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Japan Brief (Foreign Press Center Japan):
28. 05. 2008
Premierminister Fukuda umreißt umfassende Außenpolitik für Asien
In einem Vortrag anlässlich einer internationalen Konferenz, die am 22. Mai in Tokyo stattfand, umriss Premierminister Yasuo Fukuda zum ersten Mal seit seiner Ernennung zum Premierminister eine umfassende Außenpolitik für Asien. In dem Vortrag unter der Überschrift "Wenn der Pazifische Ozean zum ‚Binnenmeer' wird" machte Premierminister Fukuda seine Auffassung deutlich, dass mit der Entwicklung von Transport und Telekommunikation " ... die gewaltigen Ausmaße des Pazifischen Ozeans auf die Größe des Mittelmeers geschrumpft sind und in 30 Jahren noch kleiner werden." Unter diesen neuen Bedingungen würden, wie er ausführte, die idealen Beziehungen zwischen Japan und Asien "den Beziehungen unter Kollegen, die gemeinsam von etwas profitieren und Probleme angehen" gleichen.
In einer Rede im August 1977 in Manila, am Ende einer Reise durch südostasiatische Staaten, legte der Vater von Premierminister Fukuda, der verstorbene frühere Premierminister Takeo Fukuda, große Bedeutung auf eine Verständigung von "Herz zu Herz" mit den asiatischen Ländern und forderte eine "gleichberechtigte Partnerschaft" zwischen Japan und der Gemeinschaft der südostasiatischen Staaten (ASEAN). Diese Rede in Manila wurde als "Fukuda-Doktrin" bekannt, und bildete den Grundgedanken der späteren Politik Japans gegenüber Asien. Indem er vom grundlegenden Geist des Vermächtnisses seines Vaters ausging, stellte Premierminister Fukuda in seiner jüngsten Rede eine neue Philosophie und Politik vor, die auf gegenseitige Zusammenarbeit und gegenseitigen Nutzen in der asiatisch-pazifischen Region ausgerichtet ist, um auf diese Weise dem raschen Wandel zu begegnen, der in dieser Region auftritt. Aus diesem Grund haben die japanischen Medien seine Rede als "neue Fukuda-Doktrin" bezeichnet.
Fünf Zusagen zur "Zusammenarbeit"
Seit seiner Ernennung hat Premierminister Fukuda die "Synergien" zwischen der Stärkung des Bündnisses zwischen Japan und den USA und der Förderung der Asienpolitik Japans als die Grundlagen der Außenpolitik seiner Regierung betont. Die Rede, in der er zu einer verstärkten Kooperation mit den Nachbarländern aufrief, mittels der der Pazifik in ein "Binnenmeer" verwandelt werden soll, zielte darauf ab, dieses Konzept der "Außenpolitik der Synergien" sowohl im Inland als auch im Ausland vorzustellen. Vor der Rede zur "neuen Fukuda-Doktrin" war er im April und Mai mit dem südkoreanischen Präsidenten Lee Myung-bak, dem russischen Präsidenten Wladimir Putin (dem jetzigen Premierminister) und dem chinesischen Präsidenten Hu Jintao zusammengekommen, wobei ihm die Stärkung der Beziehungen mit diesen Ländern gelang.
Verglichen mit der damaligen Situation, als der frühere Premierminister Takeo Fukuda seine "Fukuda-Doktrin" verkündete, hat sich die Lage in Asien immens geändert. Vor 31 Jahren war Japan bereits eines der reichsten Länder der Welt, und seine Stellung in Asien war einzigartig. Als Japan dann den ASEAN-Staaten die Hand zur Zusammenarbeit reichte und eine "gleichberechtigte Partnerschaft" forderte, wurde dies von den asiatischen Ländern begrüßt.
