
Japans Außenpolitik an einem historischen Scheidepunkt
Vortrag von Premierminister Naoto Kan im Teikoku Hotel, Tokyo, am 20.01.2011
Die heutige Gelegenheit zu diesem außenpolitischen Vortrag wurde mir in großzügiger Weise vom International Friendship Exchange Council und insbesondere von dessen Präsidenten Herrn Chihiro Kanagawa sowie weiteren beteiligten Personen zuteil.
Es muss nicht ausdrücklich betont werden, dass Außenpolitik in jeder Ära von großer Bedeutung ist. Nun befindet sich die Welt in einer neuen Ära, die man wahrhaftig als einen historischen Scheidepunkt bezeichnen kann, und durch welche die Außenpolitik für Japan und für die Welt zunehmend allergrößte Bedeutung erlangt.
Trotz dieser Tatsache bestehen für mich als Premierminister nicht allzu viele Gelegenheiten, um mich mit dem Fokus auf die Außenpolitik unmittelbar an die Öffentlichkeit zu wenden. Gleichzeitig denke ich, dass es in hohem Maße wichtig ist, eine solche Gelegenheit zu ergreifen, um der Welt meine Ansichten und Japans Vorgehen offenzulegen. Diese Überlegungen führten dazu, dass ich nun zu Beginn dieses Jahres diesen Vortrag halte und ich heute vor Ihnen stehe. Nächste Woche beginnen im Parlament die neuen Sitzungswochen und dort werde ich eine Rede halten, die zu gleichen Teilen einheimische und internationale Themen behandelt. Heute aber möchte ich Ihnen meine Überlegungen einschließlich meiner ganz persönlichen Auffassungen mit dem Fokus auf die Themen Außenpolitik und Sicherheit darlegen.
Ich vermute, dass Sie alle gemeinsam die Auffassung teilen, dass sich im Vergleich zur bipolaren Struktur der früheren Jahre, als sich die Vereinigten Staaten und die Sowjetunion gegenüberstanden, diese Ära des 21. Jh. erheblich komplexer gestaltet. Insbesondere in den letzten Jahren konnten wir den Aufstieg einer Reihe von Schwellenländern wie China und Indien beobachten, was nun zu einem großen Wandel in Bezug auf das globale Machtgleichgewicht führt. So erwirtschaftete vor 20 Jahren die Gruppe der sieben führenden Industriestaaten (G7) mit 68% mehr als zwei Drittel des weltweiten BIP. Dieser Wert liegt heute bei 53%, oder etwa die Hälfte des weltweiten BIP, und die als G20 bekannte Staatengruppe hat dramatisch an Einfluss gewonnen.
Während wir mit dem Begriff „Globalisierung“ bereits seit einer Reihe von Jahren vertraut sind, hat die zusätzliche Entwicklung der IT-Technologien u.Ä. zu einem bisher nicht erlebten Wandel in der Welt geführt, während sich die Finanzen und eine Vielzahl wirtschaftlicher Beziehungen nun grenzüberschreitend gestalten und wie ein feines Maschennetz miteinander verknüpft sind. Wie Wikileaks deutlich macht, befinden wir uns nun in einer Ära, in der sich unterschiedlichste Informationen von einem Moment auf den anderen über den ganzen Globus verbreiten und sogar unmittelbar und sofort die Politik in verschiedenen Ländern beeinflussen.
Darüber hinaus sind auch grenzübergreifende terroristische Aktivitäten sowie globale Umweltfragen oder die Sorgen in Bezug auf die biologische Vielfalt zu Themen von großer Bedeutung geworden. Vor diesem Hintergrund bietet uns sowie der ganzen Welt die heutige Zeit mit ihrer Globalisierung große Möglichkeiten, verursacht aber auch große Unsicherheiten. An dieser Tatsache ist nichts zu ändern. Werden wir in einer Ära wie dieser in der Lage sein, das Beste aus unseren Möglichkeiten zu machen? Und werden wir in der Lage sein, die Risiken, die sich aus den Unsicherheiten ergeben, zu begrenzen und zu überwinden? Ich denke, dass die Außenpolitik von uns heute größere konzeptuelle Fähigkeiten sowie mehr Reaktionsvermögen erfordert als zuvor.
In einer solchen Ära, zu Beginn des 21. Jh., möchte ich Ihnen meine Überlegungen in Bezug auf die Außenpolitik und nationale Sicherheit darlegen und mich dabei an fünf Pfeilern orientieren. Der erste dieser Pfeiler ist die japanisch-amerikanische Allianz als Eckstein der Außenpolitik Japans. Der zweite ist die Entwicklung neuer außenpolitischer Beziehungen zu Asien, der dritte die Förderung der Außenwirtschaftspolitik, der vierte das globale Engagement und der fünfte Pfeiler ist Japans eigene Antwort auf das sicherheitspolitische Umfeld, das unser Land umgibt. Ich werde diese Pfeiler nun der Reihe nach behandeln.
Der erste Pfeiler: Die japanisch-amerikanische Allianz als Eckstein der Außenpolitik Japans
In Bezug auf den ersten Pfeiler, die japanisch-amerikanische Allianz als Eckstein der Außenpolitik Japans, denke ich, dass wir hierüber nicht zu ausführlich sprechen müssen. Die Beziehungen zu den Vereinigten Staaten bilden Japans wichtigste bilaterale Beziehungen. Gleichzeitig sehe ich diese Allianz nicht nur als Beziehungen, die für uns von großer Bedeutung sind und von denen sowohl Japan als auch die Vereinigten Staaten profitieren, sondern auch als ein Element der Stabilität in der Region Asien-Pazifik. Daher kommt diesen Beziehungen als „öffentliches Gut“ ein hoher Stellenwert zu. In diesem Licht betrachtet hat die überwältigende Mehrheit der japanischen Öffentlichkeit das japanisch-amerikanische Bündnis in den letzten 65 Jahren seit dem Ende des Krieges aktiv unterstützt, und diese Beziehungen müssen, unabhängig von Regierungswechseln, meiner Ansicht nach weiterhin aufrechterhalten und verstärkt werden.
