Japan setzt verstärkt auf sein Bündnis mit den Vereinigten Staaten (von Josh Rogin, erschienen am 28. 08. 2017)

Bild: Japans neuer Außenminister Taro Kono (zweiter von links) bei den japanisch-amerikanischen „2+2“ Konsultationen im August in Washington (Foto: Außenministerium von Japan)
Angesichts der unmittelbaren Bedrohung durch Nordkorea und der langfristigen Herausforderung eines aufstrebenden Chinas sieht sich Japan gezwungen, auf ein Washington zu bauen, das von ständigen Turbulenzen erschüttert und von einem unberechenbaren Präsidenten angeführt wird. Anstatt sich aber von der Trump-Administration abzuwenden, wie dies einige europäische Verbündete tun, setzt die Regierung von Japan verstärkt auf das Bündnis mit den Vereinigten Staaten.
Die persönlichen Beziehungen zwischen Präsident Trump und dem japanischen Premierminister Abe sind eng und öffentlich bestehen in Schlüsselfragen zwischen beiden Regierungen keinerlei Differenzen. Insgeheim aber gibt es in Tokyo sicherlich zunehmende Sorgen über die Regierung Trump – und insbesondere die Befürchtung, dass Washington bei seinen Verpflichtungen zur Eliminierung der Nuklear- und Raketenprogramme Nordkoreas ins Wanken geraten könnte.
Unmittelbar vor seinem Rauswurf sprach der Chefstratege des Weißen Hauses, Stephen K. Bannon, das offen aus, was viele in Washington denken: Es existiert keine realistische militärische Option, um ein nuklear bewaffnetes Nordkorea zu verhindern. „Wir sind reingefallen“, meinte Bannon in einem Interview mit dem vierteljährlich erscheinenden Politikmagazin The American Prospect.
Einen Tag nach Bannons Interview machten Verteidigungsminister Jim Mattis und Außenminister Rex Tillerson öffentlich die Position ihrer Regierung deutlich und verteidigten im Beisein ihrer japanischen Amtskollegen, Verteidigungsminister Itsunori Onodera und Außenminister Taro Kono, die Glaubwürdigkeit einer militärischen Option in Bezug auf Nordkorea.
Für Japan steht außer Frage: Nordkoreas Nuklearprogramm muss beendet und nicht nur eingeschränkt werden. Das sagte Außenminister Kono in einem Interview, das ich nach seinem Treffen mit Mattis und Tillerson mit ihm führte. Japan erwarte, dass die Vereinigten Staaten an diesem Vorhaben festhalten.
„Ansonsten würde das bedeuten, dass der Führer eines Landes, der nicht beabsichtigt, Leben und Besitz sowie die Menschenrechte anderer zu respektieren, ein Mittel in die Hand bekäme, um andere Länder auf der Erde zu bedrohen oder zu erpressen“, so Kono.
Die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten müssten die glaubwürdige Drohung in Bezug auf militärische Machtmittel gegen Nordkorea aufrechterhalten, um die diplomatischen Anstrengungen zu unterstützen, meinte er, und fügte hinzu, dass Pjöngjang bestimmte Voraussetzungen penibel erfüllen müsse, bevor irgendwelche Gespräche beginnen könnten.
Letzte Woche deutete Trump den Beginn eines Dialogs mit Nordkorea an, nachdem Kim Jong Un von seiner Drohung, Raketen in Richtung Guam aufsteigen zu lassen, abgerückt war. Japan reicht das nicht. Tokyo möchte, dass Trump weiterhin darauf besteht, dass Pjöngjang nicht nur seine Raketen- und Atomversuche stoppt, sondern auch bestätigt, dass die Aufgabe seines derzeitigen nuklearen Arsenals auf den Verhandlungstisch kommt.
„Solange Nordkorea seine Absichten in Bezug auf eine Denuklearisierung nicht deutlich macht und dafür konkrete Schritte unternimmt, sollte es keinen Dialog geben. Diesbezüglich besteht auch mit den Vereinigten Staaten Übereinstimmung“, teilte mir Kono mit.
Kono übernahm das Amt des obersten Diplomaten Japans Anfang dieses Monats, als die Spannungen mit Nordkorea ein Ausmaß erreichten wie seit vielen Jahrzehnten nicht mehr. Sein Vater Yohei Kono war Sprecher des japanischen Unterhauses und eine führende Persönlichkeit der regierenden Liberaldemokratischen Partei.
Der ältere Kono galt als liberal; er setzte sich für bessere Beziehungen zwischen Japan und China ein. Außenminister Kono ist ein „robuster Realist“, hat anders als sein Vater eher das Image eines Falken, allerdings ohne die nationalistischen Züge, für die sein derzeitiger Chef, Premierminister Abe, bekannt ist.
Seiner Ansicht nach ist es für die Lösung der Nordkorea-Krise unerlässlich, dass China angemessen handelt; zugleich gelte dies auch umgekehrt. Seine Vorstellung ist, dass je enger die Bündnisse in Asien sind, desto mehr Aussicht besteht, auf China Druck auszuüben.
„Wenn Japan, die Vereinigten Staaten und die Republik Korea einen geeigneten Verteidigungsrahmen schaffen sowie diesen Rahmen weiter ausbauen – und China erkennt dies – dann wird es gegenüber Nordkorea aktiv werden und zugleich begreifen, dass dies in seinem eigenen Interesse ist“, so Kono.
Eingezwängt zwischen dem Vermächtnis seines Vaters und dem Schatten seines Chefs, versucht Kono seine eigene öffentliche Position abzustecken, während er gleichzeitig seinem Land dabei hilft, durch die gefährlichste Phase seiner Nachkriegsgeschichte zu navigieren. Ein Teil dieses Engagements besteht darin, Chinas militärischer Expansion im Südchinesischen Meer sowie im Ostchinesischen Meer entgegenzutreten, während man gleichzeitig China drängt, mehr zu tun, um Pjöngjang zu zügeln.
„Es ist an der Zeit, dass China sich der Auswirkungen seines eigenen Handelns auf sein Umfeld bewusst wird und dass es seine Macht zurückhaltender einsetzen sollte“, so Kono. „Länder mit großer Macht müssen erkennen, dass mit dieser Macht eine Verantwortung einhergeht, der sie gerecht werden müssen.“
Gewiss setzt Japan ganz auf die Trump-Administration vor allem auch deshalb, weil es über keine besseren Optionen verfügt. Trotzdem passen die Vision Trumps und die Vision Abes und Konos für das bilaterale Bündnis zusammen. Beide Seiten möchten, dass Japan sich zu einem eigenständigeren Bündnispartner mit einer größeren Rolle in der Region entwickelt. Beide erkennen, dass eine engere amerikanisch-japanische Kooperation der beste Weg ist, um Asien zu größerem Frieden und Wohlstand zu führen.
Bis Washington allerdings in der Lage ist, eine bessere Strategie dafür zu kommunizieren, wie man der nordkoreanischen Bedrohung sowie dem Problem China entgegentreten will, und diese auch umzusetzen, dürften sich Verbündete wie Japan weiterhin wegen ihres Setzens auf die Regierung Trump und ihrer Abhängigkeit von der Führung der Vereinigten Staaten Sorgen machen.
(c) Washington Post 2017