Botschaft von Japan
Neues aus Japan Nr.43                                   Juni 2008

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bericht eines Teilnehmers am JET-Programm:

Vier Jahre als Deutschlehrerin an einer japanischen Schule

 


Jedes Jahr Anfang August machen sich junge deutsche Hochschulabsolventen auf den Weg nach Japan, um sich für die Internationalisierung Japans zu engagieren.
Dies geschieht im Rahmen des Japan Exchange and Teaching (JET) Programms, mit dem jährlich über 5000 junge Menschen aus fast 40 Ländern hauptsächlich als Assistenz-Sprachlehrer oder als Sporttrainer in Schulen arbeiten bzw. in Rathäusern oder Präfekturverwaltungen außerhalb der großen Zentren wie Tokyo oder Osaka im Bereich Internationale Beziehungen assistieren.
Zur Zeit arbeiten zwei Assistenz-Deutschlehrer (AGT), ein Basketballtrainer, sowie 16 Koordinatoren für Internationale Beziehungen (CIR) aus Deutschland.
Karen Reddemann lebt und arbeitet bereits im vierten Jahr in Japan; ihren Bericht aus der Präfektur Saitama können Sie hier lesen:

 

 

 

 

 

 

 

 

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KONNICHIWA!

Mein Name ist Karen Reddemann. Ich arbeite als AGT (Assistant German Teacher) in Inagakuen Sogo, einer japanischen Oberschule (10. – 12. Klasse) in der Präfektur Saitama, Japan. Vor fast vier Jahren bin ich Dank des JET Programms (Japan Exchange and Teaching Programme) nach Japan gekommen.

Vier Jahre Japan! Wen das Japanfieber einmal gepackt hat, den lässt es nicht so einfach wieder los. Um Japan begreifen zu können, braucht es Zeit. Zeit, um die vielen Eigenarten der Inselbewohner verstehen und damit umgehen zu können. Auch die Japaner selbst benötigen Zeit, um sich an den Fremden in ihrer Mitte zu gewöhnen. Freundschaften schlieβt man hier nicht an einem Tag.

Damals, als ich an die Schule in Ina-machi kam, wusste ich davon noch nichts. Ich kann mich noch genau daran erinnern, in den Augustferien - obwohl kaum Schüler und Lehrer in der Schule waren - kam ich jeden Tag und blieb oft bis 18:00 Uhr (meine Arbeitszeit ist von 8:25 –16:10 Uhr). Ich wälzte die Deutschbücher und versuchte mich auf die Teamteaching-Stunden vorzubereiten. Die Hitze war in dem Sommer fast unerträglich, aber ich war sehr glücklich in Japan zu sein.

Irgendwann traf ich dann die ersten Deutschschüler. Ich konnte gar kein Japanisch, aber sie schon ein bisschen Deutsch, und da sie merkten, dass ich überhaupt kein Japanisch sprach, gaben sie sich ganz besondere Mühe, mit mir zu kommunizieren. Es ist wahr, mit den Schülern verband mich von Anfang an ein besonderes Verhältnis und das ist bis jetzt so geblieben. Auch an meinem Stundenplan hat sich innerhalb der vier Jahre nicht viel verändert. Nach wie vor unterrichte ich in Zusammenarbeit mit insgesamt drei japanischen Deutschlehrern 17 Stunden in der Woche (freitags besuche ich die Fudooka Schule in Kazo), dazu kommt die gemeinsame Vorbereitung des Unterrichts und die Anfertigung von erforderlichen Materialien.

Deutsch als erste Fremdsprache zu lernen, das ist eine Besonderheit in Japan. In Inagakuen kann man das. Innerhalb von drei Jahren machen die Schüler große Fortschritte. Leider wird u.a. aufgrund der Aufnahmeprüfungen an der Uni, die die Schüler auch in Deutsch ablegen können, der Stellenwert der Grammatik im Unterricht sehr betont. Die Kommunikation „hinkt” dem vergleichsweise hinterher. Als AGT arbeite ich mit den Schülern vorwiegend in den Kommunikationsklassen. Im Moment bereiten wir die Schüler auf den jährlichen Redewettbewerb der Dokkyo Universität vor. Jedes Jahr nehmen Schüler beider Schulen daran erfolgreich teil. Er stellt einen Höhepunkt des Deutschunterrichts dar und die Schüler arbeiten sehr fleißig, um sich dafür qualifizieren zu können. Ich helfe ihnen dabei so gut ich kann. Auch die Teilnahme am jährlichen Sommerkurs in Deutschland, organisiert von der Deutschen Botschaft, stellt für die Schüler eine große Motivation dar. Nur wirklich aufgeschlossene, sprachbereite Schüler werden für diesen Sommerkurs ausgewählt …japanische Schüler sind leider eher schüchtern.

