
Die Ergebnisse der COP10 des Übereinkommens über die biologische Vielfalt
- Für ein Leben in Harmonie und für die Zukunft
2010 wurde von den Vereinten Nationen zum „Jahr der biologischen Vielfalt“ bestimmt, und in diesem Jahr fand in der japanischen Stadt Nagoya in der Präfektur Aichi die 10. Vertragsstaatenkonferenz (COP10) des Übereinkommens über die biologische Vielfalt statt. Nach schwierigen Verhandlungen, die eine Übereinkunft fast schon unmöglich erscheinen ließen, brachte die Konferenz nach rund dreiwöchiger Dauer doch wichtige Ergebnisse hervor, darunter zwei Abkommen, die den Namen der japanischen Stadt „Nagoya“ tragen. In diesem Beitrag werden die Ergebnisse der COP10 sowie Japans Beitrag als Vorsitzender näher vorgestellt.
Oktober 2010: COP10 sowie COP-MOP5 in Nagoya
Vom 18. bis 29. Oktober fand die 10. Vertragsstaatenkonferenz (COP10) des Übereinkommens über die biologische Vielfalt in Nagoya statt. Vor dieser Konferenz hatte dort vom 11. bis 15. Oktober bereits die 5. Vertragsstaatenkonferenz (COP-MOP5) zum Cartagena-Protokoll über biologische Sicherheit stattgefunden. An der COP10 nahmen 179 Vertragsstaaten des Übereinkommens über die biologische Vielfalt sowie internationale Organisationen, Nichtregierungsorganisationen (NGOs) sowie Vertreter indigener Völker, insgesamt mehr als 13.000 Delegierte (einschließlich Konferenzmitarbeitern und Medienvertretern) teil. Gleichzeitig fanden rund 350 begleitende Veranstaltungen statt (so viele wie nie zuvor), an denen sich Kommunen, NGOs oder Unternehmen beteiligten. Neben dem Konferenzort hatten Bürgerinnen und Bürger im Rahmen einer „Austauschmesse über biologische Vielfalt“ Gelegenheit, ihre Vorstellungen in Bezug auf dieses Thema auszutauschen. Insgesamt zählte diese Messe ca. 118.000 Besucher.
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Drei wichtige Ergebnisse von COP10 und COP-MOP5
Die Diskussionen im Rahmen der COP10 und der COP-MOP5 befassten sich mit einer Vielzahl von Themen, wobei drei Punkte besonders im Fokus der Aufmerksamkeit standen. Der erste Punkt war die Frage der „Verantwortung und Entschädigung“ im Rahmen des Cartagena-Protokolls als zentraler Punkt der COP-MOP5, d.h. das Erstellen internationaler Regeln in Bezug auf die „Verantwortung und Entschädigung“ bei Schäden, die durch den grenzüberschreitenden Transfer von gentechnisch veränderten Organismen (Living Modified Organism: LMO) entstehen können. Wichtigste Punkte der COP10 waren die weltweiten Ziele in Bezug auf die biologische Vielfalt für den Zeitraum von 2011-2020, die sogenannten „Post-2010-Ziele“, sowie die sogenannten ABS (Access and Benefit Sharing), also die Regelung des „Zugangs“ und der „Aufteilung der Profite“ aus der Nutzung genetischer Ressourcen. Bei all diesen Punkten gab es unterschiedliche Standpunkte und Meinungen der Teilnehmer, aber dank der aktiven und beharrlichen Initiative Japans als Vorsitzendem gelang es schließlich, bei allen drei Punkten eine Übereinkunft zu erzielen.
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Nach über sechsjährigen Verhandlungen: Verabschiedung des „Nagoya-Kuala Lumpur-Ergänzungsprotokolls über Verantwortung und Entschädigung“ (COP-MOP5)
Das auf der COP-MOP5 verabschiedete „Nagoya-Kuala Lumpur-Ergänzungsprotokoll über Verantwortung und Entschädigung des Cartagena-Protokolls über biologische Sicherheit“ ergänzt das 2003 in Kraft getretene Cartagena-Protokoll. Für den Fall, dass durch die Einfuhr gentechnisch veränderter Organismen (LMO) negative Auswirkungen (Schäden) in Bezug auf den Schutz der biologischen Vielfalt auftreten, legt das „Nagoya-Kuala Lumpur-Ergänzungsprotokoll“ die Pflicht der Vertragsstaaten fest, Verantwortung zu übernehmen und Entschädigung zu leisten. Das Ergänzungsprotokoll bestimmt diejenigen, die Verantwortung übernehmen (verantwortliche Unternehmen wie z.B. Unternehmen, die LMO entwickelt oder eingeführt haben) und schreibt vor, welche Maßnahmen die verantwortlichen Unternehmen treffen müssen (Prävention von Schäden bzw. Wiederherstellen des ursprünglichen Zustands). Während der Verhandlungen über das Cartagena-Protokoll bestand eine große Kluft in Bezug auf die Auffassungen der einzelnen Vertragsstaaten hinsichtlich der Verantwortung und Entschädigung, so dass keine Übereinkunft zustande kam. Da internationale Regeln hinsichtlich dieser Punkte jedoch für notwendig erachtet wurden, konnte schließlich nach sechsjähriger Diskussion, die 2004 auf der ersten Vertragsstaatenkonferenz in Kuala-Lumpur (COP-MOP1) begonnen hatte, in Nagoya das „Nagoya-Kuala Lumpur-Ergänzungsprotokoll zu Verantwortung und Entschädigung“ verabschiedet werden.
