
Japans große Herausforderungen und die Deutsch-Japanische Freundschaft
Vortrag des japanischen Botschafters in Deutschland, Takeshi Nakane
in der Bucerius Law School in Hamburg
am 20. Oktober 2015
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
Ihre schöne Stadt Hamburg gilt seit alters her als Deutschlands Tor zur Welt. Es ist wahrlich nicht nur eine große Ehre, sondern auch eine echte Freude für mich, heute Abend in dieser renommierten ersten deutschen privaten Hochschule der Rechtswissenschaften zu Ihnen sprechen zu können.
Sehr dankbar bin ich Ihnen und den Veranstaltern, der Bucerius Law School und der Deutsch-Japanischen Gesellschaft zu Hamburg, insbesondere Ihrer Präsidentin, Frau Hashimaru, sowie unserem Konsulat hier in Hamburg für die Gelegenheit, an diesem ehrenvollen Ort zu sein. Diese Stadt ist für mein Land, das seit nunmehr über 150 Jahren gute und freundschaftliche Beziehungen mit Deutschland pflegt, von einer besonderen Bedeutung. So ist sie nicht nur Deutschlands zweitgrößte Stadt; sie ist mit ihrem Hafen auch für Europa ein wichtiger Umschlagplatz für viele Güter, auch aus meinem Land.
Hochtechnologien für die Luftfahrtindustrie von Airbus, Umwelttechnologien, so z.B. von Siemens, wie auch der sogenannte Bereich der Life Science sind hier zu Hause. Auch als Stadt der Medien, es seien nur Verlage wie Axel Springer, Gruner und Jahr, Zeit und Spiegel genannt, genießt Hamburg Weltruf.
Wir Japaner mögen diese Stadt. Es wohnen immerhin rund 2.500 Japaner im hiesigen Wirtschaftsgebiet. 80 japanische Firmen, darunter so bekannte wie Olympus, Yamaha und Casio, die hier ihre Europazentralen haben, bieten insgesamt mehr als 5.000 Arbeitsplätze. Japanische Familien fühlen sich einfach wohl hier, nicht zuletzt wohl auch wegen einer japanischen Schule vor den Toren Hamburgs in Halstenbek.
Die Verbundenheit der Japaner mit Hamburg wird nicht zuletzt auch durch das jährlich stattfindende Feuerwerk ausgedrückt, das dieses Jahr bereits zum 47. Mal veranstaltet wurde und sich hier offenbar großer Beliebtheit erfreut.
Ein Symbol für die Freundschaft ist auch eine Kirschblütenkönigin, deren ehrenhafter Titel dank der Bemühungen von Frau Hashimaru weltweit außer Washington D.C und Honolulu nur der Stadt Hamburg zu tragen erlaubt ist.
Eine Städtepartnerschaft mit Osaka ist zu einem Fundament für regelmäßigen Austausch geworden. Daneben unterhält der Hamburger Hafen auch eine Hafenpartnerschaft mit Yokohama, wohl Japans bekannteste Hafenstadt. Für Japan als Seefahrernation ist ferner beruhigend, dass sich hier auch der Sitz des Internationalen Seegerichtshofes befindet. Hier wirkt auch der ehemalige Staatssekretär des japanischen Außenministeriums, Herr Yanai, als Richter mit. Lassen Sie mich Ihnen an dieser Stelle auch versichern, dass wir Hamburg von Herzen viel Erfolg wünschen für seine Bewerbung als Austragungsort der Olympischen Spiele 2024. Die Entscheidung wird wohl 2017 in Lima in Peru fallen. Es wäre sehr schön, wenn wir am Ende der Olympischen Spiele 2020 in Tokyo die Fackel an Hamburg weitergeben könnten.
Betrachtet man all das, so ist es eigentlich nur folgerichtig, dass wir mit dem Januar 2016 das Konsulat hier wieder zu einem Generalkonsulat hochstufen werden.