Das deutsche Sprichwort, „Gut Ding will Weile haben”, trifft auch für Japan zu. Veränderungen brauchen oft Zeit. Daher war der erste Besuch unserer Partnerschule in Deutschland im August 2007 ein Erfolg und eine besondere Freude für mich. Dank der Unterstützung durch den „Takenoko-Fonds” konnten sechs unserer Schüler im 3. Jahr in der Düsseldorfer Partnerschule am Unterricht teilnehmen und in Gastfamilien wohnen. Erfreulicherweise soll dieser Austausch auch weiterhin fortbestehen.

Man sagt, Arbeit sei für Japaner sehr wichtig. Das ist wahr. Japaner definieren sich durch ihre Arbeit und müssen sich ihre Stellung im Kollektiv erst erarbeiten. Auch das braucht Zeit. In den fast vier Jahren meines Japanaufenthalts habe ich mir das Vertrauen meiner Kollegen erarbeitet. Aber an meiner Stellung als AGT hat sich und wird sich nichts verändern. Japanische Lehrer haben ganz einfach viel mehr Verantwortung, u.a. als Klassenlehrer, Klubverantwortliche und Organisatoren und arbeiten oft auch am Samstag und Feiertagen in der Schule. Als Assistent bekommt man diesen Statusunterschied oft und auf verschiedene Weise zu spüren. Dafür ist das Schulklima ausgesprochen gut, man verbringt viel Zeit miteinander, das Verhältnis zwischen den Lehrern und Schülern ist sehr eng und vertraut. Viele Schüler kommen auch nach dem Abschluss der Schule ihre früheren Lehrer besuchen.

Natürlich ist es wichtig, dass man sich nicht nur und zu sehr auf die Arbeit konzentriert. Das ist eine Gefahr. In den Ferien kann es sonst passieren, dass man die Schule und die Schüler vermisst.

Glücklicherweise habe ich auch außerhalb der Schule sehr nette und an fremden Kulturen interessierte Menschen getroffen. Erstaunlicherweise waren das oft Rentner. Rentner haben im Gegensatz zu jungen Leuten viel mehr Zeit und viele Hobbys, z.B. das Erlernen einer Fremdsprache. Daher ist es nicht verwunderlich, dass viele meiner japanischen Freunde, mehr oder weniger gut Deutsch sprechen. Die Sprache, Deutsch, verbindet uns. In der Woche bleibt nur wenig Zeit, aber die Wochenenden und Feiertage verbringen wir in Tokyo oder Umgebung, besuchen eine Kabukivorstellung, sehen den Sumoringern zu, gehen zum Fischmarkt und essen danach Sushi in einem der vielen Restaurants Tokyos …

Es ist schwierig für mich, meine Arbeit und mein Leben innerhalb dieser vier Jahre in wenige Worte zu fassen. Alle meine Erlebnisse und Erfahrungen habe ich der Teilnahme am JET-Programm zu verdanken. Ohne dieses Programm wäre Japan für mich ein fremdes Land mit einer mir unbekannten Kultur geblieben. Und obwohl ich nun schon (kaum zu glauben!) vier Jahre hier bin, hat Japan für mich an Interesse und Reiz nicht verloren. Im Gegenteil, mit all seinen Gegensätzen, guten wie schlechten Seiten ist ein Teil von mir geworden und diesen Teil möchte ich gerne auch in Zukunft, wo immer ich auch sein werde, bewahren und nutzen.

Deshalb „Danke schön und Sayonara“, oder doch lieber:

Auf Wiedersehen, Japan!

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