Rat für die Förderung auswärtiger
Kulturpolitik
Am 11. Juli 2005 übergab der Rat für die Förderung
auswärtiger Kulturpolitik unter der Leitung von Prof. Tamotsu Aoki seinen
Bericht „Japan zu einer friedlichen Nation des kulturellen Austausches
gestalten“ an Ministerpräsident Junichiro Koizumi. Nachfolgend eine
inoffizielle Übersetzung des Berichts in Auszügen.
I. Warum heute „auswärtige Kulturpolitik“?
Die Ziele der auswärtigen Kulturpolitik im 21. Jahrhundert können wie folgt
zusammen-gefasst werden:
(1) Förderung des Verständnisses des Landes und Erweiterung seines Images
Dies ist für Japan wichtig, um sein großes Attraktionspotential sowohl zum
Ausbau des Verständnisses dieses Landes zu nutzen als auch um das Vertrauen
der Anderen zu gewinnen. Im heutigen Informationszeitalter hat das positive
Erscheinungsbild eines Landes große Auswirkungen auf die Vertrauensbildung.
Für die auswärtige Kulturpolitik gewinnen Anstrengungen zur Erweiterung des
Bildes von Japan vermittels umfassender Anwendung der kulturellen Potentiale
in unterschiedlicher Form zunehmend an Bedeutung, um das Interesse und die
Neugier der Menschen weltweit zu erregen.
(2) Ausbildung von Verständnis und Vertrauen zwischen unterschiedlichen
Kulturen und Zivilisationen auf der Grundlage von Gegenseitigkeit, um
Konflikte zu vermeiden
Es ist erforderlich, die wichtigsten bestehenden Hindernisse für ein
Verständnis auf der Grundlage von Gegenseitigkeit zu überwinden. Japan ist
in der Lage, eine aktive Rolle als eine „friedliche Nation des kulturellen
Austausches“ zu spielen, indem es friedliche und stabile internationale
Beziehungen vermittels der Förderung des Verständnisses zwischen Ost und
West sowie Süden und Norden, zwischen verschiedenen Staaten und Regionen und
zwischen unterschiedlichen Kulturen und Zivilisationen fördert, ohne in die
Konfrontationen zwischen den Zivilisationen, Ideologien und Religionen
verwickelt zu werden. Die internationale Gemeinschaft hofft, dass Japan
genau diese Rolle übernimmt. (3) Beitrag zur Entwicklung gemeinsamer Werte und Ideale für die
Menschheit
Auswärtige Kulturpolitik sollte auf die Notwendigkeit der Schaffung
gemeinsamer Werte reagieren; sie kann zudem als Dreh- und Angelpunkt für
Japans Asienpolitik fungieren. Japan muss im Rahmen seiner Asienpolitik nach
Verständnis auf der Grundlage von Gegenseitigkeit und Dialog streben, um so
gemeinsame Werte und Interessen zu entwickeln, ein Gefühl regionaler Einheit
auszubilden und stabile Beziehungen zu anderen Staaten innerhalb der Region
zu gestalten, die unterschiedlicher Auffassung hinsichtlich der
Interpretation der Geschichte sind. Insbesondere für diesen Zweck ist die
aktive Verfolgung der auswärtigen Kulturpolitik wünschenswert.
II. Drei Grundprinzipien und Richtlinien für das Vorgehen
In jedem Zeitalter bilden die Transmission (Übertragung) der eigenen Kultur,
die Akzeptanz (Aufnahme) der Kulturen der Anderen und die Koexistenz
(Zusammenleben) zwischen unterschiedlichen kulturellen Werten durch das
Mittel des kulturellen Austausches die Grundlage eines reichhaltigen und
wirklich bedeutungsvollen Kultur-austausches. Welche Art von Transmission,
Akzeptanz und Koexistenz sollte Japan anstreben, während es sich inmitten
der Globalisierung und Informationsrevolution, die das Umfeld für diesen
Austausch erheblich verändert haben, für den kulturellen Austausch
engagiert?
Für Japans auswärtige Kulturpolitik lassen sich drei grundlegende Prinzipien
identifizieren:
1. Transmission: Darstellen eines „coolen Lebensstils für das 21. Jahrhundert“ vermittels der
Übertragung von Kultur 2. Akzeptanz: Aufnahme anderer Kulturen zur Entwicklung von Orten
kultureller Kreativität 3. Koexistenz: Leisten eines Beitrags zwischen unterschiedlichen Kulturen
und Werten.
Für jeden Punkt wurde ein Bündel von Richtlinien für das Vorgehen erstellt.
