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Japan Brief (Foreign Press Center Japan):
14. 07. 2008
G8-Gipfeltreffen gelingt es nicht, deutliche Antworten auf eine Reihe dringender Probleme zu finden
Das diesjährige G8-Gipfeltreffen, dessen Gastgeber Japan war, stand vor einer Reihe von dringenden Problemen - einschließlich der gestiegenen Preise für Lebensmittel und Öl - wurde aber von der Frage der globalen Erwärmung und des Klimawandels dominiert. Insgesamt gesehen gelang es nicht, mit überzeugenden Vorschlägen oder einem Konsens zu diesen Problemen aufzuwarten, obwohl man deren Schwere anerkannte und deren Komplexität und Ausmaß veranschaulichte, wobei sich herausstellte, dass diese Probleme nicht von den acht reichsten Ländern allein gelöst werden können.
Die Schwierigkeit lag darin, auf die Notwendigkeit einer engeren Kooperation zwischen den Industriestaaten und den Schwellen- und Entwicklungsländern in einer Welt hinzuweisen, in der die relative Präsenz und der Einfluss der acht reichsten Länder offensichtlich zurückgegangen sind. Die Tatsache, dass das Gipfeltreffen die größte Zahl an Teilnehmern in seiner Geschichte anzog, nämlich 22, ist Beweis genug für eine veränderte Welt.
Unter dem Vorsitz Japans begann das G8-Gipfeltreffen am 7. Juli in Toyako auf der Insel Hokkaido mit einer gemeinsamen Sitzung mit den Staats- und Regierungschefs aus sieben afrikanischen Ländern, nämlich Algerien, Äthiopien, Ghana, Nigeria, Senegal, Südafrika und Tansania. Wie vorherzusehen war, konzentrierte sich dieser Outreach-Gipfel auf die Hilfe für Afrika, wo - wie in anderen Entwicklungsländern auch - die Krise, die durch eine Preisexplosion für Lebensmittel und Rohöl ausgelöst wurde, die armen Menschen am härtesten trifft.
Während die Staats- und Regierungschefs der G8 das Ausmaß des Problems anerkannten und eine verstärkte Hilfe für Afrika versprachen, waren sie doch nicht in der Lage, für sofortige effektive Maßnahmen zu sorgen, um die fortschreitende Lebensmittelknappheit zu lindern. Auf dem Treffen mit den afrikanischen Führern wurden nur Ideen für langfristige Investitionen zur Verbesserung der Lebensmittelversorgung vereinbart, um die Nachfrage sicherzustellen. Bemerkenswert war, dass der G8-Gipfel nicht in der Lage war, die Notwendigkeit zur Einschränkung von Spekulationen anzuführen, die angeblich hinter den sprunghaft gestiegenen Preisen für Lebensmittel und Öl stecken - augenscheinlich aus Rücksicht auf die ablehnende Haltung der USA.
Hinsichtlich der Biokraftstoffe, die aus Nahrungsmitteln gewonnen werden und als eine Ursache für das Ansteigen der Lebensmittelpreise gelten, führte die Abschlusserklärung die Beschleunigung der Entwicklung von "Biokraftstoffen der zweiten Generation" an, die nicht mit Nahrungsmitteln konkurrieren. Allerdings ging sie nicht soweit vorzuschlagen, die aus Nahrungsmitteln gewonnenen Biokraftstoffe, die in immer größerem Umfang produziert werden, zu überdenken.
Zur wirtschaftlichen Situation der Welt als Ganzes brachte die G8-Erklärung nachdrückliche Bedenken über den inflationären Druck zum Ausdruck, der die Preise für Öl und Lebensmittel in die Höhe treibt. Dennoch gelang es nicht, konkrete Aktionen einzuleiten, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, vermutlich weil es die USA, von der die gegenwärtige Finanzkrise und der wirtschaftliche Rückgang ihren Ausgang nahmen, ablehnten, Maßnahmen einzuleiten, um die Ursachen für ihre wirtschaftlichen Probleme zu beseitigen. Präsident George W. Bush forderte zwar einen stärkeren Dollar, allerdings wurde seine Erklärung nicht von einer entschlossenen US-Politik zur Stärkung der Währung gestützt.
Nebenbei tauchten zudem politische Probleme auf, denen nur flüchtige Anmerkung gewidmet wurde, wie z.B. die Verhinderung der Verbreitung von Nuklearwaffen und Terrorismus, einschließlich Irans Nuklearprogramms. Das Tibet-Problem wurde überhaupt nicht besprochen, anscheinend in der Hoffnung, China nicht zu vergrämen. Das Problem der Entführung japanischer Staatsbürger durch Nordkorea wurde zum ersten Mal auf nachdrückliches Bitten Japans in die Abschlusserklärung des Gipfeltreffens aufgenommen, aber nur US-Präsident Bush brachte seine eindeutige Unterstützung zum Ausdruck. Ein politisches Problem, das die G8-Staats- und Regierungschefs ebenfalls in Anspruch nahm, war Simbabwe - das sich als Thema ohne größere Meinungsverschiedenheiten anbot.
Der Höhepunkt einer Serie von Treffen auf höchster Ebene, einschließlich des G8-Gipfels, war das Treffen der 16 so genannten MEM, der wichtigsten Wirtschaftsländer oder Hauptemissionsländer am 9. Juli, bei dem die globale Erwärmung im Mittelpunkt stand. Die Erklärung dieser Zusammenkunft forderte "eine gemeinsame Vision einschließlich langfristiger Zielvorgaben zur Beschränkung der Treibhausgasemissionen." Obwohl dies eine ziemlich vage Vereinbarung war, ist es hoch anzurechnen, dass China und Indien nun in die zukünftigen Absprachen über die Reduzierung der Emissionen einbezogen werden.