Ich freue mich sehr, dass ich zu diesem Erfolg einen kleinen Beitrag leisten konnte. Es wird dann zuständig sein für knapp 5.000 Japaner und mehr als 120 Firmen in den Bundesländern Hamburg, Bremen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein.
Kurz gesagt, Sie sehen, es gibt zahlreiche Gründe, warum ich so oft und so gerne zu Ihnen nach Hamburg komme.
Doch lassen Sie mich nun die großen Herausforderungen für mein Land und für meine Regierung sowohl in der Sicherheitspolitik als auch in der Wirtschaftspolitik skizzieren und versuchen zu erläutern, wie meine Regierung diese Herausforderungen annimmt und sie effektiv bewältigen wird.
Sicherheitspolitik
Lassen Sie mich Japans Weg aus den Kriegstrümmern heraus zu einer Friedensnation kurz erläutern. Japan wirkt seit dem Ende des Krieges stets eng mit den Staaten zusammen, mit denen wir die universellen Werte wie Freiheit, Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit teilen. Gleichzeitig leistet mein Land, auf Basis des Prinzips der internationalen Kooperation, Beiträge für Frieden und Stabilität in der Region und innerhalb der internationalen Gemeinschaft. Dies ist der von Premierminister Abe angeführte „proaktive Beitrag für den Frieden“.
Zahlreiche Wissenschaftler führen an, dass die positive wirtschaftliche Entwicklung in den Ländern der ASEAN sowie bei unseren unmittelbaren Nachbarn (die Volksrepublik China und die Republik Korea) in der letzten Zeit zu einem beträchtlichen Teil Japans großzügigen Programmen für die wirtschaftliche Zusammenarbeit (Entwicklungshilfe) zu verdanken ist.
Japan hat auch in Bezug auf die Sicherheitspolitik durch den Sicherheitspakt mit den USA sowie durch unsere aktive Beteiligung an den PKO – Einsätzen der VN u.a. in Kambodscha und Osttimor – zu Frieden und Stabilität in der Region Asien-Pazifik beigetragen.
Allerdings ist das sicherheitspolitische Umfeld in Ostasien leider immer noch geprägt von einer beängstigenden und komplexen Verzahnung unterschiedlichster Risikofaktoren und konkurrierender nationaler Interessen.
Ein Vierteljahrhundert nach Beendigung des Ost-West Konfliktes und der friedlichen Beilegung des sogenannten Kalten Krieges ist in Ostasien wegen unterschiedlich geprägter Nationalstaaten noch keine echte harmonische Koexistenz wie in der EU hergestellt.
In den letzten Jahren sind sowohl auf See als auch im Luftraum des Ostchinesischen Meeres und des Südchinesischen Meeres vermehrt einseitige Versuche zu beobachten, den Status Quo mittels Gewalt zu verändern. Diese Versuche beruhen ausschließlich auf einseitigen Ansprüchen und sind mit der bestehenden internationalen Rechtsordnung unvereinbar.
In Bezug auf Sicherheitsrisiken auf hoher See verkündete Premierminister Abe im Rahmen des Shangri-La Dialogs Ende Mai letzten Jahres in Singapur „drei Grundsätze für die Herrschaft des Rechts auf den Meeren“. Diese lauten wie folgt: Erstens, Staaten sollten ihre Ansprüche auf der Grundlage des Rechts erheben; zweitens, Staaten sollten bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche keine Gewalt und keinen Zwang ausüben sowie drittens, die Lösung von Konflikten sollte mit friedlichen Mitteln erreicht werden. Diese Grundsätze spiegeln sich danach auch in den diesjährigen Gemeinsamen Erklärungen der G7 wider.
Mein Land ist der Auffassung, dass mit Blick auf die Situation im Südchinesischen Meer alle Anrainerstaaten dem Grundsatz des Völkerrechts folgen sollten, einseitige Handlungen zu unterlassen, die in Gebieten, deren territoriale Zugehörigkeit ungeklärt ist, zu permanenten Veränderungen der Meeresumwelt führen. Die internationale Gemeinschaft erwartet mit Nachdruck, dass die Konsultationen über einen „Code of Conduct“ (COC) beschleunigt werden.
