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Japan Brief (Foreign Press Center Japan):


16. 01. 2008 

 

Neues Gesetz über Sondermaßnahmen zur Terrorismusbekämpfung nach einer zweiten Abstimmung im Unterhaus in Kraft getreten

 

Am Morgen des 11. Januar wurde das neue Gesetz über Sondermaßnahmen zur Terrorismusbekämpfung, das seit September letzten Jahres im Mittelpunkt der außerordentlichen Parlamentssitzung stand, in einer Plenartagung des Oberhauses, in dem die Oppositionsparteien die Mehrheit besitzen, abgelehnt, passierte aber dann am Nachmittag in einer zweiten Abstimmung das Unterhaus, in dem die regierenden Parteien die Mehrheit besitzen. Somit wurde das Gesetz in Kraft gesetzt, da es durch mehr als zwei Drittel des Unterhauses unterstützt wurde. Das neue Gesetz (auch unter dem Begriff "Gesetz über Sondermaßnahmen zur Versorgungsunterstützung" bekannt) bietet die rechtliche Grundlage für eine Wiederaufnahme der Betankungsaktionen für Schiffe anderer Länder im Indischen Ozean durch die Maritimen Selbstverteidigungsstreitkräfte (MSDF). Sofort nach Inkraftsetzung des Gesetzes gab Verteidigungsminister Shigeru Ishiba die Anweisung, mit den Vorbereitungen zur Entsendung der MSDF in den Indischen Ozean zu beginnen. Es ist vorgesehen, dass die MSDF Ende Januar ein Treibstoffversorgungsschiff sowie ein Begleitschiff entsenden und Mitte Februar die eingestellten Betankungsaktionen wieder aufnehmen. Unter Bezugnahme auf die Inkraftsetzung des Gesetzes gab Premierminister Yasuo Fukuda am 11. Januar eine Erklärung ab, in der er sagte: "Es ist wahrhaft bedeutsam, dass Japan nunmehr dem ‚Kampf gegen den Terror' wieder beitritt. [...] Die Regierung von Japan wird weiterhin in enger Abstimmung mit der internationalen Gemeinschaft aktive humanitäre und Wiederaufbauhilfe leisten und zum Aufbau der staatlichen Strukturen in Afghanistan beitragen."

Regierung Fukuda nutzt erstmals seit 57 Jahren Möglichkeit der Verabschiedung eines Gesetzes durch zweite Abstimmung im Unterhaus

Gemäß Artikel 59 der Verfassung erfordert die Verabschiedung eines Gesetzes grundsätzlich die Unterstützung sowohl durch das Unterhaus als auch durch das Oberhaus. Im gleichen Artikel wird jedoch bestimmt, dass, wenn ein Gesetz, das im Unterhaus verabschiedet wurde, im Oberhaus abgelehnt wird, oder wenn das Oberhaus während einer Sitzungsperiode des Parlaments nicht innerhalb von 60 Tagen über eine vom Unterhaus eingereichte Gesetzesvorlage abstimmt, dieses Gesetz in Kraft tritt, wenn es in einer zweiten Abstimmung das Unterhaus mit der Unterstützung von mindestens zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder passiert. Dies ist das zweite Mal, dass ein Gesetz durch eine zweite Abstimmung im Unterhaus nach einer Ablehnung im Oberhaus in Kraft gesetzt wurde. Zuletzt geschah dies vor 57 Jahren, als 1951 das Gesetz über Motorbootrennen auf diese Weise verabschiedet wurde.

Der Hauptgrund, dafür, dass die Parlamentsdebatte zum neuen Gesetz über Sondermaßnahmen zur Terrorismusbekämpfung abgewürgt wurde, war, dass die regierende Liberaldemokratische Partei (LDP) in den Wahlen zum Oberhaus, die im Juli letzten Jahres stattfanden, eine schwere Niederlage erlitt und die oppositionelle Demokratische Partei Japans einen überwältigenden Sieg errang. Als Ergebnis dieser Wahlen zum Oberhaus wurde das Parlament geteilt, wobei die regierende LDP und die Neue Komeito mehr als zwei Drittel der Sitze im Unterhaus kontrollieren und die Oppositionsparteien die Mehrheit im Oberhaus besitzen. Darüber hinaus gerieten die Regierung und die regierenden Parteien auf der einen Seite und die Oppositionsparteien auf der anderen Seite heftig über das Problem der Betankungsaktionen der MSDF im Indischen Ozean aneinander, wobei die ersteren zu einer Fortsetzung als "Japans internationales Engagement" aufriefen und die letzteren eine Fortsetzung entschieden ablehnten.   

