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Japan Brief (Foreign Press Center Japan)
27. 05. 2007
Abe schlägt Reduzierung der Treibhausgasemissionen um die Hälfte bis 2050 vor
Premierminister Shinzo Abe hat die Reduzierung des Ausstoßes von Treibhausgasen um die Hälfte bis 2050 vorgeschlagen. Der erste Vorschlag des Regierungschefs eines der führenden Industrieländer zur Erreichung eines derart langfristigen Ziels setzt die Mitwirkung aller wichtigen Verursacher von Treibhausgasemissionen - insbesondere der Vereinigten Staaten, Chinas und Indiens - im Rahmen der weltweiten Bestrebungen zur Eindämmung der globalen Erwärmung voraus, die für die internationale Gemeinschaft ein großes Problem darstellt und auch ein wichtiges Thema auf der Tagesordnung des G8-Gipfels in Deutschland sein dürfte.
Bei dieser Anfang Juni stattfindenden Zusammenkunft will der japanische Premierminister die führenden Politiker der anderen Industriestaaten dazu aufrufen, sich an der Schaffung eines internationalen Rahmenwerks zur gemeinsamen Bekämpfung der globalen Erwärmung durch die Reduzierung des Ausstoßes von Treibhausgasen nach dem Auslaufen des Kyoto-Protokolls im Jahre 2012 zu beteiligen. Das Abkommen verpflichtet die führenden Industrienationen in unterschiedlichem Umfang zur Reduzierung ihrer Treibhausgasemissionen gegenüber dem Niveau von 1990. Für das Kyoto-Protokoll war es ein herber Rückschlag, als sich die Vereinigten Staaten als größter Verursacher von Treibhausgasen aus dem Protokoll zurückzogen, nachdem der US-Kongress die Ratifizierung des Protokolls abgelehnt hatte, während Verursacher wie China und Indien aufgrund ihres Status als Entwicklungsländer nicht unter die Auflagen fallen.
Unter dem Motto "Cool Earth 50" legte Abe am 24. Mai bei einem internationalen Symposium in Tokyo seinen Vorschlag vor, in dem er auf die Bedeutung der Entwicklung innovativer Technologien und die Schaffung einer "low carbon society", einer Gesellschaft mit geringem Verbrauch fossiler Brennstoffe, verwies. Seine Idee besteht darin, die Menge an Kohlendioxid (das 80% der Treibhausgase ausmacht), die durch menschliche Aktivitäten verursacht wird, mit der auf natürliche Weise von der Erde absorbierten Menge in Einklang zu bringen. Für das Regelwerk nach dem Kyoto-Protokoll nannte er drei Prinzipien: (1) die Beteiligung der wichtigsten Verursacherländer, (2) unterschiedliche Vorgaben, die die Situation jedes Landes berücksichtigen und (3) die Kompabilität von Umweltschutz und wirtschaftlicher Entwicklung. Als eigene Initiative Japans kündigte er zudem das Vorhaben an, die Menschen in Japan aufzufordern, sich an einer landesweiten Kampagne zur Senkung des Kohlendioxidausstoßes auf einen Kilogramm pro Tag und Person zu beteiligen.
Abes Vorschlag, den die Regierung als "Abe-Initiative" bezeichnet, ist, was das Erreichen des angesetzten Zieles betrifft, so langfristig ausgerichtet wie vage. So wird das Basisjahr für die Spezifizierung der Vorgaben ganz bewusst offen gelassen. Genau so wenig klar ist, wie die konkreten Vorgaben für die einzelnen Länder festgelegt werden sollen. Aus diesem Grunde wurden Zweifel an der Effektivität und praktischen Umsetzbarkeit laut, doch die japanische Regierung ist davon überzeugt, dass der Vorschlag sowohl innen- als auch außenpolitisch erhebliche politische Wirkung zeigen wird. Ihre Absicht besteht offensichtlich darin, bei der Schaffung eines internationalen Regelwerks zum Kampf gegen die Erderwärmung für die Zeit nach dem Kyoto-Protokoll die Initiative zu übernehmen. Sollte Japan dies wirklich anstreben, so müsste es sich nach Meinung von Beobachtern stärker als der Rest der Welt in diesem Bereich engagieren und als ehrgeiziges Ziel eine Reduzierung seiner eigenen Emissionen um 70 - 80 % anstreben.