In dieser Region gibt es zudem Staaten, die eine umfassende sowie rasante Ausweitung ihres militärischen Potentials ohne ausreichende Transparenz anstreben.
Zusätzlich dazu strebt Nordkorea die Entwicklung von Massenvernichtungswaffen einschließlich Kernwaffen sowie von ballistischen Raketen an. Zugleich fällt das Land immer wieder durch seine provozierende Rhetorik auf. Dies stellt mit Blick auf die Sicherheit Japans und der Region Ostasien einen erheblichen Risikofaktor dar.
Insbesondere die Entwicklung ballistischer Raketen, die auch die Westküste der Vereinigten Staaten erreichen können, sowie die Verkleinerung der nuklearen Sprengköpfe und Versuche, ballistische Raketen mit solchen Sprengköpfen zu bestücken, sind eine ernsthafte Bedrohung der Sicherheit der Region und der internationalen Gemeinschaft.
Aufgrund dieses ernsthaften Sicherheitsumfeldes kann kein Staat Frieden und Sicherheit im Alleingang bewahren. Es ist jetzt an der Zeit, sich einander die Hände zu reichen. Der Raum Asien-Pazifik sollte eine verheißungsvolle Region bleiben, die den Frieden und Wohlstand in der Welt anführt. Wir dürfen es niemals zulassen, dass sie sich in ein „Pulverfass“ verwandelt.
Vor diesem Hintergrund und um verstärkt proaktive Beiträge für den Frieden zu leisten, hat das japanische Parlament vor kurzem das neue Gesetzpaket zur Sicherheitspolitik verabschiedet.
So können wir nun im Rahmen unserer PKO-Einsätze Einheiten anderer Länder etwa gegen Angriffe von Terroristen beistehen. Auch bei einem Angriff etwa auf Marineeinheiten unserer Verbündeten in Japans Umfeld wird fortan das Recht auf kollektive Selbstverteidigung ausgeübt werden können. Das sind aus deutscher Sicht möglicherweise bündnispolitische Selbstverständlichkeiten, jedoch gab es in meinem Land hier bisher sehr starke Beschränkungen.
Aber auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzpaketes können die oben geschilderten Maßnahmen erst nach äußerst strikter Überprüfung der Voraussetzungen durchgeführt werden. Die Behauptung, die einige japanische sowie internationale Medien anführen, dass diese Gesetze unvereinbar mit der japanischen Verfassung seien oder Japan dadurch zum Führen von Kriegen gezwungen werde, ist vollkommen unzutreffend. Wir haben nicht nur aus zahlreichen asiatischen Ländern, sondern auch aus europäischen Staaten viel Zuspruch zu dieser Gesetzesnovelle bekommen.
Erlauben Sie mir den Hinweis, dass auch Bundesaußenminister Frank Steinmeier anlässlich eines Gesprächs mit unserem Außenminister Ende September ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass wir mit diesen Maßnahmen Verantwortung für die Sicherheit in der internationalen Gemeinschaft übernehmen. Er hat uns ausdrücklich zu diesem Schritt beglückwünscht.
Ich habe Ihnen bis hierher die Sicherheitspolitik meines Landes erläutert, mit der wir auf bestehende Situationen reagieren wollen und die einen noch proaktiveren Beitrag für den Frieden ermöglichen soll. Um aber die Anwendung von Gewalt bei der Lösung von Konflikten zu vermeiden, ist es selbstverständlich unerlässlich, sich für den Dialog einzusetzen sowie mit großem Nachdruck ein außenpolitisches Engagement zu verfolgen.
Mit Blick auf die Beziehungen zu den Ländern in Asien sind unsere Nachbarstaaten wie die Republik Korea, China und die Länder Südostasiens für Japan unersetzliche Partner. Premierminister Abe misst den Beziehungen zu diesen Staaten außerordentlich große Bedeutung bei. Wie sie wohl wissen, haben wir zurzeit mit unseren beiden wichtigsten Nachbarn, China und Südkorea, schwierige Probleme.
