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Japan Brief (Foreign Press Center Japan):
15. 03. 2009
Japan entsendet Schiffe der MSDF zur Piratenbekämpfung vor Somalia
Am 13. März genehmigte die japanische Regierung während einer Kabinettssitzung
einen Befehl für "maritime Patrouillen", der gemäß dem Gesetz über die
Streitkräfte zur Selbstverteidigung als provisorische Maßnahme zur Bekämpfung
der Piraten in den Gewässern vor Somalia erteilt wurde. Ausgehend von dieser
Genehmigung erließ Verteidigungsminister Yasukazu Hamada am gleichen Tag einen
Befehl über maritime Patrouillen und ermöglichte damit die Entsendung von
Streitkräften der Maritimen Selbstverteidigungskräfte (MSDF). Am darauf
folgenden Tag stachen zwei Zerstörer, die Sazanami und die Samidare, vom
Stützpunkt der MSDF in Kure, in der Präfektur Hiroshima, aus in See, und zwar in
Richtung auf die somalischen Gewässer. Auf der Kabinettssitzung am 13. März
genehmigte die Regierung außerdem eine Gesetzesvorlage zu Bestrafungen und
Maßnahmen gegen die Piraterie und leitete diese an das Nationale Parlament
weiter.
Der japanische Premierminister Taro Aso gab am 13. März eine Erklärung zur
Entsendung von MSDF-Streitkräften ab und betonte dabei die Notwendigkeit,
dringend auf das Piratenproblem vor Somalia zu reagieren. Er erklärte:
"Piraterie stellt eine Bedrohung der internationalen Gemeinschaft einschließlich
Japan dar und ist eine Angelegenheit, mit der man sich unverzüglich befassen
muss." Premierminister Aso merkte des Weiteren an, dass diese Entsendung von
MSDF-Kräften im Rahmen der maritimen Patrouillen eine Notlösung darstellt, und
dass "alle verfügbare Energie" sich auf die Verabschiedung eines Gesetzes zur
Bekämpfung der Piraterie konzentrieren wird, das als rechtliche Grundlage für
umfangreiche Maßnahmen gegen die Piraten dienen soll. Laut Berichten der
wichtigsten japanischen Tageszeitungen führten die folgenden Ereignisse zur
Entsendung der MSDF-Zerstörer.
Internationale Kooperation für Maßnahmen zur Bekämpfung der Piraterie
Mit der Verschlechterung der anarchischen Situation in ganz Somalia stieg die
Anzahl der Angriffe von Piraten auf private Schiffe in den Gewässern vor diesem
Land an. Laut Informationen, die sowohl vom Ministerium für Auswärtige
Angelegenheiten als auch vom Verteidigungsministerium veröffentlicht wurden,
haben die Piraten im vergangenen Jahr insgesamt 111 Schiffe entlang der Küste
Somalias angegriffen, wobei mehr als 10 dieser Schiffe weiterhin als Geiseln zur
Erpressung von Lösegeld festgehalten werden. In Japan registrierte Schiffe
machen ca. 2000 Fahrten pro Jahr durch diese Gewässer, drei dieser Schiffe
wurden ebenfalls im vergangenen Jahr Opfer dieser Angriffe. Gegenwärtig haben
mehr als 10 Staaten (einschließlich der Vereinigten Staaten, Großbritannien,
Russland und China) sowie die Europäische Union Zerstörer, Patrouillenboote und
andere Schiffe in diese Gewässer entsendet, um das scharfe Vorgehen gegen die
Piraterie zu unterstützen.
Für Japan, einem Land, das für rund 90 % seiner Rohölimporte von den Öl
produzierenden Ländern des Persischen Golfs abhängig ist, ist eine sichere
Schifffahrt in den Gewässern vor Somalia eine lebenswichtige Angelegenheit.
Wegen den Einschränkungen der einheimischen Gesetze Japans und anderer damit
zusammenhängender Faktoren hat jedoch nur Japan aus der Gruppe der acht
industrialisierten Länder bisher noch keine konkreten Maßnahmen zur Bekämpfung
der Piraterie ergriffen. Vor diesem Hintergrund hat Tokio deshalb nach Mittel
gesucht, um einen Beitrag im Kampf gegen die Angriffe der Piraten innerhalb des
vorhandenen rechtlichen Rahmens zu leisten. Laut Presseberichten spielte
Premierminister Aso eine führende Rolle, um die Entsendung der MSDF-Kräfte zu
ermöglichen. Am 28. Dezember letzten Jahres beauftragte Premierminister Aso
Verteidigungsminister Hamada, die Entsendung von MSDF-Schiffen innerhalb des
Rahmens der gegenwärtig in Kraft befindlichen Gesetze zu prüfen. Am 29. Dezember
2008 brachte die Ausgabe der Asahi Shimbun unter der Überschrift
"Premierminister ebnet den Weg, um den Verteidigungsminister zu überzeugen"
einen ausführlichen Kommentar zu dieser Angelegenheit.