Heute verzeichnen die asiatischen Länder jedoch ein spektakuläres Wirtschaftswachstum. Insbesondere China hat sich zu einer bedeutenden Großmacht entwickelt. Die pazifische Region produziert rund 60 % des Bruttoinlandprodukts weltweit, und der Handel innerhalb der Region macht ungefähr die Hälfte des gesamten Welthandels aus. In Zusammenhang mit diesen Entwicklungen hat sich die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zu einer dringenden Thematik entwickelt, um die neuen Probleme, etwa die globale Erwärmung, die Verhinderung von Katastrophen und Infektionskrankheiten, anzugehen.
Angesichts dieser Veränderungen in der asiatisch-pazifischen Region sieht sich Japan gezwungen, die anzustrebende Form seiner spezifischen Zusammenarbeit mit der Region neu zu definieren. In seiner Rede hat Premierminister Fukuda die folgenden fünf Zusagen als Maßnahmen, die Japan einleiten muss, um mit anderen asiatischen Ländern "zusammenzuarbeiten" bekannt gegeben:
(1) Japan wird mit Nachdruck die Bemühungen der ASEAN
zum Aufbau einer Gemeinschaft und einen Botschafter zu ernennen, der die
Gemeinschaft vertritt, unterstützen; es wird möglicherweise einen ständigen
Vertreter Japans für die ASEAN ernennen.
(2) Japan wird sein Bündnis mit den Vereinigten Staaten als ein Instrument der
Stabilität in Asien und des Pazifik insgesamt stärken.
(3) Japan wird sich selbst zu einer "den Frieden unterstützenden Nation"
entwickeln; es wird die Betankungsaktionen, die im Indischen Ozean zur
Verhinderung terroristischer Aktivitäten durchgeführt werden, fortsetzen und
eine aktive Außenpolitik für die Zusammenarbeit im Falle von Katastrophen
verfolgen.
(4) Japan wird seine Bemühungen im Bereich Jugendaustausch ausbauen und den
Austausch zwischen den Universitäten in der asiatisch-pazifischen Region
ausweiten.
(5) Japan wird im Kampf gegen den Klimawandel die Zusammenarbeit mit anderen
Staaten suchen.
Leitartikel der Tageszeitungen zur "neuen Fukuda-Doktrin"
Von den fünf landeweit erscheinenden Tageszeitungen brachten die Asahi Shimbun, die Nikkei und die Sankei Shimbun Leitartikel, die die Rede von Premierminister Fukuda kommentierten. Die Leitartikel dieser drei Tageszeitungen spiegelten deren Standpunkte wider und führten unterschiedliche Argumente an.
Unter der Überschrift: "Gut formuliert, Herr Fukuda," hat die Asahi in ihrem Leitartikel (vom 24. Mai) den Inhalt der Rede im Allgemeinen positiv gewertet. Sie meinte: "Premierminister Fukuda sprach über eine sich verstärkende regionale Kooperation mit der ASEAN, die sowohl wirtschaftlich als auch politisch an Stärke gewonnen hat und Japan, die Vereinigten Staaten und andere Länder zusammenführt, um ein Netzwerk des Friedens und Wohlstands im Pazifik zu gestalten. Das kann als eine Weiterentwicklung der Idee des Premierministers von einer ‚Außenpolitik der Synergien' angesehen werden, wobei die Beziehungen zwischen Japan und den USA sowie die Asienpolitik als gegenseitig ergänzend aufgefasst werden. In dieser Rede können wir eine Auseinandersetzung mit den beiden großen Fehlern sehen, die Japan in den vergangenen Jahren in seiner Außenpolitik begangen hat. Das ist zum einen, dass wir uns von der totalen Anbindung an die Vereinigten Staaten lösen, die wir zur Zeit des früheren Premierministers Junichiro Koizumi erlebten, der immer wieder ausführte: ‚So lange die Beziehungen zwischen Japan und den USA in Ordnung sind ...' Hier wirkt im Hintergrund das Selbstvertrauen von Premierminister Fukuda, dass er die Beziehungen mit China zurück auf den Weg der Verbesserung brachte. Der zweite Fehler war die 'werteorientierte Außenpolitik' des früheren Premierministers Shinzo Abe und des früheren Außenministers Taro Aso. Indem solche Begriffe wie Freiheit und Demokratie in den Vordergrund gerückt wurden, riefen sie Gegendruck und Zweifel in Asien und anderen Regionen hervor."
