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Japan Brief (Foreign Press Center Japan):
27. 02. 2009
Japanische Filme gewinnen Oscars in zwei Kategorien der
"Academy Awards"
Bei der 81. Verleihung der Academy Awards am 22. Februar in Hollywood gewannen
der Film "Departures" (Okuribito), Regie: Yojiro Takita, in der Kategorie
"Bester fremdsprachiger Film" und "La Maison en Petits Cubes" (Tsumiki no Ie),
Regie: Kunio Kato, in der Kategorie "Bester animierter Kurzfilm" je einen
"Oscar". Es ist das erste Mal, dass japanische Filme Preisträger in diesen
beiden Kategorien sind, und auch das erste Mal, dass zwei japanische Filme
gleichzeitig einen Oscar gewannen. Unter den vielen Städten, in denen
Filmfestivals stattfinden, genießen Cannes, Venedig und Berlin jedes Jahr große
Aufmerksamkeit. Aber es sind die Verleihungen der "Academy Awards" in den
Vereinigten Staaten, dort wo die Filmindustrie ihren Anfang nahm, die die
Filmliebhaber der ganzen Welt am meisten faszinieren. In der ganzen Welt mit
großem Pomp im Fernsehen übertragen, ist die Verleihung der "Academy Awards"
ohne Zweifel die größte und prächtigste Filmfeierlichkeit.
Angesichts all dessen war die Verleihung von zwei Oscars die wichtigste
Nachricht des Tages für die japanischen Medien. Die drei führenden
Tageszeitungen, die Yomiuri, Asahi und Mainichi, brachten die Nachricht auf der
Titelseite ihrer Abendausgaben vom 23. Februar. In ihren Morgenausgaben vom 24.
Februar befassten sie sich ausführlicher mit der Nachricht über diesen
außergewöhnlichen Triumph, zwei Oscars zu gewinnen, einschließlich vieler
Anekdoten und sogar längerer Artikel, die sich speziell mit der aktuellen
Bedeutung dieser Preise beschäftigten.
Zwei Preisträgerfilme als eine "sanfte Erlösung"
Bisher haben japanische Filme "Oscars" in den Kategorien Kostümdesign,
Filmmusik, Dokumentar-Kurzfilm und Animationsfilm gewonnen. Japan hat aber noch
nie einen Preis in der Kategorie "Bester fremdsprachiger Film" gewonnen, die
1956 geschaffen wurde, obwohl japanische Filme bereits elf Mal nominiert waren,
einschließlich Nominierungen der Werke bekannter Meister wie Akira Kurosawas "Kagemusha"
und Yoji Yamadas "Tasogare Seibei".
Der Regisseur des diesjährigen Preisträgers "Departures" ist Yojiro Takita, der
außerhalb Japans praktisch unbekannt ist. Der Film handelt von der Arbeit eines
"nokanshi", eines Leichenbestatters, dessen Aufgabe es ist, den Verstorbenen in
Anwesenheit der Familie zu schminken, zu bekleiden und in einen Sarg zu legen.
Durch seine stille Darstellung dieses Rituals drückt der Film eine tiefe Achtung
vor dem Toten und der Trauer der Hinterbliebenen aus. Es ist ein gedämpfter
Film, der eine raffinierte Kameraführung und eine aktionsgeladene Geschichte mit
farbenprächtigen Bildern meidet.
Bei den fünf Nominierungen in der Kategorie "Bester fremdsprachiger Film"
erwartete man allgemein, dass der Preis an einen der Filme mit einem gewichtigen
Thema gehen würde, wie z. B. an den israelischen Film "Waltz with Bashir", der
von der Invasion des Libanon handelt. Ausgewählt wurde jedoch ein Werk, das die
sehr persönliche Zeremonie des Abschiednehmens von einem geliebten Verstorbenen
betrachtet. Masahiro Motoki, der die Hauptrolle spielte, sagte: "Der Tod kommt
zu jedem gleichermaßen. Ich denke, die Anziehungskraft des Filmes liegt in
dieser allgemein gültigen Thematik. Abschiede sind voller sanfter Erlösung,
positiver Erlösung. Vielleicht ist es das, was den Unterschied ausmachte."
Der Held in "La Maison en Petits Cubes", Sieger in der Kategorie "Bester
animierter Kurzfilm", ist ein alter Mann, der immer wieder neue Etagen auf sein
Haus baut, um sich vor der Überschwemmung in einer Welt eines stetig steigenden
Wasserspiegels zu retten. Auch hier handelt der Film von Einsamkeit und
Familienerinnerungen.
Der japanische Film gewinnt seine Vitalität zurück
Das goldene Zeitalter des japanischen Films war in den 1950er und 1960er
Jahren. Werke solcher Meister wie Akira Kurosawa, Yasujiro Ozu und Kenji
Mizoguchi übten einen tiefgreifenden Einfluss auf die Filmemacher in der ganzen
Welt aus und genossen hohes Ansehen bei den Filmkritikern. Aber nicht lange nach
dieser Ära begann die japanische Filmindustrie zu stagnieren. Es folgte eine
lange Periode, in der einheimische Filme durch ausländische Filme in den
Schatten gestellt wurden, die den japanischen Markt sowohl hinsichtlich
Popularität als auch Einnahmen dominierten.