Japan möchte sich allerdings verstärkt für den Ausbau der Beziehungen zu diesen Ländern einsetzen sowie einen Beitrag für Frieden und Wohlstand in der Region leisten. So gibt es etwa Bemühungen, die Beziehungen zu China zu verbessern – im November letzten Jahres und im April dieses Jahres fanden bilaterale Gipfeltreffen statt – und im letzten März trafen die Außenminister Japans, Chinas und der Republik Korea zusammen, um über den aktuellen Stand und die Zukunft der trilateralen Kooperation zu diskutieren.
Vor kurzem wurde bekannt gegeben, dass ein solches trilaterales Gipfeltreffen sowie ein japanisch-koreanisches Gipfeltreffen zum ersten Mal seit dreieinhalb Jahren Anfang November in Seoul stattfinden werden.
Wirtschaftspolitik
Aber nicht nur die Sicherheitspolitik, auch die Wirtschaft, sowohl global als auch national betrachtet, stellt uns vor große Herausforderungen. Meine Regierung nimmt diese Herausforderungen an und setzt ihr ein Konzept entgegen, das wir mit ‚Abenomics‘ bezeichnen. Es ist, wie die meisten von Ihnen natürlich wissen, eine Verbindung des englischen Wortes ‚economics‘ mit dem Namen meines Regierungschefs ‚Abe‘.
Das neue Konzept hat drei große Schwerpunkte (die sogenannten „drei Pfeile“) nämlich eine „entschlossene Finanzpolitik“, eine „flexible Haushaltspolitik“ und „Wachstum durch private Investitionen“, mit der Japan aus der langjährigen Deflation herausfindet und die Wirtschaft konzeptionell neu strukturiert wurde.
In vielen Bereichen sind bereits Erfolge feststellbar. So verzeichneten die Aktienkurse in den letzten zweieinhalb Jahren ein Plus von 124 Prozent. Beeindruckend sind auch die Unternehmensgewinne, die Ende 2014 immerhin die Rekordmarke von 17,6 Billionen Yen erreichten, das entspricht etwa 130 Milliarden Euro. Und die Arbeitslosenquote sank von 4,3 auf 3,3 Prozent. In nur zweieinhalb Jahren hat die Zahl der Beschäftigten um eine Million zugenommen. Die Mehrheit von ihnen – nämlich mehr als 900.000 – sind Frauen. Im Übrigen ist die Frauenförderung einer der Schwerpunkte der jetzigen japanischen Regierung. Basierend auf diesen Erfolgen will die Regierung nun alle Bürger Japans erneut aktivieren. Hierfür hat sie Ende September den Begriff „Aktivität aller 100 Millionen“ vorgestellt – damit wird Bezug auf die Einwohnerzahl Japans genommen.
Das ganze wird getragen von einem eigens dafür neu eingerichteten Posten eines Staatsministers. Für die Weiterführung der „Abenomics“ hat die neu gebildete Regierung Abe drei neue Schwerpunkte beschrieben (die sogenannten „drei neuen Pfeile“).
Als erster Pfeil wurde eine "starke Wirtschaft, die Wünsche hervorbringt" formuliert. Indem man der "Wirtschaft oberste Priorität" einräumt, wird für die Verwirklichung des "größten Wohlstands der Bürgerinnen und Bürger seit Kriegsende" ein BIP in Höhe von 600 Billionen Yen anvisiert.
Der zweite Pfeil lautet „eine Unterstützung der Kindererziehung, die Träume hervorbringt“. Hierfür wird eine Geburtenrate von 1,8 Kindern pro Frau angestrebt. 2014 lag sie bei 1,4. Mit der Abschaffung der Wartelisten für Betreuungsplätze, der Ausweitung der kostenlosen Betreuung für Kleinkinder sowie der besonderen Unterstützung von Familien mit mehreren Kindern wird eine Gesellschaft geschaffen, die ein freundliches Umfeld für das Großziehen von Kindern bietet.
