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Japan Brief (Foreign Press Center Japan)
28. 06. 2007
Luftstreitkräfte der Japanischen Selbstverteidigungsstreitkräfte setzen Mission im Irak für zwei weitere Jahre fort
Die Änderungen zum Gesetz über Sondermaßnahmen zur humanitären Hilfe und
Wiederaufbauhilfe im Irak, von der Regierung Abe als wichtiges Gesetzesvorhaben
für die laufende Sitzungsperiode des Parlaments bezeichnet, wurden am 20. Juni
vom Oberhaus verabschiedet. Die Änderungen verlängern die Gültigkeit des
aktuellen Gesetz um zwei weitere Jahre. Das Gesetz bildet den rechtlichen Rahmen
für die Aktivitäten der Japanischen Selbstverteidigungsstreitkräfte (SDF) im
Irak und die gesetzliche Legitimierung für die Verlängerung des Einsatzes von
Transporteinheiten der Luftstreitkräfte der SDF (ASDF) im Irak um maximal zwei
weitere Jahre. Gegenüber der Presse betonte Premierminister Shinzo Abe am 20.
Juni erneut die Bedeutung der Hilfe für den Wiederaufbau Iraks: "Für die
internationale Gemeinschaft ist es jetzt wichtig, alles zu unternehmen, um den
Irak wiederaufzubauen."
Verlauf bis zur Verabschiedung der Änderungen für das Sondergesetz zum Irak
Als der Irak-Krieg im März 2003 ausbrach, war Japan als Mitglied der internationalen Gemeinschaft gefordert, über die Art und Weise seines Engagements im Irak nachzudenken. Bereits vor dem Irak-Krieg waren die SDF auf ausländischem Boden aktiv gewesen. Bis dahin waren diese Aktivitäten allerdings auf Blauhelmmissionen der Vereinten Nationen und Katastrophenhilfe beschränkt gewesen. Die Entsendung der SDF in den Irak war der erste Einsatz, der über den Rahmen dieser bisherigen Aktivitäten hinausging, und stellte als solches ein großes Problem dar - nicht nur politisch, sondern auch verfassungsrechtlich. Das war der Grund für die Verabschiedung des vorerst auf vier Jahre befristeten Gesetzes über Sondermaßnahmen zur humanitären Hilfe und Wiederaufbauhilfe im Irak im Juli 2003, wie in Japan Brief vom 23. Juni 2006 unter der Überschrift "Regierung beschließt Abzug der Selbstverteidigungsstreitkräfte aus dem Irak" erläutert wurde.
Das Sondergesetz beschränkt die Aufgaben der SDF auf humanitäre Hilfe, und es wurde festgelegt, dass es keinerlei Beteiligung an Kampfhandlungen geben wird. Auf der Grundlage des Gesetzes wurden Einheiten der Bodenstreitkräfte der Selbstverteidigungsstreitkräfte (GSDF) nach Samawah in der Provinz Al Muthanna sowie Einheiten der ASDF nach Kuwait entsendet, um die Bemühungen für den Wiederaufbau Iraks zu unterstützen. Die GSDF zogen im Juli 2006 aus dem Irak ab. Der damalige Premierminister Junichiro Koizumi begründete dies auf einer Pressekonferenz so: "Nach Gesprächen mit den Vereinigten Staaten, Großbritannien, Australien und anderen Staaten sind wir zu dem Entschluss gekommen, dass der Einsatz der GSDF für die humanitäre Hilfe und Wiederaufbauhilfe seinen Zweck erfüllt hat."
