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Japan Brief (Foreign Press Center Japan):
11. 07. 2008
G8 und Schwellenländer einigen sich mühsam auf vage langfristige Ziele zur Reduzierung von Emission; große Meinungsverschiedenheiten darüber, wie dies erreicht werden kann
Auf dem G8-Gipfeltreffen, das am 9. Juli in Toyako auf Hokkaido, Japan, stattfand, haben sich die acht reichsten Länder und eine gleiche Anzahl von Schwellen- und Entwicklungsländern mit Mühe darauf geeinigt, "eine gemeinsame Vision einschließlich langfristiger Zielvorgaben zur Verringerung der Treibhausgasemission aufzustellen"; die Positionen beider Gruppen blieben jedoch deutlich voneinander entfernt hinsichtlich des Umfangs und der Art und Weise der Emissionsreduzierungen sowie insbesondere in Bezug darauf, wer die Hauptlast bei der Verringerung der Emissionen tragen sollte.
Die Regierungschefs der 16 Länder (welche die so genannten wichtigsten Wirtschaftsländer (MEM) umfassen) arbeiteten die Vereinbarung aus, nachdem das Gipfeltreffen der G8-Staaten eine Erklärung veröffentlicht hatte, in der sie einen Tag zuvor vereinbarten, "alle 192 Staaten weltweit dazu aufzurufen, sich an der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen zu beteiligen und ein gemeinsames langfristiges Ziel zu verfolgen, nämlich die Emissionen bis 2050 um die Hälfte zu reduzieren." Die Gruppe der Schwellenländer, mit Ausnahme von Australien, Südkorea und Indonesien, lehnten die Formulierung "um die Hälfte reduzieren" ab, aus Angst, dass dies ihr Wirtschaftswachstum behindern wird.
Die Gruppe umfasst Brasilien, China, Indien, Mexiko und Südafrika. Diese Länder blieben unnachgiebig bei ihrer Forderung nach größeren Einschränkungen auf Seiten der Industrieländer, bevor die Entwicklungsländer reagieren können, da sie in erster Linie die Industrieländer für die Anhäufung von Kohlendioxid in der Atmosphäre verantwortlich machen. Sie erkannten jedoch in gewissem Maße auch ihre eigene Verantwortung an, in Zukunft zu versuchen, die Emission von Treibhausgasen zu begrenzen.
Japans Premierminister Yasuo Fukuda, der als Gastgeber des G8-Gipfels und der angeschlossenen Zusammenkünfte fungierte, die vom 7. bis 9. Juli stattfanden, bezeichnete die Ergebnisse der Treffen als "einen bedeutenden Schritt, der die Verhandlungen im Rahmen der Vereinten Nationen über eine Nachfolgeregelung für das Kyoto-Protokoll zur Verminderung der Emission von Treibhausgasen fördern wird". "Obwohl ‚um die Hälfte reduzieren' eine Formulierung ist, die in der Erklärung der MEM nicht vorkommt, wird natürlich angenommen, dass die G8-Staaten, einschließlich der Vereinigten Staaten, diesbezüglich übereinstimmen", meinte er auf einer Pressekonferenz am Ende des Gipfeltreffens. Er sagte zudem, dass als Basisjahr für den Umfang der Reduzierung das "aktuelle Niveau" anstatt des Niveaus von 1990 gelten soll, das die Europäische Union zu vertreten scheint.
Hinsichtlich der mittelfristigen Zielvorgabe für den Zeitraum zwischen 2020-2030 kamen die G8-Staaten überein, individuell "erstrebenswerte Ziele" für eine Reduzierung festzulegen, vereinbarten aber keine konkreten Zahlen. Kritiker meinten, dass ohne eine Verpflichtung auf spezifische mittelfristige Ziele und nur mit einer vagen Vereinbarung über langfristige Zielvorgaben die Gespräche der G8- und MEM-Treffen nur wenig zu künftigen Maßnahmen gegen die globale Erwärmung beitragen werden.
