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Japan Brief (Foreign Press Center Japan)


25. 06. 2007

 

 

 

Rahmenplan der Regierung Abe für Umbau des Bildungswesens und Verabschiedung dreier diesbezüglicher Gesetze

 

Drei Gesetzentwürfe in Bezug auf das Bildungswesen, die von der Regierung Abe als ein wichtiges Gesetzesvorhaben der aktuellen Sitzungsperiode des Parlaments angesehen werden, wurden am 20. Juni vom Oberhaus mit den Stimmen der regierenden Liberaldemokratischen Partei (LDP) und der Neuen Komei-Partei sowie weiteren Parteien verabschiedet. Die Demokratische Partei Japans, die Kommunistische Partei Japans und die Sozialdemokratische Partei stimmten gegen die Gesetze. Die Verabschiedung der drei Gesetze bedeutet den ersten konkreten Schritt hin zur Verwirklichung des Ziels von Premierminister Shinzo Abe, das Bildungswesens in Japan neu zu gestalten. Der Premierminister meinte am 20. Juni: "Die Verabschiedung [dieser drei Gesetze] wird die Schulen erneuern und den Weg für eine neue Ära in der Bildung bereiten."

Prozess bis zur Verabschiedung der drei Gesetze in Bezug auf das Bildungswesen

Nachfolgend wird der Prozess, der zur Verabschiedung der drei Gesetze in Bezug auf das Bildungswesen führte, kurz rekapituliert. In seiner ersten Regierungserklärung vor dem Parlament am 29. September letzten Jahres hatte Premierminister Abe versprochen, die Bildungsreform als ein wichtiges Anliegen seiner Regierung mit Vorrang voranzutreiben. Im Oktober letzten Jahres rief die Regierung den Ausschuss für den Umbau des Bildungswesens ins Leben, um die Grundlagen für die Neugestaltung des öffentlichen Bildungssektors festzulegen. Den Vorsitz des Ausschusses übernahm der Nobelpreisträger für Chemie Ryoji Noyori. Gleichzeitig nahm die Regierung die erste Reform des Grundlegenden Gesetzes für Bildung seit fünfzig Jahren in Angriff, und im Dezember letzten Jahres wurde das überarbeitete Grundlegende Gesetz für Bildung vom Parlament verabschiedet, in dem u.a. Aspekte wie Patriotismus hervorgehoben werden.

Nach der Vorlage des ersten Berichts des Ausschusses für den Umbau des Bildungswesens am 24. Januar dieses Jahres gab Premierminister Abe bekannt, dass er Vorschläge zur Revision von drei Gesetzen vorlegen werde, die sich mit dem Bereich Bildung befassen, nämlich das Gesetz über Schulbildung, das Gesetz über die Organisation und Durchführung der kommunalen Bildungsverwaltung und das Gesetz zur Zertifizierung von Lehrkräften, das mit dem Gesetz über Sonderbestimmungen in Bezug auf den öffentlichen Bildungssektor verknüpft ist. Dem folgte eine intensive Diskussion im Zentralen Rat für Bildung, einem Beratungsgremium des Ministers für Bildung, Kultur, Sport, Wissenschaft und Technologie (MEXT). Am 30. März legte die Regierung dem Parlament ihre Änderungsvorschläge für die drei Gesetze vor. Diese wurden vom Unterhaus am 18. Mai gebilligt.

Die drei Gesetze in Bezug auf das Bildungswesen bringen für Japans Bildungssystem und das Verfahren zur Zertifizierung der Lehrkräfte erhebliche Veränderungen mit sich, zwei Bereiche, die seit langem diskutiert werden. Ein Artikel der Asahi Shimbun vom 20. Juni beschreibt die wichtigsten Veränderungen in den drei Gesetzen wie folgt.

Gesetz über Schulbildung: Bestimmt als ein Ziel der Pflichtschulbildung die "Förderung der Liebe zum Land und zur Heimat" (innerhalb von sechs Monaten nach Verkündung des Gesetzes). Einrichtung der neuen Funktionen eines stellv. Schulleiters, eines Oberlehrers und eines Lehrers für Anleitung in den Grund- und Mittelschulen (ab April 2008).

Gesetz über die Organisation und Durchführung der kommunalen Bildungsverwaltung: Die Zentralregierung erhält die Befugnis, den Bildungsgremien Anweisungen zu erteilen und von ihnen Korrekturen zu verlangen (ab April 2008). Dafür erhalten die Bildungsgremien die Befugnis, den Gouverneuren der Präfekturen bei der Aufsicht über die privaten Schulen Ratschläge zu erteilen und sie zu unterstützen (ab April 2008).

Gesetz zur Zertifizierung von Lehrkräften und das Gesetz über Sonderbestimmungen in Bezug auf den öffentlichen Bildungssektor: Das Zertifikat für Lehrkräfte muss alle zehn Jahre erneuert werden (ab April 2009). Lehrkräfte, deren Unterricht als nicht angemessen bewertet wird, müssen Programme zur Verbesserung ihrer Fähigkeiten absolvieren (ab April 2008).

Widersprüchliche Meinungen in Bezug auf die Verabschiedung der drei Gesetze

Die Verabschiedung der drei Gesetze in Bezug auf das Bildungswesen führen Japans Bildungssystem an einen großen Wendepunkt. Die Umsetzung dieser drei Gesetze könnte die Schulen in Unordnung versetzen und zu einem Rückschlag führen. Angesichts dieser Möglichkeit zeigten sich alle fünf landesweit erscheinenden Tageszeitungen sehr interessiert daran, die Verabschiedung der drei Gesetze in ihren Leitartikeln zu behandeln. Im Mittelpunkt der drei Gesetze und im Brennpunkt des Interesses der Mehrheit der führenden Zeitungen des Landes stand die Frage, ob die neuen Maßnahmen zu einer Verstärkung der Kontrolle der Regierung über den Bildungsbereich führen werden oder nicht. Die Leitartikel zeigten sich in dieser Frage deutlich gespalten.

