HomeAußenpolitikRüstungskontrolle und Abrüstung

Außenpolitik


 

Beitrag von Premierminister Yukio Hatoyama zum Gipfeltreffen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen
über nukleare Nichtverbreitung und nukleare Abrüstung in New York am 24. 09. 2009
 




Herr Präsident,
verehrte Delegierte,
meine Damen und Herren,

zu Beginn möchte ich Präsident Obama meinen aufrichtigen Dank zum Ausdruck bringen für seine Initiative, diese Zusammenkunft genau zur rechten Zeit zu veranstalten.

Moralische Verantwortung als einziges Land, das den Einsatz von Kernwaffen selbst erlitten hat

Am 6. und am 9. August dieses Jahres besuchte ich Hiroshima und Nagasaki und sprach unmittelbar mit Überlebenden der Atombombenabwürfe sowie mit ihren Kindern und Enkeln. Die Tatsache, dass nur zwei Atombomben mehr als 200.000 Menschenleben kosteten, und der Anblick der Menschen, die auch nach über 60 Jahren immer noch unter den Nachwirkungen der Verstrahlung leiden, hat mich zutiefst berührt. Ich möchte daher alle führenden Politiker auf der Welt dazu ermutigen, Hiroshima und Nagasaki einmal zu besuchen und mit eigenen Augen und Ohren die Grausamkeit von Kernwaffen zu erfahren.

Es ist eine historische Tatsache, dass sich Japan dazu entschloss, keine Kernwaffen zu besitzen – auch nachdem es seinen Wiederaufbau nach dem Krieg erfolgreich gestaltet hatte. 1970 unterzeichnete Japan den Nichtverbreitungsvertrag (engl. NPT) und ratifizierte ihn sechs Jahre später. 1996 unterzeichnete mein Land zudem den Vertrag über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen (engl. CTBT). Die Ratifizierung erfolgte ein Jahr später.

Warum entschloss sich mein Land dazu, den Weg des Verzichts auf Kernwaffen zu beschreiten, obwohl es über das Potential verfügt, diese Waffen zu entwickeln? Japan ist das einzige Land, das den Einsatz von Kernwaffen am eigenen Leib erfahren hat. Jedoch hat Japan diese Wahl getroffen, weil es den Teufelskreis eines nuklearen Wettrüstens vermeiden will. Es traf diese Entscheidung, weil es die moralische Verantwortung dazu als einziges Opfer des Einsatzes von Kernwaffen erkannt hat. Jedes Mal, wenn Nachbarländer weitere Schritte für die Entwicklung von Kernwaffen unternehmen, sind Stimmen zu vernehmen, die Japan verdächtigen, dass es selbst ebenfalls diesen Weg beschreiten will. Diese Stimmen sind jedoch nur deshalb zu vernehmen, weil sie unsere große Entschlossenheit nicht kennen, keinen Besitz von Kernwaffen anzustreben sowie unserer Verantwortung gerecht zu werden, als Land zu handeln, das den Einsatz von Kernwaffen selbst erfahren hat. Ich erneuere an dieser Stelle Japans Schwur, an den drei Anti-Nuklearprinzipien festzuhalten.

Zusammenarbeit für eine „Welt ohne Kernwaffen“

Allerdings ist es nicht ausreichend, dass allein Japan auf den Besitz von Kernwaffen verzichtet.

Denn trotz unseres Wunsches nach Abschaffung der Kernwaffen sind die Kernwaffenstaaten nach wie vor im Besitz eines großen nuklearen Arsenals, und die Welt wird noch immer durch die Verbreitung von Kernwaffen bedroht. Es ist nun einmal traurige Realität, dass das Engagement für die nukleare Nichtverbreitung angesichts von Herausforderungen wie der Nuklearproblematik in Bezug auf Nordkorea und Iran sowie angesichts des Risikos, dass Terroristen an nukleares Material und Technologie gelangen, an einen kritischen Punkt angelangt ist. Japan sollte daher die Führung bei dem Streben nach Abschaffung aller Kernwaffen übernehmen.

Die Vision von einer „Welt ohne Kernwaffen“, die Präsident Obama im April dieses Jahres aufzeigte, hat Menschen auf der ganzen Welt ermutigt und inspiriert. Es ist nun höchste Zeit für uns zu handeln.