Der dritte Pfeil schließlich setzt sich das Ziel "einer sozialen Sicherheit, die zu Sorgenfreiheit führt“. So soll etwa durch den Ausbau der Einrichtungen zur Pflege, die Aufstockung des Pflegepersonals und durch eine Entlastung bei den Kosten für die häusliche Pflege der Startschuss für eine Gesellschaft fallen, in der Beruf und Pflege wirklich miteinander in Einklang gebracht werden können. Angestrebt wird so eine "Gesellschaft des lebenslangen Aktivseins", in der ältere Menschen Ambitionen haben und aktiv wirken können.
Dieses Konzept wird auch von den Vertretern unserer Wirtschaft als sehr ehrgeizig betrachtet, zumal die gegenwärtige Weltwirtschaftslage u.a. wegen des Nachlassens des chinesischen Wirtschaftswachstum sowie der Preissenkungen bei Erdöl und anderen Naturressourcen schwächer tendiert. Aber es spiegelt die klare Absicht der Regierung wider, durch das Ausweisen großer Ziele unsere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu optimieren.
Kurz gesagt, meine Regierung strebt die größte Nachkriegswirtschaft Japans an, was den Bürgern Japans den größten Wohlstand seit Ende des Krieges bescheren wird. Dieses Konzept soll auch in einen globalen Rahmen integriert werden. Nur durch eine weltweite Vernetzung unserer Wirtschaft können entsprechende Synergieeffekte erzielt werden.
In diesem Zusammenhang begrüßen wir den Abschluss der Verhandlungen über die Transpazifische Partnerschaft (TPP), die einen Wirtschaftsraum umfassen wird, auf den rund 40 Prozent des weltweiten Bruttosozialproduktes entfallen.
Wir hoffen, dass das Ergebnis der TPP-Verhandlungen positive Auswirkungen auf die anstehenden Verhandlungen zur Wirtschaftspartnerschaft (EPA) zwischen Japan und der EU haben wird, dessen grundsätzliche Einigung noch bis Ende dieses Jahres erwartet wird.
Damit die bisher erzielten Erfolge unserer Wirtschaft nachhaltig bleiben, ist mein Land entschlossen, seine Produktivität zu revolutionieren. Modernste IT-Technologien, etwa das sogenannte „Internet der Dinge“, Big Data oder künstliche Intelligenz, werden dafür sorgen, dass Produktionsstrukturen sowie wirtschaftliche und soziale Systeme grundlegend optimiert werden. Mit großem Interesse stellen wir in diesem Zusammenhang fest, dass Deutschland bereits erfolgreich an der Umsetzung des Konzeptes „Industrie 4.0“ arbeitet. Ich hoffe, dass es hier auch ein Potential für eine künftige japanisch-deutsche Zusammenarbeit geben wird. Unsere Volkswirtschaften leben durch den Erfolg und die Kooperation kleiner und mittelständischer Unternehmen, was auch unsere beiden Regierungen nicht müde werden, immer wieder zu betonen. Sie schaffen neue Märkte und sichern Arbeitsplätze.
Meine Botschaft wird daher auch weiterhin tatkräftig die kooperativen Aktivitäten von JETRO (Japan External Trade Organisation) und Germany Trade & Invest unterstützen.
Die japanisch-deutschen Beziehungen
Erlauben Sie mir an dieser Stelle auch ein paar Worte zum Stand der japanisch-deutschen Beziehungen.
Mit Genugtuung stellen wir fest, dass sich diese Beziehungen gerade in den letzten Jahren in besonderer Weise vertieft und gefestigt haben. Ein intensiver Austausch auf höchster Regierungsebene und ein gemeinsames erfolgreiches Engagement in den verschiedensten Aufgabenbereichen sprechen hier eine deutliche Sprache.
