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Japan Brief (Foreign Press Center Japan)


05. 06. 2007

 

 

Ausschuss für Umbau des Bildungswesens legt zweiten Bericht vor

Am 1. Juni legte der Ausschuss für den Umbau des Bildungswesens, ein Gremium der Regierung, Premierminister Shinzo Abe seinen zweiten Bericht "Umbau des Bildungswesens durch die Gesellschaft als Ganzes - ein weiterer Schritt zur Erneuerung des öffentlichen Bildungssystems und zur Gestaltung der Grundlagen für eine ‚Neue Bildungsära'" vor. Die Asahi Shimbun (vom 2. Juni) schrieb: "Der Bericht schlägt eine effizientere Verteilung der Haushaltsmittel sowie die Verbesserung der Qualität der Lehrerausbildung vor, indem das Prinzip des Wettbewerbs zwischen den Schulen bzw. Hochschulen eingeführt wird. Um die Zahl der Unterrichtsstunden zu erhöhen, schlägt der Rat die Nutzung der Sommerferien sowie der Samstage vor. Und auf dem Gebiet der individuellen Werte wird die Umwandlung der gegenwärtigen Moralstunde in ein ordentliches Schulfach empfohlen."

Bei einer Zusammenkunft des Ausschusses für den Umbau des Bildungswesens meinte Premierminister Abe (laut Mainichi Shimbun vom 2. Juni): "Der Ausschuss diskutierte sehr ausführlich über die Verbesserung der Fähigkeiten des Lehrpersonals, über den Moralunterricht sowie über eine Reform der Hochschulen. Ich werde mich dafür einsetzen, diesbezüglich das Verständnis derjenigen, die im Bildungswesen tätig sind, sowie aller Menschen im Lande zu erlangen." Er fügte hinzu: "Insbesondere möchte ich den Minister [für Bildung] bitten, sich nachdrücklich für die folgenden vier Punkte einzusetzen: die Schaffung der Möglichkeit von Samstagsunterricht, die Umwandlung des Moralunterrichts in ein festes Schulfach, die Zulassung zu Hochschulen im September [das akademische Jahr in Japan beginnt im April] und die Verwirklichung eines Besoldungssystems für Lehrer mit einer ausgewogenen Verteilung der Ausgaben."

Zweck des Ausschusses für Umbau des Bildungswesens und bisherige Diskussionen

In seiner ersten Regierungserklärung vor dem Parlament am 29. September letzten Jahres hatte Premierminister Abe versprochen, die Bildungsreform zu einem der wichtigsten Themen seiner Regierung zu machen. Daraufhin richtete die Regierung im Oktober letzten Jahres unter dem Vorsitz des Nobelpreisträgers für Chemie, Ryoji Noyori, den Ausschuss für den Umbau des Bildungswesens ein, um die Grundlagen für die Erneuerung der öffentlichen Bildung zu bestimmen. Die siebzehn Mitglieder des Rats sind führende Persönlichkeiten aus allen Bereichen der Gesellschaft. 

Am 24. Januar dieses Jahres legte der Ausschuss für den Umbau des Bildungswesens seinen ersten Bericht vor, in dem die bisherigen Diskussionen zusammengefasst wurden. Der erste Bericht kritisierte den gegenwärtigen Zustand der Bildung in Japan und führte u.a. aus: "Innerhalb der heutigen Schulbildung sind ausgesprochen schwierige Bedingungen zu beobachten. Dazu gehören u.a. ein Rückgang der akademischen Fähigkeiten, das Problem, dass Pflichtfächer nicht unterrichtet werden, Schikanieren, Schwänzen, Gewalt in der Schule, fehlende Ordnung in den Klassen, Lehrkräfte ohne ausreichende Fähigkeiten sowie ein zwiespältiges Verhältnis zur Verantwortung bei den Schulen und Bildungsgremien, das nur so beschrieben werden kann, dass man Ärger um jeden Preis vermeiden will, sowie ein Rückgang der internationalen Wettbewerbsfähigkeit im Bereich höhere Bildung." Laut Berichten japanischer Medien konzentrierten sich die Diskussionen im Ausschuss auf die Revision des Konzepts des "Lernens ohne Druck." Als Ergebnis kritisierte der erste Bericht, dass die negativen Faktoren, die dem Konzept des "Lernens ohne Druck" innewohnen, die Hauptursache für das "Nichtfunktionieren" der öffentlichen Bildung in Japan sei; als Korrekturmaßnahme forderte der Ausschuss u.a. eine Anhebung der Unterrichtsstunden um 10 %, die Wiedereinführung landesweiter Untersuchungen der Fähigkeiten der Schüler sowie die Ausweitung des Unterrichts auf unterschiedlichem Leistungsniveau. (siehe Japan Brief vom 25. 01. 2007 "Ausschuss für Umbau des Bildungswesens legt ersten Bericht vor").

