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Japan Brief (Foreign Press Center Japan)


27. 06. 2007

 

    

Laufende Sitzungsperiode des Parlaments um zwölf Tage verlängert;
Oberhauswahlen auf 29. Juli verschoben

 

Die laufende Sitzungsperiode des Parlaments, die ursprünglich am 23. Juni zu Ende gehen sollte, wurde um zwölf Tage bis zum 5. Juli verlängert. Durch diese Verlängerung verschiebt sich die anstehende Oberhauswahl um eine Woche; die öffentliche Ankündigung der Wahl ist nun für den 12. Juli und die Abstimmung selbst für den 29. Juli vorgesehen. Die Regierungskoalition beabsichtigt, die Verlängerung zu nutzen, um ihre Gesetzesvorschläge für die Revision des Gesetzes über den Öffentlichen Dienst, zur Reform des Sozialversicherungsamtes und für ein Sondergesetz zur Aufhebung der Beschränkungen von Rentenzahlungen zu verabschieden. Die Oppositionsparteien überlegen nun, einen Misstrauensantrag zu stellen und beabsichtigen, das Vorgehen der Regierung in der Frage verloren gegangener Rentenunterlagen weiter anzuprangern. Die Konfrontation zwischen Regierungs- und Oppositionsparteien dürfte sich mit Blick auf die anstehende Oberhauswahl noch verschärfen.

Regierungskoalition setzt auf kurzzeitige Konfrontation

Die Verlängerung der laufenden Sitzungsperiode des Parlaments wurde am 22. Juni mit der Mehrheit der regierenden Liberaldemokratischen Partei (LDP) und der Neuen Komei-Partei in einer Sitzung des Unterhauses beschlossen. Die Demokratische Partei Japans (DPJ) und die anderen Oppositionsparteien wandten sich gegen diesen Schritt. Die Neue Volkspartei brachte ihre Missbilligung dadurch zum Ausdruck, dass sie der Abstimmung fern blieb. Aber auch in den Regierungsparteien selbst gab es Stimmen, die zur Vorsicht mahnten, weil sich durch eine Verlängerung auch die Wahl verschiebt. Premierminister Shinzo Abe setzte sich jedoch über diese Bedenken hinweg und entschied, die Sitzungsperiode des Parlaments zu verlängern. Der Premierminister erläuterte seine Entscheidung gegenüber den Medien am 22. Juni und unterstrich, dass die Verabschiedung der außerordentlich wichtigen Gesetzentwürfe wie die vorgeschlagene Revision des Gesetzes über den Öffentlichen Dienst "eine Verpflichtung gegenüber den Menschen in Japan" darstelle. Mit Blick auf die besorgten Stimmen aus den Reihen der LDP, dass eine Verlängerung der Sitzungsperiode sich bei der anstehenden Oberhauswahl als nachteilig für die Partei herausstellen könnte, meinte Abe: "Man sollte diese Angelegenheit nicht unter dem Blickwinkel der Wahlkampfstrategie betrachten."

Die Oppositionsparteien kritisierten die Verlängerung der Sitzungsperiode des Parlaments einmütig. Yukio Hatoyama, Generalsekretär der DPJ, meinte: "Die Absicht besteht darin, die Oberhauswahl zu verschieben und die Menschen die Rentenfrage vergessen zu machen." Der Vorsitzende der Kommunistischen Partei Japans, Kazuo Shii, sagte: "Die Menschen durchschauen die Sache. [Abe] glaubt, dass ihr Zorn mit der Zeit vergeht." Mizuho Fukushima, die Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei, kritisierte: "Sie mögen glauben, dass die Rentenfrage durch die Verlängerung der Sitzungsperiode aus dem Blickfeld gerät, aber das wird nicht passieren." Und der Generalsekretär der Neuen Volkspartei, Hisaoki Kamei, erklärte: "Es gab in dieser Sitzungsperiode wiederholt Beispiele dafür, dass Gesetzesvorhaben durch das Parlament gepeitscht wurden. Eine derart außergewöhnliche Situation im Parlament habe ich noch nie erlebt."

