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Vortrag des stellv. Außenministers von Japan, Herrn Yasuhisa Shiozaki,
bei der 42. Münchener Konferenz für Sicherheitspolitik

5. Februar 2006
Hotel Bayerischer Hof, München, Deutschland

1. Einleitung

Verehrte Gäste,
meine sehr verehrten Damen und Herren,
zunächst einmal möchte ich sagen, dass ich mich sehr geehrt fühle, als stellvertretender Außenminister von Japan diesen Vortrag bei der bedeutenden Münchener Konferenz für Sicherheitspolitik halten zu dürfen.

Das 20. Jahrhundert war Zeuge zweier Weltkriege und des Kalten Krieges, der vor der Jahrhundertwende zu Ende ging. Die Menschen glaubten damals an die Ankunft eines dauerhaften Friedens und erwarteten eine Friedensdividende. Die Zukunft der internationalen Gemeinschaft im 21. Jahrhundert ist jedoch weiterhin nicht vorhersehbar. Wir besitzen nach wie vor keine klare Vision, wie die neue internationale Ordnung nach dem Kalten Krieg strukturiert sein sollte. Die Vereinten Nationen befassen sich sechzig Jahre nach ihrer Gründung nicht immer in effizienter Weise mit den Aufgaben, denen wir uns heute gegenüber sehen. Eine Reform dieser Organisation einschließlich des Sicherheitsrats ist dringend erforderlich. Während die zunehmende Globalisierung positive und negative Auswirkungen hat, sehen wir uns heute neuen Bedrohungen wie der Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen und der Ausbreitung des internationalen Terrorismus gegenüber.

Vor diesem Hintergrund nimmt die Bedeutung Asien innerhalb der Welt zu. Im Bereich Wirtschaft erfreuen sich die asiatischen Staaten beeindruckender Wachstumsraten, die sich auch positiv auf die internationale Wirtschaft insgesamt auswirken. Auf der anderen Seite bestehen in Asien nach wie vor Quellen der Instabilität. Vereinfacht ausgedrückt nimmt die Bedeutung Asiens sowohl im positiven als auch im negativen Sinne zu. 

Ich möchte Ihnen heute meine persönlichen Ansichten mitteilen und mich dabei auf drei Schlüsselbereiche konzentrieren, die einen Vergleich zwischen Asien und Europa erfordern:
Erstens: Welche Eigenschaften charakterisieren Asien und seine Bedeutung in der Welt?
Zweitens: Welche Maßnahmen sind für die asiatischen Staaten erforderlich, um Frieden und Wohlstand zu erreichen?
Und drittens: Welche Rolle spielt Japan dabei?

2. Asien als eine Region

Verehrte Anwesende,
lassen Sie mich zunächst Asien als eine Region charakterisieren. Ich möchte einige wesentliche Eigenschaften Asiens  in den Bereichen Politik und Wirtschaft anführen, indem ich einen Vergleich mit Europa anstelle.

Erstens: die Vielfalt. Asien ist eine Region mit einer großen Vielfalt von Ethnien, Kulturen und Religionen sowie auch von Entwicklungsstufen der einzelnen Staaten innerhalb der Region. Anders als Europa, das bei seinem Integrationsprozess große Fortschritte erzielt hat, besteht "ein Asien" nicht. Das hat sowohl positive als auch negative Auswirkungen. Während die Vielfalt eine der größten Stärken Asiens ist, gestaltet sich die Zusammenarbeit zwischen den Staaten dadurch zugleich schwieriger.

Zweitens: die starke Wirtschaft. Asien besitzt mit seinem großen Wirtschaftspotential eine außerordentliche Dynamik. Ostasien einschließlich Japan, China und Südkorea konnte seinen Anteil am weltweiten BIP in den letzten dreißig Jahren um 13 % steigern. Fast 50 % der Weltbevölkerung leben in den Teilnehmerstaaten des Ostasiengipfels und diese Staaten stehen für 22,6 % des weltweiten nominellen BIP. Das Wirtschaftswachstum in China hat bemerkenswerte positive Auswirkungen auf die Region insgesamt. Wir müssen diese positiven Auswirkungen nutzen, während wir uns zugleich auch mit den negativen Auswirkungen eines derartig raschen Wachstums, einschließlich der Umweltverschmutzung und einem Ungleichgewicht von Angebot und Nachfrage im Energiesektor, befassen müssen.