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Neue weltweite Ziele für 2011-2020: Verabschiedung der „Aichi-Ziele“ (Post-2010-Ziele)
Das sogenannte Ziel von 2010, nämlich „das Tempo des Rückgangs der biologischen Vielfalt bis 2010 erheblich zu verringern“, konnte nicht erreicht werden. Es wurde darauf hingewiesen, dass die einzelnen Staaten nicht zu konkreten Schritten veranlasst werden konnten, weil diese Zielvorgabe recht abstrakt formuliert war. Aus diesem Grund strebte die COP10 für den Zeitraum nach 2010 die Aufstellung weltweit geltender „eindeutiger“ und „verständlicher“ Ziele an, die die Staaten zu konkretem Handeln ermutigen sollen. Die auf der COP10 verabschiedeten „Aichi-Ziele“ streben bis 2050 als Vision (mittel- und langfristige Ziele) die Realisierung einer Welt an, die „in Harmonie mit der Natur lebt“. Zudem werden als kurzfristige Ziele eine Mission sowie 20 Einzelvorgaben angeführt, die bis 2020 erfüllt werden sollen. Die Einzelvorgaben enthalten auch konkrete messbare Zahlenvorgaben, um noch konkreter gestaltete Maßnahmen zu deren Erfüllung zu ermöglichen. So gab es etwa mit Blick auf die Vorgabe Nr. 11, einen bestimmten Prozentsatz der Land- und Meeresflächen als Schutzgebiete für den Erhalt der biologischen Vielfalt auszuweisen, verschiedene Vorschläge, die von 15-25% für die Land- und 6-20% für die Meeresflächen reichten. Schließlich einigte man sich auf das Ziel, „mindestens 17% der Land- und 10% der Meeresflächen“ als Schutzgebiete auszuweisen. Darüber hinaus wurde u.a. beschlossen, „das Tempo des Rückgangs der natürlichen Lebensräume einschließlich der Wälder mindestens um die Hälfte zu verringern und an geeigneten Orten auf fast Null zu reduzieren“ (Vorgabe Nr. 5).

Überwinden der Gegensätze und Schwierigkeiten: Verabschiedung des „Nagoya-Protokolls“ zu den ABS
Der Streitpunkt, bei dem die COP10 die größten Schwierigkeiten zu überwinden hatten, war das „Nagoya-Protokoll“ zu den ABS, also zum „Zugang“ und zur „Aufteilung der Profite“ aus der Nutzung genetischer Ressourcen. Beispielsweise bestand in Bezug auf den Umfang der Anwendung des Protokolls ein tiefer Graben zwischen den Staaten, die genetische Ressourcen bereitstellen (etwa die afrikanischen Staaten) und den Nutzern, also vornehmlich den Industriestaaten, auch darüber, ob die von den Industriestaaten während der Kolonialzeit erworbenen genetischen Ressourcen einbezogen werden sollten (rückwärtsgewandte Anwendung). Aber nicht nur in Bezug auf die genetischen Ressourcen selbst, sondern auch in Bezug auf den Umgang mit den aus den genetischen Ressourcen entwickelten Organismen herrschte ein großer Gegensatz. Obwohl die inoffiziellen Konsultationen auf Arbeitsebene tagelang bis tief in die Nacht fortgeführt wurden, konnte bei den Verhandlungen bis zum letzten Tag der Konferenz keine Übereinkunft erzielt werden. Daraufhin schnürte Japan als Land, das den Vorsitz der COP10 innehatte, einen Entwurf, der die Interessen der beteiligten Staaten in ausgewogener Weise berücksichtigte und legte ihn den Verhandlungsparteien vor. Dank des beharrlichen Einwirkens auf die einzelnen Staaten konnte auf der Grundlage des Entwurfs des Vorsitzenden, der mit einigen Änderungen angenommen wurde, schließlich am 30. Oktober um 1.29 Uhr morgens das „Nagoya-Protokoll“ zu den ABS verabschiedet werden.