Transmission Das Propagieren eines „coolen Lebensstils für das 21. Jahrhundert“ vermittels Verbreitung der
japanischen Sprache, der Popkultur und zeitgenössischer Kunst als
Ausgangspunkt für das aktive Fördern einer „japanischen anime-Generation“
und von dort aus die Entwicklung tiefer gehender und breiter angelegter
Interessen in die japanische Kultur. Zu diesem Zweck werden konkrete
Anstrengungen in den folgenden Bereichen empfohlen:
(a) Verbreitung der japanischen Sprache und Förderung von weiteren
Bildungs-möglichkeiten in japanischer Sprache: Um den unterschiedlichen Motivationen, Interessen und der Neugier derjenigen
zu entsprechen, die Japanisch lernen wollen, sollten die Anstrengungen zur
Förderung der japanischen Sprachausbildung und zur Verbreitung des
Japanischen die Entwicklung attraktiver Lernmaterialien, die Verbesserung
der Qualität der Ausbildung sowie die Sicherung von Humanressourcen und
Bildungsmöglichkeiten einschließen.
(b) Förderung der Schaffung und Übertragung von Inhalten als intellektuelle
und kulturelle Vermögenswerte: Formen kreativer Inhalte einschließlich zeitgenössischer Popkultur
sollten zusammen mit der Alltagskultur wie etwa Essen und Kleidung als
wichtige Elemente aus Japans Vorrat an intellektuellen und kulturellen
Vermögenswerten einen angemessenen Stellenwert erhalten und aktiv nach außen
übermittelt werden.
(c) Ausbau der Kapazitäten zur Transmission von Informationen: Vermittels der Anstellung geeigneten Personals und der Gestaltung
ansprechender Örtlichkeiten sollten die diplomatischen Einrichtungen Japans
und die Auslands-niederlassungen von Organisationen wie der Japan Foundation
so gestaltet werden, dass sie als Transmissionspunkte für Japans attraktive
Kultur fungieren können. (d) Verbesserung der Kapazitäten zur Transmission von Botschaften nach außen
und der Aktivitäten im Bereich Öffentlichkeitsarbeit: Die Regierung sollte enger mit anderen beteiligten Organisationen
zusammenwirken, um effiziente Öffentlichkeitsarbeit und die Transmission von
Informationen über Japan zu fördern und dabei die Vorteile der jeweiligen
Besonderheiten der verschiedenen Medien nutzen, um die Kapazitäten zur
Transmission von Botschaften nach außen zu verbessern.
(e) Transmission der japanischen Kultur vermittels unmittelbarer Begegnungen
im Rahmen internationaler Austauschveranstaltungen: Die offiziellen Aktivitäten der Regierung u. Ä. sollten als Gelegenheiten zur
aktiven Präsentation der japanischen Küche und zur Transmission japanischer
Kultur genutzt werden.
Akzeptanz Japan sollte von sich aus Menschen von außerhalb aufnehmen, die sich in
einem breiten Spektrum mit interkulturellem Austausch befassen und durch
„kreative Akzeptanz“ dieses Land in eine kraftvolle „Basis für kulturelle
Kreativität“ verwandeln. Zu diesem Zweck werden konkrete Anstrengungen in
den folgenden Bereichen empfohlen:
(a) Aktive Aufnahme von ausländischen Studierenden: Japan hat das offizielle Ziel, die Zahl der ausländischen Studierenden auf
100.000 zu steigern, erreicht. Mit Blick auf die Erfahrungen in den
Vereinigten Staaten und Großbritannien sollte es nun sein Hauptaugenmerk
darauf richten, überlegende Talente von außerhalb im Land zu halten und die
Akzeptanz solcher Talente aktiv fördern. Anstrengungen zur Verbesserung der
Bedingungen für ausländische Studierende sollten auch Stipendien sowie das
Anbieten von geeigneten Unterkünften für Studierende umfassen.
(b) Besuchs- und Austauschprogramme: So genannten „Artist in residence“-Programmen und anderen Programmen für
einen Aufenthalt von Personen aus dem Ausland wie Künstlern und allen, die
mit kulturellen Aktivitäten sowie Sport befasst sind, sollte als wichtigen
Elementen des Kulturaustausches ein entsprechender Stellenwert eingeräumt
werden. Die Möglichkeit der Gestaltung solcher Programme sollte aktiv
geprüft werden.
(c) Förderung des humanen Austauschs: Es sollten Initiativen ergriffen werden, um Schlüsselpersonen, die als
Säulen des künftigen Austausches fungieren können (einschließlich
Medienvertreter) die Möglichkeit zu geben, in Japan zu leben, hier zu
forschen und sich am intellektuellen Dialog zu beteiligen.
(d) Förderung des intellektuellen Austauschs: Die Netzwerke zwischen Forschungsinstitutionen sollten ausgeweitet werden,
um die internationale Präsenz Japans in bestehenden Forschungsinstitutionen
über politische Maßnahmen und regionale Fragen zu verstärken. Auch sollten
Forschungsinstitutionen in Japan einen flexibleren Ansatz bei der Anstellung
nichtjapanischer Forscher verfolgen, um auf diese Weise die Verbindung zu
Institutionen in anderen Ländern zu fördern. Sie sollten nach Mitteln und
Wegen suchen, um den akademischen Austausch auszuweiten, etwa durch die
Herausgabe internationaler akademischer Zeitschriften.