Drittens: die schwach ausgebildeten finanziellen Bande. Asien hat keine gemeinsame Währung wie den Euro, und die Konvertibilität der asiatischen Währungen ist gering. Diesbezüglich hat Japan, nachdem Asien Ende der neunziger Jahre unter einer umfassenden Finanzkrise litt, die finanziell in Bedrängnis geratenen Staaten Asiens mittels der Neuen Miyazawa-Initiative unterstützt. Zusätzlich setzen sich die ASEAN+3 dafür ein, die Zusammenarbeit zwischen den Staaten in der Region mit Hilfe von Maßnahmen wie der Initiative von Chiang Mai auszubauen. Allerdings bin ich der Ansicht, dass es nach wie vor wichtig ist, die Zusammenarbeit im Finanzbereich zwischen den einzelnen Staaten Asiens weiter auszuweiten.

Und schließlich viertens: die Unsicherheit im Bereich der Sicherheit. Die Spannungen im Sicherheitsbereich sind innerhalb Asiens und insbesondere innerhalb Ostasiens nicht vollständig verschwunden. Laut Angaben von Military Balance konzentrierten sich 2003 33 % des militärischen Personals weltweit in Ostasien und Australien. Innerhalb der Region hat allein China einen Anteil von 11 % am gesamten Militärpersonal auf der Welt. Es bestehen eine ganze Reihe schwieriger Aufgaben, einschließlich der Frage der Entwicklung von Kernwaffen und Raketen sowie das Problem der Entführungen durch Nordkorea sowie auch die unsicheren Beziehungen beiderseits der Taiwan-Straße. Der Frieden und die Stabilität in Ostasien werden durch die Stationierung der US-Streitkräfte und bilaterale Bündnisse mit den Vereinigten Staaten gewährleistet, die eine ähnliche Rolle spielen wie die NATO in Europa zur Zeit des Kalten Krieges.

3. Wie können Frieden und Wohlstand in Asien erreicht werden?

Verehrte Anwesende,
wenn wir also eine außerordentliche Vielfalt und eine komplexe Mischung von Völkern, Prosperität und Wachstum innerhalb einer angespannten Sicherheitssituation haben, was sollten wir in Asien unternehmen, um wirtschaftlichen Wohlstand und ein stabiles Sicherheitsumfeld zu sichern? Und wie sollte Asien mit dem Rest der Welt interagieren, um dieses Ziel am besten zu erreichen? Ich möchte hier in diesem Zusammenhang vier Punkte anführen.

Der erste Punkt ist eine asiatische Wirtschaft, die gegenüber der Welt offen ist. Montesquieu hat einmal gesagt: "Die natürliche Folge des Handels ist, dass er zum Frieden führt." Die Stärkung der wirtschaftlichen Beziehungen hilft nicht nur, Wohlstand für die Region Asien zu gewährleisten, sondern auch Stabilität innerhalb der Region zu erreichen. Diesbezüglich kommen erstens dem verstärkten Abschluss von Freihandelsabkommen, zweitens dem Weiterleiten der großen Ersparnisse Asiens in Richtung Investitionen für die regionale wirtschaftliche Entwicklung und drittens der Nutzung der Mobilität im Bereich Arbeit Schlüsselfunktionen zu.

Jedes asiatische Land muss für sich in voller Übereinstimmung mit den internationalen Regeln im Bereich Wirtschaft einschließlich des Urheberrechts agieren, wie sie durch die WTO festgelegt wurden. Da das Wirtschaftswachstum vom Export angetrieben wird, müssen die asiatischen Wirtschaften offen für die Welt sein. Wir müssen klar erkennen, dass die Entwicklung der asiatischen Wirtschaften kein Nullsummenspiel ist, sondern vielmehr ein positives Summenspiel für die ganze internationale Gemeinschaft.