Maßnahmen zur Bekämpfung der Piraten werden mit einem 2-Stufen-Plan
vorangetrieben
Ausgehend von Untersuchungen der entsprechenden Behörden wurde die Entscheidung
getroffen, einen Befehl für maritime Patrouillen zu erteilen, und zwar gemäß
Artikel 82 des Gesetzes über die Selbstverteidigungsstreitkräfte als die
gegenwärtige rechtliche Grundlage für Maßnahmen zur Bekämpfung der Piraterie.
Befehle für MSDF-Patrouillen wurden bisher zweimal erteilt. Der erste richtete
sich gegen ein verdächtiges Schiff, das im März 1999 vor der Halbinsel Noto auf
der japanischen Seite des Japanischen Meeres gesichtet wurde. Der zweite Befehl
bezog sich auf ein chinesisches U-Boot, dass in den Hoheitsgewässern Japans im
November 2004 entdeckt wurde. Beide Zwischenfälle ereigneten sich in japanischen
Gewässern, somit ist die gegenwärtige Entsendung das erste Mal, dass
MSDF-Schiffe in das offene Meer entsandt werden und um maritime Patrouillen
gegen Piraten zu unternehmen.
Bei den maritimen Patrouillen auf der Grundlage des Gesetzes über die
Selbstverteidigungsstreitkräfte beschränkt sich der Schutz nur auf die Schiffe,
die in Japan registriert sind. Während nur Warnschüsse abgegeben werden dürfen
bzw. in unmittelbarer Notwehrlage oder bei Notevakuierungen in Richtung anderer
Schiffe geschossen werden darf, darf in Bezug auf die Verwendung von
Schusswaffen kein Schiff beschossen werden, um den Piratenaktionen Einhalt zu
gebieten. Dementsprechend fallen im Rahmen der maritimen Patrouillen
nicht-japanische Schiffe nicht unter den Schutz, und es ist unmöglich, auf
Piratenschiffe zu schießen, die nicht den Warnungen zum Anhalten Folge leisten.
Der von der Regierung dem Parlament vorgelegte Gesetzesentwurf zur Bekämpfung
der Piraterie dreht sich um die folgenden vier Schlüsselpunkte: 1. das
"Verbrechen der Piraterie", nach dem Piraten zu Gefängnisstrafen von 5 Jahren
bis lebenslänglich oder, falls jemand dadurch zu Tode gekommen ist, sogar zu
lebenslänglicher Haft oder zum Tode verurteilt werden können; 2. die
"Berechtigung zur Verwendung von Schusswaffen", nach dem die Verwendung von
Schusswaffen ermöglicht wird, um das Vordringen von Piratenschiffen aufzuhalten,
die den Befehl zum Anhalten nicht befolgen, 3. "Maßnahmen, die gegen Piraten
ergriffen werden", nach dem der Verteidigungsminister die Genehmigung vom
Premierminister erhält und den Selbstverteidigungsstreitkräften Befehle zu
entsprechenden Aktionen erteilt; 4. die "Einbeziehung des Nationalen
Parlaments", nach dem der Premierminister gegenüber dem Parlament über die
Genehmigung von Maßnahmen gegen die Piraterie berichtet sowie dann, wenn diese
Maßnahmen abgeschlossen sind.
Die zwei Zerstörer, die vom Stützpunkt Kure aus in See stachen, werden Anfang
April planmäßig mit ihren maritimen Patrouillen in den Gewässern vor Somalia
beginnen. Danach, nach der Verabschiedung des Gesetzes zur Bekämpfung der
Piraterie, werden die Aktivitäten dieser MSDF-Zerstörer mit den Bestimmungen
dieses Gesetzes abgestimmt. Japans Maßnahmen zur Bekämpfung der Piraterie werden
demzufolge durch diesen 2-Stufen-Plan wirksam vorangebracht. Mittlerweile haben
die vom Büro des Kabinetts am 14. März bekannt gegebenen Ergebnisse einer
"Meinungsumfrage zu den Selbstverteidigungsstreitkräften und zum
Verteidigungsproblem" (die im Januar durchgeführt wurde) gezeigt, dass 63,2 %
der Befragten die Ansicht vertraten, dass "die Selbstverteidigungsstreitkräfte
in die wachsenden Reaktionen zur Bekämpfung der Piraterie einbezogen werden
müssten."
