen Meer, vermieden und auf die Zukunft verschoben.

Beim Gespräch zwischen Abe und Wen einigte man sich auf die Einberufung einer Konferenz auf Ministerebene über wirtschaftliche Fragen, auf Japans Zusage zur Zusammenarbeit im Bereich Energiesparen und Umweltschutz in China - ein Bereich, in dem Japan erheblich weiter entwickelt ist und in dem sich die Zusammenarbeit relativ unkompliziert gestaltet - sowie auch darauf, eine gemeinsame Erschließung der Gasvorkommen in den umstrittenen Gewässern anzustreben. Bei ihrer Zusammenkunft mit dem chinesischen Premierminister begrüßten die führenden Wirtschaftsvertreter Japans dessen Forderung nach engeren wirtschaftlichen Beziehungen. Der amtierende Vorsitzende der Japanisch-Chinesischen Wirtschaftsvereinigung, der Präsident von Toyota Motors, Fujio Cho, hob diesbezüglich hervor: "Ich verstehe dies als Aufforderung, diese Beziehung weiter zu entwickeln und an kommende Generationen weiterzugeben."

Japans Handel mit China belief sich 2006 auf insgesamt 211,3 Mrd. US-Dollar. China ist damit nach den Vereinigten Staaten Japans zweitwichtigster Handelspartner, wobei man davon ausgeht, dass das Land noch in diesem Jahr den ersten Platz übernehmen wird. Die Direktinvestitionen japanischer Unternehmen in China gingen dagegen 2006 im Vergleich zum Vorjahr um 6 % auf 6,2 Mrd. US-Dollar zurück; dies spiegelt die vorsichtige Haltung japanischer Wirtschaftskreise angesichts Chinas strenger Vorschriften für ausländische Investitionen sowie angesichts der Vorwürfe in Bezug auf Verstöße gegen das geistige Eigentumsrecht und Fällen von Produktpiraterie wider. Selbst bei der Zusammenarbeit im Energie- und Umweltsektor herrscht diese Einstellung offenbar vor.

In offensichtlichem Kontrast zum Enthusiasmus der Wirtschaftskreise und trotz des Austauschs von Freundlichkeiten in Bezug auf die Verbesserung der Beziehungen werden die politischen Beziehungen beider Länder von Beobachtern als grundsätzlich unverändert bewertet. Beide Seiten vermieden es sorgfältig, sensible Fragen - etwa die geschichtliche Aufarbeitung des japanischen Vorgehen während des Krieges - zu berühren und hegen diesbezüglich offensichtlich weiter Misstrauen gegenüber dem jeweils Anderen. Man nimmt an, dass es zweier weiterer diplomatischer Schritte bedarf, nämlich des Chinabesuchs von Premierminister Abe im kommenden Herbst und des Japanbesuchs des chinesischen Präsidenten Hu Jintao, der noch aussteht und voraussichtlich im nächsten Jahr stattfinden wird, bevor beide Länder sich auch hier annähern.

Während sich dieses Jahr der 35. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen beiden Ländern jährt, gehen Experten davon aus, dass jetzt insbesondere für China ein sensibler Zeitpunkt ist, da sich die Ereignisse bei der Marco-Polo-Brücke zum siebzigsten Mal jähren, die unmittelbar mit dem Ausbruch des Chinesisch-Japanischen Kriegs und dem Massaker von Nanjing ('Vergewaltigungen von Nanjing') verknüpft sind. Dabei soll eine große Anzahl chinesischer Zivilisten von japanischen Soldaten getötet worden sein. Andererseits sind auch die gewalttätigen anti-japanischen Ausschreitungen in chinesischen Städten vor fast genau zwei Jahren der japanischen Öffentlichkeit noch immer in frischer Erinnerung.

Mehrheit der Zeitungen begrüßt den Besuch

Alle führenden japanischen Tageszeitungen würdigten in ihren Leitartikeln vom 12. April Wens Japan-Visite als bedeutenden Schritt auf dem Weg zu besseren künftigen Beziehungen zwischen beiden Ländern, wenngleich sie nach wie vor auf das komplizierte Verhältnis verwiesen und gemeinsame Anstrengungen forderten, um die anstehenden Schwierigkeiten zu überwinden. Drei Zeitungen brachten zusätzliche Leitartikel, in denen sie den in Wens Rede vor dem Parlament geäußerten "aufrichtigen Dank" für die Entschuldigung der japanischen Regierung bezüglich Japans Vorgehen im Krieg und seine Würdigung der japanischen Wirtschaftshilfe für China in der Vergangenheit lobten.