Die Welt könnte insgesamt mehr Wohlstand erfahren, wenn Asien und Europa ihre Beziehungen innerhalb beider Regionen sowie untereinander in drei Bereichen, nämlich Handel (Fluss von Gütern), Investitionen (Fluss von Geld) und der Mobilität im Bereich Arbeit (Fluss von Menschen) ausbauen würden. Ich selbst bin der Überzeugung, dass Japan derjenige ist, der in diesen Bereichen die Führung übernehmen sollte.

Der zweite Punkt ist die Sicherheit. Spannungen in der Art des Kalten Krieges bestehen nach wie vor, insbesondere in Ostasien. Ich denke, dass der Abbau dieser Spannungen innerhalb Asiens zu mehr wirtschaftlichem Wohlstand und Frieden sowohl innerhalb der Region als auch in Europa und der internationalen Gemeinschaft als Ganzes führen würde.

Der Nobelpreisträger und Wirtschaftswissenschaftler Norman Angell schrieb 1913 in seinem Bestseller "Die große Illusion", dass wirtschaftliche Interdependenz Krieg unnötig mache. Unglücklicherweise brach, so sehr die europäischen Staaten auch am Vorabend des Ersten Weltkriegs untereinander verbunden waren, der Krieg doch aus und das Gleiche geschah mit dem Zweiten Weltkrieg. Die asiatischen Staaten sollten daher wegen des extrem hohen Grades wirtschaftlicher Interdependenz, den wir heutzutage innerhalb unserer Region erreicht haben, nicht allzu selbstzufrieden sein und unablässig weiter daran arbeiten, nicht nur durch bilaterale Kontakte, sondern auch innerhalb multilateraler Foren wie dem ARF (ASEAN Regional Forum) gegenseitiges Vertrauen aufzubauen und eine präventive Diplomatie zu verfolgen.

Europa besitzt im Hinblick auf den Prozess der wirtschaftlichen Integration und des Strebens nach politischer Einheit bereits über viele Erfahrungen. Ich hoffe sehr, dass diejenigen unter Ihnen aus Europa uns diese Erfahrungen mitteilen sowie ihre Unterstützung anbieten, um einen Abbau der Spannungen und eine friedliche Entwicklung in Asien zu sichern. Würde Europa andererseits den Spannungen in Asien Vorschub leisten, hätte dies höchstwahrscheinlich negative Auswirkungen auf die asiatische Wirtschaft und damit auf lange Sicht auch auf die europäische und die internationale Wirtschaft.

Der dritte Punkt ist die Förderung der demokratischen Werte in Asien. Die Kriege und internationalen Streitigkeiten des 20. Jahrhunderts haben bewiesen, dass die Demokratie dazu beiträgt, Frieden und Wohlstand innerhalb der internationalen Gemeinschaft zu sichern. Nun, da die Demokratie siegreich aus dem 20. Jahrhundert hervorgegangen ist, müssen wir sie in ganz Asien und in der Welt insgesamt verbreiten, damit die Früchte der Demokratie allen zugute kommen. Asien kann von Europa und den Vereinigten Staaten, die auf diesem Gebiet über die größten Erfahrungen verfügen, viel lernen.

Demokratie ist ein universelles Konzept und es gibt keine Variationen wie etwa eine "grüne Demokratie" oder eine "rote Demokratie." In der Demokratie kommt Prozeduren eine wesentliche Bedeutung zu, und es gibt keine richtige Demokratie ohne Wahlen, die einen Wechsel der Regierung herbeiführen können.