Die japanisch-amerikanische Allianz beinhaltet mehr als nur nationale Sicherheitsaspekte. Es ist unbedingt erforderlich, dass wir die Vertiefung dieses Bündnisses in einem breiten Spektrum von Bereichen weiter vorantreiben, einschließlich wirtschaftlicher Aspekte sowie auch eines Austausches von humanen Ressourcen und Kultur. Menschliche Beziehungen ähneln Bündnissen; daher könnte man meinen, dass eine gute Beziehung, einmal eingegangen, ewig hält. Tatsächlich sind aber auf beiden Seiten Anstrengungen notwendig, um eine gute Beziehung zu bewahren. Ich bin seit vierzig Jahren verheiratet, und sollte ich es jemals unterlassen, mich für unsere Beziehung einzusetzen, würde mich meine Frau dies sofort spüren lassen.
Aus diesem Blickwinkel betrachtet dürfen wie niemals vergessen, dass im Kontext des japanisch-amerikanischen Bündnisses Angehörige der Selbstverteidigungsstreitkräfte und der US-Marines, vielleicht noch junge Menschen unter zwanzig, sich darauf vorbereiten müssen, ihr Blut zu vergießen, wenn ein Ernstfall eintreten sollte. Ich möchte dieses Verständnis dafür nutzen, mich für die weitere Vertiefung des Bündnisses zwischen Japan und den Vereinigten Staaten einzusetzen. In der ersten Hälfte dieses Jahres werde ich die Vereinigten Staaten besuchen. Dabei möchte ich gemeinsam mit Präsident Obama eine Vision gestalten, mit der wir die Vertiefung der japanisch-amerikanischen Allianz im 21. Jh. erfolgreich verwirklichen können.
Ich bin der Überzeugung, dass es mit Blick auf die Vertiefung dieses Bündnisses sehr wichtig ist, uns beharrlich auch mit dem Problem der Verlegung des Flugplatzes Futenma auf Okinawa zu befassen. Ich möchte mich an dieser Stelle erneut für die Konsequenzen im Zusammenhang mit dem Futenma-Problem entschuldigen, die zu großer Verwirrung unter den Menschen von Okinawa geführt haben, oder auch für die tiefe Verletzung ihrer Gefühle dadurch. Ich habe vergangenen Monat Okinawa besucht und hatte dabei Gelegenheit, erneut über die Leiden der Bewohner dieser Insel nachzudenken. Auch heute noch konzentrieren sich 74% aller US-Stützpunkte in Japan auf Okinawa, was für viele Menschen auf dieser Insel eine große Belastung bedeutet. Auch wenn seit der Rückgabe Okinawas an Japan die japanischen Hauptinseln eine Verringerung der Zahl der US-Stützpunkte in erheblichem Umfang erfahren haben, gab es bis heute auf Okinawa nur wenige Abzüge und Schließungen. Als Politiker fühle ich, dass diese Situation für die Menschen von Okinawa zutiefst bedauerlich ist und ich schäme mich sehr dafür.
Gleichzeitig bestehen nach wie vor extrem herausfordernde Risiken für das gegenwärtige Sicherheitsumfeld in Asien, etwa das Problem der Entwicklung von Kernwaffen durch Nordkorea. Um Japans nationale Sicherheit zu gewährleisten, müssen wir am Japanisch-Amerikanischen Sicherheitsvertrag festhalten sowie auch an der Notwendigkeit der Präsenz von US-Streitkräften in Japan.
Daher müssen wir zu einem möglichst frühen Zeitpunkt das Risiko ausräumen, das der Flugplatz Futenma, der sich mitten in einem dicht besiedelten Gebiet befindet, darstellt. Zusätzlich dazu möchte ich mich nachdrücklich für die Umsetzung der Verlegung von rund 8.000 US-Marines, die derzeit auf Okinawa stationiert sind, sowie ihrer 9.000 Familienangehörigen nach Guam sowie für die Rückgabe von Einrichtungen und Flächen südlich Kadena einsetzen, was zu einer Verringerung der Belastung Okinawas durch die Militärstützpunkte führen wird.
Insoweit die Präsenz der US-Stützpunkte auf Okinawa zur Sicherheit von Japan als Ganzes beiträgt, müssen wir uns unermüdlich dafür einsetzen, damit die Bevölkerung insgesamt die Schmerzen und Leiden trägt, die nun von den Menschen Okinawas getragen werden. Heute haben Japan und die Vereinigten Staaten vereinbart, einen Teil der militärischen Übungen, die derzeit in Kadena durchgeführt werden, nach Guam zu verlegen. Bei allen möglichen Gelegenheiten, einschließlich der heutigen, möchte ich an die Bevölkerung, die außerhalb von Okinawa lebt, appellieren, um ihr Verständnis und ihre Mitwirkung in Bezug auf ein Teilen der Belastungen durch die US-Stützpunkte zu erreichen.