Die Asahi Shimbun (vom 22. Juni) schrieb: "Am Mittwoch wurden drei Gesetze in Bezug auf das Bildungswesen trotz der nach wie vor andauernden Sorge verabschiedet, dass dies zu einer größeren Einmischung in die Angelegenheiten der Schulen durch das Bildungsministerium und zur Schaffung einer einheitlichen Verwaltung führen könnte." Die Zeitung kritisierte die drei Gesetze nachdrücklich: "Unter den revidierten Gesetzen ist der Bildungsminister befugt, die Bildungsgremien zu instruieren oder anzuweisen, bestimmte Themen aufzugreifen. Für die Zertifizierung der Lehrkräfte wird ein neues System eingeführt, und es werden die neuen Posten des stellv. Schulleiters sowie des Oberlehrers geschaffen. Diese Veränderungen machen deutlich, dass die jüngsten Schritte dazu dienen, ein System zu etablieren, in dem Entscheidungen von oben nach unten weitergeleitet werden. Wird dies wirklich eine Erneuerung unseres Bildungssystems bewirken? Eine Verbesserung der akademischen Fähigkeiten der Schüler oder die Bekämpfung des häufigen Schwänzens des Unterrichts oder der Gewalt an den Schulen dürften damit nicht erreicht werden. Vielmehr steht zu befürchten, dass die Veränderungen die Bildungsgremien, Schulen und Lehrkräfte einschüchtern und von neuen Experimenten abhalten werden."

Die Nikkei (vom 21. Juni) stimmte dem zu und meinte: "Seit die Veränderungen in den Gesetzen vorgeschlagen wurden, bestand die Kritik, dass die Revision der Gesetze dem Trend der Dezentralisierung der Regierung entgegensteht und allein die Autorität des MEXT stärkt. Die Sorge, dass das Bildungsministerium die Bestimmungen in weitem Sinne interpretieren und seine Autorität zur Vereinheitlichung der kommunalen Bildungsgremien nutzen wird, ist nicht von der Hand zu weisen. Man kann nicht sagen, dass die Diskussion im Parlament diese Sorge ausreichend beschwichtigt hat."

Die Sankei Shimbun (vom 21. Juni) begrüßte dagegen die Verabschiedung der drei Gesetze und schrieb: "Die Reform der kommunalen Bildungsgremien, die im Gesetz über die Organisation und Durchführung der kommunalen Bildungsverwaltung festgeschrieben ist, spiegelt die große Bedeutung wider, die Premierminister Shinzo Abe der Erneuerung des Bildungswesens in Japan beimisst. Die Inkompetenz der kommunalen Bildungsgremien wird deutlich, wenn man sich die an den Schulen grassierende Gewalt ansieht. So wie die Dinge jetzt stehen, erfüllen die Bildungsgremien ihre Aufgaben nicht, die darin bestehen, die Schulen zu unterstützen, wenn Probleme auftreten und Lösungen für diese Probleme zu finden." Die Sankei fuhr fort: "Einige Bildungsgremien setzen die Zusammenarbeit mit den Lehrergewerkschaften fort und sind nicht in der Lage, auftauchende Fragen zu lösen. Der Reform der Bildungsgremien kommt deshalb Bedeutung zu, weil sie den Charakter der Bildung in der Nachkriegszeit in diesem Land ändern wird."

Frage nach besonderen Maßnahmen zur Umsetzung der geänderten Gesetze

Die Verabschiedung der drei Gesetze hat den rechtlichen Rahmen für eine Veränderung des Bildungswesens bereitet. Aber wie für jedes andere Gesetz gilt auch hier, dass die Effizienz und die Auswirkungen eines Gesetzes in hohem Maße davon abhängen, wie es interpretiert und umgesetzt wird. Die landesweit erscheinenden Tageszeitungen richteten den Blick auf die Probleme in den Schulen des Landes, und die meisten riefen zur Umsicht bei der Umsetzung der drei Gesetze auf.

Die Mainichi Shimbun (21. Juni) meinte: "Weder fand im Parlament eine ausreichend fundierte Diskussion über die gegenwärtige Situation der Bildung in Japan statt, noch wurde deutlich, wie die überarbeiteten Gesetze angewendet werden sollen. So sollte z.B. die Einmischung der Regierung in die Angelegenheiten der kommunalen Bildungsgremien eingeschränkt und kontrolliert werden. Jedoch machte keiner den Versuch, sich vorzustellen oder festzulegen, was passieren wird, wenn die Regierung beschließt, ihre Befugnisse zu nutzen. [...] Wie können die nachteiligen Auswirkungen einer exzessiven Kontrolle von oben nach unten vermieden werden? Es sind nicht die Gesetze, die dies festlegen, sondern diejenigen, die mit der Umsetzung der Gesetze betraut sind."

Die Yomiuri Shimbun (vom 21. Juni) schloss: "Das Ministerium sollte alles unternehmen, um die neuen rechtlichen Änderungen in konkrete Schritte zu übertragen. Dies muss von finanziellen Maßnahmen begleitet werden, um sicherzustellen, dass die Anstrengungen der Regierung für den Umbau des Bildungswesens voran kommen. Dies im Hinterkopf behaltend, ist es notwendig zu beobachten, ob der Premierminister in der Lage ist, bei der Erreichung dieser Ziele Führungsstärke zu zeigen."

(Copyright 2007 Foreign Press Center Japan)

 

 

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