Botschaft von Japan
Neues aus Japan Nr.38                               Januar 2008

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Filme aus Japan

„Dinner with Murakami“

(Japan/Niederlande 2007, 53 Minuten)

 

Das Filmjahr 2007 bot gegen Ende noch ein cineastisches Kleinod, das nicht nur bekennenden Liebhabern des japanischen Schriftstelleridols Haruki Murakami zur Freude gereichen wird. Der kleine feine Film der chinesischen Dokumentarfilmerin Yan Ting Yuen bietet einen faszinierenden Einblick in die Welt des Bestsellersautors und gleichzeitig in das Japan von heute.

„Dinner with Murakami“ ist keine klassische Dokumentation, sondern eher ein verträumtes Reflektieren und anmutiges Flanieren durch eine andere Welt. Dass Haruki Murakami selbst nicht einmal in diesem Film erscheint, nimmt nicht Wunder – Insider wissen um die Öffentlichkeitsscheu des Autors. Regisseurin Yan Ting Yuen hat aus der Not eine Tugend und sich auf die Suche nach unsichtbaren Spuren des Autors gemacht. Sie sicherte Eindrücke aus Murakamis realer Welt, besuchte die Suppenküche, die einstmals Murakamis Jazzclub beherbergte, befragte Jungen und Mädchen nach Murakamis Werken, ließ einen Schäfer, einen Wanderer und eine Psychologin „ihren“ Murakami zitieren. Auf einfühlsame Weise ist es ihr damit gelungen, das „nani ka“, das bestimmte Etwas von Murakamis Prosa, in Japans Alltag zu entdecken. Der Film hat die Stimmung der Texte Murakamis, der in seinen Büchern immer auf der Suche nach der anderen Welt neben der Realität ist, und wird somit zu einer wunderbare Interpretation der Gedankenwelt des Autors durch seine Leser. So scheint für den Zuschauer die Zeit still zu stehen, wenn Passanten, Literaturkritiker oder Kinder ihre bevorzugten Passagen aus Murakamis Texten vorlesen.

Haruki Murakamis Bücher wurden weltweit millionenfach verkauft; er ist in den USA ebenso erfolgreich wie in Europa und seiner Heimat. Die befragten japanischen Schulkinder vermuteten, es liege daran, dass er so „unjapanisch“ sei. Sein Geheimnis liegt wohl darin, dass er sich nicht vereinnahmen und damit Raum lässt, seine individuelle Gedankenwelt überall auf der Welt anders zu interpretieren.

Auch wenn es Yan Ting Yuen erwartungsgemäß nicht gelungen ist, mit Murakami zu Abend zu essen – zumindest wissen wir jetzt, dass er die Insignien der japanischen Geschäftswelt, wie Krawatten und Visitenkarten, verschmäht, Ramen und Basecaps verabscheut und wir ihn offenbar, wenn überhaupt, nur mit einem Gericht locken könnten: Spaghetti.


 

Fazit:

Skurrile Lesereise durch Japan. Studenten, Professoren, Wanderer und Schäfer sprechen über die Bedeutung Murakamis für ihre Identität und interpretieren damit das moderne Japan auf liebenswert murakamieske Weise. Sehenswert.

 
 
 

 
 

J.G. (Diese Rezension stellt eine individuelle Meinung dar und vertritt nicht die offizielle Haltung der Botschaft von Japan)    
 

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