Die ASDF jedoch verblieben in Kuwait, um Personal und Material - insbesondere für die US-Streitkräfte, für die Streitkräfte anderer Mitglieder der Koalition sowie für die Vereinten Nationen zu transportieren. Das Problem bestand nun darin, dass die zeitliche Befristung des Gesetzes über Sondermaßnahmen zur humanitären Hilfe und Wiederaufbauhilfe im Irak von vier Jahren im Juli dieses Jahres ausläuft und mit ihr auch die Rechtsgrundlage für den Einsatz der ADSF. Vor diesem Hintergrund legte die Regierung, die den Einsatz der ASDF fortführen will, während der aktuellen Sitzungsperiode des Parlaments einen Änderungsentwurf vor, mit dem das Gesetz über Sondermaßnahmen zur humanitären Hilfe und Wiederaufbauhilfe im Irak um weitere zwei Jahre verlängert wird. Die Änderung wurde nun am 20. Juni verabschiedet.
Diskussion über Änderung des Irak-Sondergesetzes
Die Parlamentsdebatte über die Änderung des Gesetzes über Sondermaßnahmen zur humanitären Hilfe und Wiederaufbauhilfe im Irak, einschließlich der grundsätzlichen Frage nach der Art und Weise des japanischen Beitrags zum Krieg im Irak, offenbarte die großen Gegensätze zwischen Regierung und Opposition in dieser Frage.
In einem Kommentar auf der Politik-Seite ihrer Ausgabe vom 21. Juni beschrieb die Yomiuri Shimbun die Lage und stellte fest: "In der Parlamentsdebatte forderten die Oppositionsparteien einen sofortigen Abzug aus dem Irak. Der Oberhaus-Abgeordnete Hiroshi Takano vom Koalitionspartner Neue Komei-Partei sagte: 'Ich gehe davon aus, dass, sollte es zu einem Regierungswechsel in den Vereinigten Staaten kommen, die Forderungen nach einem Rückzug aus dem Irak zunehmen werden. Wir müssen eine Strategie für den Ausstieg vorbereiten.' Für die Regierung symbolisiert der Einsatz der ASDF jedoch Japans Beitrag zum Wiederaufbau Iraks, und solange sich die Lage im Irak nicht deutlich verschlechtert, dürfte die Regierung kaum einen Rückzug in Erwägung ziehen. Ein Beamter des Verteidigungsministeriums hob hervor, dass der einzige Grund dafür, dass Japan nicht für einen mangelnden internationalen Beitrag kritisiert wird, der Einsatz der ASDF im Irak ist. Wären diese Einheiten nicht im Einsatz, würde Japan vielleicht aufgefordert werden, Bodentruppen nach Afghanistan zu entsenden."
Die Mainichi Shimbun kommentierte am 21. Juni ebenfalls auf ihrer Politik-Seite das Problem der Rechtmäßigkeit der Aktivitäten der ASDF im Irak und schrieb: "Laut Aussagen des Verteidigungsministeriums haben die ASDF seit Juli letzten Jahres 150 Transportmissionen in den Irak ausgeführt und dabei ca. 46,5 Tonnen Material transportiert. Der Großteil dieser Transporte unterstützte die Amerikaner und ihre Verbündeten; lediglich 25 Einsätze wurden für die Vereinten Nationen [von September letzten Jahres bis März dieses Jahres] geflogen. Nähere Einzelheiten wurden nicht bekannt, aber ein Mitglied der Regierungsparteien meinte: 'Die meisten dieser Aufträge bestanden darin, Waffen und Munition für die US-Streitkräfte zu transportieren.' Dies könnte man durchaus als Beteiligung an Kampfhandlungen verstehen, was die japanische Verfassung verbietet. Die Regierung wies dies zurück: 'Es gibt Fälle, in denen es neben anderen Gütern auch [Waffen] gab. Es wäre allerdings zu umständlich, alles zu untersuchen, um Waffen und Munition auszusortieren.' Die offizielle Haltung lautet somit, dass kein Problem besteht, solange die Einsätze in nicht umkämpften Gebieten stattfinden."
