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Japan Brief (Foreign Press Center Japan)
11. 07. 2007
Weißbuch zur Verteidigung und zur Sicherheitspolitik Japans für das Haushaltsjahr 2007
Auf einem Treffen am 6. Juli bestätigte das Kabinett von Premierminister Shinzo Abe das Weißbuch zur Verteidigung (Verteidigung Japans 2007) für das Haushaltsjahr 2007, das von der Verteidigungsministerin, Yuriko Koike, vorgelegt wurde. Weißbücher sind Regierungsberichte, die eine Analyse der aktuellen Situation sowie der zukünftigen Aussichten in bestimmten Bereichen umfassen. Ihr Name stammt daher, dass die Berichte der britischen Regierung einen weißen Einband hatten. Die meisten japanischen Regierungsministerien und Ämter geben jedes Haushaltsjahr Weißbücher heraus und verkaufen diese. Von diesen erregt das Weißbuch zur Verteidigung immer eine große Aufmerksamkeit und befindet sich hinsichtlich des Absatzes jedes Jahr unter den besten zwei Büchern.
Das neueste Weißbuch zur Verteidigung ist das erste, das herausgegeben wurde, seitdem das Verteidigungsamt im Januar dieses Jahres in den Status des Verteidigungsministeriums erhoben wurde. Darüber hinaus wird die internationale Situation rund um Japan immer komplexer und fließender, so zum Beispiel mit der schnellen Erweiterung und Modernisierung der Streitkräfte Chinas, der Entwicklung von nuklearen Waffen und Raketen in Nordkorea, der Neuorganisation des US-Militärs auf weltweiter Ebene und die mehr und mehr chaotische Situation im Irak. Vor einem solchen Hintergrund erweckt der diesjährige Bericht noch mehr Aufmerksamkeit als normalerweise, und das sowohl im In- als auch im Ausland.
Weißbuch drückt Besorgnis über militärische Modernisierung Chinas aus
Das Weißbuch zur Verteidigung für das Haushaltsjahr 2007 besteht aus drei Teilen: Teil I zur "Sicherheitsumgebung rund um Japan", Teil II zu den "Grundlagen der Verteidigungspolitik Japans" und Teil III zu den "Maßnahmen für die Verteidigung Japans". In insgesamt neun Kapiteln werden die Bedingungen analysiert, die die Verteidigung und Sicherheit Japans betreffen, und es wird eine Darstellung der Reaktion der Regierung gegeben.
Als ein neuer Faktor, der im diesjährigen Weißbuch enthalten ist, lenkten die japanischen Medien die Aufmerksamkeit auf den Teil, in welchem die Bedenken zur Modernisierung des chinesischen Militärs ausgedrückt werden. In ihren Abendausgaben vom 6. Juli brachten die "drei großen" Zeitungen auf der Titelseite Berichte über das Weißbuch zur Verteidigung unter den Überschriften "Bedenken zur militärischen Modernisierung Chinas" (Yomiuri Shimbun), "Das militärische Gleichgewicht zwischen China und Taiwan ändert sich zugunsten Chinas" (Asahi Shimbun) und "Bedenken zum militärischen Gleichgewicht zwischen China und Taiwan" (Mainichi Shimbun).
In ihrem Artikel zitierte die Asahi das Weißbuch mit der Aussage, dass eine Debatte darüber angefacht wird, ob das Ziel der militärischen Modernisierung Chinas über solche Faktoren wie Chinas Reaktion auf das Taiwan-Problem hinausgeht. Sie bemerkt: "Das Weißbuch zeigt deutlich die Möglichkeit auf, dass das Gleichgewicht zwischen China und Taiwan, in welchem Taiwan einen qualitativen Vorteil hatte, zusammenbrechen könnte, und warnt, dass das chinesische Militär zu einer Stationierung in einem breiten Bereich übergeht".