Mit der Verlängerung der Sitzungsperiode strebt die Regierungskoalition einen kurzen und harten Kampf an, um in einem Schwung die Gesetzesvorhaben zur Revision des Gesetzes über den Öffentlichen Dienst, zur Reform des Sozialversicherungsamtes und für ein Sondergesetz zur Aufhebung der Beschränkungen von Rentenzahlungen vom Parlament verabschieden zu lassen. Die DPJ für ihren Teil bereitet einen Misstrauensantrag gegen die Regierung vor, sobald die Gesetze zum Thema Renten verabschiedet sind. Auf einer Pressekonferenz meinte DPJ-Generalsekretär Hatoyama: "Der Zorn der Menschen kocht angesichts des Verschwindens von Nachweisen für geleistete Rentenbeiträge über. Sie werden hinter uns stehen, wenn wir unser fehlendes Vertrauen gegenüber der Regierung Abe am selben Tag zum Ausdruck bringen, an dem diese Angelegenheit in unverantwortlicher Weise beiseite gelegt wird."

Abe kündigt für den Fall einer Niederlage Übernahme der vollen Verantwortung an

Bei den zwanzig Oberhauswahlen in der Vergangenheit wurde die unmittelbar zuvor laufende Sitzungsperiode bislang acht Mal verlängert. In den letzten zwanzig Jahren gab es nur zwei Verlängerungen, nämlich 1989 und 1998. Die LDP erlitt beide Male eine schwere Niederlage, und der amtierende Premierminister war gezwungen zurückzutreten. Bei einer Pressekonferenz am 22. Juni wurde Abe gefragt, was passieren werde, wenn die LDP die Oberhauswahl verliert. Seine Antwort: "Ich bin der Premierminister und Vorsitzende der LDP und trage daher die gesamte Verantwortung." DPJ-Generalsekretär Hatoyama meinte bei einer anderen Pressekonferenz am selben Tag in Bezug auf seine eigene Partei: "Wir werden eine große Verantwortung tragen, wenn wir diese wichtige Gelegenheit nicht nutzen, der Koalition aus LDP und Neuer Komei-Partei ihre Mehrheit zu nehmen."

Laut einer Untersuchung der Asahi Shimbun (vom 22. Juni) gibt es insgesamt 337 Kandidaten bei der Oberhauswahl, nämlich 206 Kandidaten in den 73 Wahlkreisen und 131 Kandidaten für die 48 Sitze, die landesweit nach dem Stimmenanteil der Parteien vergeben werden. (Beim Oberhaus stehen alle drei Jahre jeweils die Hälfte der Sitze zur Wahl.) Die LDP hat in den Wahlkreisen von 29 Präfekturen eigene Kandidaten aufgestellt. Die DPJ stellt Kandidaten in 21 Präfekturen und unterstützt zusammen mit anderen Oppositionsparteien weitere Kandidaten in sieben Präfekturen. Es dürfte in jedem Wahlkreis zu einem harten Kampf kommen. Zusätzlich haben sowohl LDP als auch DPJ jeweils 35 Kandidaten für die landesweit entsprechend dem Stimmenanteil vergebenen Sitze aufgestellt.

Die Regierungsparteien müssen zusätzlich zu ihren diesmal nicht zur Wahl stehenden Sitzen 64 Sitze gewinnen, um ihre Mehrheit zu sichern. Laut Asahi (vom 23. Juni) besteht der Vorteil für die Regierungsparteien durch die Verlängerung der Sitzungsperiode und Verschiebung der Wahl nicht nur darin, dass man Zeit gewinnt, um den derzeit heftig wehenden Gegenwind abflauen zu lassen, sondern auch darin, dass wegen des Beginns der Sommerferien die Wahlbeteiligung niedriger ausfällt, und so die Oppositionsparteien weniger Stimmen von Wählern erhalten, die über die Rentenfrage aufgebracht sind.

Die Oppositionsparteien haben derzeit insgesamt 63 Sitze inne, die diesmal nicht zur Abstimmung anstehen. Um die Mehrheit zu erringen, müssen sie zusammen mindestens 59 zusätzliche Sitze erringen. Der DPJ ist es gelungen, die Rentenfrage in den Mittelpunkt des Wahlkampfs zu rücken, und sie hat ihr Wahlziel von 50 angestrebten Sitzen auf 55 oder mehr erhöht.