Die Vereinigten Staaten, die dafür bekannt sind, dass sie sich nur äußerst widerstrebend zu irgendwelchen Zielvorgaben für Emissionsbeschränkungen bekennen wollen, zeigten sich fast als einziges Land offen zufrieden mit den Ergebnissen von G8 und MEM. Von einem Vertreter der USA wurde berichtet, dass er die Vereinbarungen als "ausgezeichnet" lobte, wahrscheinlich, weil sie das Land davor bewahren, eine sofortige Verpflichtung zur Einschränkung von Emissionen einzugehen, während China und Indien auf unbestimmte Weise in künftige Aktionen einbezogen werden. (Asahi Shimbun vom 9. Juli). Washington versuchte hartnäckig, jegliche langfristigen Zielvorgaben zu verhindern, an denen sich die beiden Hauptemissionsländer nicht beteiligen.
Obwohl man dazu tendierte, Premierminister Fukuda dafür zu kritisieren, dass er keine energische Führungsinitiative zeigte, um die Weltgemeinschaft in der Problematik der globalen Erwärmung voranzubringen, scheint er doch darin Erfolg gehabt zu haben, alle Hauptemissionsländer, insbesondere die Vereinigten Staaten, China und Indien, auf den Kurs künftiger Verhandlungen zu bringen, indem er seine Rolle als Vorsitzender des G8-Gipfeltreffens und der angeschlossenen Treffen ausfüllte. Am Ende ging der diesjährige G8-Gipfel nicht so weit, dass man mit konkreten Vorschlägen oder einem starken Konsens nicht nur zur globalen Erwärmung aufwartete, die das dominierende Thema war, sondern auch zu anderen dringenden Problemen, wie etwa die Finanzkrise und die wirtschaftliche Abschwächung, die Lebensmittelkrise, den hohen Ölpreis oder die Hilfe für Afrika. Dies zeigte die enorme Größe und Komplexität dieser Probleme, die sich den Fähigkeiten der G8 in einer Welt zu widersetzen scheinen, in der deren relative Präsenz und Macht sichtbar abgenommen hat.
Kommentare der Medien
Das dreitägige Gipfeltreffen, das in dem abgelegenen Ferienort Toyako auf Hokkaido, der nördlichen Hauptinsel Japans, stattfand, dominierte auch die japanischen Medien. Einige Kommentare in den Leitartikeln gingen streng mit den Ergebnissen des Gipfeltreffens ins Gericht. Sie beschrieben dies als sichtbares Zeichen dessen, dass es den G8-Staaten einschließlich Japan am Willen mangelte, mutigere Schritte zu unternehmen. Andere Kommentare reagierten positiv und würdigten die Erklärung des Gipfeltreffens als ein gewisses Maß an Fortschritt. (Alle Leitartikel vom 9. Juli.)
G8-Emissionsziel ist Ziel für alle Nationen (Yomiuri
Shimbun)
"Gegenwärtig werden die Treibhausgase ungefähr in gleichem Maße von den
Industriestaaten als auch von den Schwellen- und Entwicklungsländern
ausgestoßen. Wenn es den Industriestaaten überlassen wird zu versuchen, die
Zielvorgaben des G8-Gipfels zu erfüllen, können die globalen Emissionen an
Treibhausgasen nicht halbiert werden. Die Erklärung machte deshalb das Drängen
der Regierungschefs der G8 deutlich, dass Schwellen- und Entwicklungsländer
gemeinsam versuchen müssen, ihre Emissionen entsprechend zu senken. Die
Erklärung kann als ein Schritt nach vorn angesehen werden. [...] Wenn man es
umfassend betrachtet, so glauben wir, dass Japan sehr wohl in der Lage war, den
Vorsitz des Gipfeltreffens von Toyako auszuüben."
