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Japan Brief (Foreign Press Center Japan):
04. 08. 2008
Premierminister Fukuda bildet Kabinett um
Am 1. August hat Premierminister Yasuo Fukuda eine Umbildung seines Kabinetts sowie der Aufstellung der Führung der Liberaldemokratischen Partei (LDP) vorgenommen. Die Amtseinführung des umgebildeten Kabinetts erfolgte offiziell am Morgen des 2. August nach der Vereidigungszeremonie im Kaiserpalast. Es war die erste Kabinettsumbildung von Premierminister Fukuda seit seiner Ernennung am 25. September 2007 nach dem plötzlichen Rücktritt des vorherigen Premierministers Shinzo Abe. Da das Ende der Amtszeit der gegenwärtigen Abgeordneten des Unterhauses im September 2009 näher rückt, konzentrierte sich die Aufmerksamkeit auf den Zeitpunkt der Kabinettsumbildung durch Premierminister Fukuda als Hinweis darauf, wie sich die politische Situation von nun an weiter entwickeln könnte. Die japanischen Medien interpretierten die neueste Kabinettsumbildung als ein Zeichen dafür, dass Premierminister Fukuda sich bemüht hat, sein Team im Hinblick auf die Ausschreibung der Unterhauswahl zu stärken.
Die fünf landesweiten Tageszeitungen berichteten alle in Leitartikeln auf der ersten Seite über die Kabinettsumbildung unter Überschriften wie zum Beispiel "Deutliche Verschiebung in Richtung Wahlen" (Asahi Shimbun) und "Gestärkte Einheit der Partei in Vorbereitung der Auflösung" (Mainichi Shimbun). Auf einer Pressekonferenz am Abend des 1. August erläuterte Premierminister Fukuda das Ziel der Kabinettsumbildung folgendermaßen: "Ich lege Wert auf eine Politik, die die Menschen in die Lage versetzt, eine wirkliche Verbesserung ihres Lebens zu spüren. Es ist die Mission dieses Kabinetts, Strategien aufzustellen und diese zu verwirklichen. Ich nenne dies das 'Kabinett zur Erreichung eines seelischen Friedens'". Er fügte hinzu: "Ich denke nicht an eine Auflösung des Unterhauses [und die Ausschreibung von Unterhauswahlen] in nächster Zukunft." Es wird jedoch erwartet, dass die neueste Kabinettsumbildung ein kompliziertes Manövrieren zwischen den regierenden und den Oppositionsparteien über den Zeitpunkt der Auflösung des Unterhauses anfacht, was das Vorrecht des Premierministers ist.
Aso zum Generalsekretär der LDP ernannt
Als er seine Regierung vor zehn Monaten einführte, beließ Premierminister Fukuda 15 der 17 Minister des Kabinetts Abe im Amt. Aus diesem Grund wurde es als "vererbtes Kabinett" bezeichnet. Jetzt aber hat Premierminister Fukuda eine umfassende Umbildung vorgenommen und 13 der 17 Minister ausgetauscht. Während die Schlüsselposten mit Chefkabinettsekretär Nobutaka Machimura und Außenminister Masahiko Koumura sowie mit dem Minister für Gesundheit, Arbeit und Soziales, Yoichi Masuzoe, und dem Minister für Inneres und Kommunikation, Hiroya Masuda, beibehalten wurden, hat Premierminister Fukuda ebenfalls drei der vier leitenden LDP-Funktionäre ins Kabinett herübergeholt. Bunmei Ibuki, früherer Generalsekretär der LDP, wurde Finanzminister, Sadakazu Tanigaki, früherer Vorsitzender des Politischen Forschungsausschusses der LDP, wurde Minister für Land, Infrastruktur und Verkehr und Toshihiro Nikai, früherer Vorsitzender des Allgemeinen Ausschusses der LDP, wurde erneut zum Minister für Wirtschaft, Handel und Industrie ernannt.
