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Japan Brief (Foreign Press Center Japan):
26. 11. 2007
Ostasiatisches
Gipfeltreffen in Singapur richtet Hauptaugenmerk auf Klimawandel;
ASEAN verabschiedet Charta
Eine Reihe jährlicher Treffen
asiatischer Regierungschefs, die als Besonderheit der außenpolitischen Szene der
Region eingerichtet wurden, fand ihren Höhepunkt in der Deklaration von Singapur
zum Klimawandel, die vom Ostasiatischen Gipfeltreffen verabschiedet wurde. Daran
nahmen 16 Staaten teil: die 10 Mitgliedsstaaten der Gemeinschaft
Südostasiatischer Nationen (ASEAN), China, Japan, Südkorea, Indien, Australien
und Neuseeland.
Ein weiteres wichtiges Ereignis, das während der vielschichtigen Treffen in Singapur vom 19.-21. November stattfand, war die Verabschiedung einer Charta durch die ASEAN, die den Status der 40 Jahre alten Organisation in eine rechtliche Einheit innerhalb der Weltgemeinschaft ändert. Für Japans Premierminister Yasuo Fukuda boten diese Treffen eine Möglichkeit, zum ersten Mal auf dem asiatischen Schauplatz sowohl auf multilateraler als auch bilateraler Ebene aufzutreten, wozu insbesondere Begegnungen mit den Regierungschefs Chinas und Südkoreas zählten.
Wie in der Vergangenheit spielte die ASEAN die Rolle eines Knotenpunktes, indem sie die wichtigsten Länder der Region - Japan, China und Südkorea, und seit kurzem auch Indien, Australien und Neuseeland - zu den so genannten ASEAN+3-Treffen und dem ostasiatischen Gipfeltreffen zusammenbrachte. Anlässlich des 40. Jahrestags ihrer Gründung in diesem Jahr unterzeichnete die ASEAN diese Charta von historischer Tragweite, die außerdem die Grundprinzipien für die Schaffung einer wirtschaftlichen Gemeinschaft für den freien Fluss von Waren, Dienstleistungen, Finanzmitteln und Arbeitskräften bis zum Jahre 2015 bietet.
Die ASEAN-Charta richtet die Gruppe als rechtliche Einheit ein, schafft eine ständige Vertretung für ihre Mitglieder in ihrem Sekretariat in Jakarta und verpflichtet die Staatsoberhäupter, sich zweimal im Jahr zu treffen. Trotz ihrer pathetischen Idee, eine Integration in Form einer funktionsfähigen regionalen Organisation zu erreichen, stellte sich jedoch heraus, dass die Charta keine Vollmacht zur Durchsetzung ihrer Bestimmungen gegenüber ihren Mitgliedern hat. Dies zeigte sich, als sie sich einer wichtigen Prüfung stellen musste, indem Myanmar sich weigerte, ungeachtet seiner undemokratischen Praktiken unter einer Militärdiktatur und der international verurteilten Verletzung der Menschenrechte, die Auflagen zu erfüllen. Die Charta hält an dem Prinzip der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten der Mitgliedsländer fest, das seit langem ein Kennzeichen der ASEAN ist.
Als Ergebnis war das Ostasiatische Gipfeltreffen der 16 Nationen nicht in der Lage, eine harte Haltung gegenüber Myanmar einzunehmen, eines der beiden Hauptthemen auf der Tagesordnung. Statt dessen legten die Mitglieder in ihrer Deklaration von Singapur das Hauptaugenmerk auf den Klimawandel. In diesem Punkt endete das Gipfeltreffen ebenfalls mit einem ziemlich bescheidenen Ergebnis, ohne dass aufgrund der Opposition Indiens numerische Ziele für die Verbesserung der Energieeffizienz festgelegt wurden, obwohl man sich auf eine aufgeschlossene Teilnahme an einem internationalen Rahmen nach Ablauf des Kyoto-Protokolls zur Bekämpfung des Klimawandels ab 2013 einigte.
Neben der Teilnahme an multilateralen Gipfeltreffen führte Japans Premierminister Fukuda Gespräche mit dem chinesischen Premier Wen Jiabao und dem Präsidenten Südkoreas, Roh Moohyun, und zwar sowohl bilateral als auch im Rahmen eines Dreiertreffens. In einer bezeichnenden Abkehr von der vergangenen Praxis vereinbarten die drei Regierungschefs, zukünftig solche Treffen unabhängig von internationalen Zusammenkünften einzuberufen. Fukuda traf sich mit den Regierungschefs Chinas und Südkoreas zum ersten Mal als Premierminister zu Beginn seiner außenpolitischen Strategie, nach einer "Synergie mit Asien unter Beibehaltung eines festes Bündnisses mit den Vereinigten Staaten" und besseren Beziehungen insbesondere zu den beiden Nachbarn China und Südkorea zu streben.
Bessere Beziehungen mit China und Südkorea erwartet
Die Themen der Kommentare der japanischen Medien zu der Reihe internationaler Treffen in Singapur reichte vom Klimawandel in der Deklaration von Singapur und der Zukunft der ostasiatischen Gemeinschaft sowie der ASEAN bis hin zu Japans Verbindungen mit der Region und einzelnen Ländern. Während sie die historische Bedeutung der ASEAN-Charta anerkannten, brachten einige Zeitungen aber auch ihre Enttäuschung zum Ausdruck.