Der Artikel in der Mainichi lenkte in ähnlicher Weise die Aufmerksamkeit auf die Tatsache, dass die Bedenken zu den militärischen Entwicklungen Chinas stärker als zuvor ausgedrückt wurden. Sie sagt: "Hinsichtlich China, das mit seiner Expansion und Modernisierung seiner Streitkräfte fortfährt, warnt das Weißbuch, dass ‚die Tendenzen seiner militärischen Entwicklungen die Aufmerksamkeit der Länder in der Region erweckt.' Und zum militärischen Gleichgewicht mit Taiwan führt der Bericht zum ersten Mal deutlich aus, dass ‚das militärische Gleichgewicht zwischen China und Taiwan sich zugunsten Chinas ändert'".
Das Weißbuch behandelt außerdem die Entwicklung nuklearer Waffen und Raketen in Nordkorea. In einem Kommentar in der Yomiuri (vom 6. Juli) wurde jedoch das Weißbuch dafür kritisiert, dass es zu diesem Problem nicht kritischer ist. Er gibt an: "Von den Änderungen im Sicherheitsumfeld rund um Japan, die in den vergangenen Jahren zu verzeichnen waren, war der Nukleartest Nordkoreas vergangenen Oktober das Ereignis, das die Japaner am meisten interessierte. Aber die Analyse und Beschreibung dieses Zwischenfalls im Weißbuch sind unzureichend und nicht zufrieden stellend. Ohne einen neuen Abschnitt zu bilden, bezieht es sich auf die Durchführung eines Nukleartests durch Nordkorea im Rahmen der Geschichte seiner Entwicklung von Nuklearwaffen. Es wird nur angeführt, dass 2006 geschlussfolgert wurde, die Wahrscheinlichkeit, dass Nordkorea einen Nukleartest durchgeführt hatte, sei außerordentlich hoch gewesen, und es wurde nur erläutert, dass diese Einschätzung getroffen wurde als Ergebnis unabhängig gesammelter Informationen [von Japan] und deren Analyse sowie unserer eigenen sorgfältigen Untersuchung der US-amerikanischen und südkoreanischen Analysen'".
Leitartikel der Zeitungen zum Weißbuch
Von den fünf wichtigsten landesweit erscheinenden Zeitungen brachten vier (mit Ausnahme der Asahi) Leitartikel zum Thema des Weißbuches zur Verteidigung. Diese Leitartikel unterstrichen die verschiedenen Probleme je nach ihren unterschiedlichen Gesichtspunkten und erörterten außerdem die neuen Funktionen und die Rolle des Verteidigungsministeriums nach dessen Höherstufung vom Status eines Amts.
Der Leitartikel in der Nikkei (vom 8. Juli) zitiert aus dem Vorwort, das vom früheren Verteidigungsminister Fumio Kyuma geschrieben wurde (der kürzlich zurücktrat, um die Verantwortung für eine kontroverse Bemerkung zu übernehmen, die er über die Atombombenabwürfe auf Japan 1945 machte). Kyuma schrieb: "Das Verteidigungsministerium beginnt seine erfolgreiche Wiedergeburt als eine die Politik gestaltende Organisation. Um einen strategischen Plan für die Zukunft der Nation zu entwickeln, Japans Sicherheit zu gewährleisten und die Erwartungen der internationalen Gemeinschaft vollständig zu erfüllen, muss das Ministerium seine die Politik gestaltende Funktion stärken." Die Nikkei kommentierte dann: "In der Vergangenheit war das Verteidigungsamt lange Zeit ein Regierungsbüro, das eine Arbeitsorganisation verwaltete, die Selbstverteidigungsstreitkräfte (SDF)... Bürokraten, die nicht über Kenntnisse der internationalen Situation und Politik, dafür aber über Kenntnisse der Verwaltungsarbeit in Bezug auf die SDF-Verwaltung und die Angelegenheiten des Parlaments verfügten, übten die Autorität aus. Als Ergebnis der Situation des Kalten Krieges sowohl im Inland als auch international wurde eine nach innen ausgerichtete Kultur genährt, die die Situation im Parlament mehr in den Vordergrund rückte als die internationale Situation, und dieses Klima blieb im Wesentlichen unverändert. Das Vorwort des Weißbuches ist eine Abschiedserklärung an diese alte Struktur. Wenn die Verteidigungsministerin Yuriko Koike ihr Amt offiziell antritt, ist es für sie wichtig, das Ministerium sofort zu verjüngen, indem sie die Kader der Exekutive, die zur alten Struktur gehören, entfernt."
