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Japan Brief (Foreign Press Center Japan):


11. 04. 2008 

 

 

Shirawaka zum Gouverneur der Bank von Japan ernannt; dreiwöchige Vakanz des höchsten Postens beendet

 

Masaaki Shirakawa wurde mit der Zustimmung des Parlaments am 9. April zum Gouverneur der Bank von Japan ernannt. Dadurch wurde die vorher noch nie da gewesene Situation beendet, dass der höchste Posten der Bank drei Wochen lang unbesetzt blieb, nachdem Toshihiko Fukui am 19. März zurücktrat, ohne dass bei Ablauf seiner Amtszeit vom Parlament ein Nachfolger bestimmt wurde. Shirakawa, der zuvor vom Parlament als Stellvertretender Gouverneur bestätigt worden war, fungierte als kommissarischer Gouverneur, da zwei Kandidaten der Regierung für das oberste Amt jeweils durch das von den Oppositionsparteien kontrollierte Oberhaus abgelehnt wurden.  

Die beschämende Entwicklung ließ Premierminister Yasuo Fukuda keine andere Wahl, als Shirakawa zum Gouverneur zu befördern, nur weil der Oppositionsblock, insbesondere die Demokratische Partei Japans (DPJ), keine Einwände gegen ihn hatte. Shirakawa (58 Jahre) machte Karriere als leitender Angestellter der Bank von Japan ein und fungierte dort bis vor kurzem als einer der Bankdirektoren. Als erstklassiger Geldtheoretiker lehrte er nach seinem Ausscheiden aus der Bank an der Universität Kyoto.

Da er in gewisser Hinsicht zufällig zu dem Amt gekommen ist, wird seine Kompetenz als Steuermann der Zentralbank - die Fähigkeit, mit dem Markt zu kommunizieren, mit den Chefs der Notenbanken anderer Länder zu verhandeln, mit der Regierung und den Politikern umzugehen und die gewaltige Organisation der Zentralbank zu verwalten - noch als eine unbekannte Größe betrachtet, obwohl keine starken Zweifel laut wurden. In der Parlamentsanhörung zur Bestätigung führte Shirawaka aus, dass er über die Kreditkrise in den USA tief besorgt sei, die, wie er sagte, die schlimmste Krise seit den dreißiger Jahren werden könnte. "Als Gouverneur der Bank von Japan bin ich entschlossen, mich gänzlich einzubringen, um die Pflicht, die Währung stabil zu halten, zu erfüllen und die Wirtschaft auf dem richtigen Kurs zu steuern", sagte er nach seiner Ernennung zum Gouverneur.

Er war der Erste, der als Kandidat für den Posten des Stellvertretenden Gouverneurs vorgeschlagen wurde, um mit dem Gouverneur in Wartestellung, Toshiro Muto, zusammenzuarbeiten, einem früheren Vizefinanzminister, von dem man annahm, dass er die Nachfolge von Fukui antreten würde. Aber das Oberhaus, das von der DPJ dominiert wird, die vehement jeden für eine Position in der Bank von Japan ablehnt, der einen beruflichen Hintergrund im Finanzministerium aufweist, lehnte Muto ab, während es Shirawaka als Stellvertretenden Gouverneur bestätigte. Anstelle von Muto nominierte Premierminister Fukuda einen weiteren früheren Vizefinanzminister, Koji Tanami, als Gouverneur der Bank von Japan, nur um wiederum abgelehnt zu werden.

Während Fukudas scheinbar eigensinniges Beharren auf Personen aus dem früheren Finanzministerium in Frage gestellt wurde, wurde die reflexartige Ablehnung von Verbindungen zum Finanzministerium durch die Führung der DPJ als gleichermaßen unklug kritisiert, da dies zu vereinfachend und dogmatisch sei. Dies schien sich um so mehr zuzuspitzen, als der Parteichef Ichiro Ozawa die Partei veranlasste, auch Hiroshi Watanabe abzulehnen, der als Stellvertretender Gouverneur unter Shirakawa vorgeschlagen wurde, wiederum aus dem einfachen Grunde, dass auch er einen Hintergrund im Finanzministerium hatte, obwohl er allgemein als für die Funktion gut qualifiziert und geeignet gilt. Das führt nun dazu, dass einer der beiden Posten als Stellvertretender Gouverneur unbesetzt bleibt.

