Um es vorweg zu nehmen: es hätte schlimmer kommen können. Schließlich ist es
noch nicht allzu lange her, dass uns der Brite Peter Sellers Dr. Fu Manchu
und der Amerikaner Yul Brunner den Kaiser von China gaben. Rob Marshall
hätte die Hauptprotagonistinnen von Arthur Goldens Roman „Die Geisha“ also
auch mit Charlies drei Engeln (Drew Barrymore, Cameron Diaz und Lucy Liu)
besetzen können. Das ist uns erspart geblieben, wenn auch nicht ganz, denn
mit Lucy Liu waren wir ziemlich nah dran – besetzt wurden die Chinesinnen
Zhang Ziyi, Michelle Yeoh und Gong Li. Es ist bereits viel über die
Beweggründe – japanische Schauspielerinnen sind für Hollywoods Traumfabrik
nicht berühmt genug - spekuliert worden. Fakt ist, dass Asien aus verschiedenen Gründen verschnupft
ist.
Allen anderen hingegen wird dieser Umstand ziemlich egal sein. Was nicht Wunder
nimmt, schließlich glaubt ja auch niemand, dass Brad Pitt Grieche (Troya)
oder Heath Ledger Italiener (Casanova) ist. They pretend. Sie sind
Schauspieler. Das ist soweit durchaus richtig, nur dass es im Falle der
Darstellung des urjapanischen Frauenmythos „Geisha“ auf Kosten der
Authentizität geht. Womit wir beim Film wären.
Die Handlung ist schnell erzählt. Die Fischertochter Chiyo wird von ihren
armen Eltern in Kyotos Geisha-Bezirk Hanamachi verkauft, wo sie in der Okiya
der erfolgreichen Geisha Hatsumomo (Gong Li) aschenbrödelt. Und wie es im
Märchen so zugeht, kommt ein schöner und gutherziger Prinz (Ken Watanabe –
ein echter japanischer Schauspieler!) des Wegs und ermöglicht dem unscheinbaren Mädchen mit
den wassergrauen Augen mit Hilfe der guten Fee Mameha (Michelle Yeoh) den
Aufstieg zur begehrtesten und erfolgreichsten Geisha ihrer Zeit. Das alles
wird mit viel Pathos und in großer Pracht erzählt und inszeniert. Die
Geishas sind wunderschön in ihren raschelnden Kimonos aus Seidenbrokat, die
Kirschblüten blühen und rieseln, dass es eine Freude ist – die äußerliche
Idylle wird lediglich durch den Zickenkrieg der Schönen gestört, die sich
nicht einigen können, wer als erste den Dom zu Worms betreten darf...
Allein, es funktioniert nicht wirklich. Auch die eingeworfenen japanischen
Satzfragmente können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die japanische
Alltagsrealität dieser Zeit, seine Kultur und Ästhetik in einem Overkill an
süßem Zuckerguss untergeht. Das ist weder böser Wille noch Ignoranz, hier
versucht Hollywood in üblicher Manier den Massengeschmack zu befriedigen und
das gelingt – gemessen an den Zuschauer-reaktionen im Kino – durchaus. Arthur
Golden ist auch Japanologe und hat wohl neun Jahre für sein Buch
recherchiert. Ich denke, dass ihn zumindest die Tanzszene, die den
Durch-bruch der Geisha Sayuri dokumentieren sollte, genauso geschmerzt hat,
wie mich. Die Aneignung der unvergleichlichen Anmut in Bewegung und Ausdruck
japanischer Tänzerinnen setzt jahrelanges Einstudieren, Üben und Ausfeilen
voraus, um dann so leicht und unprätentiös wirken zu können.
Ver-ständlicherweise konnte Zhang Zhi dies in der Kürze der Zeit nicht
leisten. Aber musste man deshalb anstatt des klassischen japanischen Buyo
auf eine Art Butoh zurückgreifen? Bei allem Respekt – der ekstatische
Ausdruckstanz von Sayuri hat die in der ersten Hälfte des Films intensiv
beschworene dezente, hochartifizielle Kunst der Geishas (japanisch für
Künstlerin) zur Darbietung von Tanz, Spiel und Konversation auf höchstem
Niveau dann doch eher konterkariert.
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