Als erstes ruft Japan die Kernwaffenstaaten auf, ihre nuklearen Arsenale abzubauen. Fortschritte beim Sicherstellen von Transparenz und bei der Veröffentlichung von Informationen könnten zur Vertrauensbildung beitragen und einen positiven Kreislauf für weitere nukleare Abrüstung schaffen. Die Schaffung einer Kernwaffenfreien Zone, abgestimmt zwischen den fünf Kernwaffenstaaten (P5) und den Nichtkernwaffenstaaten in den Regionen könnte ebenfalls zur nuklearen Abrüstung und Nichtverbreitung beitragen und damit auch zu Frieden und Sicherheit auf weltweiter und regionaler Ebene, wie es in der heutigen Resolution ausgeführt wurde.

Zweitens ruft Japan mit Nachdruck dazu auf, den Vertrag für das umfassende Verbot von Nuklearversuchen (CTBT) möglichst bald in Kraft zu setzen sowie umgehend die Verhandlungen über den Vertrag für ein Verbot der Produktion von spaltbarem Material für Waffenzwecke (FMCT) aufzunehmen. Ich möchte daran erinnern, dass das japanische Fischerboot Daigo Fukuryu Maru am 1. März 1954 in den Bereich eines Nukleartests mit einer Wasserstoffbombe auf dem Bikini-Atoll geriet und radioaktiv verstrahlt wurde. Das Einfrieren der Fähigkeiten zur Produktion von Kernwaffen auf Seiten der Besitzenden durch den FMCT würde sowohl zur nuklearen Abrüstung als auch zur Nichtverbreitung beitragen. Es ist zudem eine unerlässliche Maßnahme dafür, den Nichtverbreitungsvertrag noch gerechter zu gestalten. Wir haben keine Zeit zu verlieren.

Drittens wird sich Japan auch selbst aktiv für internationale Anstrengungen im Bereich nukleare Abrüstung und Nichtverbreitung einsetzen. Beispielsweise wird Japan der VN-Generalversammlung den Entwurf für eine Resolution über nukleare Abrüstung vorlegen, die Aktivitäten der Internationalen Kommission über nukleare Nichtverbreitung und Abrüstung unter dem gemeinsamen Vorsitz von Frau Kawaguchi aus Japan und Herrn Evans aus Australien unterstützen sowie sich dafür einsetzen, die Fähigkeiten, Expertise und die Ressourcen der IAEA zu verbessern. Dem IAEA-Generaldirektor Herrn Elbaradei möchte ich meinen aufrichtigen Respekt für sein Wirken zum Ausdruck bringen. Auch möchte ich seinem Nachfolger, Botschafter Amano, mein Vertrauen und meine nachhaltige Unterstützung zusichern.

Viertens wendet sich Japan entschlossen gegen Bestrebungen für eine nukleare Verbreitung. Die Entwicklung von Kernwaffen durch Nordkorea stellt eine große Bedrohung für den Frieden und die Sicherheit Japans sowie der internationalen Gemeinschaft dar, und sie kann unter keinen Umständen hingenommen werden. Japan wird die notwendigen Schritte zur noch effektiveren Umsetzung der Resolution 1874 des VN-Sicherheitsrates unternehmen. Mein Land ist zudem besorgt über die Nuklearproblematik in Bezug auf Iran. Diesbezüglich kommt dem VN-Sicherheitsrat eine zunehmend wichtige Rolle zu, und Japan ruft dazu auf, dieses Gremium zu stärken. Darüber hinaus wird Japan das im kommenden Jahr stattfindende Gipfeltreffen über nukleare Sicherheit unterstützen.

Fünftens ist es notwendig – wie dies auch in der heute verabschiedeten Resolution ausgeführt wird – das Risiko der nuklearen Verbreitung zu reduzieren sowie in jedem Bereich der nuklearen Sicherheitsrichtlinien, Sicherheitsmaßnahmen und des Schutzes (so genannte 3S: „safeguards, security and safety“) Standards auf höchstmöglichem Niveau zu etablieren, wenn Kernenergie zu friedlichen Zwecken genutzt wird.

Schlussbemerkung

Der Zeitraum bis zur NVV-Überprüfungskonferenz im Mai nächsten Jahres wird besonders wichtig dahingehend sein, zu prüfen, ob die internationale Gemeinschaft in der Lage ist, pragmatische Schritte zu unternehmen. Alle Länder auf der Welt – mit oder ohne Kernwaffen – stehen in der Verantwortung, sich mit Blick auf die nukleare Abrüstung und Nichtverbreitung für dieses Ziel einzusetzen.

 

 

zurück zur Übersichtsseite Außenpolitik


Top

Sitemap | kontakt | impressum
(c) Botschaft von Japan in Deutschland, Hiroshimastr. 6, 10785 Berlin, Tel: 030/21094-0, Fax: 030/21094-222