Kommentare der Medien
Die führenden japanischen Tageszeitungen lobten in gewissem Maße das G8-Gipfeltreffen, als dessen Gastgeber Japan fungierte. In ihren Leitartikeln vom 10. Juli bemerkten die Zeitungen, dass das Gipfeltreffen zumindest darin erfolgreich war, die Dringlichkeit der Probleme, vor denen die Welt steht, sowie die Notwendigkeit gemeinsamen Handelns anzuerkennen.
Fortsetzung des Dialogs über die Nöte der Welt
erforderlich (Yomiuri Shimbun)
"Das Treffen war in der Hinsicht von Bedeutung, dass es den führenden Politikern
der Welt gelang, eine Botschaft auszusenden, dass sie die Sorge um die globalen
Probleme teilen und danach streben, koordinierte Strategien umzusetzen. Die
Staats- und Regierungschefs waren jedoch nicht in der Lage, mit Maßnahmen
aufzuwarten, die eine sofortige Wirkung haben würden. Weit auseinandergehende
Interessen zwischen den G8-Staaten sowie den Schwellen- und Entwicklungsländern
wurden offensichtlich. [...] Einige G8-Politiker brachten Einwände gegen die
Idee (der Erweiterung des G8-Gipfels) zum Ausdruck, wobei berichtet wurde, einer
habe gesagt, es sei wichtig, mit den Ländern zusammenzutreffen, die die gleichen
Werte teilen, z. B. Freiheit und Demokratie, während andere meinten, es sei zu
schwierig, fundierte Gespräche zwischen zu vielen Teilnehmern zu führen. Dies
sind verständliche Bedenken. Im Unterschied zu Frankreich ist Japan kein
ständiges Mitglied im VN-Sicherheitsrat. Wenn die Zahl der Teilnehmer am
Gipfeltreffen erhöht wird, könnte es deshalb schwierig für Japan werden, seine
Auffassungen bei den anderen Teilnehmern Beachtung finden zu lassen. Wie beim
jetzigen Gipfel auf Hokkaido wäre es realistischer, Outreach-Treffen mit den
Schwellen- und Entwicklungsländern unter Ausnutzung des gegenwärtigen G8-Rahmens
durchzuführen."
Ein Schritt nach vorn (Asahi Shimbun)
"Ein willkommener Schritt war das Versprechen der Industriestaaten,
anspruchsvolle und 'die gesamte Wirtschaft umfassende mittelfristige Ziele'
umzusetzen. Ein weiterer Fortschritt war die Anerkennung durch die
Schwellenländer, dass diese eigene Anstrengungen unternehmen müssen, um die
außer Kontrolle geratene Zunahme ihrer Emissionen einzuschränken, wenn auch
unter bestimmten Bedingungen. [...] Diese Tatsachen scheinen nahe zu legen, dass
sowohl die Industrie- als auch die Schwellenländer begonnen haben, sich in die
gleiche Richtung zu bewegen, während sie darauf achteten, dass sie letztendlich
nicht mehr als einen gerechten Anteil der Last zu tragen haben. Es ist
entscheidend, dieser Entwicklung weitere Impulse zu verleihen."
Von der gemeinsamen Einschätzung der Krise zum Handeln (Mainichi
Shimbun)
"Premierminister Yasuo Fukuda betonte, das Gipfeltreffen habe ‚zu zahlreichen
Ergebnissen geführt'. Er hinterließ nicht gerade den Eindruck, er habe energisch
die Führung in Richtung einer Lösung aller Problem innegehabt, aber können wir
nicht zumindest sagen, dass eine gemeinsame Einschätzung über verschiedene
weltweite Probleme erreicht wurde? In diesem Sinne ist die Arbeit von
Premierminister Fukuda in gewissem Maße zu würdigen."
Haben die G8 in Toyako bewiesen, dass sie Probleme lösen
können? (Nikkei)
"Man kann nicht unbedingt behaupten, dass die G8 Wege gefunden haben, der
drohenden Wirtschaftskrise zu begegnen. In gewissem Maße gilt dies auch
hinsichtlich der Verhinderung der globalen Erwärmung. [...] Die (vorgeschlagene)
Erweiterung der G8 birgt das Risiko in sich, dass sich dieses Forum verzettelt
und es verwässert wird. Würde die Teilnehmerzahl erhöht und die Tagesordnung
breiter gefächert, würde weniger Zeit für die Diskussion eines Problems zur
Verfügung stehen, wodurch das Ereignis eine Konferenz um der Konferenz willen
wäre. Dies könnte zu dem Ergebnis führen, dass das Gipfeltreffen kein
Unternehmen mehr ist, das bedeutsame Vereinbarungen ausarbeitet. [...]
Angesichts der enormen Anzahl von Dokumenten und deren Veröffentlichung sofort
nach Abschluss der Gespräche auf dem Gipfeltreffen wird der Gipfel von Toyako
als ein Gipfeltreffen in Erinnerung bleiben, bei dem die Bürokratisierung bis
zum Äußersten getrieben wurde."
Ein Schritt nach vorn; Unzufriedenheit bleibt aber
bestehen (Sankei Shimbun)
"Zum ersten Mal wurde der Begriff ‚Entführungsproblematik' in die
Abschlusserklärung des Gipfeltreffens aufgenommen. Das war zwar natürlich, da
Japan als Gastgeber des Gipfels fungierte. Die Erkärung hätte aber in einem viel
nachdrücklicheren Ton verfasst werden müssen, so dass Nordkorea gezwungen wäre,
Handlungen einzuleiten, während die Staats- und Regierungschefs der anderen
Länder nur Verständnis für dieses Problem zeigten. Japan hat hier eine wichtige
Gelegenheit verpasst."
(Copyright 2008 Foreign Press Center / Japan)