Der zweite Pfeiler: Die Entwicklung neuer außenpolitischer Beziehungen zu Asien
Als Nächstes werde ich als zweiten Pfeiler die Außenpolitik in Bezug auf Asien behandeln.
Die Region Asien-Pazifik ist geprägt von einer großen Vielfalt, unter anderem in Bezug auf das Niveau der wirtschaftlichen Entwicklung, in Bezug auf Ethnien und Völker sowie in Bezug auf Werte. Trotz dieses Hintergrunds ist die Region heute bereit, selbst nach Maßstäben der Weltgeschichte einen bedeutenden Sprung nach vorn zu machen. Was als wirklich entscheidend für die langfristige Entwicklung der Region gilt, ist die Schaffung kooperativer Rahmenwerke und nicht die Form des Konfliktes, damit die Vielfalt dieser Region als Quelle für Vitalität und Dynamik dienen kann. Um dies zu erreichen, ist es für Japan notwendig, sich aktiv für die Förderung der Zusammenarbeit zwischen den Ländern in der asiatisch-pazifischen Region einzusetzen. Dazu zählen u.a. China, die Republik Korea, Russland, die Mitglieder der ASEAN, Australien, Indien und auch die Vereinigten Staaten.
Zusätzlich zu diesen kooperativen Beziehungen ist es meine Absicht, dass Japan die regionalen Kooperationsrahmen einschließlich APEC, Ostasiengipfel und das ASEAN Regionalforum dafür nutzt, die vielschichtigen kooperativen Beziehungen weiter auszubauen. Wenn Japan sich für die Schaffung eines offenen Netzwerkes einsetzt, wird dies auch für unser Land selbst von Vorteil sein, aber ich denke, dass dies auch zur Gestaltung von Beziehungen führen wird, von denen die Staaten der Region Asien-Pazifik insgesamt profitieren werden.
Nun möchte ich über Japans Beziehungen zu einzelnen Ländern sprechen.
Lassen Sie uns als erstes auf unsere Beziehungen zu China schauen. In den letzten Jahren spielt China, das auf dramatische Weise in den Vordergrund gerückt ist, eine zunehmend wichtiger werdende Rolle sowohl für die Welt insgesamt als auch für die Region. Gleichzeitig gibt es in Bezug auf China Bereiche innerhalb der Stärkung seiner nationalen Verteidigung, denen es an Transparenz mangelt; und seine zunehmenden maritimen Ambitionen erfüllen uns mit Sorge. Die Zwischenfälle im vergangenen Jahr waren äußerst bedauerliche Vorkommnisse.
Allerdings standen Japan und China während der ganzen Geschichte dieser beiden Nationen als benachbarte Länder, die nur durch einen schmalen Streifen Wasser voneinander getrennt sind, in einem ständigen Austausch miteinander, mit Sicherheit seit den Anfängen der japanischen Geschichte vor rund 2000 Jahren. Während es zu einer bestimmten Zeit eine unglückliche Periode zwischen beiden Ländern gab, haben wir während unserer langen Geschichte doch auch einen aktiven Austausch auf einem breiten Spektrum von Gebieten, einschließlich Politik, Wirtschaft und Kultur unterhalten.
Insbesondere steht in diesem Jahr das 100-jährige Jubiläum der Xinhai-Revolution an, mit der China seinen Weg der Modernisierung begann. Sun Yatsen, der als Vater des modernen China bezeichnet werden kann, und andere Persönlichkeiten mit engen Beziehungen zu Japan haben in dieser Revolution eine wichtige Rolle gespielt. Der Japaner Shokichi Umeya unterstützte Sun Yatsen und verschrieb sich als enger Freund ganz dem Werk Sun Yatsens. Diese Beziehung ist nicht nur in Japan sondern auch in China wohl bekannt.
Angesichts dieser Geschichte denke ich, dass es für uns notwendig ist, sich noch mehr für die Vertiefung der Beziehungen zwischen beiden Ländern einzusetzen und uns dabei nicht auf Gebiete wie Politik oder Sicherheit und auch nicht auf die Wirtschaft zu beschränken, sondern auch den kulturellen Bereich einzubeziehen, den ganzen Bereich der Wirtschaft sowie auch den gegenseitigen Austausch von Mensch zu Mensch. In diesem Zusammenhang teilen unsere beiden Länder die Verantwortung als wichtige international agierende Mächte sowohl in Asien als auch insbesondere in der Welt. Indem wir diese Beziehungen pflegen, möchte ich unsere „Beziehungen zum gegenseitigen Nutzen auf der Grundlage gemeinsamer strategischer Interessen“ weiter vertiefen. Um dies zu erreichen, möchte ich nicht nur einen Heißen Draht zwischen den Führern unserer beiden Länder einrichten, sondern auch den Austausch zwischen den Regierungsparteien und, wie ich bereits angeführt habe, den unmittelbaren Austausch zwischen den Menschen weiter ausbauen.
Als Nächstes möchte ich über eine neue Ära in den Beziehungen zwischen Japan und der Republik Korea (Südkorea) sprechen.
Die Beziehungen zwischen Japan und der Republik Korea sind derart, dass eine ganze Reihe von Städten in unseren beiden Ländern durch reguläre Flüge miteinander verbunden sind, so dass man an einem Tag bequem eine Rundreise durchführen könnte; unsere Länder sind so zu einer „Ein-Tages-Kultursphäre“ geworden. Zusätzlich zur Nähe unserer traditionellen Kulturen und unserer Sprachen gab es in den letzten Jahren ein auf Gegenseitigkeit beruhendes Interesse an den kulturellen Trends in beiden Ländern, einschließlich solcher Gebiete wie Mode oder Anime. Das Gefühl der Verbundenheit zwischen den Menschen in beiden Ländern ist in seiner Stärke ohne Beispiel in unserer Geschichte. Die Republik Korea ist heute Japans nächster Nachbar, sowohl dem Namen nach als auch in der Realität.