Was das „Nagoya-Protokoll“ zu den ABS der Welt für Vorteile bringt
Das von der COP10 verabschiedete „Nagoya-Protokoll“ zu den ABS legt die konkreten Maßnahmen fest, die die Vertragsstaaten durchführen müssen, um dem Übereinkommen über die biologische Vielfalt Effizienz zu verleihen. Dazu gehört u.a. die Zustimmung im Vorfeld in Bezug auf den Zugang (Prior Informed Consent, PIC) sowie auch eine faire und ausgewogene Aufteilung der Profite auf der Grundlage gegenseitig vereinbarter Bedingungen (Mutually Agreed Terms, MAT). Mit Blick auf die Nutzung grenzüberschreitender genetischer Ressourcen oder wenn eine Zustimmung im Vorfeld nicht eingeholt werden kann, wurde zudem vereinbart, die Notwendigkeit eines multilateralen Mechanismus auf weltweiter Ebene für die Aufteilung der Profite zu prüfen. Mit der Verabschiedung einer rechtsverbindlichen internationalen Vereinbarung werden nun die Umsetzung dieser Vereinbarung in nationales Recht sowie die Aufstellung entsprechender Vorschriften in den einzelnen Staaten voranschreiten. Dass Transparenz und Eindeutigkeit in Bezug auf die Regeln für den Zugang und die Aufteilung der Profite aus den genetischen Ressourcen sichergestellt werden konnten, liegt im gemeinsamen Interesse sowohl der Staaten, die die genetischen Ressourcen bereitstellen, als auch der Staaten, die diese nutzen. Es steht zu hoffen, dass dies die künftige Nutzung der genetischen Ressourcen weiter fördern wird.

Japans großer Beitrag als Gastgeber
Bei der COP10 und der COP-MOP5 wurden erstmals seit der Verabschiedung des „Kyoto-Protokolls“ zum Klimarahmenübereinkommen (1997) zwei Abkommen im Umweltbereich auf den Weg gebracht, die den Namen einer japanischen Stadt tragen. Bei der Verabschiedung dieser Abkommen waren alle Delegierten sehr erleichtert, dass es gelang, die Gegensätze zu überwinden; zugleich wurde die politische Führungskraft Japans als Vorsitzender der Konferenz hoch gelobt. Die Teilnehmer dankten Japan widerholt für seine Rolle als Gastgeber und betonten, dass die Gastfreundschaft der Menschen von Nagoya zum Erfolg der Konferenz beigetragen habe. Auch die Unterstützung für die Entwicklungsländer zum Schutz der biologischen Vielfalt, wie die von Premierminister Naoto Kan als „Initiative für ein Leben in Harmonie“ verkündete Unterstützung in Höhe von insgesamt 2 Mrd. US-Dollar sowie der „Japan-Fonds für biologische Vielfalt“ (Umfang 2010: 1 Mrd. Yen) für konkrete Hilfsprojekte im Rahmen dieser Initiative wurde von den Vertragsstaaten außerordentlich gewürdigt, und sie trug dazu bei, eine Einigung auf das „Nagoya-Protokoll“ zu den ABS sowie auf die „Aichi-Ziele“ zu erleichtern.
Mit Blick auf die COP11 2012 in Indien
Auch nach dem Ende der COP10 hat Japan für die kommenden zwei Jahre bis zur COP11, die 2012 in Indien stattfinden wird, weiterhin den Vorsitz inne. Das Motto lautet: Für ein Leben in Harmonie und für die Zukunft. Um eine Welt, die „in Harmonie mit der Natur lebt“ zu gestalten, wird Japan auch künftig eng mit der internationalen Gemeinschaft zusammenwirken und dabei Führungsstärke zeigen, die Grundlagen für die Realisierung der „Aichi-Ziele“ zu legen sowie die gewissenhafte Umsetzung des „Nagoya-Protokolls“ zu fördern. In diesem Zusammenhang wurde die Empfehlung ausgesprochen, dass die von Japan vorgeschlagene „Dekade der Vereinten Nationen für die biologische Vielfalt“ (2011-2020) von der VN-Generalversammlung angenommen wird. Auch in Bezug auf die „SATOYAMA-Initiative“ wurde die „Internationale Partnerschaft für die SATOYAMA-Initiative“ ins Leben gerufen, an der sich 51 Staaten und Organisationen beteiligen, und diese wird nun ihre Aktivitäten aufnehmen.
Anmerkung:
Der vorliegende Beitrag erschien am 26.11.2010 als 66. Folge der Informationsserie „Die internationale Situation verstehen!“ auf der Webseite des Außenministeriums von Japan. Er wurde für Neues aus Japan ins Deutsche übersetzt.