Der zweite Bericht sollte nun konkrete Maßnahmen zur Realisierung der Reformideen, die im ersten Bericht umrissen wurden, für den Bildungsbereich benennen. Die Vorschläge umfassen ein breites Spektrum, u.a. die Einführung von Samstagsunterricht zur Aufstockung der Unterrichtsstunden um 10 %, die Einführung des Moralunterrichts als festes Schulfach, Aktivitäten im Bereich Gruppenarbeit für Grundschüler sowie Berufspraktika für Mittelschüler, die Zulassung von Studierenden zu allen staatlichen Hochschulen im September, die Vermittlung von Informationen über wissenschaftliche Kenntnisse im Bereich Kindeserziehung sowie eine Einschränkung des Fernsehkonsums der Kinder.

Tageszeitungen richten Blick auf Moralunterricht als Schulfach

Alle fünf landesweiten Tageszeitungen zeigten sich an der Frage der Bildungsreform sehr interessiert, indem sie den zweiten Bericht des Ausschusses für den Umbau des Bildungswesens in ihren Leitartikeln vom 2. Juni behandelten. Allerdings führt der zweite Bericht eine Vielzahl von Fragen an, die das ganze Spektrum der Bildung umfassen, und seine Empfehlungen in Bezug auf die einzelnen Probleme enthalten recht detaillierte technische Angaben. Aus diesem Grund tendierten die Leitartikel dazu, sich auf spezielle Themen zu konzentrieren und nicht so sehr die einzelnen Empfehlungen des Ausschusses zu bewerten.

Die landesweiten Tageszeitungen richteten den Blick auf den Vorschlag des Berichts, Moralunterricht als Schulfach zu gestalten. Die Kommentare in dieser Angelegenheit spiegelten die unterschiedlichen Positionen der einzelnen Zeitungen wider.

Der Leitartikel der Sankei Shimbun begrüßte die Empfehlungen des Berichts: "Der zweite Bericht unterzieht die Moralerziehung einer Überprüfung und empfiehlt, dass Moralunterricht als neues Schulfach eingerichtet wird. Wir stimmen diesem Vorschlag zu, weil nicht allein die akademischen Fähigkeiten, sondern auch das Vermitteln von Normen sowie die Kultivierung einer großen Sensibilität beim Umbau des Bildungswesens berücksichtigt werden sollten. Gegen die Einführung von Moralunterricht als Schulfach regte sich einiger Widerstand, aber nichtsdestotrotz stellt dies zusammen mit den Maßnahmen zur Revidierung des Konzepts des ‚Lernens ohne Druck', etwa durch Samstagsunterricht, einen Grundpfeiler der Empfehlungen des Ausschusses dar." Die Sankei fuhr fort: "Die Empfehlungen gehen auch auf die Erstellung der Schulbücher ein, und es wird die Verwendung unterschiedlichster Lehrmaterialien vorgeschlagen. Sollte Moralunterricht ein Schulfach werden und sollten daher entsprechende Schulbücher erstellt werden, dann dürfte auch die Forschung über die Nutzung von Lehrmaterialien und Unterrichtsmethoden Fortschritte machen."