Im vergangenen Jahr jährte sich die Annexion der koreanischen Halbinsel durch Japan zum 100. Mal. Unter der Kolonialherrschaft wurden die Menschen in Korea ihres Landes und ihrer Kultur beraubt; ihr Stolz wurde tief verletzt. In einer Erklärung als Premierminister habe ich im letzten Sommer erneut meine aufrichtigen Gefühle des Bedauerns und der ehrlichen Entschuldigung angesichts dieses Leides ausgesprochen. Auf der Grundlage der so zum Ausdruck gebrachten Geisteshaltung haben sich Japan und Korea für eine neue Zusammenarbeit ausgesprochen, die den Blick auf die Zukunft richtet. Im Umfeld der koreanischen Halbinsel bestehen regionale Sicherheitsfragen, einschließlich der Versenkung des südkoreanischen Patrouillenbootes „Cheonan“ im März letzten Jahres, sowie auch Fragen, die mit der fortschreitenden Liberalisierung zwischen Japan und der Republik Korea im Zusammenhang stehen. Ich denke, dass dies Fragen sind, die wir in kooperativer Weise lösen müssen, da die Rolle, die Japan und die Republik Korea für die Erreichung ihrer Ziele in der Region und in der Staatengemeinschaft spielen, zunehmend größer wird.
Seit ich im Juni letzten Jahres das Amt des Premierministers antrat, bin ich bereits dreimal mit Präsident Lee Myung-bak zusammengetroffen und habe dreimal mit ihm telefoniert. Dabei haben wir auch auf privater Ebene miteinander gesprochen. Zusammen mit Präsident Lee möchte ich mich weiter dafür einsetzen, konkrete Formen der Kooperation zwischen Japan und der Republik Korea auf den unterschiedlichsten Gebieten zu gestalten, während wir entschlossen tiefe und von Vertrauen geprägte Beziehungen unterhalten. Auf diese Weise möchte ich eine neue Ära in den Beziehungen zwischen Japan und der Republik Korea gestalten.
Gleichzeitig gibt es die Situation in Nordkorea.
Im November letzten Jahres wurde die südkoreanische Insel Yeonpyeong von Nordkorea mit Artillerie angegriffen. Zur selben Zeit gab Nordkorea eine Erklärung in Bezug auf seine Aktivitäten zur Urananreicherung heraus, die unmittelbar mit der Entwicklung von Kernwaffen verknüpft sind. Beide Vorkommnisse bedrohen den Frieden und die Stabilität nicht nur der Region Nordostasien, sondern der ganzen Welt. Mit Blick auf diese Nuklear-, Raketen und Sicherheitsfragen hat Japan seine Zusammenarbeit mit der Republik Korea verstärkt. Dies gilt auch für die Zusammenarbeit zwischen Japan und den Vereinigten Staaten sowie auch für die Kooperation zwischen Letzteren und der Republik Korea. Japan hat Nordkorea aufgefordert, derartige Provokationen zu unterlassen und die Aufgabe aller Kernwaffen und bestehenden Nuklearprogramme in Angriff zu nehmen, wie es in der Gemeinsamen Erklärung der Sechs-Parteiengespräche von 2005 vereinbart wurde. Japan strebt nach einer umfassenden Lösung der noch ausstehenden Fragen, einschließlich der Entführungen sowie der Nuklear- und Raketenfrage, eine Normalisierung seiner diplomatischen Beziehungen mit Nordkorea an sowie eine Bereinigung der unglücklichen Vergangenheit auf der Grundlage der Erklärung von Pyongyang zwischen Japan und der DVRK. Die Frage der Entführungen betrifft unmittelbar die nationale Souveränität Japans. Vor kurzem konnte ich persönlich mit Familienangehörigen von Entführten sprechen, und ich habe dabei meine Entschlossenheit bekräftigt, eine rasche Lösung der Entführungsfrage anzustreben. Ich werde nichts unversucht lassen, um allen Entführten so schnell wie möglich die Rückkehr nach Japan zu ermöglichen.
Mit Blick auf unsere Beziehungen zu Russland werden wir uns beharrlich für Verhandlungen in Übereinstimmung mit unserer grundlegenden Politik einsetzen, bei der Lösung der Frage der Zugehörigkeit der Nördlichen Territorien, die souveränes Staatsgebiet Japans sind, einen Friedensvertrag abzuschließen. Die Territorialfrage muss meiner Überzeugung nach auf der Grundlage des Sammelns aller möglichen Informationen und Innenansichten erfolgen und bedarf eines „gesamtjapanischen“ Ansatzes. Präsident Medwedjew und ich sind übereingekommen, die Beratungen für eine Lösung der Territorialfrage voranzubringen sowie auch Beratungen zur Ausweitung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zu führen; dies schließt Zusammenkünfte auf höchster Ebene mit ein. Ich bin der Auffassung, dass es wichtig ist, mittels dieser Beratungen die russische Regierung zu der Erkenntnis zu führen, dass die Lösung der Territorialfrage für Russlands eigene langfristige nationale Interessen enorm wichtig ist. Ich glaube, dass diese Art von Entwicklung ein wünschenswerter Schritt nach vorn wäre, und ich werde mich dafür einsetzen, dass die kooperativen Beziehungen zwischen Japan und Russland weiter ausgebaut werden.