Die Yomiuri Shimbun befragte im Rahmen einer landesweiten Meinungsumfrage tausend "Wahlbeobachter der Oberhauswahl" im Internet und veröffentlichte das Ergebnis am 22. Juni. Die DPJ kommt demnach mit 31 % auf den ersten Platz noch vor der LDP mit 26 %. Es folgen die Neue Komei-Partei und die KPJ mit jeweils 4 %, während die SDP, die Neue Volkspartei und die Neue Partei Nippon jeweils 1 % der Stimmen erhalten. 32 % der Befragten gaben an, dass sie keine bestimmte Partei bevorzugen. Auf die Frage aber, wen sie sympathischer finden - Premierminister Abe oder den Vorsitzenden der DPJ, Ichiro Ozawa - entschieden sich 35 % für Abe und nur 23 % für Ozawa.

Leitartikel der führenden Tageszeitungen: Sankei, Nikkei und Yomiuri begrüßen Verlängerung der Sitzungsperiode

Die führenden japanischen Tageszeitungen kommentierten die Verlängerung der Sitzungsperiode des Parlaments in ihren Leitartikeln. Drei Zeitungen, die Sankei Shimbun, die Nikkei und die Yomiuri, unterstützten die Entscheidung von Premierminister Abe und forderten, die wichtigen Gesetzentwürfe während der Verlängerung durch das Parlament zu bringen. Die Yomiuri brachte allerdings ihre Missbilligung über den vorgelegten Entwurf zur Revision des Gesetzes über den Öffentlichen Dienst zum Ausdruck. Die Asahi wandte sich gegen die Verlängerung  und kritisierte die "brachiale Taktik" der Regierungsparteien. Die Mainichi Shimbun wies darauf hin, dass "der Premierminister und die Regierungsparteien auf ihre zahlenmäßige Stärke angewiesen sind, um ihren Kurs fortzuführen. Sie haben die Beherrschung verloren." Die einzelnen Leitartikel werden nachfolgend vorgestellt.

Der Leitartikel der Asahi (vom 21. Juni) unter der Überschrift "Verlängerung der Sitzungsperiode des Parlaments: Noch ein falscher Schritt von Abe" meinte: "Es gibt keinen Grund, einen Premierminister nur dafür zu kritisieren, dass er eine Verlängerung der Sitzungsperiode anstrebt, um sicherzustellen, dass wichtige Gesetzentwürfe verabschiedet werden. Trotzdem müssen wir in diesem Fall Einspruch einlegen." Die Asahi nannte als Grund dafür ihre Sorge, dass die vorgeschlagene Datenbank für humane Ressourcen nur der Praxis des "Amakudari" dienen wird, bei der Regierungsbeamte im Ruhestand Posten in den Wirtschaftssektoren erhalten, die sie zuvor kontrolliert haben. Zugleich wandte sich die Zeitung gegen die "brachiale Taktik" der Regierungsparteien. In Bezug auf die Verabschiedung der wichtigen Gesetzentwürfe kommentierte die Asahi: "Sollten die Regierungsparteien den Vorschlägen der Opposition weiterhin kein Gehör schenken und die Gesetzentwürfe nach nur wenigen Stunden Debatte durchdrücken, widerspräche dies der Notwendigkeit, die Sitzungsperiode zu verlängern, um die Gesetzentwürfe ausführlich zu diskutieren."

Die Mainichi (vom 22. Juni) wies in ihrem Leitartikel unter der Überschrift "Kein Vorteil bei der Wahl" darauf hin: "Die Verlängerung wurde von Premierminister Shinzo Abe diktiert, der entschlossen ist, den Entwurf für die Revision des Gesetzes über den Öffentlichen Dienst verabschieden zu lassen." Die Zeitung merkte an, dass die Oberhauswahl sich wohl ausschließlich auf die Rentenfrage konzentrieren dürfte und mutmaßte: "[Abe] scheint zu glauben, dass die Revision des Gesetzes über den Öffentlichen Dienst, die die Praxis des ‚Amakudari' in den Regierungsministerien und -behörden verbietet, ohne weiteres die Unterstützung der Menschen im Land erhält und daher als Banner für seine Reformen herhalten kann." Die Mainichi missbilligte die Tatsache, dass die Regierungsparteien die Gesetzentwürfe im Rahmen der Verlängerung der Sitzungsperiode wohl durchpeitschen dürften und schrieb: "Der Premierminister und die Regierungsparteien sind auf ihre zahlenmäßige Stärke angewiesen, um ihren Kurs fortzuführen. Sie sind in Panik geraten, weil die Oberhauswahl näherrückt und haben die Beherrschung verloren."