Die Asahi Shimbun (vom 12. April) kommentierte Wens Besuch: "Wir begrüßen das Treffen und die Vereinbarung, da sie der Verbesserung der Beziehungen Rechnung tragen, die mit Abes Chinabesuch im letzten Herbst ihren Anfang nahm." Die Zeitung fügte hinzu: "Es ist wichtig, dass Abe und Wen zahlreiche Themen behandelten, bei denen ein gemeinsames Interesse besteht, und zudem übereinkamen, an diesen Problemen zu arbeiten, um das beiderseitige Verhältnis zu vertiefen." Am nächsten Tag brachte die Zeitung einen Leitartikel, der Wens Rede vor dem japanischen Parlament pries: "Wir begrüßen die deutlich geäußerte positive Wertung der letzten Entschuldigung Japans für die Invasion Chinas während des Krieges als echten Meilenstein."

Die Yomiuri Shimbun betonte in ihrem Leitartikel vom 12. April: "Um das Verhältnis von 'freundlich' hin zu 'strategisch und von gegenseitigem Nutzen' zu verbessern, müssen offene politische Fragen durch einen Dialog zwischen den Regierungschefs beider Länder gelöst werden. Abes Besuch in China in diesem Jahr und der mögliche Japanbesuch Hu Jintaos werden hierbei wichtige Schritte sein." Die Zeitung veröffentlichte am folgenden Tag einen weiteren Leitartikel, der Premierminister Wens Rede vor dem Parlament kommentierte: "Die Rede des chinesischen Premierministers Wen Jiabao vor dem Parlament machte deutlich, dass die Haltung Chinas gegenüber Japan im Wandel begriffen ist." Sie fügte hinzu: "Die Veränderungen in der Haltung Chinas gegenüber Japan sind offensichtlich, vergleicht man die jetzige Haltung mit der der Regierung des vorherigen Präsidenten Jiang Zemin."

Auch die Mainichi Shimbun zeigte sich in ihrem Leitartikel vom 12. April zufrieden und schrieb: "Wir begrüßen den ersten Besuch eines chinesischen Premierministers seit sechseinhalb Jahren, bei dem die beiden Regierungschefs die Vertiefung der Zusammenarbeit in zahlreichen Bereichen, die vom Austausch im Bereich Verteidigung bis zu den Bereichen Wirtschaft und Kultur reichen, vereinbarten." Unter Verweis auf die Tatsache, dass die während des jetzigen Besuchs getroffene Übereinkunft in erster Linie unstrittige Themen aufgriff und noch offene Fragen zurückgestellt wurden, bezeichnete die Zeitung dies "als unvermeidlich für den ersten Schritt in Richtung einer neuen Ära der Beziehungen zwischen beiden Ländern." Die Zeitung meinte: "Strategische und für beide Seiten fruchtbare Beziehungen sind in unseren Augen solche, die den aufrichtigen Austausch auf einer langfristigen und zukunftsorientierten Basis in Bereichen sichert, in denen sich die Interessen beider Länder überschneiden." Die Mainichi veröffentlichte zudem am 14. April einen Leitartikel, in dem sie Wens Rede vor dem Parlament lobte und die beiden führenden Politiker aufrief, sich für die Bildung gegenseitigen Vertrauens einzusetzen.

Die Sankei Shimbun begrüßte die Gipfelgespräche in ihrem Leitartikel vom 12. April als "'ersten Schritt' zur Umsetzung strategischer Beziehungen von gegenseitigem Nutzen (Premierminister Shinzo Abe)", brachte aber gleichzeitig ihren Argwohn gegenüber China unverblümt zum Ausdruck: "Nachdem China den japanischen Unterhändlern die Hände geschüttelt und das Ostchinesische Meer als ein 'Meer des Friedens' bezeichnet hatte, treibt es seine Gasförderung in diesen Gewässern doch weiter voran. [...] In den umstrittenen Gewässern erscheinen regelmäßig chinesische Schiffe, wie um die Interessen Chinas zu demonstrieren. Solange die Chinesen so weitermachen, wird weder die Bedrohung durch China verschwinden, noch werden beide Seiten daraus Nutzen ziehen."

Die Nikkei hob in ihrem Leitartikel vom 12. April als Ergebnis des Gipfeltreffens von besonderer Bedeutung die offizielle Bekanntgabe einer Erklärung hervor, die beide Länder verpflichtet, "sich aktiv für die Gestaltung eines effektiven Rahmenwerks ab 2013 zu beteiligen", mit dem der Kampf gegen die Erderwärmung für die Zeit nach Ablauf des Kyoto-Protokolls bestritten werden soll.

(Copyright 2007 Foreign Press Center, Japan)

 

 

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