Die Mainichi Shimbun bemerkte in ihrem Leitartikel vom 22. November die "große Bedeutung einer vorwärts schauenden Position zu einer Post-Kyoto-Vereinbarung, so wie sie in der Deklaration von Singapur enthalten ist, und zwar mit der Beteiligung von China und Indien, die an zweiter und fünfter Stelle in der Welt beim Ausstoß von Treibhausgasen rangieren." Die Zeitung schreibt, dass Japan trotz seiner immer enger werdenden wirtschaftlichen Verbindungen jedoch nicht die uneingeschränkte Führung bei den Umweltmaßnahmen in Ostasien ausübe. "Es ist Japans Aufgabe, die Zusammenarbeit im Bereich Umwelt in Ostasien, das eine Wachstumsregion darstellt, zu unterstützen," argumentierte sie.
Dahingegen bedauerte die Nikkei es sehr, dass die Deklaration von Singapur "es versäumt hat, numerische Ziele für das Einsparen von Energie bei einem Treffen festzulegen, an dem viele Länder teilnahmen, die große Umweltverschmutzer durch Treibhausgase sind, wie zum Beispiel Indien und China." Der Leitartikel der Zeitung vom 22. November bemerkte Schwierigkeiten, zu einem Konsens bei Treffen unterschiedlicher Länder zu kommen - zum Beispiel beim ASEAN+3-Gipfel und beim Ostasiatischen Gipfeltreffen - und führt aus, dass "Japans Reife in der multilateralen Außenpolitik, eine koordinierende Rolle hinter den Kulissen zu spielen, in Frage gestellt wurde." Sie nennt außerdem die Vereinbarung zwischen Japan, China und Südkorea einen "großen Erfolg", ihre Gipfeltreffen getrennt von internationalen Konferenzen durchzuführen.
Die Asahi Shimbun kommentierte das Versäumnis der ASEAN, die Myanmar-Problematik direkt anzusprechen, und führt in ihrem Leitartikel vom 22. November aus: "Wir können abschätzen, wie schwierig es für die ASEAN ist, mit einer Stimme zu agieren. Sie versäumte es jedoch, eine klare Botschaft zu solch ernsten Problemen wie der Situation in Myanmar zu senden, und zwar aufgrund von Bedenken, die Einheit zu wahren. Ungeachtet dessen, welch pathetische Charta sie zusammenstellt, wird sie so kein internationales Vertrauen gewinnen." In einem Kommentar zum Treffen von Premierminister Fukuda mit den Regierungschefs Chinas und Südkoreas beschreibt die Zeitung in ihrem Leitartikel vom 21. November die Stimmung in den bilateralen Beziehungen wie folgt: "Es ist ein Gefühl, als ob der dichte Nebel sich letztendlich gelichtet hat".
Die Yomiuri Shimbun befasst sich mit dem Treffen zwischen Fukuda und Wen in Singapur und kommentiert die Zukunft der Beziehungen zwischen den beiden Ländern. Sie schreibt in ihrem Leitartikel vom 21. November: "Das außenpolitische Bestreben von Premierminister Yasuo Fukuda konzentriert sich auf Bemühungen, bessere außenpolitische Verbindungen mit anderen asiatischen Staaten zu fördern, während gleichzeitig auch das Bündnis zwischen Japan und den USA gestärkt wird. Es gibt jedoch keinen Grund zum Optimismus darüber, ob er in der Lage sein wird, diese Ziele zu erreichen. Es muss nicht extra erwähnt werden, dass China ein Land erstrangiger Bedeutung im Rahmen der Außenpolitik Fukudas in diesem Teil der Welt ist. Japans Beziehungen zu China - eine Nation, die in den vergangenen Jahren einen rasanten Aufstieg als wirtschaftliche und militärische Macht erlebte, wodurch ihr internationaler Einfluss zugenommen hat - sind ein entscheidender Erfolgsfaktor, auch bei den Bemühungen, einen guten Rahmen für eine internationale Ordnung in Ostasien zu gestalten. Angesichts dessen hat Fukuda allen Grund, dem chinesischen Premier zu sagen, dass China ‚eine sehr große Verantwortung' innerhalb der internationalen Gemeinschaft trägt. Eine Aufgabe, die sowohl von Tokyo als auch von Beijing zu bewältigen ist, ist es, ihre ‚strategische Wechselbeziehung' weiter voranzubringen, ein Ziel, das zwischen Premierminister Shinzo Abe und dem chinesischen Präsidenten Hu Jintao letztes Jahr vereinbart wurde."
Die Sankei Shimbun kommentierte ebenfalls die Beziehungen zwischen Japan und China, indem sie in ihrem Leitartikel vom 21. November auf die Bedeutung des Festhaltens an den Prinzipien der Sicherung der nationalen Interessen, der Souveränität und des Lebens ihrer Bevölkerungen im Umgang von Premierminister Fukuda mit China und Südkorea drängt. Sie wirft dieses Thema insbesondere im Zusammenhang mit der umstrittenen Erschließung von Gasfeldern im Ostchinesischen Meer durch China und Südkoreas Haltung zu den Entführungen japanischer Staatsbürger durch Nordkorea auf.
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