Widersprüchliche Auffassungen der führenden Tageszeitungen
Die Yomiuri Shimbun, die Asahi Shimbun und die Mainichi Shimbun, drei führende Tageszeitungen Japans, veröffentlichten am 22. Juni Leitartikel zur Verlängerung des Einsatzes der ASDF im Irak. Die Leitartikel spiegelten die widersprüchlichen Auffassungen der Tageszeitungen wider.
Die Yomiuri eröffnete ihren Leitartikel mit der Feststellung: "Der Wiederaufbau Iraks ist nach wie vor eine große Herausforderung und darf nicht fehlschlagen. Japan sollte seine Verantwortung weiterhin wahrnehmen, indem es mit den anderen Mitgliedern der internationalen Gemeinschaft zusammenarbeitet." Die Zeitung fuhr fort: "Die ASDF haben innerhalb von drei Jahren mehr als 500 Einsätze geflogen, bei denen sie Personal und Material für die internationalen Streitkräfte und die Vereinten Nationen beförderten. Sowohl die irakische Regierung als auch die Vereinten Nationen bewerten diese Einsätze sehr positiv. Die Mission der ASDF kann als Unterstützung für die Vereinigten Staaten angesehen werden, für die der Irak ein drängendes Problem darstellt. In diesem Sinne dient der Einsatz dazu, das Bündnis zwischen Japan und den USA zu stärken. Die Aktivitäten der ASDF sind darauf ausgelegt, einen personellen Beitrag zu leisten und dabei die Gefahr für die Beteiligten auf ein Minimum zu reduzieren. Dies ist für Japan der praktikabelste Weg, den eigenen Interessen zu dienen."
Die Asahi betonte in ihrem Leitartikel: "Der Irak-Krieg wurde auf der Grundlage falscher Geheimdienstinformationen begonnen. Der frühere Premierminister Junichiro Koizumi unterstützte die Entscheidung zum Kriegseintritt und setzte sich mit seiner Entscheidung, sogar die SDF in den Irak zu entsenden, über die öffentliche Meinung hinweg. Eine Voraussetzung für die aktuelle Entscheidung sollte deshalb darin bestehen, offen einzuräumen, dass diese Aktion von Anfang an schlecht durchdacht war. Aber auf diesem Auge blind, haben die Regierung von Premierminister Shinzo Abe und die Regierungsparteien das Gesetz verlängert." Die Asahi kritisierte die Irak-Politik der Regierung und fügte hinzu: "Japans Führung hat zudem zwei weitere ernste Probleme vernachlässigt. Das erste besteht darin, dass es keine 'Ausstiegsstrategie' für einen Abzug der ASDF aus Irak gibt. Das zweite Problem betrifft die fehlenden Informationen darüber, was die SDF tatsächlich im Irak tun."
Die Mainichi kommentierte: "Japan sieht sich mit dem Atomprogramm Nordkoreas und dessen Raketen konfrontiert und verlässt sich in Bezug auf seine Sicherheit ganz auf die USA. Gut informierte Kreise des Verteidigungsministeriums unterstreichen, dass die Transportflüge der ASDF mit drei Transportflugzeugen vom Typ C-130 eine relativ günstige Variante darstellen, um die Lasten innerhalb des Bündnisses zwischen Japan und den USA aufzuteilen. Wenn dies zutrifft, hätte dies offen im Parlament dargelegt und dem japanischen Volk erklärt werden müssen." Die Zeitung folgerte: "Verteidigungsminister Kyumas einziger Kommentar zum Zeitpunkt eines möglichen Abzugs aus dem Irak bestand darin, zu sagen: 'Wir müssen auf die internationale Gemeinschaft Rücksicht nehmen und abwarten, wie effektiv der Einsatz zusätzlicher US-Truppen sein wird. Vorher kann man keine Entscheidung treffen.' Ohne eine Rückzugsoption wird Japan gezwungen sein, den Vereinigten Staaten auf Gedeih und Verderb zu folgen; dies kann einen Ausstieg erheblich erschweren."
(Copyright 2007 Foreign Press Center Japan)