
Filme aus Japan
Pyuupiru 2001-2008
(Japan 2009, 72 Minuten)
Am 24. Oktober dieses Jahres ging das 3. Asian Hot Shots Berlin – Festival für Film und Video Art zu Ende. Mit dem Fokus Singapur präsentierte das Festival fünf Tage lang an seinem neuen Spielort, dem „Moviemento“ in Berlin-Kreuzberg, zahlreiche Filme aus dem asiatischen Raum, die ca. 4000 Zuschauer anlockten. Im Japanprogramm liefen vier Lang- und sechs Kurzfilme. Unter ihnen die Dokumentation von Daishi MATSUNAGA, der seinem Freund und Mixed-Media-Künstler Pyuupiru ein rührendes Porträt widmete.
Über einen Zeitraum von acht Jahren begleitete Regisseur Daishi MATSUNAGA den 35-jährigen Tokyoter Künstler, der sich in diesem Zeitraum einer schrittweisen Geschlechtsumwandlung unterzog und auf faszinierende wie erschreckende Weise seinen Körper zu einem puppenhaften schönen, asexuellen Kunstwerk stilisierte. Neben dieser physischen Transformation beobachten wir die emotionalen und psychischen Wandlungen, die Pyuupiru durchlebt. Ist er zu Beginn der Dokumentation noch ein relativ unscheinbarer, scheuer, homosexueller Mann, tritt uns am Ende ein androgynes Fantasiewesen gegenüber, das sich als Performance-Künstler etabliert hat, in seinem Inneren jedoch noch immer verstört und unsicher ist. Es ist MATSUNAGAs sensible Annäherung an seinen exotischen Freund zu verdanken, dass der Film trotz aller körperlichen wie emotionalen Nähe nie voyeuristisch wirkt und uns Zuschauern auf diese Art ein einmaliges Porträt eines einmaligen Menschen vermittelt.
Die handgestrickten, farbenprächtigen Kostüme, mit denen Pyuupiru sich in faszinierende Fabelwesen verwandelt, sind erste Schritte in eine neue Identität als Künstler, die Pyuupiru mit Entschlossenheit und Radikalität zelebriert. Es ist offenbar seine Kunst, durch die er sich verständlich machen kann und die ihm den Respekt einbringt, den man ihm als Menschen oft verwehrt. Rührend in diesem Sinne die Eltern des Künstlers, die bei allem anfänglichen Unverständnis über die Exzentrik ihres Sohnes wohlwollend und liebend sind und sich schlussendlich anhand der faszinierenden Installation mit zehntausenden goldenen Kranichen und seiner überaus erfolgreichen Performance auf der Yokohama Triennale 2006 so offensichtlich stolz und ihrem Sohn verbunden zeigen.
Bei aller Exotik im Gebaren und aller Radikalität in der Nutzbarmachung von plastischer Chirurgie, Hormonbehandlung und Aufmerksamkeit heischender Fashion – Pyuupirus verzweifelte Suche nach Liebe und einem Gefährten, in einer Welt, die ihm kühl und abwartend gegenüber tritt, eint ihn mit uns allen im universellen Streben nach Glück und Geborgenheit. Seine Verletzlichkeit und Ehrlichkeit sind anrührend und mutig. Seine Kunst ist provozierend und überbordend kreativ. Man wünscht ihm alles erdenklich Gute auf seinem Weg und würde gern wissen, wie es ihm wohl weiter ergehen wird. Aber da können wir vermutlich nur abwarten. Auf Daishi MATSUNAGA und das nächste Asian Hot Shot Festival.

Fazit:
Rührend emotionales Porträt eines transsexuellen Pop-Art-Künstlers, den Daishi MATSUNAGA über acht Jahre hinweg mit seiner Kamera begleitete. Für jene, die sich einlassen können.
*J.G. (Diese Rezension stellt eine individuelle Meinung dar und vertritt nicht die offizielle Haltung der Botschaft von Japan)