Die DPJ und insbesondere ihr Parteichef Ichiro Ozawa wenden sich weiterhin gegen ausgeschiedene leitende Regierungsbeamte, die in anderen Institutionen landen, während das Finanzministerium es in der Vergangenheit mehr oder weniger als selbstverständlich angesehen hat, dass seine ausgeschiedenen obersten Funktionäre auf dem Posten des Gouverneurs der Bank von Japan landen würden, und zwar abwechselnd mit den Bankfunktionären, die aus den eigenen Reihen aufgestiegen sind. Chefkabinettsekretär Nobutaka Machimura verhöhnte Ozawas "heruntergekommene" Theorie als "puren Unsinn" und fügte hinzu, dass "sein Beharren auf die Trennung von Finanzen und Geld keinen Sinn macht." 

Es wird davon ausgegangen, dass die Verwirrung um den höchsten Posten der Bank von Japan zu keinem schlechteren Zeitpunkt als jetzt hätte auftreten können, wo die Kreditmärkte der Welt sich einer Situation gegenüber sehen, die zur schlimmsten Finanzkrise seit Jahrzehnten werden könnte, wobei die japanische Wirtschaft am Rand einer Rezession steht. Als Ergebnis dessen wird das Hin und Her der Ernennung als eine Art Geiselnahme für einen politischen Showdown angesehen.

Paradoxerweise leitet sich das Chaos teilweise aus der Revision des Gesetzes über die Bank von Japan im Jahre 1998 her, mit der beabsichtigt wurde, ihr eine größere Unabhängigkeit von der Regierung und von politischem Druck zu verschaffen. Die Gesetzesänderung schreibt die Ernennung des Gouverneurs und der Stellvertretenden Gouverneure der Bank an die Zustimmung durch beide Häuser des Parlaments vor; allerdings wurde dabei nicht berücksichtigt, dass man es einmal mit einem geteilten Parlament, so wie es gegenwärtig existiert, zu tun bekommen könnte. Auch sollten sich die politischen Parteien nicht dazu verleiten lassen, die Ernennung des Zentralbankgouverneurs zu einem politischen Spielball machen, was nur der Autorität dieser Funktion und dem Status der Bank schadet.  

Medienkommentare

Die meisten Medien brachten ihre Verbitterung darüber zum Ausdruck, dass der Posten der Zentralbank in politischem Gerangel befangen ist, und meinten, dass dies die Autorität der Bank untergräbt. (In alphabetischer Reihenfolge der führenden Tageszeitungen, die dieses Thema kommentierten)

[Zu guter Letzt, ein BOJ-Gouverneur; Wir hoffen, dass die Politiker dessen Unabhängigkeit respektieren werden] (Asahi Shimbun vom 9. April) "Unsere größte Befürchtung ist es nunmehr, dass die Fähigkeit des neuen BOJ-Gouverneurs, dem politischen Druck standzuhalten, bereits aufgrund der Politisierung seiner Ernennung geschwächt ist. Wir sind jedoch nicht völlig ohne Optimismus. Shirakawa wurde sowohl von der regierenden Koalition als auch der DPJ bestätigt, was bedeutet, dass beide verpflichtet sind, ihn zu unterstützen. Wir hoffen, dass Shirakawa diese Tatsache umfassend ausnutzen wird. Es gibt keine Garantie für die Unabhängigkeit der Zentralbank. [...] Die Bank von Japan muss ihre Unabhängigkeit sowohl dem Namen nach als auch in der Realität erringen, und zwar aufgrund ihrer eigenen Errungenschaften und dadurch, dass sie die den Respekt und das Vertrauen der Regierung, des Marktes und der Öffentlichkeit gewinnt."

