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Japan Brief (Foreign Press Center Japan):


22. 10. 2007


 

Aussichten für Parlamentsdebatte zum neuen Gesetz über Sondermaßnahmen zur Terrorismusbekämpfung


Am 17. Oktober legte das Kabinett von Premierminister Yasuo Fukuda dem Parlament einen neuen Gesetzentwurf über Sondermaßnahmen zur Terrorismusbekämpfung vor, der die rechtlichen Grundlagen für die Fortsetzung der Aktivitäten der Maritimen Selbstverteidigungsstreitkräfte (MSDF) zum Betanken von Schiffen anderer Länder im Indischen Ozean legt. Das gegenwärtig gültige Gesetz über Sondermaßnahmen zur Terrorismusbekämpfung läuft am 1. November aus, womit es sicher ist, dass die Tankschiffe der MSDF sich zumindest zeitweilig zurückziehen müssen. In dieser Situation ist die Regierung bereit, alle Anstrengungen auf die Parlamentsarbeit zu lenken, mit dem Ziel, das neue Gesetz in Kraft zu setzen und damit die Aktivitäten zum Betanken wieder aufzunehmen, was, wie es heißt, Japans konkrete Zusammenarbeit im internationalen Kampf gegen den Terrorismus zum Ausdruck bringt.

Die Kräfteverteilung im Parlament hat sich jedoch als Ergebnis der Wahlen zum Oberhaus am 29. Juli drastisch verändert. Während die regierende Koalition der Liberaldemokratischen Partei (LDP) und der Neuen Komei-Partei eine Mehrheit von über zwei Dritteln im Unterhaus hält, ist nunmehr im Oberhaus die Demokratische Partei Japans (DPJ) die größte Partei, und die regierende Koalition hat dort ihre Mehrheit verloren. Die DPJ und andere wichtige Oppositionsparteien sind gegen das neue Gesetz. Wird der Gesetzentwurf ohne eine größere Überarbeitung vom Unterhaus an das Oberhaus verwiesen, gilt es als so gut wie sicher, dass er im Oberhaus zurückgewiesen wird. Aus diesem Grund verstärkt sich die Konfrontation zwischen den regierenden und den Oppositionsparteien in der Parlamentsdebatte über das neue Gesetz, welches der wichtigste Punkt der gegenwärtigen Sitzungsperiode des Parlaments ist. Die Regierung Fukuda sieht sich daher gezwungen, einige heikle Manöver zu unternehmen.

Inkraftsetzung des Gesetzes über Sondermaßnahmen zur Terrorismusbekämpfung und nachfolgende Entwicklungen

Das gegenwärtig gültige Gesetz über Sondermaßnahmen zur Terrorismusbekämpfung trat im November 2001 in Kraft, und zwar als Folge der terroristischen Angriffe in den Vereinigten Staaten im September des gleichen Jahres und mit der Zielstellung, eine Unterstützung der US-Offensive gegen Afghanistan im Hintergrund zu gewährleisten. Tankschiffe der MSDF begannen mit der Versorgung der US-Schiffe mit Treibstoff im Dezember jenes Jahres. In Bezug auf die MSDF-Aktivitäten im Indischen Ozean erklärte das Verteidigungsministerium, dass sie nicht nur die Versorgung mit Treibstoff gewährleisten, sondern außerdem "die Wirkung haben, das Schmuggeln von Waffen und Drogengeldern zu verhindern, und es den Terroristen so nicht ermöglicht wird, frei auf hoher See zu agieren." Das Gesetz, das auf zwei Jahre beschränkt ist, wurde bereits drei Mal verlängert. Von Dezember 2001 bis August dieses Jahres haben die MSDF 480 Millionen Liter Treibstoff an Schiffe aus 10 Ländern geliefert, wobei der größte Teil an US-Schiffe ging.

US-Präsident George W. Bush hat die Unterstützung Japans beim Betanken sehr gelobt und sie als unabdingbar im Kampf gegen den Terrorismus bezeichnet, er hoffe stark auf deren Fortsetzung. Die Regierung von Japan hat darauf bestanden, dass die Einstellung der Aktivitäten zum Betanken den Rückzug aus dem Kampf gegen den Terrorismus sowie einen Verrat der internationalen Erwartungen an Japan bedeuten würde. Da nicht genügend Zeit für Diskussionen im Parlament zur Verfügung stand, wurde eine weitere Verlängerung des Gesetzes, das am 1. November ausläuft, unmöglich, und somit wurde es nun notwendig, ein neues Gesetz zu erarbeiten und in Kraft zu setzen.