Die rechtliche Grundlage für die Betankungsaktionen, die bis zum Herbst des vergangenen Jahres fortgesetzt wurden, lieferte das zeitlich begrenzte Gesetz über Sondermaßnahmen zur Terrorismusbekämpfung, das im Oktober 2001 in Kraft trat. Dieses Gesetz wurde drei Mal verlängert, eine vierte Verlängerung wurde aber durch das gespaltene Parlament unmöglich. Das Gesetz lief am 1. November 2007 aus, so dass die MSDF notgedrungen sich aus dem Indischen Ozean zurückziehen mussten. Mit dem Ziel der Fortsetzung der Betankungsaktionen legte die Regierung dem Parlament im Oktober letzten Jahres ein neues Gesetz vor. Diese Gesetzesvorlage wurde am 13. November vom Unterhaus angenommen und an das Oberhaus geleitet. Da der Verdacht aufkam, dass der von Japan gelieferte Treibstoff nicht nur in der Operation "Enduring Freedom" in Afghanistan verwendet wurde, sondern ebenfalls im Irak-Krieg, sowie auch wegen anderer Faktoren wurden jedoch die Debatten im Oberhaus abgewürgt und kamen nicht voran. Selbst der Termin der Abstimmung über das Gesetz war nicht klar.

Wie es in den Ausgaben von Japan Brief "Ausgedehnte Verlängerung der Sitzungsperiode des Parlaments und Konfrontation zwischen den regierenden und den oppositionellen Parteien" (vom 15. November 2007) und "Neues Gesetz über Sondermaßnahmen zur Terrorismusbekämpfung und zweite Verlängerung des Parlaments" (vom 18. Dezember 2007) erläutert wurde, verlängerte die Regierung die Sitzungsperiode des Parlaments zwei Mal, um mit dieser Situation fertig zu werden. Insbesondere die zweite Verlängerung bis zum 15. Januar wurde angesichts der verfassungsmäßigen Bestimmung vorgenommen, dass, wenn es "dem Oberhaus nicht gelingt, innerhalb von 60 Tagen nach Erhalt einer Gesetzesvorlage, die das Unterhaus passierte, eine endgültige Entscheidung zu treffen, Parlamentspausen ausgenommen, dies vom Unterhaus als Ablehnung des besagten Gesetzes durch das Oberhaus festgestellt wird." Das neue Gesetz wurde dem Oberhaus am 13. November des vergangenen Jahres vorgelegt, somit lief dieser Zeitraum von 60 Tagen am 12. Januar ab. Mit anderen Worten: Es wurden die rechtlichen Bedingungen dafür geschaffen, es den regierenden Parteien zu ermöglichen, nach dem 12. Januar eine zweite Abstimmung im Unterhaus durchzuführen, selbst wenn die Oppositionsparteien das Gesetz ablehnten oder die Abstimmung im Oberhaus verschoben. Die Festlegung des Terminplans des Parlaments, um die Bestimmung des Artikel 59 der Verfassung erstmals seit 57 Jahren anzuwenden, war Ausdruck der starken Entschlossenheit der Regierung, die Betankungsaktionen fortzuführen.