Der frühere Chefkabinettsekretär Kaoru Yosano, der Wert auf eine finanzpolitische Sanierung legt, wurde zum Staatsminister ernannt, der für die Wirtschafts- und Finanzpolitik verantwortlich ist. Im umgebildeten Kabinett sind zwei Frauen vertreten: die frühere Ministerin für Post und Telekommunikation Seiko Noda wurde Staatsministerin für Verbraucherangelegenheiten, welches eines der vorrangigen Gebiete der Politik von Premierminister Fukuda ist, und die frühere Sonderberaterin des Premierministers Kyoko Nakayama, die sich ein immenses Vertrauen unter den Familien der durch Nordkorea entführten Menschen erworben hat, wurde Staatsministerin für Bevölkerung, Gleichstellung von Frauen und Männern und Angelegenheiten der Entführten. Die Berufung von Altgedienten mit einer Fülle von Erfahrungen in Ministeriums- und leitenden LDP-Funktionen sowie von bekannten Persönlichkeiten in das Kabinett lässt darauf schließen, dass es das Ziel von Premierminister Fukuda ist, die Einheit der Partei vor den nächsten Unterhauswahlen zu stärken (Mainichi vom 2. August).
Insbesondere die Ernennung von Taro Aso zum Generalsekretär der LDP hat die Aufmerksamkeit der Medien hervorgerufen. Aso verfügt über Erfahrungen in Funktionen wie zum Beispiel als Außenminister und Minister für Inneres und Kommunikation, und bei den Wahlen für den Vorsitz der LDP im September 2007 war er der einzige Gegenkandidat von Fukuda. Fukuda gewann den Wettbewerb mit 330 Stimmen, aber Aso schlug sich mit 197 Stimmen überraschend gut. Zum Zeitpunkt der Amtseinführung der Fukuda-Regierung bat Premierminister Fukuda Aso, seinem Kabinett beizutreten, aber Aso lehnte ab und gab als Grund politische Differenzen zwischen ihm und dem Premierminister an.
Dieses Mal hat Premierminister Fukuda Aso gebeten, Generalsekretär der LDP zu werden. Dem Generalsekretär obliegt die Aufgabe der Leitung der gesamten Parteiangelegenheiten, einschließlich der Parteifinanzen. Von der Person, die diese Schlüsselfunktion inne hat, wird erwartet, dass sie innerhalb der regierenden Partei über Kompetenz verfügt, denn dies ist die wichtigste Funktion nach dem Premierminister. Dass Aso die Bitte angenommen hat, bedeutet möglicherweise, dass die neue Fukuda-Regierung, die nun durch die Kabinettsumbildung entstanden ist, über eine stärkere Basis innerhalb der Partei verfügen wird. Gleichzeitig wird seine Ernennung jedoch auch Asos eigene Präsenz in der Partei voranbringen; somit kann wiederum erwartet werden, dass er von jetzt an einen beträchtlichen Einfluss auf den Kampf um die Parteiführung ausüben wird.
Leitartikel der Tageszeitungen zur Kabinettsumbildung
Am 2. August brachten alle fünf landesweiten Tageszeitungen Leitartikel zur Amtseinführung des umgebildeten Kabinetts von Premierminister Fukuda.
Während im Leitartikel der Yomiuri Shimbun Bedenken über einen wirtschaftlichen Rückgang zum Ausdruck gebracht wurden, der durch die Erhöhung der Preise für Rohöl und Lebensmittel verursacht wird, und gleichzeitig die Notwendigkeit sofortiger Maßnahmen unterstrichen wurde, um den Berg von inländischen Problemen anzugehen, wie zum Beispiel die umfassende Reform des Systems der sozialen Sicherheit und des Steuersystems, um einer Gesellschaft Rechnung zu tragen, die durch eine zurückgehende Geburtenrate, durch Überalterung und sinkende Bevölkerungszahlen gekennzeichnet ist, wurden außerdem die verschiedenen außenpolitischen Probleme aufgezeigt, denen sich Japan gegenüber sieht. Sie kommentierte: "Die Sechs-Parteiengespräche über Nordkoreas Nuklearprogramm sowie über die Entführungsproblematik befinden sich nunmehr in einer kritischen Phase. Die Regierung muss die Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten fortführen, die sehr bald einen Führungswechsel erfahren werden, um Nordkorea zur Einhaltung der Schritte zu drängen, die es unternehmen muss, um die Angaben zu seinem Nuklearprogramm zu verifizieren und um die Entführung der japanischen Staatsbürger nochmals zu untersuchen. Die neue Fukuda-Regierung trägt außerdem die Verantwortung dafür, während der außerordentlichen Sitzungsperiode des Parlaments im Herbst einen Gesetzentwurf über das neue Gesetz zur Terrorismusbekämpfung durchzubringen, um die Fortsetzung der Betankungsoperationen der Maritimen Selbstverteidigungsstreitkräfte im Indischen Ozean zu ermöglichen."