Japan ist selbstverständlich ein maritimer Staat, der auf allen Seiten vom Meer umschlossen ist. Unser Land ist mit einem überaus fruchtbaren Teil der Meeresgebiete Asiens und des Pazifik gesegnet. Diese Meeresgebiete sind zugleich eine Quelle für den Reichtum der Region insgesamt. Gleichzeitig hat dieser Reichtum in den vergangenen Jahren zu einer erheblichen Zunahme von Konflikten in Bezug auf maritime Interessen geführt, und wir können nicht die Tatsache ignorieren, dass diese Konflikte eine Quelle regionaler Instabilität bilden. Japan wird in offener und fairer Weise für seine Rechte eintreten und dabei die Initiative ergreifen, um Regeln in Bezug auf das Meer zu erstellen sowie weitere Maßnahmen treffen, um Konflikten noch vor ihrem Ausbrechen vorzubeugen, damit diese Region Asien-Pazifiks weiterhin ein „Meer des Friedens“ sein kann.
Ich möchte mich zudem aktiv für die Schaffung gemeinsamer Regeln einsetzen, um nicht nur die freie Schifffahrt auf den Meeren zu regeln, sondern auch das geistige Urheberrecht sowie den Weltraum, Cyberspace und andere neue öffentliche Bereiche. Hierbei möchte ich ein aus zahlreichen Facetten bestehendes Netzwerk in der asiatisch-pazifischen Region nutzen.
Der dritte Pfeiler: Die Förderung der Außenwirtschaftspolitik
Als dritten Pfeiler möchte ich nun über die Förderung der Außenwirtschaftspolitik sprechen. In Japan ist zunehmend der Trend zu beobachten, den eigenen Blick nach innen zu richten; deutlich wird dies durch die sinkende Zahl junger Menschen, die im Ausland studieren wollen. Als ich mein Kabinett im Juni letzten Jahres zusammenstellte, fühlte ich eindringlich die Notwendigkeit, das Gefühl des Feststeckens in einer Sackgasse zu überwinden, das in Japan seit fast zwanzig Jahren herrscht, um so Japan neue Kraft einzuflößen. Der Schlüssel hierfür ist das Öffnen des Landes sowohl in psychologischer als auch in wirtschaftlicher Hinsicht. Japan öffnete sich vor 150 Jahren während der Meiji-Restauration und dann erneut vor 65 Jahren nach seiner Niederlage im Krieg. Unser Land machte in jeder dieser Perioden neue Fortschritte. Heute nun streben wir eine Öffnung Japans im 21. Jh. an. Indem wir dieses Jahr zum ersten Jahr für die Öffnung Japans in diesem Jahrhundert festsetzen, werde ich mich dafür einsetzen, diese Öffnung Wirklichkeit werden zu lassen. Dies ist der grundlegende Leitgedanke für mein Kabinett in diesem Jahr. Ich bin der Überzeugung, dass wir auf diesem Gebiet voranschreiten müssen, denn davon hängt das weitere Schicksal Japans ab.
Während bei der Öffnung Japans viele Aspekte eine Rolle spielen, möchte ich mich hier insbesondere auf den ökonomischen Aspekt konzentrieren, d.h. die Beschleunigung der Liberalisierung von Handel und Investitionen sowie des Austausches von humanen Ressourcen. Wir werden uns mittels des Abschlusses der Doha-Runde der Verhandlungen im Rahmen der WTO für die Stärkung der Regeln zum internationalen Handel einsetzen sowie umfassende Wirtschaftspartnerschaften fördern. Ich halte dies für die beste Vorgehensweise für Japan und die Welt, um gegenseitigen Wohlstand zu erzielen, und ich möchte in dieser Angelegenheit weiter voranschreiten. Darüber hinaus werden wir in stetiger Weise die Abkommen über die Wirtschaftspartnerschaft umsetzen, die wir im vergangenen Jahr mit Indien und Peru abgeschlossen haben. Wir werden unsere Verhandlungen mit Australien beschleunigen, und wir sind bestrebt, Verhandlungen über Abkommen für Wirtschaftspartnerschaften mit der EU, der Republik Korea und der Mongolei aufzunehmen. Ich beabsichtige zudem, die gemeinsamen Studien für ein Freihandelsabkommen zwischen Japan, China und der Republik Korea weiter zu fördern.
Zusätzlich dazu haben wir in Bezug auf das Abkommen über eine Transpazifische Partnerschaft (TPP) in Japan selbst bereits mit Untersuchungen begonnen, ob wir den Beratungen über dieses Abkommen beitreten sollen, und wir führen unsere Konsultationen mit den Vereinigten Staaten und anderen beteiligten Staaten fort. Ich möchte um den Juni dieses Jahres herum festlegen, ob sich Japan an Verhandlungen beteiligen wird, die auf eine Teilnahme an diesem Abkommen abzielen. Auch die Senkung der effektiven Körperschaftssteuer um 5% wurde mit Blick auf eine Öffnung unseres Landes beschlossen.
