
Nagasaki – Hafenstadt und Schnittpunkt der Kulturen
Die Hafenstadt Nagasaki liegt an der Westküste von Kyushu, der südlichsten der vier Hauptinseln Japans. Da sie dem asiatischen Kontinent zugewandt liegt, ist sie seit vielen Jahrhunderten ein Zentrum des Handels zwischen Japan und Asien sowie Europa. Selbst während der Ära der Abschließung des Landes, als Japan seine Kontakte zu anderen Ländern in hohem Maße einschränkte, war Nagasaki nicht nur das Zentrum des Warenflusses, sondern auch der modernen Wissenschaften, und die Stadt erlebte als einziger Hafen Japans, der dem Ausland offenstand, eine Blütezeit. Farbenprächtige und exotische Feste, eine an einer gewundenen Straße auf einem Hügel gelegene Kirche sowie üppige Abendessen, die sowohl das Auge als auch den Gaumen erfreuen – all dies sind typische Anblicke und Bräuche für Nagasaki, die dem Besucher das Gefühl vermitteln, diese Stadt sei das Produkt einer Verschmelzung der japanischen Kultur mit Kulturen aus anderen Ländern.

Ein weltoffener Hafen
Von den Bergen herab betrachtet hat der Hafen von Nagasaki die Gestalt eines Kranichs, der seine Flügel ausbreitet; aus diesem Grund wird der Hafen auch als „Crane Port“ (Kranichhafen) bezeichnet. In einer auf einem Berg gelegenen früheren Wohnsiedlung für Ausländer, von der aus man einen ungehinderten Blick auf den Hafen hat, findet man zusammen mit zahlreichen Kirchen und Konsulatsgebäuden aus der zweiten Hälfte des 19. Jh. auch „Glover Garden“. Dabei handelt es sich um eines der früheren Anwesen westlicher Kaufleute, das mitten in einem 30.000 qm großen Garten liegt. Zu diesen Kaufleuten zählte auch der Schotte Thomas Blake Glover (1838-1911), der in Japan zu einer Zeit, als das Land den Weg in die Modernisierung beschritt, eine Reihe von Unternehmen gründete. Er engagierte sich mit großem Erfolg u.a. im Schiffbau und im Kohlebergbau. Diese robusten Gebäude im westlichen Stil erinnern an die Tage, als Nagasaki das Zentrum des japanischen Außenhandels war.
An derselben Straße wie Glover Garden findet der Besucher auch die Oura-Kirche (Oura Tenshudo), die heute als das älteste noch existierende Gebäude in westlichem Stil in Japan gilt und zudem das einzige Bauwerk westlichen Stils ist, das mit dem Titel „Nationalschatz“ ausgezeichnet wurde. Das hölzerne Gebäude im Stil der mittelalterlichen Gotik Europas besitzt zahlreiche einzigartige Ausstattungsmerkmale wie bunte Glasfenster, Bögen in westlichem Stil, die aus japanischem Bambus gefertigt wurden, sowie weitere fein ausgearbeitete architektonische Details. Die Kirche ist in Japan sehr bekannt, gilt sie doch als Stätte der „Entdeckung der Gläubigen“ – japanische Christen, die ihrem Glauben auch während des 250 Jahre währenden Verbots des Christentums in Japan treu geblieben waren.
Auf drei Seiten von Bergen eingerahmt, die die Stadt gegen die Winde abschirmen, ist Nagasaki ein ausgezeichneter natürlicher Hafen, der auch großen Schiffen ein Einlaufen ermöglicht, da die Hänge der Berge an der Küste steil zum Meeresboden hin abfallen. Seit seiner Eröffnung im Jahr 1570 stand der Hafen in engem Kontakt mit westlichen Ländern wie Portugal und den Niederlanden, aber auch mit China. Als Japan den Handel mit dem Ausland ab 1639 für mehr als zwei Jahrhunderte stark einschränkte, fungierte eine künstliche Insel namens „Dejima“ im Zentrum von Nagasaki als einziges Fenster des Landes zum Westen.
Derzeit sind in Dejima Ausgrabungen im Gang. 1641 wurde auf Dejima ein niederländischer Handelsposten errichtet, über den nicht nur der Handel lief, sondern ebenfalls wissenschaftliche Kenntnisse, z.B. auf dem Gebiet der Medizin, aber auch Sportarten wie Badminton nach Japan gelangten. Nachdem die Insel durch Aufschüttungen mit dem Festland verbunden wurde, finden seit 1996 umfangreiche Arbeiten statt, um die Insel zu rekonstruieren. Bislang wurden zehn Gebäude, darunter die Residenz des Leiters des niederländischen Handelspostens, wiederhergestellt. Dies ermöglicht Besuchern einen originalgetreuen Einblick in das Leben der damaligen Bewohner dieser Insel.