Mittlerweile hat die DPJ ihre Opposition zur Politik der Regierung deutlich gemacht, welche danach strebt, die Aktivitäten zum Betanken durch den Entwurf eines neuen Gesetzes über Sondermaßnahmen zur Terrorismusbekämpfung fortzusetzen. Als Gründe für ihre Opposition gibt die DPJ unter anderem an, dass die US-Offensive gegen Afghanistan nicht von einer Resolution des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen gebilligt wird, dass Informationen zur Klärung der aktuellen Situation der Aktivitäten zum Betanken nicht ordnungsgemäß offen gelegt wurden, und dass die US-Schiffe, die Treibstoff erhalten, im Verdacht stehen, nicht nur im Kampf gegen den Terrorismus, sondern auch im Irak-Krieg eingesetzt zu werden.

Unter Berücksichtigung der erwarteten Reaktionen der Oppositionsparteien fügt der neue Gesetzentwurf einige neue Faktoren hinzu, unter anderem: (1) Die MSDF-Aktivitäten sind auf das Betanken und die Versorgung mit Wasser zu beschränken, (2) der Umfang der Aktivitäten der MSDF-Schiffe ist streng zu regulieren, um jede Möglichkeit auszuschließen, dass Treibstoff für andere Zwecke als für den Kampf gegen den Terrorismus genutzt wird, (3) Informationen zu den Aktivitäten des Betankens sind so weit wie möglich offen zu legen, (4) die Gesetzgebung ist auf den Zeitraum eines Jahres zu begrenzen und (5) die Tatsache, dass der UN-Sicherheitsrat am 20. September dieses Jahres eine Resolution angenommen hat, die die Wertschätzung für die Beiträge zu maritimen Kontrollmaßnahmen ausdrückt, wird in Artikel 1 des Gesetzes deutlich gemacht.

Leitartikel der großen Zeitungen sind unterschiedlicher Meinung zum neuen Gesetz

Die fünf überregional erscheinenden Tageszeitungen zeigten die Bedeutung, die sie diesem Thema beimessen, indem sie die Vorlage des neuen Gesetzentwurfs über Sondermaßnahmen zur Terrorismusbekämpfung vor dem Parlament in ihre Leitartikel vom 18. Oktober aufnahmen. Die Kommentare der Zeitungen schwankten zwischen Unterstützung, Unterstützung unter Vorbehalt und Widerstand gegen das Gesetz.

Der Leitartikel der Yomiuri Shimbun beobachtete: "Der Gegenstand der Mission wird auf die Schiffe anderer Länder beschränkt, die an maritimen Kontrollaktivitäten zur Verhinderung der Bewegung von Terroristen und des Transports von Waffen und Drogen teilnehmen." Sie fährt fort: "Die Operation, die nicht den offensiven Waffengebrauch beinhaltet, ähnelt einer maritimen Kontrolltätigkeit. In dieser Hinsicht kann das neue Gesetz leicht das Verständnis der Öffentlichkeit gewinnen. Die Einschränkung der Ziele des Betankens wird mit Sicherheit verhindern, dass Treibstoff für den Irak-Krieg zweckentfremdet wird." Die Yomiuri ging außerdem über die neue Gesetzesvorlage hinaus und diskutierte die Form der japanischen Diplomatie in der Zukunft. Sie merkte an: "... um den Krieg gegen den Terrorismus richtig in Angriff nehmen zu können, der eine lange und schwierige Aufgabe darstellt, sollte für Japan die Laufzeit des Gesetzes, das die Anstrengungen der Nation für diesen Krieg regelt, länger sein. Nachdem das Gesetz in Kraft ist, wird die Schaffung eines dauerhaften Gesetzes für Übersee-Einsätze der Selbstverteidigungsstreitkräfte (SDF) höchstwahrscheinlich ein Diskussionsthema werden."

Der Leitartikel der Mainichi Shimbun bestand darauf, dass "Japan sich nicht aus der vordersten Linie des internationalen Netzes, das sich um den Terrorismus zusammenzieht, zurückziehen sollte und dass die Aktivitäten zum Betanken auf dem Meer sicherlich eine Möglichkeit sind." Es wurde jedoch die Tatsache kritisiert, dass im neuen Gesetzentwurf jegliche Klausel fehlt, die eine Zustimmung des Parlaments zu den Aktivitäten der MSDF erfordert. Indem sie die Notwendigkeit einer zivilen Kontrolle betont, führte die Mainichi aus: "Seit dem Gesetz über die Internationale Kooperation für den Frieden war es immer obligatorisch, dass Gesetze, die den Einsatz der SDF in Übersee einschlossen, die Zustimmung sowohl des Unterhauses als auch des Oberhauses erforderten. Dies basiert auf der politischen Vereinbarung, dass beim praktischen Einsatz der operativen Einheiten ein behutsameres Herangehen notwendig ist. Da es keine Hinweise in der neuen Gesetzesvorlage zur spezifischen Größe der Einheiten und der Ausstattung gibt, leuchtet zudem, genau gesagt, die Behauptung der Regierung, dass das 'Inkraftsetzen des Gesetzes mit der Zustimmung gleichzusetzen ist' nicht ein."