Gipfeltreffen verspielt Chance, Zielvorgaben für 2050
festzulegen (Asahi Shimbun)
"Es ist bedauerlich, dass die G8-Staaten nicht in der Lage waren, die Initiative
zu ergreifen und deutlich eine Reduzierung um 50 Prozent bis 2050 als offizielle
internationale Zielvorgabe vorzuschlagen. Wie in der Erklärung zum Ausdruck
gebracht, kann jedoch der Herausforderung, gegen die globale Erwärmung
vorzugehen, nur durch eine globale Reaktion begegnet werden. [...] Es ist
deshalb von großer Bedeutung, dass die G8 die Staaten, die sich an der
Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen beteiligen, aufforderte, dieses
Ziel zu verfolgen. [...] Ein weiterer bedeutsamer Punkt der Erklärung ist, dass
die einzelnen G8-Staaten eindeutig versprachen, sich eigene ehrgeizige
mittelfristige Ziele zur Reduzierung zu setzen. Die Vereinigten Staaten
sträubten sich, den Gedanken zu unterstützen, die einzelnen G8-Staaten
aufzufordern, Ziele für eine Reduzierung festzulegen. Aber die anderen G8
überzeugten sie, diesen Vorschlag anzunehmen."
Verantwortung der entwickelten Länder für eine
Reduzierung ist unklar (Mainichi Shimbun)
"In der Erklärung des G8-Gipfels ist nicht festgeschrieben, dass die
G8-Mitglieder vereinbarten, die Emissionen ‚um die Hälfte zu reduzieren'. Auch
werden die spezifischen Bedingungen nicht aufgezeigt, in welchem Maße die
entwickelten Länder bereit sind, ihrer Verantwortung gerecht zu werden. [...] Um
die Entwicklungsländer zu ermutigen, sich zu beteiligen, sind die entwickelten
Länder aufgefordert, bei der Reduzierung von Emissionen über die Zielvorgaben
für den Rest der Welt hinauszugehen. Angesichts dessen können wir nicht anders,
als daran zu zweifeln, ob die G8-Vereinbarung über langfristige Zielvorgaben
einen Einfluss ausübt, der stark genug ist, um zu einer weiteren Einschränkung
der Emissionen nach dem Kyoto-Protokoll zu drängen."
Subtile Abgrenzung der 50%-igen Reduzierung bis 2050 in
G8-Vereinbarung (Nikkei)
"Premierminister Fukuda argumentiert wahrscheinlich, er habe seine Sache gut
gemacht, weil er die Vereinigten Staaten, die gegen die Festlegung eines
langfristigen Ziels waren, überzeugt hat, zuzustimmen, dass dies in der
G8-Erklärung überhaupt festgeschrieben wurde. Aber die Situation hinsichtlich
der globalen Erwärmung ist nicht so einfach, dass eine bloße Bestätigung eines
unverbindlichen langfristigen Ziels für die Zeit in vierzig Jahren
berechtigterweise als ‚Fortschritt' bezeichnet werden kann. [...] Das
diesjährige G8-Treffen hat erneut bestätigt, dass die Grundlage für Maßnahmen
gegen die globale Erwärmung in der wissenschaftlichen Projektion des IPCC liegt.
Dennoch wird das mittelfristige Ziel, das bis ca. 2020 erreicht werden soll, in
der zusammenfassenden Erklärung nur als ‚ehrgeizige, länderspezifische
Zielvorgabe' erwähnt".
Maßnahmen gegen globale Erwärmung: Problem ist deren
Umsetzung in die Praxis (Sankei Shimbun)
"Für eine Einschränkung der Emissionen ist das Engagement der Emissionsländer
insgesamt erforderlich. [...] Die Formulierung einer Nachfolgeregelung für das
Kyoto-Protokoll zur Reduzierung der Treibhausgase ab 2013 muss bis Ende 2009
hauptsächlich auf Konferenzen der Teilnehmerstaaten der Klimarahmenkonvention
der Vereinten Nationen erreicht werden. Um diesen Prozess zu unterstützen,
werden die Vereinbarungen, die auf diesem G8-Gipfel und dem Treffen der
wichtigsten Wirtschaftsländer ausgearbeitet wurden, von Bedeutung sein."
(Copyright 2008 Foreign Press Center / Japan)