Reaktionen der Zeitungen auf die Verabschiedung des Gesetzes durch zweite Abstimmung im Unterhaus

Die Verabschiedung eines Gesetzes durch eine zweite Abstimmung im Unterhaus, ein Verfahren, das erstmals seit über einem halben Jahrhundert angewendet wurde, kennzeichnet eine gewisse Wende in der Geschichte der konstitutionellen Regierung in Japan. Aus diesem Grunde maßen die japanischen Medien dem Ereignis große Bedeutung bei, und alle fünf landesweiten Zeitungen widmeten am 12. Januar ihre Leitartikel diesem Thema. Außer der Nikkei veröffentlichten darüber hinaus vier Zeitungen Leitartikel, die doppelt so lang wie üblich waren und Kommentare aus verschiedenen Gesichtswinkeln enthielten. Zusätzlich zu den verschiedenen Positionen der Zeitungen in Bezug auf Japans Engagement im Kampf gegen den Terrorismus, unterbreiteten die Leitartikel eine Vielzahl von Kommentaren, einschließlich dem Problem, wie man die außerordentliche Maßnahme, eine zweite Abstimmung im Unterhaus einzusetzen, bewerten sollte.  

Die Yomiuri Shimbun erklärte in ihrem Leitartikel: "Ein historischer Strukturwandel zeichnet sich in der internationalen Gemeinschaft ab. Vom Gesichtspunkt der nationalen Interessen Japans aus ist es unabdingbar, dass unser Land einen dauerhaften Standpunkt beibehält und seinen internationalen Einfluss ausübt. Um dies zu tun, muss Japan seine notwendigen Funktionen erfüllen und seiner Verantwortung gerecht werden. Japans Unterbrechung des Kampfes gegen den Terrorismus, in dem mehr als 40 Nationen in und um Afghanistan teilnehmen, und die Aufgabe seiner Verantwortung als Mitglied der internationalen Gemeinschaft war nur vorübergehend. Dies hat jedoch in großem Maße das Vertrauen vieler Nationen in Japan untergraben, und die Nachwirkungen könnten immer noch das Land heimsuchen."  Mit der Bemerkung, dass in der Parlamentsdebatte über das neue Gesetz über Sondermaßnahmen zur Terrorismusbekämpfung Japan als Staat nicht in der Lage war, schnell eine Entscheidung zu treffen und die notwendige Politik umzusetzen, kritisierte die Yomiuri heftig die Reaktion der DPJ. Sie führte aus: "Der größte Teil dieses Schlamassels ist der Demokratischen Partei Japans zuzuschreiben. Als größte Partei im Oberhaus wurde von der DPJ erwartet, dass sie einen Teil der Verantwortung dafür übernahm, dass die Umsetzung der wichtigen Strategien gewährleistet wird."     

Die Sankei Shimbun drückte in ihrem Leitartikel ihre Unterstützung für die Strategie der Regierung und der regierenden Parteien aus, eine zweite Abstimmung im Unterhaus einzuberufen, und merkte an: "Es war das erste Mal seit 57 Jahren, dass eine zweite Abstimmung im Unterhaus zu einem Gesetzentwurf stattfand, der vom Oberhaus abgelehnt wurde, aber es gibt überhaupt kein Problem bei der Einhaltung des Verfahrens, das in der Verfassung vorgeschrieben ist, um das nationale Interesse zu verwirklichen." Sie führt weiter aus: "Die Probleme mit dem neuen Gesetz bestehen darin, dass es eine zeitliche Beschränkung auf ein Jahr hat und dass es auf die Treibstoff- und Wasserversorgungsaktionen der MSDF begrenzt ist. Mit diesem Gesetz kann Japan nicht die Aktionen durchführen, die den Erwartungen der internationalen Gemeinschaft entsprechen. Wenn der Fristablauf des Gesetzes naht, dann wird sich höchstwahrscheinlich der politische Tumult, den wir dieses Mal erlebten, wiederholen. Die Durchsetzung einer dauerhaften Gesetzgebung ist dringend notwendig."  

Die Nikkei kommentierte in ihrem Leitartikel zur Notwendigkeit, ein dauerhaftes Gesetz über die Aktionen zum internationalen Zusammenwirken der Selbstverteidigungsstreitkräfte zu erlassen: "Seit langem haben wir die Inkraftsetzung eines Gesetzes gefordert, das die rechtliche Grundlage für die Aktionen zur internationalen Kooperation der Selbstverteidigungsstreitkräfte bietet. Der Inhalt der Aktionen würde die logistische Unterstützung sein, wie z. B. die Betankung im Indischen Ozean. Wir haben außerdem angenommen, dass es notwendig ist, die Auslegung der Regierung des Rechts auf kollektive Selbstverteidigung zu ändern, einschließlich einer Revision der Ansicht des Kabinetts zur Integration der logistischen Hilfe in die Ausübung militärischer Gewalt." Die Nikkei fügte hinzu: "Es ist für die Sicherheitspolitik im Wesentlichen erstrebenswert, auf eine Stufe der überparteiischen Vereinbarung angehoben zu werden. Wir hoffen auf eine Vertiefung der Gespräche zwischen den regierenden und den Oppositionsparteien."