Gleichzeitig  möchte ich betonen, dass gerade weil Demokratie in unmittelbarer Verbindung nicht nur mit dem Staat, sondern auch mit dem Leben und den Werten des Einzelnen und der Gesellschaft steht, sie etwas ist, das man den Menschen nicht aufzwingen oder das man sie wie Mathematik oder Wissenschaften lehren kann. Demokratie muss von den Menschen mit ganzem Herzen selbst gefühlt, verstanden und angenommen werden. Daher muss jedes Land in Asien die Demokratie für sich selbst auf eigene Weise und mit eigenem Tempo entdecken, um sie sich wirklich zu eigen zu machen. Japan ist heute eine erfahrene Demokratie, aber wir haben dies nicht über Nacht erreicht.  Unsere Erfahrungen nach der Meiji-Restauration von 1867 beinhalteten sowohl Erfolge als auch Fehlschläge. Wir mussten durch zwei Weltkriege gehen, bevor wir dorthin kamen, wo wir heute sind. Ich denke, es wäre für Japan von Nutzen, wenn wir unsere Erfahrungen unseren Freunden in der Region mitteilten - und zwar sowohl die Erfolge als auch die Fehlschläge. Gleichfalls halte ich es für wichtig, dass der Westen erkennt, dass Demokratie von den Menschen selbst entdeckt und angenommen werden und dass dieser Prozess geduldig unterstützt werden muss.

Mein vierter Punkt bezieht sich auf die Zusammenarbeit über den Rahmen der Region Asien hinaus, nämlich der Dialog mit dem Rest der Welt.

Asien ist eine offene Gesellschaft. Frieden und Wohlstand sowohl in Asien als auch in der internationalen Gemeinschaft insgesamt werden noch dadurch erheblich ausgeweitet, indem Asien sich der Welt noch weiter öffnet. Im Kontext der Beziehungen Asiens zu Europa stellt ASEM (Asia-Europe Meeting) ein wichtiges Experiment dar, das weiterentwickelt werden sollte. Gerade in diesem konkreten Zusammenhang beabsichtigt Japan, seine Beziehungen zur NATO zu vertiefen.

Es ist sowohl für Europa als auch für Asien zunehmend wichtig, die funktionale Zusammenarbeit zwischen den Regionen und auf globaler Ebene zu fördern, um sich mit einem breiten Spektrum von Aufgaben zu befassen, das vom internationalen Terrorismus und der Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen über Umwelt, Naturkatastrophen, Seuchen, Regeln für die Wirtschaft bis hin zu Menschenrechten und Abrüstung reicht.

Da jede Subregion in Asien ihre jeweils eigenen Merkmale besitzt, wäre es am sinnvollsten, sich bei der Abstimmung der Maßnahmen zwischen Europa und Asien an den einzelnen Subregionen zu orientieren. In diesem Kontext sind Zentralasien und Südwestasien einschließlich Indien - einem weiteren wichtigen Akteur innerhalb der Region - mit ihrer großen geopolitischen und strategischen Bedeutung und Nähe zu Europa Beispiele für Subregionen, in denen eine enge euro-asiatische Koordination der Maßnahmen erforderlich ist.

4. Japans einzigartige Rolle innerhalb Asiens und in der Welt

Verehrte Anwesende,
bis jetzt habe ich mich auf die Region Asien als Ganzes bezogen. Allerdings ist, wie ich bereits angemerkt habe, Asien eine Region mit großer Vielfalt und es gibt Grenzen bei seiner Beschreibung unter dem einheitlichen Label "Asien".

Japan selbst hat innerhalb der Region eine einzigartige Stellung inne. Japan ist eine erfahrene Demokratie. Es ist politisch und gesellschaftlich stabil, und es ist die zweitgrößte Wirtschaftsmacht der Welt. Darüber hinaus leistet Japan als ein dem Frieden verpflichtetes Land Beiträge für die internationale Gemeinschaft. Wir sind weltweit der zweitgrößte Geber von offizieller Entwicklungshilfe und haben bisher ca. 221 Mrd. US-Dollar an 185 Staaten geleistet. Japans Anteil am Haushalt der Vereinten Nationen beläuft sich auf 19,5 %; das ist mehr als Großbritannien, Frankreich, China und Russland zusammen leisten, immerhin alles ständige Mitglieder des Sicherheitsrates. Es ist bemerkenswert, dass gerade einmal zwei Staaten, nämlich Japan und die Vereinigten Staaten, über 40 % des VN-Haushalts tragen. Angesichts dessen beabsichtigt Japan auch weiterhin als konstruktiver Bestandteil innerhalb Asiens und innerhalb der internationalen Gemeinschaft zu agieren; dabei ermöglicht es ihm seine Bereitschaft, die Sicherheit sowohl im Bereich Wirtschaft als auch im Sicherheitsbereich zu gewähren.