Kulinarischer Austausch zwischen den Kulturen: Nagasaki als Geburtsort von Champon
Kulturelle Errungenschaften und Güter, die im Rahmen des Kultur- und Handelsaustausches aus dem Ausland eingeführt wurden, haben in Nagasaki eine einzigartige Kultur erstehen lassen. Auch die Esskultur, die eine Vielzahl an unterschiedlichsten Gerichten umfasst, ist ein Aspekt dieser kulturellen Besonderheit Nagasakis. Beeindruckend ist z.B. Shippoku ryori, ein üppiges Abendbankett mit Gerichten, die von der japanischen, holländischen und chinesischen Küche beeinflusst sind, und an großen runden Tischen serviert werden (im Gegensatz zu den niedrigen rechteckigen Tabletts, die in Japan traditionell für jede Person einzeln dargereicht werden). Noch heute gilt diese Art des Banketts als die beste Möglichkeit, Gäste zu unterhalten, und diese Gerichte sind daher regelmäßig bei Festen und Feiern zu finden. „Nagasaki Champon“, heute als eines der beliebtesten Gerichte des Landes überall in Japan zu finden, stammt ebenfalls aus Nagasaki. Dieses Gericht besteht aus mehr als zehn verschiedenen Zutaten, darunter Kohl und Garnelen von den Küsten der Stadt. Diese werden zusammen mit dicken Nudeln und einer nahrhaften Brühe gegessen und bilden ein Gericht, das sich in Form und Geschmack deutlich von einem anderen beliebten Gericht in Japan unterscheidet, nämlich Ramen (ein japanisches Nudelgericht mit chinesischen Nudeln). Der in Japan besonders als Souvenir beliebte Biskuitkuchen Kasutera (von Castella) ist portugiesischen Ursprungs.
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Die Technik der Glasbläserei wird in Nagasaki Bidoro genannt und kam ursprünglich aus China, um sich dann überall in Japan zu verbreiten. Die Glasbläserwerkstätten in der Stadt bieten einzigartige Kunstwerke wie z.B. Nagasaki Chirori, eine Sake- oder Weinkaraffe, die in Nagasaki erfunden wurde, als die Stadt eine prosperierende Glasindustrie besaß. Diese Karaffen mit ihrem schlichten aber beständigen Stil werden heute wieder in kleinen Werkstätten hergestellt und angeboten.

Touren nach Gunkanjima
Unter den zahlreichen Sehenswürdigkeiten für Besucher in Nagasaki dürfen die farbenprächtigen Feste und Events nicht fehlen. Den Beginn macht das Nagasaki Laternenfest, bei dem 15.000 chinesische Lampions und andere große Objekte die Stadtviertel im Zentrum in ein Meer aus bunten Lichtern verwandeln. Weitere bekannte Feste sind das „Peron Championship Race“ in Juli, bei dem schmale, lange Drachenboote, die ursprünglich aus China stammen, ein Ruderbootrennen veranstalten. Zudem findet im Oktober das Nagasaki Kunchi Fest statt, das einzigartige Tänze und Vorführungen präsentiert, bei denen kulturelle Einflüsse aus China und den Niederlanden mit der Kultur Nagasakis verschmolzen sind. Diese Feste versetzen die ganze Stadt in ausgelassene Feierstimmung.

Am Abend kann man mit einer Seilbahn zu einer Aussichtsplattform auf dem Berg Inasa fahren, die 333 m über dem Meer liegt. Die erleuchteten Straßen mit ihren zahlreichen Windungen sehen aus wie das Innere einer riesigen Flasche mitten in einem Lichtermeer. Auch die bekannten Sehenswürdigkeiten der Stadt sind von diesem Gipfel aus gut zu erkennen, während sich die Lichter der Einkaufsviertel auf der Oberfläche des Meeres spiegeln. Dieser Anblick der vielfältigen Lichtkunst erfreut das Herz in ganz besonderer Weise.
Eine weitere Attraktion, die in den letzten Jahren immer mehr Besucher anzieht, ist eine Tour nach „Gunkanjima“, eine Insel, die einst wegen ihres Kohlenbergwerks unter dem Meeresboden besiedelt wurde. Seit 2009 besteht die Möglichkeit, auf dieser Insel, der jetzt unbewohnten Insel Hashima zu landen, die 19 km vom Hafen von Nagasaki entfernt liegt. Ihren Namen hat diese Insel von ihrem Aussehen, das aus der Ferne wie ein Kriegsschiff (gunkan) erscheint. In ihrer Blütezeit lebten auf dieser kleinen, nur 6,3 Hektar großen Insel ca. 5.300 Menschen; damit verzeichnete die Insel die höchste Bevölkerungsdichte in ganz Japan. Nachdem das Bergwerk 1974 geschlossen wurde, verwandelte sich die Insel in eine Ruinenlandschaft. Die mehrgeschossigen Wohnblöcke aus Stahlbeton wurden seit 1916 errichtet und waren die ersten Gebäude ihrer Art in Japan. Heute stehen diese und alle anderen Gebäude leer und verfallen allmählich. Aufgrund ihres bizarren Anblicks und der Ruinenlandschaft diente die Insel im James-Bond-Film „Skyfall“ aus dem Jahr 2012 als Drehort für den Unterschlupf des Gegenspielers des berühmten britischen Agenten. Seitdem ist die Insel auch international bekannt.
In einer angenehmen Brise auf dem Deck des Ausflugsschiffes stehend, bietet sich dem Besucher ein ganz besonderer Anblick, der sich sehr von dem unterscheidet, den man normalerweise beim Besuch sorgfältig erhaltener historischer Stätten zu sehen bekommt.

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