Der Leitartikel der Nikkei begann: "In seinem zweiten Bericht fordert der Ausschuss für den Umbau des Bildungswesens, Moralunterricht als Schulfach aufzuwerten. Er führt aus, dass die Prüfung der Lernrichtlinien im laufenden Finanzjahr abgeschlossen werden sollte. Der Ausschuss misst dem Moralunterricht den Stellenwert eines neuen Schulfachs bei, für das keine Lehrerlaubnis benötigt wird und bei dem keine Noten vergeben werden. Trotz allem ist dies eine sehr zweifelhafte Empfehlung." Die Zeitung fuhr fort: "Derzeit gibt es in den Grund- und Mittelschulen eine Stunde Moralunterricht in der Woche. Manche sagen, dass diesem Unterricht der nötige Elan fehlt, weil Moral kein festes Schulfach ist, aber viele Schulen unternehmen kreative Anstrengungen, um dieses Fach effizient zu unterrichten und haben es in den Bildungsbereich als Ganzes integriert. Wenn die Regierung über eine Ausweitung diskutieren will, dann sollte sie eher diese kreativen Anstrengungen in den Klassenräumen unterstützen und nach Wegen suchen, wie dieser Unterricht interessanter gestaltet werden kann, und sich nicht so sehr auf die formale Aufwertung des Moralunterrichts versteifen. Wir befürchten, dass, falls Moralunterricht ein festes Schulfach wird, die Kontrolle des Ministeriums für Bildung, Kultur, Sport, Wissenschaft und Technologie weiter zunimmt und der Moralunterricht, der auch strittige Werte enthält, in einer rigiden und standardisierten Weise umgesetzt wird."

Ruf nach mehr Zeit und einer ausführlichen Debatte

In den Leitartikeln der landesweiten Tageszeitungen waren eine gewisse Verwirrung und Zweifel angesichts der Tatsache zu erkennen, dass der Ausschuss für den Umbau des Bildungswesens beide Berichte in dem kurzen Zeitraum von vier Monaten vorgelegt hat.

Der Leitartikel der Mainichi meinte: "Die fünftägige Schulwoche ist die Grundlage des Konzepts des "Lernens ohne Druck", das darauf abzielt, die Fähigkeiten für das Leben im Zusammenwirken von Schule, Familie und Gemeinschaft zu stärken. Vor der Einführung dieses Konzepts hatte es viele Diskussionen und Versuche gegeben. 1992 begann man mit der stufenweisen Einführung mit einem unterrichtsfreien Samstag im Monat. Man brauchte zehn Jahre, bis die fünftägige Schulwoche voll umgesetzt war. Selbstverständlich sollten notwendige Veränderungen vorgenommen werden, aber die Voraussetzung dafür ist, dass man ausführlich diskutiert, worin die Probleme bestehen, was die Ursachen sind, und was getan werden muss, damit diese Probleme nicht mehr auftreten. Wir müssen hier so weit wie möglich zu einer gemeinsamen Auffassung gelangen." Die Zeitung fuhr fort: "Gerade weil die Regierung von Premierminister Abe die Bildungsreform als eines ihrer wichtigen Themen bezeichnet, müssen wir uns Zeit lassen und uns gründlich vorbereiten. Sollte die Regierung den Bericht des Ausschusses für den Umbau des Bildungswesens als ein Zeichen der Zustimmung werten und auf eine rasche Umsetzung drängen, könnte sich dies als schwerer Fehler erweisen, den wir lange bereuen werden."

Der Leitartikel der Asahi kommentierte: "Dem Protokoll der Zusammenkünfte zufolge haben die Mitglieder des Ausschusses ihre Empfehlungen oft auf der Grundlage ihrer Eindrücke und Erfahrungen ausgesprochen. Allerdings scheint es keinen Versuch gegeben zu haben, das Für und Wider dieser Empfehlungen auf der Basis von Daten zu untersuchen und die Debatte zu vertiefen." Die Zeitung meinte zudem: "Der Ausschuss für den Umbau des Bildungswesens sagt, dass er weitere Diskussionen führen und Ende dieses Jahres einen dritten Bericht vorlegen wird. Falls das stimmt, dann möchten wir mindestens zwei Empfehlungen aussprechen: Erstens sollten die Zusammenkünfte öffentlich sein. Dies würde die Diskussion ein wenig spannender machen und das Interesse der Menschen im Land fördern. Zweitens sollten Experten aus dem Bereich der Bildungsforschung als Beobachter eingeladen werden. Dies würde es erlauben, das Für und Wider der Empfehlungen aus einem Blickwinkel der Bildungsgeschichte zu überprüfen."

(Copyright 2007 Foreign Press Center Japan)

 

 

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