Im Bereich der Wirtschaft führt Ministerpräsident Koizumi seine Reforminitiativen weiter entschlossen voran. Wir haben den bislang nicht da gewesenen und unerwarteten politischen Triumph des Ministerpräsidenten und der Regierungskoalition in der Angelegenheit der Postreform im letzten Herbst noch in frischer Erinnerung. Dank dieser entschlossenen Führung und des verjüngten Privatsektors hat Japan die mehr als eine Dekade dauernde wirtschaftliche Stagnation überwunden und in den drei aufeinander folgenden Jahren seit 2002 stets ein positives Wachstum erzielt. Mit der wiederhergestellten Vitalität und der verbesserten Effizienz unserer Wirtschaft ist Japan bereit, als boomende und kräftig entwickelte Wirtschaft als Antriebsmotor für die Dynamik in der Weltwirtschaft zu fungieren.

Im Bereich der Sicherheit hat sich Japan seit der Golfkrise von 1991 mehr als zehn Jahre lang unermüdlich dafür eingesetzt, seine Rolle innerhalb der internationalen Gemeinschaft auszuweiten. 1991 waren wir wegen verfassungsrechtlicher Beschränkungen in Bezug auf die Entsendung der japanischen Selbstverteidigungsstreitkräfte nicht in der Lage, einen personellen Beitrag für die gegen die Invasion Kuwaits durch Saddam Hussein gerichteten Anstrengungen der internationalen Koalition zu leisten. Trotz der Tatsache, dass Japan einen finanziellen Beitrag von sage und schreibe 13 Mrd. US-Dollar leistete, wurde dies als "zu wenig und zu spät" kritisiert. In der Anzeige der Washington Post, mit der die Regierung von Kuwait den Ländern dankte, die zu seiner Befreiung beigetragen hatten, fehlte die Flagge Japans. Nach dieser schmerzlichen Erfahrung haben wir ein Gesetz verabschiedet, das es den japanischen Selbstverteidigungsstreitkräften erlaubt, sich unter bestimmten Bedingungen an VN-Friedensmissionen zu beteiligen. Heute können wir auf die Teilnahme an Blauhelmmissionen in Kambodscha, Mosambik, auf den Golan-Höhen, Ruanda und Osttimor verweisen. Nach den Terroranschlägen in den Vereinigten Staaten vom 11. September hat Japan ein Sondergesetz verabschiedet, um seine Selbstverteidigungsstreitkräfte in den Indischen Ozean und in den Irak zu entsenden und so den Kampf gegen den Terrorismus und den Wiederaufbau des Iraks zu unterstützen. Heute ist Japan stolz darauf, in weltweit führender Position ein breites Spektrum internationaler Anstrengungen zu unterstützen. Der Wiederaufbau Iraks und Afghanistans, der Kampf gegen Terrorismus, grenzüberschreitende Kriminalität oder die Hilfe angesichts der Tsunami-Katastrophe im Indischen Ozean sind nur wenige Beispiele hierfür.

Meiner Ansicht nach sollte Japan - und es wird dies auch tun - eine noch größere Rolle für die Sicherung des internationalen Friedens in der Zukunft spielen, hoffentlich als ein ständiges Mitglied des Sicherheitsrates, während es seine grundlegende Position als ein dem Frieden verpflichtetes Land beibehält. In diesem Kontext sollte angemerkt werden, dass in Japan derzeit eine politische Debatte über eine Änderung der Verfassung geführt wird, die mit Sicherheit Auswirkungen auf das zuvor Gesagte haben wird. Die Beteiligung der Selbstverteidigungsstreitkräfte an VN-Friedensmissionen und anderen internationalen Anstrengungen für den Frieden wird nach wie vor durch strenge und besondere rechtliche Bedingungen eingeschränkt, damit sichergestellt ist, dass ihre Aktivitäten in Übersee in Übereinstimmung mit der jetzigen japanischen Verfassung stehen. Als Konsequenz daraus sind die derzeitigen Aktivitäten der Selbstverteidigungsstreitkräfte größtenteils auf logistische Unterstützung sowie humanitäre Hilfe und Hilfe für den Wiederaufbau beschränkt. Eine überarbeitete Verfassung könnte es den Selbstverteidigungsstreitkräften gestatten, sich noch aktiver an einem breiteren Spektrum internationaler Friedensanstrengungen zu beteiligen. Gleichzeitig möchte ich betonen, dass bei dieser Debatte über eine Verfassungsänderung bereits ein Konsens darüber besteht, dass der erste Absatz von Artikel 9, mit dem auf den Krieg als souveränes Recht des Staates sowie auf die Androhung oder Anwendung von Gewalt als Mittel zur Lösung internationaler Streitigkeiten verzichtet wird, als eine dem Frieden verpflichtete Nation nicht geändert werden sollte.