So besuchte nicht nur Premierminister Abe letztes Jahr Deutschland, auch Bundeskanzlerin Merkel erwies uns im März dieses Jahres die Ehre ihres Besuchs. Beim Wirtschaftsgipfel in Elmau im Juni nutzten beide Regierungschefs erneut die Gelegenheit zu bilateralen Gesprächen, und das wird sicherlich anlässlich des nächsten G7-Gipfels bei uns in Ise Shima 2016 fortgesetzt werden. Beide nutzten auch die Generalversammlung der Vereinten Nationen im letzten Monat zu Gesprächen u.a. im Rahmen der G4-Staaten Japan, Deutschland, Indien und Brasilien, wo es um die für unsere beiden Länder so wichtige Reform des UN-Sicherheitsrates ging.
Doch nicht nur die Regierungschefs, auch unsere Außenminister, die Minister Kishida und Steinmeier, nutzen intensiv alle Gesprächsgelegenheiten im internationalen Rahmen. Man kennt und schätzt sich in diesen Kreisen und das gemeinsame Du ist mittlerweile selbstverständlich geworden.
Darüber hinaus ist das Hamburger Treffen der G7-Energieminister im Mai sicherlich noch vielen von Ihnen in Erinnerung; und vor zwei Wochen trafen sich in Berlin auch die G7-Gesundheitsminister. Für das Jahr 2016 sind unter dem japanischen Vorsitz bereits zum jetzigen Zeitpunkt zehn G7-Treffen auf Fachministerebene geplant. All das beweist: Unsere beiden Länder nehmen ihre jeweilige Verantwortung intensiv wahr, pflegen das freundschaftliche Gespräch miteinander und festigen so unsere Wertepartnerschaft. So blicken wir erwartungsvoll auf die Stabübergabe des G7-Vorsitzes am Ende dieses Jahres. Großes Lob gab es auch für den deutschen Vorsitz in Elmau. Wir werden alles daran setzen, in diesem Sinne weiter mit Deutschland zusammenzuarbeiten, mit dem wir uns durch unsere Wertepartnerschaft eng verbunden fühlen.
Es gibt zahlreiche konkrete Punkte auf unserer gemeinsamen Agenda. Hierbei spielt die Beilegung internationaler Krisen ebenso eine wichtige Rolle wie das Angehen gesellschaftspolitischer Themen wie Demografischer Wandel, die Förderung der Entwicklung alternativer Energien oder die Unterstützung kleiner und mittlerer Unternehmen. Ich möchte hier nur einige stellvertretend erwähnen.
Nach wie vor ist die Beilegung Ukrainekrise eine dringende Aufgabe, besonders für Deutschland und Europa. Japan beteiligt sich in engem Zusammenwirken mit den übrigen G7-Staaten an den Sanktionen gegen Russland. Und seit dem Beginn der Ukraine-Krise engagiert sich mein Land auch für die Verbesserung der wirtschaftlichen Lage, für die Rückkehr zur Demokratie sowie für einen Dialog und die Einheit des Landes. Dafür hat Japan bisher insgesamt 1,84 Mrd. Dollar an Hilfen zugesagt, die auch in den Ausbau der sozialen Infrastruktur fließen. Dies sind die umfangreichsten Hilfen, die von einem einzelnen Land geleistet werden.
Mitte September hat Japan in Zusammenarbeit mit Deutschland und anderen Gebern durch die Japan International Cooperation Agency (JICA) in Kiew ein Anti-Korruptions-Seminar veranstaltet, an dem auch Experten aus Deutschland teilnahmen. Was derzeit in der Ukraine passiert, ist der Versuch, die nach dem Krieg etablierte friedliche Ordnung gewaltsam zu beschädigen. Der Grund, warum Japan der geografisch so weit entfernten Ukraine derart umfangreiche Hilfen leistet, liegt in unserer grundsätzlichen Position begründet, dass ein solcher Versuch - sei es in Europa oder in Asien - nicht hingenommen werden darf.