Im Zusammenhang damit stellt auch die Wiederbelebung der Landwirtschaft eine dringende Aufgabe dar. Das Durchschnittsalter der japanischen Landwirte liegt bei 66 Jahren, und die Flächen, auf denen der Anbau eingestellt wurde, belaufen sich heute auf 400.000 Hektar; das entspricht der Fläche der Präfektur Saitama. Als Folge davon wird – unabhängig davon, ob der Handel liberalisiert wird oder nicht – der Niedergang der japanischen Landwirtschaft weitergehen. Ich möchte eine Reform für den Agrarsektor durchführen, die sich vom Schutz der Landwirtschaft, also vom bisher verfolgten Ansatz, verabschiedet. Beispielsweise würden Landwirte Reis und Gemüse anbauen. Aber sie würden diese Produkte nicht nur anbauen, sondern sie auch an die Verbraucher liefern und in einigen Fällen sogar über Restaurants an eine große Zahl von Menschen. Ich möchte die Reform der Landwirtschaft umsetzen, indem ich mich an eine unterstützende Haltung orientiere, einschließlich des Wandels hin zum eben beschriebenen Szenario oder zu einer Industrie sechster Ordnung, sowie indem wir junge Menschen dazu ermuntern, sich voller Hoffnungen der Landwirtschaft zu verschreiben. Um einen neuen Begriff zu prägen, wird dies „eine Öffnung Japans im 21. Jh. sein, die der Landwirtschaft einen hohen Stellenwert beimisst“. Ich hoffe, dass Sie mich bei diesem Engagement unterstützen werden.
Beim APEC-Gipfel im vergangenen November, dem ich vorstand, einigten sich die führenden Politiker auf ausgewogenes Wachstum, inklusives Wachstum, nachhaltiges Wachstum, innovatives Wachstum sowie sicheres Wachstum. Auf dieser Grundlage werde ich mich zudem dafür einsetzen, die Bildung der Asiatisch-Pazifischen Freihandelszone (FTAAP) als ein mittel- und langfristiges Projekt zu unterstützen. Wir setzen uns zudem für die weitere Liberalisierung des Luftraumes ein. Erst gestern haben wir einen neuen Weg dazu eröffnet, indem wir ein Abkommen zur Umsetzung einer „Open Skies“-Vereinbarung mit Singapur erreicht haben. Wir haben bereits im letzten November ein umfassendes Open Skies-Abkommen mit den Vereinigten Staaten sowie Ende Dezember ein Abkommen mit der Republik Korea unterzeichnet. Ich denke, dies ist ein Beweis dafür, dass Japan sich derzeit stetig in Richtung einer Öffnung des Landes bewegt.
Erlauben Sie mir zudem kurz auf den Export von Infrastruktur durch die enge Zusammenarbeit von öffentlichem und privatem Sektor einzugehen. Für eine beträchtliche Zahl von Schwellenländern wird die Infrastruktur den wichtigsten Schlüssel für weiteres Wachstum und eine anhaltende Entwicklung in der Zukunft bilden.
Gleichzeitig ist Japan im Besitz der Technologien, die für die Entwicklung der Infrastruktur erforderlich sind, und verfügt zudem über das notwendige Kapital.
In diesem Lichte betrachtet wird sich die feste Verknüpfung sich gegenseitig ergänzender Beziehungen zwischen den Schwellenländern und Japan als recht bedeutsam sowohl für die Entwicklung der Schwellenländer als auch für Japan erweisen, das auf diese Weise die Dynamik dieser Länder unterstützt.
Im vergangenen Jahr kam ich dreimal mit dem vietnamesischen Premierminister Dung zu Gesprächen zusammen. Ich denke, dass diese Gespräche gute Früchte gezeitigt haben. Im letzten Oktober erhielt Japan seinen ersten internationalen Auftrag auf dem Gebiet der Kernkraft für den Bau von Reaktoren am zweiten Standort für Kernkraftwerke in Vietnam. Zudem konnten wir kürzlich einen Vertrag im Bereich Seltene Erden aktualisieren. Auch für kommende Großprojekte werden die Mitglieder meines Kabinetts in großer Zahl ins Ausland reisen, um Japans Stärken auf höchster Ebene aktiv anzupreisen. Ich werde mich aktiv dafür einsetzen, die verschiedenen Bereiche, in denen Japan über große Expertise verfügt, mit der weiteren Entwicklung der aufstrebenden sowie der bereits entwickelten Länder zu verknüpfen, um die Dynamik in diesen Ländern mit Japan zu verbinden.
Bei diesen Bereichen kommt insbesondere der Sicherung der natürlichen Ressourcen eine außerordentlich große Bedeutung zu. Seltene Erden oder andere mineralische Ressourcen gewinnen zunehmend an Wichtigkeit, da sie u.a. für Industrien benötigt werden, die sich mit der Entwicklung von Energieformen der nächsten Generation befassen.
Wir haben in den mit zahlreichen Ländern geführten Beratungen über die gemeinsame Erschließung von Ressourcen Fortschritte erreicht, beispielsweise nicht nur mit Vietnam im vergangenen Jahr, sondern auch mit Ländern wie Indien, Mongolei, Kasachstan, Kanada und Australien.
Etwas, das mich besonders beeindruckt hat, waren die Gespräche mit dem Präsidenten von Bolivien. Er sagte, er wolle gerne die Lithium-Ressourcen in seinem Land verstärkt nutzen und diese der Welt anbieten, da Bolivien über etwa die Hälfte der Lithium-Vorkommen weltweit verfüge. Ich antwortete, dass ich gerne Experten für die Technologie der Lithium-Batterien nach Bolivien entsenden würde, und der Präsident sagte, er würde dies außerordentlich begrüßen.
Zusätzlich dazu hat die Universität Kyoto zwei junge Studierende aus Bolivien aufgenommen, die sich nun mit Studien zu den Technologien auf diesem Gebiet befassen. Ich hoffe diesbezüglich, dass wir Beziehungen gestalten können, bei denen nicht nur Japan alleine in den Genuss von Vorteilen kommt, indem es etwas von diesen Ländern erwirbt. Vielmehr möchte ich Beziehungen gestalten, die auch diesen Ländern nutzen, während sie gleichzeitig den Interessen Japans dienen.