Der Leitartikel in der Mainichi (vom 7. Juli) bemerkte in ähnlicher Weise: "Das Weißbuch unterstreicht, dass sich nach der Aufwertung vom Amt zum Ministerium die Position der internationalen Zusammenarbeit bei den Friedensaktivitäten nach dem SDF-Gesetz von einer ergänzenden Mission zu einer primären Mission geändert hat. Es wird außerdem ausgeführt, dass ‚Japans Verantwortung gegenwärtig die Nutzung seiner Verteidigungsmöglichkeiten einschließt ... und zwar für die internationale Zusammenarbeit bei den Friedensaktivitäten, sowie um einen positiven Beitrag zur Schaffung des Weltfriedens zu leisten.' Die Stärkung der Planungsfähigkeiten ist keine schlechte Sache." Die "Mainichi" fügt jedoch hinzu: "Es darf nicht vergessen werden, dass das Verteidigungsamt mehr als 50 Jahre als externes Organ des Kabinetts existierte und dies unter den aufmerksamen Augen des Premierministers als Ergebnis der Überlegungen darüber, dass es dem Militär vor dem Krieg gestattet war, willkürlich zu handeln. Das Verteidigungsministerium sollte so weit wie möglich Transparenz gewährleisten und, vom Gesichtspunkt der zivilen Kontrolle aus, Anstrengungen unternehmen, so dass die Menschen keinerlei Zweifel haben, dass das ‚Verteidigungsministerium autoritär handeln könnte'.
Indem sie das Weißbuch dafür kritisierte, dass es versäumte, eine ausdrückliche Erklärung zum Nukleartest Nordkoreas abzugeben, führt die Sankei Shimbun in ihrem Leitartikel (vom 7. Juli) aus: "Es ist beunruhigend, dass der Bericht nicht mehr aussagt, als: ‚Angesichts einer Serie von Äußerungen und Handlungen Nordkoreas ... gibt es gewissermaßen die Möglichkeit, dass Nordkorea bereits einen beträchtlichen Fortschritt in seinem Nuklearwaffenprogramm erzielt hat.' Die Fähigkeiten des japanischen Geheimdienstes wurden angeblich als Folge des Zerfalls der alten Land- und Seestreitkräfte nach dem Krieg außerordentlich geschwächt. Das Verteidigungsministerium hat eine Informationszentrale eingerichtet und unternimmt Anstrengungen, die Geheimdienstfähigkeiten zu verbessern, ist allerdings erst auf halbem Wege."
Die Yomiuri kommentierte in ihrem Leitartikel (vom 7. Juli): "Die Regierung sollte ihre Sicherheitsbedenken auf die Chinesen übertragen. Die Forderung, dass Peking sich verantwortungsbewusst verhält und seine Transparenz in Verteidigungsfragen erhöht, wird Frieden und Sicherheit in der Region erhöhen. Da die gegenseitigen Besuche zwischen Japan und China wieder auf dem richtigen Wege sind, weist das Verhältnis zwischen unseren beiden Ländern eine deutliche Verbesserung auf. Diese Besuche sind eine gute Möglichkeit, die Gespräche auf der Ebene der Vizeminister zu strategischen und Sicherheitsfragen auszuweiten, sowie Möglichkeiten von Verbindungen von Militär zu Militär zu eröffnen. Es ist wichtig, dass die beiden Nationen offen ihre Ansichten austauschen und gegenseitiges Vertrauen aufbauen."
(Copyright 2007 Foreign Press Center Japan)