Die Ausbreitung des Regionalismus ist ein weltweiter Trend, und Asien ist dabei keine Ausnahme. Japan möchte seinen Teil zum Prozess der Gestaltung einer Ostasiatischen Gemeinschaft beitragen. Wie der erfolgreiche erste Ostasiengipfel im Dezember letzten Jahres deutlich gemacht hat, ist die Tendenz , die wir heute in Richtung stärkerer regionaler Kooperation in Ostasien beobachten können, real und nicht mehr umkehrbar. Wir müssen auf dieser Welle weiter reiten und unsere Region zu einer prosperierenden und stabilen Gemeinschaft hinführen. Japan kann auf eine lange Geschichte der Freundschaft mit den ASEAN zurückblicken, die mit der Fukuda-Rede 1977 ihren eigentlichen Anfang nahm. Japan sieht in den ASEAN den Schlüssel zur regionalen Zusammenarbeit, und es wirkt mit den ASEAN als gleichberechtigte strategische Partner eng zusammen, um unsere gemeinsamen Herausforderungen anzugehen. Japan hofft, mittels dieser Kooperation den Ostasiengipfel anzuführen, wobei die ASEAN auf dem "Fahrersitz" und im Zentrum der Gestaltung einer regionalen Gemeinschaft sitzen, während diese Gemeinschaft zugleich ihre Offenheit und ihre ergänzenden Eigenschaften mit anderen existierenden regionalen Rahmenwerken wahrt.

5. Schluss

Verehrte Anwesende,
manche Leute vergleichen Asien im 21. Jahrhundert mit dem Europa von 1914 am Vorabend des Ersten Weltkriegs. Mit anderen Worten: die Spannungen und das gegenseitige Misstrauen eskalieren.

Ich glaube jedoch nicht an diese Theorie. Was wir in unserer Region benötigen, ist mehr Bilden von Vertrauen, ein besseres Verständnis und ein größeres Ausmaß an Transparenz. Von dieser Perspektive aus erreichen die Beziehungen zwischen den asiatischen Staaten allmählich ein bestimmtes Niveau an Ausgereiftheit, auch wenn dies bei weitem noch nicht an das Niveau in Europa heranreicht. Man könnte die jetzige Situation in Asien mit dieser Metapher umschreiben: es ist, als wolle man jemanden, mit dem man geht zur Heirat überreden.

Vielfalt und Dynamik sind Asiens Stärken. Und auch, wenn die Spannungen im Bereich Sicherheit weiter bestehen, ist es für Asien keineswegs unmöglich, diese mit Hilfe Europas und der internationalen Gemeinschaft zu überwinden.

Die Zukunft Asiens ist sowohl hell als auch kompliziert. Jedoch meinte der frühere britische Premier Winston Churchill einmal: "Drachen steigen am höchsten gegen den Wind, nicht mit ihm." Die heutigen Probleme können das Potential von Morgen sein. Japan ist entschlossen, seinen Beitrag dazu zu leisten, damit dieses Potential verwirklicht wird. Lassen Sie uns alle einander die Hände reichen, damit das 21. Jahrhundert eine Ära des Friedens und des Wohlstands sowohl in Asien als auch in der Welt als Ganzes wird.

Vielen Dank.


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