Der vierte Pfeiler: Das Engagement in Bezug auf globale Aufgaben
Ich möchte nun als vierten Pfeiler das Engagement zur Lösung globaler Aufgaben anführen. Ich denke, dass es verschiedene Bereiche innerhalb der Außen- und Sicherheitspolitik gibt, die dringend eines internationalen Beitrags Japans auf globaler Ebene bedürfen.
Insbesondere hatte ich seit meinem Amtsantritt als Premierminister im vergangenen Jahr die Gelegenheit, führende Politiker aus zahlreichen Ländern zu sprechen. Dabei wurde mir oft von Politikern aus Entwicklungsländern in Afrika, im Mittleren Osten, in Südostasien und in Lateinamerika gedankt, die mir erklärten, Japans über viele Jahre gewährte offizielle Entwicklungshilfe zusammen mit seiner wirtschaftlichen und technischen Zusammenarbeit habe außerordentlich positive Auswirkungen auf den Fortschritt in diesen Ländern gehabt, sowohl was Wachstum als auch Stabilität anbelangt.
Japan leidet ein wenig unter dem Trauma, dass es während des ersten Golfkrieges zwar Geld bereitstellte, es aber versäumte, Personal zu entsenden. Wenn ich jedoch auf den langen Zeitraum von 65 Jahren seit dem Ende des Krieges zurückblicke, dann waren unsere Beiträge, die wir zu friedlichen Zwecken an eine Vielzahl von Ländern geleistet haben, und die wahrlich mit den Prinzipien der japanischen Verfassung im Einklang stehen, keineswegs ein Fehler. Dies habe ich durch die Worte meiner Gesprächspartner aus einer großen Zahl von Entwicklungsländern und aufstrebenden Volkswirtschaften erkannt.
Vergangenes Jahr hielt ich bei den Vereinten Nationen einen Vortrag über die Millenniums-Entwicklungsziele und damit im Zusammenhang stehende Themen. Ich kündigte dabei neue Beiträge in den Bereichen Gesundheit und Bildung an, die nun als „Kan-Verpflichtungen“ bekannt sind. Japan schreitet bei den Vorbereitungen für eine internationale Konferenz in unserem Land für 2011 voran, die als Follow-up-Veranstaltung des VN-Gipfeltreffens über die Millenniums-Entwicklungsziele fungieren wird, um so die Partnerschaften mit einem breiten Spektrum von betreffenden Akteuren zu vertiefen.
Wir werden die Zusagen, die wir bei der 4. Tokyo International Conference on African Development (TICAD IV) gemacht haben, gewissenhaft umsetzen. Diese internationalen Zusagen beinhalten u.a. eine Initiative zur Verdoppelung unserer Hilfe für Afrika bis 2012 sowie unsere Unterstützung bei dem Engagement, die privaten Investitionen in Afrika zu verdoppeln.
Wir werden uns zudem aktiv für die Ausweitung unserer Hilfen für Afghanistan und Pakistan einsetzen. Insbesondere werden wir unsere Unterstützung für die Landwirtschaft, Infrastruktur und Wiedereingliederungsprogramme in Afghanistan stetig umsetzen. Um einen Beitrag für den Frieden im Nahen Osten zu leisten, werden wir auch das palästinensische Volk unterstützen.
Als Nächstes möchte ich einige Überlegungen zu Japans Beiträgen auf dem Gebiet der Umwelt anstellen. Japan ist eine der treibenden Kräfte im Umweltbereich, und unsere Technologien für das Energiesparen sowie für saubere Energien genießen weltweit einen ausgezeichneten Ruf.
Ich bin davon überzeugt, dass es für Japan notwendig ist, über die „harten“ Aspekte industrieller Technologien hinaus zu gehen und auch Beiträge auf „weichen“ Feldern wie z.B. internationale Standards zu machen.
Japans Initiativen u.a. zur Verringerung der CO2-Emissionen und für weitere Maßnahmen gegen den Klimawandel werden international sehr gelobt. Dies gilt auch für den Schutz der biologischen Vielfalt, was zur Annahme des Nagoya-Protokolls beitrug. Ich möchte auch künftig entschlossene Führungsstärke in Bereichen wie diesen zeigen.
Zusätzlich zu den bereits bestehenden Institutionen für Umweltschutzmaßnahmen wie die Vertragsstaatenkonferenz für die Klimarahmenkonvention möchte ich eine neue internationale Initiative vorantreiben, die insbesondere die umweltpolitischen Herausforderungen in Asien in Angriff nimmt.
Ich habe bereits das Außenministerium und weitere Ministerien und Behörden, die mit diesem Thema befasst sind, angewiesen, dies zu prüfen. Mit Blick auf das Problem der CO2-Emissionen habe ich vorgeschlagen, dass wir uns für die Formulierung internationaler Standards einsetzen, bei denen z.B. die Einheit „CO2-Emissionen pro Kopf“ verwendet wird. Diese jährlichen Pro-Kopf-Emissionen belaufen sich auf ungefähr 20 Tonnen in den Vereinigten Staaten, ca. 10 Tonnen in Japan und Deutschland, rund 4 Tonnen in China und etwas mehr als eine Tonne in Indien. Der weltweite Durchschnitt liegt bei rund 4 Tonnen pro Kopf. Wenn wir diesen Wert bis 2050 um die Hälfte verringern wollen, bedeutet dies, dass wir die Menge um 2 Tonnen pro Person senken müssen, wobei der Zuwachs bei der Bevölkerungszahl unberücksichtigt bleibt.