Mit der Anmerkung, dass eine zweite Abstimmung im Unterhaus durch eine Bestimmung in der Verfassung vorgesehen ist, und dass es "kein rechtliches Problem beim Verfahren zur Inkraftsetzung des neuen Gesetzes zur Bekämpfung des Terrorismus selbst gibt", drängte die Mainichi Shimbun in ihrem Leitartikel auf Zurückhaltung in der Verwendung dieses gesetzgebenden Verfahrens. Sie kommentierte: "Wie das Unterhaus ist auch das Oberhaus eine Versammlung von Mitgliedern, die direkt vom Volk gewählt wurden. Die Verfassung gewährleistet die Überlegenheit des Unterhauses in beschränktem Maße, aber so lange wir ein Zwei-Kammer-System haben, sollte das Verfahren, bei dem ein Haus durch eine Mehrheit ihren Willen dem anderen aufzwingen kann, sicherlich nicht missbraucht werden." In Bezug auf Bewegungen innerhalb der Regierung und der regierenden Parteien, eine permanente Gesetzgebung in Kraft zu setzen, die allgemeine Regeln für die Entsendung der Selbstverteidigungsstreitkräfte nach Übersee festlegt, versichert die Mainichi: "In der gegenwärtigen Situation ist es wenig wahrscheinlich, dass die regierenden Parteien und die DPJ eine Übereinstimmung zu allgemeinen Regeln der Entsendung erzielen. Anstatt sich auf die ‚Zwei-Drittel-Bestimmung' zu verlassen, sollte auf der Grundlage von Neuwahlen nach Auflösung des Unterhauses ein dauerhaftes Gesetz verabschiedet werden."  

Die Asahi Shimbun drückte in ihrem Leitartikel ihren Widerspruch zur jetzigen Durchführung einer zweiten Abstimmung im Unterhaus aus und kommentierte: "[...] die verfassungsmäßige Bestimmung, die das Unterhaus ermächtigt, eine Entscheidung des Oberhauses grundsätzlich außer Kraft zu setzen, sollte nur für Ausnahmezustände vorbehalten bleiben. Dass die Regierung diese Bestimmung für die Entsendung der SDF nach Übersee ausgenutzt hat, ist zutiefst bedauerlich. Diese Problematik erfordert eine sehr zurückhaltende Betrachtung durch das Parlament." Sie betont die Notwendigkeit, einen neuen Konsens über Japans internationalen Beitrag zu bilden und fährt fort: "[...] sechs Jahre sind vergangen, seitdem die MSDF begannen, als Unterstützung der von den USA geführten Kräfte in Afghanistan Schiffe zu betanken. Der ‚Krieg gegen den Terror' geriet an vielen Fronten ins Stocken, während sich die Verluste weiter häuften.  Es ist klar an der Zeit aufzuhören und darüber nachzudenken, ob das gegenwärtige Herangehen beibehalten werden soll, oder ob neue Wege in Betracht gezogen werden sollen. Dadurch, dass das Lager der Opposition die Kontrolle des Oberhauses bei den Wahlen im Juli gewann, bot sich eine gute Gelegenheit für eine kritische Betrachtung der Situation." Die Asahi fügte hinzu: "Das regierende Lager drängte stur auf eine Wiederaufnahme der Betankungsmission, indem es ein Geschrei über die Bedeutung der Kooperation mit den Vereinigten Staaten und die internationale Verantwortung Japans anstimmte. Es schien so, dass die regierende Koalition vollständig aufgehört hat, eine eigene Außenpolitik zu planen."  

(Copyright 2008 Foreign Press Center, Japan)

 

 

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