Die Asahi fragte in ihrem Leitartikel: "Wenn er eine Politik voranbringen möchte, die sich auf die Schaffung eines größeren Sicherheitsgefühls unter der Bevölkerung konzentriert, muss er zuerst einige wichtige Finanzfragen beantworten. Wie beabsichtigt er zum Beispiel, die grundlegenden staatlichen Rentenleistungen zu finanzieren? Die Regierung hat versprochen, das Verhältnis der Finanzierung der Ausgaben durch Steuern von gegenwärtig einem Drittel im nächsten Haushaltsjahr auf die Hälfte zu erhöhen, hat bisher aber noch nicht gesagt, woher die Mittel dafür kommen werden." Sie mahnte außerdem: "Im Rahmen seiner Kabinettsumbildung hat Fukuda das Aufgabengebiet Wirtschafts- und Finanzpolitik an Kaoru Yosano übergeben, einem altgedienten Abgeordneten der LDP, der für die Erhöhung des Verbrauchssteuersatzes zur Wiederherstellung der finanzpolitischen Gesundung eintritt. Wir heißen die Ernennung willkommen, wenn sie die Entschlossenheit des Premierministers signalisiert, den Finanzproblemen hinsichtlich der sozialen Sicherheit und anderer Bereiche gegenüberzutreten. Zu einer Erhöhung der Verbrauchssteuern hat Fukuda gesagt, dass er das Problem über einen Zeitraum von zwei oder drei Jahren in Betracht ziehen würde. Aber das läuft auf nichts anderes hinaus, als die Debatte zu diesem wichtigen Problem zu verschieben. Das ist nicht beruhigend, da die Nation dringend einen klaren und überzeugenden langfristigen Plan für die Finanzierung von Renten-, Wohlfahrts- und anderen Programmen der sozialen Sicherheit benötigt."
Die Mainichi führt in ihrem Leitartikel aus: "Der umsichtige Premierminister Fukuda hat sein Kabinett umgebildet, das mit niedrigen Zustimmungsquoten zu kämpfen hatte. Man kann aber kaum behaupten, dass der Premierminister eine deutliche Botschaft darüber an die Menschen übermittelt hat, welche Strategien er verfolgt und womit er die Wähler bei den nächsten Unterhauswahlen beeindrucken möchte. Auf der Pressekonferenz sagte der Premierminister, dass ‚anstatt über eine Auflösung des Unterhauses zu debattieren, wir die Strategien umsetzen müssten.' Wenn dem aber so ist, sollte er zuallererst rasch eine umfassende Vision der Politik aufzeigen, die den Wählern vorgestellt werden kann." Die Mainichi hat indirekt außerdem eine frühzeitige Auflösung des Unterhauses gefordert, indem sie ausführte: "In einem Parlament mit geteilten Mehrheitsverhältnissen liegt das letzte Wort natürlich bei den Wählern. Genau aus diesem Grunde sollte sich der Premierminister darauf vorbereiten, so schnell wie möglich das Urteil der Bevölkerung einzuholen und sich danach der Leitung seiner Regierung zu widmen."
Die Nikkei beobachtete in ihrem Leitartikel: "Der Höhepunkt der Umbildung ist die Ernennung von Taro Aso, dem führenden Kandidat für die Nachfolge von Fukuda, zum Generalsekretär der LDP. Angesichts der herannahenden Auflösung des Unterhauses und der Wahlen ist es unzweifelhaft das Ziel von Premierminister Fukuda, seine Regierung über Wasser zu halten, indem er Aso an Bord nimmt. Alles in allem hat er eine starke Kabinettsaufstellung erreicht, obwohl der Eindruck eines Rückzugs vom reformorientierten Kurs nicht geleugnet werden kann."
Während sie die Ernennung von Aso als Generalsekretär der LDP als ein Zeichen der Entschlossenheit von Premierminister Fukuda würdigte, eine einheitliche Haltung der Partei zu erreichen, bemerkte die Sankei Shimbun in ihrem Leitartikel außerdem: "Es gibt unterschiedliche Meinungen zur grundlegenden Strategie zwischen Fukuda und Aso. In der Entführungsproblematik legt Aso Wert auf Druckausübung, Premierminister Fukuda scheint dagegen mehr an einem Dialog interessiert zu sein. Wir hoffen, dass mit der Ernennung von Aso, der liberale Ansichten vertritt, die konservative Färbung in der japanischen Außenpolitik noch sichtbarer zutage treten wird."
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