Laut Kyoto-Protokoll ist Japan verpflichtet, seine Treibhausgasemissionen im Zeitraum von 2008 bis 2012 um 6% gegenüber dem Niveau von 1990 zu senken. Seine Emissionen haben sich jedoch von 1990 bis 2005 um 8% erhöht, was bedeutet, dass, um die Vorgabe zu erreichen, nun eine Reduzierung um 14 % erzielt werden muss; dies erscheint jedoch unwahrscheinlich. Vor diesem Hintergrund äußerte Abe seine Absicht, den Plan zur Reduzierung zu überarbeiten und zusätzliche Maßnahmen in Bezug auf Bürogebäude und Wohnhäuser zu ergreifen, die einen Anstieg der Emissionen verzeichnen.
Vorbehalte aufgrund Fehlens konkreter Maßnahmen
Die Leitartikel der führenden japanischen Tageszeitungen vom 25. Mai begrüßten grundsätzlich Abes Initiative, äußerten jedoch gleichzeitig Vorbehalte in Bezug auf deren Effektivität, indem sie auf fehlende konkrete Vorschläge zum Erreichen des Ziels verwiesen, z.B. auf das Versäumnis, das Jahr zu spezifizieren, das als Vergleichsgrundlage für die geforderten Emissionssenkungen gelten soll.
Die Nikkei stellte fest, dass "Premierminister Abes Vorschlag für ein neues Regelwerk für die Zeit nach 2013 von großer Bedeutung ist. [...] Obwohl die EU bereits ihre eigenen mittel- und langfristigen Ziele, wie eine für 2020 angestrebte Reduzierung um 20% gegenüber dem Niveau von 1990 vorgestellt hat, ist jetzt der Zeitpunkt für die Erarbeitung eines internationalen Regelwerks und damit verbundener Vorgaben für die Zeit nach dem Kyoto-Protokoll gekommen." Die Zeitung forderte die japanische Regierung auf, dieses Vorhaben eigenständig weiterzuentwickeln und gegenüber der restlichen Welt ein Zeichen zu setzen. Jede Indifferenz in dieser Hinsicht würde dazu führen, Japans tatsächliche Entschlossenheit in Zweifel zu ziehen, so die Zeitung.
Die Asahi Shimbun forderte Abe auf, "einen Entwurf für die Reduzierung von Kohlendioxid-Emissionen vorzulegen" und schrieb weiter: "Der Vorschlag globaler Zielvorgaben zur Reduzierung der Treibhausgase um die Hälfte bis zum Jahr 2050 ist nicht zu unterschätzen. Das Problem besteht darin, dass es Widersprüche in den Strategien für die Reduzierung nach 2013 gibt." Die Zeitung fuhr fort: "Es erscheint sehr unwahrscheinlich, ein effektives System zur Reduzierung der Emissionen zu schaffen, wenn man - noch bevor die Diskussion wirklich begonnen hat - von Beginn an 'die Situation der einzelnen Länder' allzu nachgiebig berücksichtigt."
Die Yomiuri äußerte in ihrem Leitartikel unter der Überschrift "Globale Klima-Initiative hängt von China und den USA ab", dass "der Vorschlag als Impuls für die Schaffung eines Regelwerks zur Bekämpfung der Erderwärmung für die Zeit nach dem Kyoto-Protokoll - ein Vorhaben, in das jedes Mitglied der internationalen Gemeinschaft einbezogen werden muss - dienen sollte und dass "zur Gewährleistung der Effektivität des Rahmenwerks die Mitwirkung der Vereinigten Staaten und Chinas unerlässlich ist". Die Zeitung ergänzte: "Japan wird aber nur dann in der Lage sein, andere Länder davon zu überzeugen, sich der neuen Initiative anzuschließen, wenn auch die Menschen in Japan voll und ganz hinter diesem Anliegen stehen."
Die Mainichi Shimbun bezeichnete die Mitwirkung aller Länder an einem Netzwerk zum Kampf gegen die Erderwärmung als "selbstverständlich" und schrieb: "Die Frage lautet, wie man ein konkretes Regelwerk schaffen kann, an dem sich alle Verursacher von Treibhausgasen beteiligen." Sie fuhr fort: "Es wird natürlich nicht einfach sein, die Treibhausgasemissionen bis 2050 um die Hälfte zu reduzieren." Abes Vorschlag müsse daher einigen Einfallsreichtum aufweisen, um die Welt zu überzeugen.
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