Unter der Überschrift: "Wie kann die 'neue Fukuda-Doktrin' umgesetzt werden?" zeigte die Nikkei in ihrem Leitartikel (vom 23. Mai) Verständnis für die Forderung Premierminister Fukudas nach einer Stärkung der Zusammenarbeit mit der asiatisch-pazifischen Region. Sie führte aus: "Der Vorschlag des Premierministers, den Pazifik in ein Binnenmeer umzuwandeln, welches Japan, China, Russland, Nord- und Südamerika, Australien, die ASEAN, Indien und den Nahen Osten verbindet, veranlasst uns, noch einmal einen Blick auf den Erdball zu werfen. Dieses Binnenmeer würde von den wichtigsten Ländern der Welt umgeben sein, und es wäre auch das Wachstumszentrum der Weltwirtschaft." Andererseits wies die Nikkei auch auf ihre Unzufriedenheit mit den Auswirkungen der Rede hin. Sie kommentierte: "Er hat das Tibet-Problem nicht erwähnt. Er sagte, dass er den Aufbau der ASEAN unterstützt, aber er hat nicht das Problem des Umgangs mit dem Militärregimes in Myanmar berührt, das den ASEAN Kopfschmerzen bereitet. Wir können den Wunsch des Premierministers verstehen, sich auf die freundliche Seite der asiatisch-pazifischen Region zu konzentrieren. Aber es würde seiner Haltung größere Verantwortung und seiner Aussage mehr Nachdruck verleihen, wenn er auch die Probleme erwähnt und darüber gesprochen hätte, wie Japan, die Vereinigten Staaten und die ASEAN für deren Lösung zusammenarbeiten sollten."
Wie in der Überschrift "Er hätte die Wirklichkeit genauer betrachten müssen" angedeutet, hegte die Sankei Shimbun in ihrem Leitartikel (vom 24. Mai) Zweifel über den Grundtenor der Rede des Premierministers. Sie führte aus: "Der Premierminister hat erkannt, dass Faktoren der Instabilität und der Unsicherheit in Asien bestehen und beschrieb das Bündnis zwischen Japan und den USA als 'ein Instrument für die Stabilisierung Asiens und des Pazifiks'. Trotz der Tatsache, dass China, das sich zu einem wichtigen Mitglied der Region entwickelt hat, ein destabilisierender Faktor ist, weil es zum Beispiel weiterhin eine Politik der militärischen Expansion verfolgt, hat er keine Maßnahmen angeführt, um dem zu entgegnen." Die Sankei führte weiter aus: "Anstrengungen zum Aufbau eines Netzwerks zur Verhinderung von Katastrophen und Infektionskrankheiten, ein Bereich, in dem Japan über großes Potential verfügt, sind gut und schön, aber angesichts des Erdbebens in Sichuan in China und der Wirbelsturmkatastrophe in Myanmar tauchten Bedenken auf, dass Menschenleben wegen der Unterschiede in den sozialen Systemen auf die leichte Schulter genommen werden. Es kann nicht geleugnet werden, dass die Haltung der beiden Länder, Hilfe von der internationalen Gemeinschaft abzulehnen und diesbezüglich eine zweideutige Haltung einzunehmen, die Anzahl der Opfer möglicherweise erhöht hat. Selbst wenn er Respekt für die große Vielfalt Asien zeigt, hätte der Premierminister deutlicher seine Haltung in Bezug auf eine Betonung der Grundwerte von Menschenleben und Menschenrechten an den Tag legen müssen."
(Copyright 2008 Foreign
Press Center, Japan)