Ein besonders jetzt für Deutschland sehr aktuelles und wirklich drängendes Problem ist natürlich die Flüchtlingskrise. Wir zollen diesem Land und den vielfältigen privaten Initiativen zur Flüchtlingshilfe unseren größten Respekt. Premierminister Abe hat bei der Generalversammlung der Vereinten Nationen Ende letzten Monats die Solidarität Japans in dieser Frage mit Europa ausgesprochen und angekündigt, Japans Hilfen für Flüchtlinge in den Anrainerstaaten wie der Türkei, Libanon und Jordanien sowie für Binnenvertriebene in Syrien und Irak erheblich auszuweiten.
Japan geht davon aus, dass Menschen, die ihre Heimat wegen eines Krieges und unter Lebensgefahr verlassen haben, am besten akzeptable Lebensbedingungen in der unmittelbaren Nähe ihrer Heimat bekommen sollten, wie auch Bundeskanzlerin Merkel unterstreicht. Für dieses Jahr sind umgerechnet ca. 810 Mio. Dollar an Finanzmitteln eingeplant. Damit hat mein Land einen Betrag zugesagt, der dreimal größer ist als im letzten Jahr. Japan hat gleichzeitig angekündigt, dass es in Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen auch an Nicht-EU-Mitgliedsstaaten wie Serbien und Mazedonien humanitäre Nothilfe in Höhe von 2,5 Mio. Dollar leisten wird. Mein Land engagiert sich zudem aktiv bei der wirtschaftlichen Hilfe sowie bei der Zusammenarbeit in den Bereichen Bildung und Gesundheit. Ich möchte hier zudem anmerken, dass mein Land zugesagt hat, auch bei der Lösung der Ursachen des Flüchtlingsproblems im Rahmen unserer Möglichkeiten entsprechend Verantwortung zu übernehmen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Ich habe versucht, Ihnen einen kurzen Überblick zur Lage meines Landes und zum Stand unserer bilateralen Beziehungen zu geben. Er kann natürlich nicht vollständig sein und soll auch nur exemplarisch verdeutlichen, welches Potential sich für unsere beiden Länder bietet, wenn wir weiterhin stetig an der Intensivierung und Vertiefung unserer Beziehungen arbeiten. So sollten wir nicht auf politischer Ebene stehenbleiben, sondern unsere Zusammenarbeit auf alle Bereiche von Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft ausweiten.
So bietet es sich an, Sie an dieser Stelle auf zwei Veranstaltungen in naher Zukunft hinzuweisen, an denen auch ich teilnehmen werde. Am 28. und 29. Oktober kommt in Tokyo das Deutsch-Japanische Forum zusammen. Dieses Forum ist das Ergebnis einer Vereinbarung zwischen den damaligen Regierungschefs Kohl und Miyazawa im Jahr 1992. Hierbei kommen einmal im Jahr führende Persönlichkeiten aus Japan und Deutschland zusammen, die über reiche Erfahrungen etwa in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft verfügen.
In der darauffolgenden Woche findet am 5. November in Berlin der erste Japanisch-Deutsche Business-Dialog statt. Hauptziel dieser Veranstaltungsreihe ist das Schaffen von Netzwerken aus Vertretern der Regierung, der Parlamente und der Wirtschaftsbereiche beider Länder. Damit sollen in diesem Personenkreis die Vorteile einer Kooperation mit Japan verdeutlicht und die Teilnehmer von den positiven Seiten Japans überzeugt werden.
Sollte sich der Eine oder Andere von Ihnen für diese Veranstaltung interessieren, würden wir sie bitten, sich mit unserem Konsulat in Hamburg in Verbindung zu setzen. Ein zuständiger Mitarbeiter unserer Botschaft wird Sie dann kontaktieren.
Meine verehrten Damen und Herren,
ich möchte hiermit meine Ausführungen schließen. Ich tue dies in dem festen Vertrauen darauf, dass gerade bei Ihnen hier in Hamburg unsere Ideen einer vertrauensvollen japanisch-deutschen Partnerschaft gut aufgehoben sind. Auf die Problemlösungskompetenz unserer beiden Länder in bilateralen, multilateralen und globalen Krisenszenarien setzen viele. Lassen Sie uns gemeinsam diese Verantwortung wahrnehmen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.