Kommentare der wichtigsten Tageszeitungen
Von den fünf landesweit erscheinenden Tageszeitungen Japans brachten vier
Leitartikel zur Entsendung der MSDF-Zerstörer und deren Personal in die Gewässer
vor Somalia. Während der von den Zeitungen angeschlagene Ton im Allgemeinen eine
positive Bewertung der Aktion zur Bekämpfung der Piraterie zum Ausdruck brachte,
gab es Unterschiede in den entsprechenden Ansichten zu langfristigen
Gegenmaßnahmen.
Die Yomiuri Shimbun kommentierte in ihrem Leitartikel (vom 14. März): "Die
Entsendung von zwei Zerstörern zu diesem Zeitpunkt stellt eine neue Art der
Überseemission der MSDF dar und ist von großer Bedeutung hinsichtlich der
Ausweitung ihrer Aktivitäten." Sie fügte hinzu: "Die
Selbstverteidigungsstreitkräfte wurden in den vergangenen Jahren dazu
aufgefordert, sich mit einer Reihe von Missionen und Situationen
auseinanderzusetzen, und nicht einfach nur Japan zu verteidigen. Für Japan ist
jetzt der Zeitpunkt gekommen, effektive Wege zu finden, um die
Selbstverteidigungsstreitkräfte als öffentliche Institution zu nutzen. Wir
hoffen, dass die MSDF ihre Mission zur Bekämpfung der Piraterie geschickt
erfüllen können und sich zu einer festen Organisation entwickelt, der die
Öffentlichkeit vertraut."
Die Mainichi Shimbun führte in ihrem Leitartikel (vom 14. März) aus, dass das
Hauptaugenmerk des neuen Gesetzesentwurfs auf der Erleichterung der Vorgaben für
die Verwendung von Schusswaffen liege. Sie meinte: "Es ist entscheidend, dass
diese Erleichterung nicht zu einer willkürlichen Ausdehnung der Verwendung von
Schusswaffen bei den allgemeinen Überseeaktivitäten der
Selbstverteidigungsstreitkräfte führt." Die Mainichi fuhr fort: "An erster
Stelle waren die Gesetzgeber der Demokratischen Partei Japans bei der
außerordentlichen Parlamentssitzung im vergangenen Jahr diejenigen, die die
Notwendigkeit von Maßnahmen zur Bekämpfung der Piraterie geltend machten. Es
sollte eine entsprechende Grundlage für einen Konsens zu diesem neuen Gesetz
zwischen der Regierung und dem Lager der Opposition geben. Alle Seiten müssen
ihre Köpfe zusammenstecken und einen effektiven Aktionsplan zur Bekämpfung der
Piraterie auf den Tisch legen."
Die Nikkei kommentiert in ihrem Leitartikel (vom 14. März): "Während es eine
reichliche Verzögerung bei der Vorlage des Gesetzesentwurfs und der Entsendung
der Zerstörer gab, wird die Verabschiedung des Gesetzes zur Bekämpfung der
Piraterie die psychologische Belastung der Offiziellen der
Selbstverteidigungsstreitkräfte und der Offiziere der Küstenwache mindern, die
mit dieser gefährlichen Arbeit beschäftigt sind. Wir freuen uns auf eine baldige
Inkraftsetzung des Gesetzes." Gleichzeitig bemerkte die Nikkei ebenfalls, dass
das Hauptaugenmerk auf den Beratungen zum Gesetzesentwurf im Parlament liegen
wird, während sie besondere Bedenken zum Standpunkt der Demokratischen Partei
Japans (DPJ) zum Ausdruck brachte. "In der DPJ selbst prallten die Meinungen zur
Sicherheitspolitik immer aufeinander. Mit der kürzlichen Verhaftung des
Sekretärs von Präsident Ichiro Ozawa entstand zusätzliche Verwirrung, wodurch
die Aussichten untergraben wurden, dass die Partei in voller Unterstützung
zusammenstehen wird."
Die Sankei Shimbun lobte in ihrem Leitartikel (vom 15. März) gründlich die
Bedeutung dessen, dass die beiden MSDF-Zerstörer in die Gewässer vor Somalia
aufbrachen und meinte: "Japan hat letztendlich den natürlichen Aktionskurs
eingeschlagen, seine eigenen Schiffe und die Seewege vor den Piraten zu
schützen."
(Copyright 2008 Foreign Press Center)