Koexistenz Japan sollte danach streben, als eine „Brücke zwischen unterschiedlichen
Kulturen und Werten“ zu dienen und „eine Geisteshaltung des Respekts von
Harmonie [wa] und Koexistenz [kyôsei]“ als seine
allgemein gültige Botschaft an den Rest der Welt zu vermitteln. Zu diesem Zweck werden
konkrete Anstrengungen in den folgenden Bereichen empfohlen:
(a) Förderung des Dialogs zwischen den Zivilisationen: Japan sollte den Dialog zwischen den Zivilisationen auf unterschiedlichen
Ebenen fördern, indem es sich selbst als Ort für einen solchen Dialog
anbietet sowie die Zielregionen und Themen auf der Grundlage eindeutiger
Strategien auswählt.
(b) Transmission Japans grundlegender Prinzipien im Bereich internationale
Kooperation: Japan sollte nicht nur internationale Kooperation durchführen, sondern auch
die grundlegenden Prinzipien, die dieser Kooperation zugrunde liegen,
übermitteln.
(c) Aufbau von Netzwerken zur Förderung des Austauschs im Bereich Sport: Japan sollte die große Bedeutung und Rolle des Austauschs im Bereich der
traditionellen Kampfkünste und weiterer Sportaktivitäten zur Förderung des
gegenseitigen Verständ-nisses zwischen den Kulturen und Zivilisationen
deutlich herausstellen. Diesem Austausch sollte ein angemessener Stellenwert
als Instrument seiner friedlichen Außenpolitik und für den Aufbau von
Netzwerken zur Förderung effizienten Sportaustausches in Zusammen-arbeit mit
beteiligten Institutionen, Gruppen, Unternehmen und Hochschulen eingeräumt
werden.
(d) Einrichtung eines „Internationalen Konsortiums für kulturelle
Vermögenswerte“ (vor-läufige Bezeichnung): Öffentlicher und privater Sektor müssen ihre Kooperation in Verbindung mit
kulturellen Vermögenswerten vertiefen, während sie gleichzeitig die ihnen
jeweils angemessene Rolle ausfüllen. Zu diesem Zweck sollte eine neu
geschaffene Organisation das Sammeln, den Austausch und die effiziente
Nutzung von Informationen zwischen verschiedenen relevanten Institutionen
fördern und dabei flexibel und zeitnah für den Schutz und die
Wiederherstellung kultureller Vermögenswerte in Notfällen agieren.
III. Erstellen klarer Strategien für auswärtige Kulturpolitik
Folgende Maßnahmen werden für die Stärkung des institutionellen Rahmens zur
Förderung des kulturellen Austauschs empfohlen:
(a) Schaffung eines „Rates für auswärtige Kulturpolitik“ (vorläufige
Bezeichnung): Um die Verbindung zwischen den politischen Maßnahmen in Japan und auf
internationaler Ebene kontinuierlich zu verbessern, die verschiedenen
Akteure zu koordinieren und dabei Strategien zu formulieren sowie deren
effiziente Umsetzung zu gewährleisten, sollte innerhalb der Regierung ein
„Rat für auswärtige Kulturpolitik“ (vorläufige Bezeichnung) geschaffen
werden, dem Experten auf dem Gebiet des Kulturaustauschs und Fachleute
relevanter Ministerien und Regierungsbehörden, Institutionen des
öffentlichen Sektors sowie der Wirtschaft und des Zivilsektors angehören. (b) Stärkung des Rahmens für kulturellen Austausch und Nutzung der Japan
Foundation: Um den kulturellen Austausch in strategischer und effizienter Weise
umzusetzen, ist es wesentlich, kulminierte und in hohem Maße entwickelte
Expertise und Netzwerke zu nutzen. Es ist daher wichtig, die Fähigkeiten der
Japan Foundation als Institution, die den öffentlichen und den privaten
Sektor miteinander verknüpft, auszuweiten und diese Fähigkeiten größtmöglich
zu nutzen.
(c) Gestaltung von Vereinbarungen zur Unterstützung der Ausbildung und
effiziente Nutzung von Humanressourcen: Es besteht ein dringender Bedarf zum Heranbilden von Fachpersonal vermittels
der Aufstellung von Ausbildungsprogrammen u. Ä. durch koordinierte
Anstrengungen von Seiten der Wirtschaft, Regierung, akademischen Kreise und
des Zivilsektors. Es ist notwendig, ein Umfeld zu gestalten, dass die
effiziente Nutzung der Humanressourcen fördert - z.B. indem Experten
einfacher ins Ausland entsendet werden können, um dort im Bereich
Kulturaustausch aktiv zu sein, und die bei ihrer Rückkehr nach Japan ihre
frühere Tätigkeit fortführen können.
(Copyright (c) Japan Echo, Dezember 2005; der vorliegende Text wurde für NaJ aus dem
Englischen ins Deutsche übersetzt und gekürzt.)
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