[Wiederherstellung der beschädigten Autorität ist ebenfalls eine Aufgabe] (Mainichi Shimbun vom 10. April) "Nach der Änderung des Gesetzes über die  Bank von Japan haben sich große Veränderungen im Verhältnis zwischen dem Finanzministerium und der Bank von Japan vollzogen. In der Vergangenheit beriet sich die Bank stets mit dem Ministerium im Voraus, wenn sie beabsichtigte, ihre Geldpolitik zu ändern. Aber gegenwärtig werden Entscheidungen durch eine Abstimmung ihrer Mitglieder des Strategieausschusses getroffen. [...] Die Gestaltung kooperativer Beziehungen zwischen den asiatischen Ländern ist ebenfalls ein Thema. Das schließt naturgemäß einen Mechanismus der Zusammenarbeit hinsichtlich der Währungen ein. Um Japans nationale Interessen zu schützen, müssen das Finanzministerium und die Bank von Japan eng zusammenarbeiten. Durch komplettes Außerachtlassen dieser Anforderungen geriet die Ernennung des Gouverneurs und der Stellvertretenden Gouverneure in ein politisches Gerangel, was einen geradezu unauslöschlichen Makel in der Geschichte der Bank von Japan hinterlässt. Es ist zu hoffen, dass unter Gouverneur Shirakawa die entsprechenden Strategien durchgesetzt werden und dass die beschädigte Autorität wieder hergestellt wird."

[Reform sollte vorangetrieben werden; die neue Leitung der Bank von Japan sieht sich Einschränkungen gegenüber] (Nikkei vom 10. April) "Belastet mit verschiedenen Einschränkungen ist es für die Bank von Japan schwer, effektive Maßnahmen zu ergreifen (um den wachsenden Unsicherheiten in der Wirtschaft zu begegnen). Sie kann keine effektive Geldpolitik durchsetzen, wenn sich das Geschäft angesichts des außerordentlich niedrigen Niveaus des Leitzinssatzes verschlechtert. Im Gegenteil: sollten Preissteigerungen tatsächlich anstehen, wäre eine wesentliche Verschärfung ein Tabu, berücksichtigt man dessen Auswirkungen auf die Wirtschaft. Die Bank von Japan unter Gouverneur Shirakawa muss einen außerordentlich engen Pfad beschreiten. Aus diesem Grund erhält eine Reform wachsende Bedeutung; eine Reform, die sowohl auf das Geschäft als auch auf die Preise wirkt: Liberalisierung des Gesundheitssektors, Abschluss von wirtschaftlichen Partnerschaftsabkommen (EPA), die Reform der Landwirtschaft und des Steuersystems."

[Shirakawa muss sein Bestes tun, um das Vertrauen in die Bank von Japan wiederherzustellen] (Sankei Shimbun vom 10. April) "In der jüngsten Verwirrung um die Leitung der Bank von Japan wurde die Unabhängigkeit der Bank so einfach durch politisches Gerangel niedergetreten. [...] Aus diesem Grund besteht die erste Aufgabe, die Shirakawa angehen muss, darin, das Vertrauen in die Unabhängigkeit der Bank wiederherzustellen, das innerhalb der internationalen Gemeinschaft und bei den Märkten verloren gegangen ist. Mit seinen Fähigkeiten als Experte für Geldpolitik ist er jedoch eine unbekannte Größe, was seine Fähigkeiten zur Führung einer großen Organisation wie die Bank von Japan angeht. Das G7-Treffen der Finanzminister und Zentralbankchefs in Washington wird sicherlich ein Prüfstein für ihn sein."

[Schwere Aufgabe angesichts der Verwirrung über die Ernennungen bei der Bank von Japan] (Yomiuri Shimbun vom 10. April) "Die Art und Weise, wie die Personalentscheidungen der Bank von Japan durch die Politik in eine Farce verwandelt wurden, hat das Vertrauen der Märkte in die Bank schwer beeinträchtigt. Wenn die Politiker den Sinn des neuen Gesetzes über die Bank von Japan vollständig verstanden hätten (das in großem Maße ihre Unabhängigkeit untermauerte), wäre dies niemals passiert. Während der Bank von Japan ihre Unabhängigkeit zugesichert wurde, schuldet sie dem Land eine vollständige Erklärung der Gründe für ihre Entscheidung. Es war schade, dass die Diskussionen, die die Transparenz und Berechenbarkeit der Politik verbessert hätten, nicht im Parlament stattfanden. Die Parteien sollten ihre eigene Interessen zurückstellen und die Unabhängigkeit der Bank von Japan respektieren. Im Gegenzug sollte die Bank ihrer Verantwortung zur Rechenschaftslegung gerecht werden. Eine solche reife Beziehung muss schnellstmöglich aufgebaut werden."

 
(Copyright 2008 Foreign Press Center, Japan)

 

 

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