Der Leitartikel in der Asahi Shimbun führt aus: "Wir denken, dass Japan eine Rolle bei der Unterstützung Afghanistans bei der Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und dem eigenen Wiederaufbau spielen sollte. Die Aktivitäten zum Betanken könnten für Japan ein Weg dazu sein. Dies ist jedoch kein guter Zeitpunkt für eine ernsthafte politische Debatte zu diesem Thema, angesichts des bei weitem unzulänglichen Offenlegens von Informationen zur Mission und des ernsthaften Verdachts, dass japanischer Treibstoff im Irak-Krieg verwendet wurde." Er fuhr fort: "... die Entscheidung der USA, den Irak-Krieg zu beginnen, führte dazu, dass die vereinte Front der internationalen Gemeinschaft auseinanderbrach. In dem Prozess wurde die Art der japanischen logistischen Unterstützung weniger deutlich, da die Grenze zwischen den Operationen in Afghanistan und im Irak verwischte. Dies wurde durch die Behauptung der Zweckentfremdung des Treibstoffs unterstrichen. Diese Entwicklungen haben unvermeidlich die japanische Öffentlichkeit argwöhnisch gegenüber den Betankungsoperationen selbst gemacht. Welches sind genau die internationalen Bemühungen, die Japan unterstützen und denen es beitreten soll? Die Lager der Regierung und der Opposition müssen ernsthafte Gespräche zu Schlüsselfragen von einem breit gefächerten Standpunkt aus führen, einschließlich die Frage, ob die Operationen der Luft-Selbstverteidigungsstreitkräfte (ASDF) im Irak ebenfalls früher beendet werden sollen."

Tageszeitungen fordern DPJ auf, konkrete Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung vorzulegen

Während einige Leitartikel der führenden Tageszeitungen Bitten und kritische Anmerkungen hinsichtlich der neuen Gesetzesvorlage äußerten, haben diese außerdem die DPJ, die einflussreichste Partei im Oberhaus, nachdrücklich aufgefordert, eine konkrete Politik für den Kampf gegen den Terrorismus erkennen zu lassen.

Der Leitartikel der Nikkei erklärte: "Wir hoffen, dass die DPJ, die größte Partei im Oberhaus, die gewissermaßen ein Veto gegen die von der Regierung eingereichten Gesetzesvorlagen einlegen kann, einen substantiellen Gegenvorschlag vorlegen wird und sich an konstruktiven Gesprächen zur Bildung eines Konsens beteiligt. Opposition um der Opposition willen ist nicht die Position einer verantwortungsbewussten politischen Partei." Indem die Tatsache aufgeworfen wurde, dass innerhalb der DPJ noch keine einheitliche Meinung besteht, analysierte die Nikkei des Weiteren die komplexe innere Situation der Partei wie folgt: "Es ist vielleicht für Parteimitglieder nur natürlich, der Parteisolidarität bei der Vorbereitung zur Auflösung des Unterhauses und zu allgemeinen Wahlen, die früher oder später kommen werden, Bedeutung beizumessen. Wenn dies aber dazu führt, dass die Politik zweckentfremdet wird, dann werden sie ihre Vertrauenswürdigkeit als Politiker verlieren. Das ist das Dilemma, vor welchem nicht wenige der DPJ-Parlamentsabgeordneten stehen."

Der Leitartikel in der Sankei Shimbun versicherte: "Die DPJ sagt, sie würde humanitäre Hilfe für die in Afghanistan aktive ISAF (International Security Assistance Force) in Betracht ziehen, aber sie hätte noch nicht über Einzelheiten entschieden, etwa der Inhalt der Aktivitäten oder die Frage des Einsatzes von Einheiten der SDF. Das ist eine sehr verantwortungslose Haltung zur Verabschiedung eines Gesetzes, das lebende Menschen entsenden würde."

 (Copyright 2007 Foreign Press Center, Japan)

 

 

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