In den vergangenen Jahren ist jedoch eine Wende in dieser Entwicklung zu
verzeichnen. Die Einspielergebnisse sowohl für japanische als auch ausländische
Filme beliefen sich im vergangenen Jahr auf insgesamt 194,8 Billionen Yen. Von
dieser Summe spielten die japanischen Filme 115,8 Billionen Yen ein, ein Anstieg
um 22,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dies macht 59,5 Prozent des
Gesamtergebnisses aus, beträchtlich mehr als der Anteil, der von ausländischen
Filmen eingebracht wurde. Was dabei insbesondere bemerkenswert ist, ist der
Rückgang der Popularität der sogenannten Extravaganzas nach Hollywood-Art mit
ihren lauten Soundeffekten und anderen branchenüblichen Tricks.
Die treibende Kraft hinter der Wiederbelebung des japanischen Films war eine
Woge von Unterhaltungsfilmen auf der Grundlage populärer Fernsehdramen. Das ist
aber nicht alles. Sogenannte "Kunstfilme" mit hoher künstlerischer Qualität
haben sich ebenfalls wacker geschlagen und dürfen nicht übersehen werden. "Departures"
hat seit seinem Kinostart im September letzten Jahres 2,77 Millionen Zuschauer
angelockt und wird noch immer in 180 Filmtheatern gezeigt. Derzeit ist geplant,
den Film in 36 Ländern, einschließlich den Vereinigten Staaten, zu zeigen, ein
Anzeichen dafür, dass der Film dabei ist, gleichzeitig sowohl in Japan als auch
international Zustimmung zu finden.
Kommentare der führenden Tageszeitungen zu den zwei Oscars
In ihrem Leitartikel vom 24. Februar meinte die Yomiuri Shimbun: "Dieser
zweifache Preisgewinn sollte zur weiteren Belebung des japanischen Films
beitragen." Sie fuhr fort: "Dies ist eine Bestätigung der hohen Wertschätzung,
die auf internationaler Ebene der allgemeinen Thematik von Leben und Tod
geschenkt wird, die Gegenstand dieser Filme ist." Gleichzeitig bemerkte die
Yomiuri: "Ein animierter Kurzfilm wie ‚La Maison en Petits Cubes' hat nur sehr
wenige Gelegenheiten, gezeigt zu werden, selbst wenn er von hohem künstlerischen
Wert ist, aus diesem Grund ist ein solcher Film nicht gewinnbringend. Filme wie
dieser werden im Allgemeinen auf Medienfestivals wie durch die Agency for
Cultural Affairs unterstützte Festivals gezeigt. Solche Möglichkeiten der
Aufführung müssen erweitert werden."
Die Nikkei meinte in ihrem Leitartikel vom 24. Februar: "Wenn beabsichtigt ist,
den japanischen Film in eine ‚Soft Power' zu verwandeln, auf die wir stolz sein
können, dann werden Maßnahmen zur Unterstützung stark motivierter Menschen
gebraucht. Das frühere System, bei dem Filmstudios als Übungsplatz für junge
Talente dienten, ist bereits seit langem zusammengebrochen. Es besteht die
Notwendigkeit, ein neues System zu erschaffen, um Fachleute auszubilden, die mit
den internationalen Standards mithalten können."
Die Mainichi Shimbun kommentierte in ihrem Leitartikel vom 24. Februar:
"Inmitten der gegenwärtigen kritischen wirtschaftlichen Lage gibt es eine
wachsende Auseinandersetzung, die eine Abkehr vom herkömmlichen Industriemodell
und eine erneute Überprüfung der Art und Weise fordert, wie wir unser Leben
planen und führen. In dieser Hinsicht kommen die beiden Preisträgerfilme gerade
rechtzeitig. Wir fragen uns, ob es nicht irgendwie möglich ist, den Elan und die
jugendliche Frische dieser Art von Filmen zu nutzen, um dem Land neue Vitalität
zu vermitteln. Der Regierung fehlt insbesondere diese Art von Empfindsamkeit.
Wir hoffen, dass diese Preise einen Umschwung im Denken bewirken."
Zu Beginn ihres Leitartikels vom 25. Februar führte die Sankei Shimbun aus: "Es
gab bei allen 81 bisherigen Verleihungen der ‚Academy Awards' noch nie eine
solch starke japanische Präsenz." Sie fuhr fort: "Wir möchten die Tatsache
unterstreichen, dass ‚Departures' der erste japanische Film und der erste
zeitgenössische japanische Film ist, der den Preis als bester fremdsprachiger
Film gewonnen hat. Dies wird mit Sicherheit die japanischen Filmklischees der
Samurai- und Ninja-Filme ändern. Filme überschreiten Landesgrenzen. Die Oscars
sollten nicht nur für das Geschäft genutzt werden, sondern auch dafür, das
Verständnis für die Menschen in Japan und die japanische Kultur zu vertiefen."
(Copyright 2009 Foreign Press Center / Japan)