Der Leitartikel der Sankei (vom 22. Juni) unter der Überschrift "Wir unterstützen diese verantwortungsvolle Entscheidung" meinte: "Der wichtigste Grund für die Verlängerung der Sitzungsperiode des Parlaments ist die Verabschiedung der Revision des Gesetzes über den Öffentlichen Dienst und die Stärkung der Kontrolle des ‚Amakudari'-Systems, der tragenden Säule dieser Revision." Die Zeitung fuhr fort: "Wir teilen die Einschätzung des Premierministers, dass die Beendigung der Praxis des ‚Amakudari' der wichtigste Punkt ist. Dies wird die einzelnen Parteien dazu zwingen, diese Frage bei der anstehenden Oberhauswahl zu klären, und sie ist daher von großer Bedeutung." Die Sankei meinte weiter: "Das Ziel des Premierministers ist es, die Mehrheit der Regierungsparteien [bei der Oberhauswahl] zu verteidigen. Man sollte sich bewusst sein, dass die Entscheidung zur Verlängerung der Sitzungsperiode getroffen wurde, obwohl klar ist, dass sie ein Risiko darstellt und sich als nachteilig [in Bezug auf die Wahl] herausstellen könnte."

Die Nikkei schrieb in ihrem Leitartikel (vom 22. Juni): "Premierminister Shinzo Abe riskiert alles, um das revidierte Gesetz über den Öffentlichen Dienst und die anderen Gesetze zu verabschieden." Die Zeitung versicherte: "Das Parlament muss sich mit diesen Gesetzentwürfen wirklich befassen. Die Regierungsparteien sollten auf ihre Leistungen verweisen und die Bedeutung dieser Gesetze betonen. Und die Oppositionsparteien sollten ihre Vorschläge vortragen und dafür werben. Das Urteil sollte man dann der Oberhauswahl überlassen." In Bezug auf die Reform des Sozialversicherungsamtes und des Sondergesetzes zur Aufhebung der Bestimmungen über die Beschränkung von Rentenzahlungen meinte die Nikkei: "Der Weg für die Auflösung des Sozialversicherungsamtes muss vorbereitet werden. Die Verabschiedung des anderen Gesetzentwurfs wird die auf fünf Jahre festgelegte Beschränkung von Rentenzahlungen für die Menschen aufheben, die keine Rentenzahlungen erhalten haben. Dies ist absolut notwendig, um die großen Bedenken in Bezug auf das Rentensystem zu beschwichtigen."

Der Leitartikel der Yomiuri (vom 23. Juni) unter der Überschrift "Verlängerung der Sitzungsperiode sollte konstruktiv genutzt werden", meinte: "Politiker haben die Verantwortung, wichtige Fragen aufzugreifen, auch wenn dies eine Verlängerung der Sitzungsperiode erforderlich macht." Die Zeitung wies weiter darauf hin, dass "die tiefe Kluft zwischen Regierung und Opposition [...] die Diskussion über eine Reihe von Gesetzentwürfen behindert hat" und forderte die rasche Verabschiedung der Gesetze zur Reform des Sozialversicherungsamtes, zur Revision des Öffentlichen Dienstes und des Sondergesetzes zur Aufhebung der Beschränkung von Rentenzahlungen. Der Streit über die Rentenfrage, so die Yomiuri, "sollte von den Regierungs- und Oppositionsparteien nicht als politischer Spielball genutzt werden. [...] Die Anstrengungen zur Lösung des Problems erfordern eine konstruktive Diskussion." Sie fuhr kritisch fort: "In den letzten Monaten gab es zwischen Regierung und Opposition ein heftiges Hin und Her im Streit um verschwundene Nachweise für geleistete Rentenbeiträge. Dabei ist ihnen die ganze Zeit nicht in den Sinn gekommen, darüber zu diskutieren, wie das Rentensystem reformiert werden sollte."

(Copyright 2007 Foreign Press Center Japan)

 

 

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