In einem solchen Szenario müssten die Emissionen in den Vereinigten Staaten auf ein Zehntel, in Japan auf ein Fünftel und selbst in China noch auf die Hälfte des jetzigen Niveaus reduziert werden. Ich halte es für erforderlich, ein gemeinsames Ziel in dieser Art – und das bedeutet ein Ziel in Bezug auf den Klimawandel, das für die ganze Welt gilt – aufzustellen und unser Engagement entsprechend auszurichten.
Was das Engagement für die nukleare Abrüstung und Nichtverbreitung anbelangt, möchte ich, dass Japan als einziges Land, das die Zerstörungskraft von Atombomben am eigenen Leib erfahren musste, weiterhin eine Position an der Spitze der internationalen Anstrengungen für die Realisierung einer Welt ohne Atomwaffen einnimmt.
Japan hat der Generalversammlung der Vereinten Nationen Entwürfe für Resolutionen zur nuklearen Abrüstung vorgelegt und so das Interesse der Staatengemeinschaft an einer völligen Abschaffung der Atomwaffen angefacht. Seit dem Amtsantritt der neuen US-Regierung unter Führung der Demokratischen Partei unterstützen auch die Vereinigten Staaten unsere Resolutionsentwürfe, und sie werden mit überwältigender Mehrheit angenommen. Ab April dieses Jahres werden Japans Special Communicators für eine Welt ohne Atomwaffen, deren Unterstützung ich erbeten habe, verschiedene Länder auf der ganzen Welt bereisen und über ihre Erfahrungen als Überlebende der Atombombenabwürfe berichten.
Um diese Fragen entschlossen in Angriff zu nehmen, möchte ich den Vereinten Nationen auch weiterhin große Bedeutung beimessen, so wie wir es bereits in der Vergangenheit getan haben, jedoch in einem noch größeren Umfang.
Die Diskussion über die Reform des Sicherheitsrates der VN ist bereits seit vielen Jahren im Gange. Japan verlangt nicht nach einem ständigen Sitz im Sicherheitsrat oder hofft darauf, nur weil es über beträchtliches wirtschaftliches Potential verfügt. Ich finde, dass es von enormer Bedeutung für die weltweite nukleare Abrüstung wäre, wenn ein Staat, der nicht im Besitz von Atomwaffen ist, ständiges Mitglied im Sicherheitsrat würde. Ich werde mich dafür einsetzen, damit Japans Angebot, einen solchen Sitz zu übernehmen, überall auf der Welt auf Verständnis stößt, und damit wir genau diese Rolle ausfüllen können.
Der fünfte Pfeiler: Japans eigene Antwort auf das sicherheitspolitische Umfeld, das unser Land umgibt
Als Letztes möchte ich nun über den fünften Pfeiler sprechen, nämlich wie Japan seine eigene präzise Antwort auf das sicherheitspolitische Umfeld formuliert, in das unser Land eingebettet ist. Ende letzten Jahres wurden die Richtlinien für unser Nationales Verteidigungsprogramm aufgestellt, das die nationale Sicherheit und Verteidigung regelt. Japan wird auch weiterhin an den Prinzipien seiner Verteidigungspolitik festhalten, einschließlich des rein defensiven Charakters seiner Verteidigungspolitik und der drei Antinuklearprinzipien. Die Richtlinien bekräftigen erneut, dass Japan sowohl seine eigenen Anstrengungen als auch die Kooperation mit unserem Verbündeten und mit der internationalen Gemeinschaft fortführt.
Zusammen mit der Verteidigung Japans erachte ich auch Sicherheitsfragen wie z.B. Beiträge zum Frieden und zur Stabilität in der Region und in der ganzen Welt sowie auch die Hilfe bei der Sicherung von Human Security für wichtige Ziele.
Insbesondere haben wir uns im Rahmen dieses Gesamtbildes vom Konzept der basisgestützten Verteidigungskräfte verabschiedet, das seit der Ära des Kalten Krieges bestand. Dies stärkt unsere Bereitschaft sowie Mobilität und beinhaltet den Aufbau von „Dynamischen Verteidigungskräften“, die von Hightech-Fähigkeiten und Fähigkeiten auf dem Gebiet der Informationsgewinnung und -analyse unterstützt werden. Ich beabsichtige, diese Struktur so zu erweitern, dass sie rasch auf jede Krise reagieren kann. Ich werde Schritt für Schritt Verteidigungskräfte in angemessenem Umfang aufrechterhalten und gleichzeitig eine strukturelle Transformation unserer Verteidigungskräfte durchführen, bei denen sich die Ressourcen auf die wirklich wichtigen Funktionen konzentrieren. Dies bedeutet die Schaffung eines effektiveren Verteidigungssystems bei weniger Ressourcen. Ich möchte bei der Verbesserung von Funktionen wie Aufklärung, Kontrolle der Seegebiete, Luftverteidigung und Fähigkeiten gegen ballistische Raketenangriffe die Prioritäten festlegen und dabei auch den Südwesten Japans einbeziehen.
Frieden und Wohlstand des heutigen Japans sind untrennbar verknüpft mit der Stabilität der Region und der Welt als Ganzes. Ein „Ein-Staaten-Pazifismus“, bei dem alles in Ordnung ist, solange in unserem eigenen Land oder in der unmittelbaren Nachbarschaft Frieden herrscht, ist einfach nicht ausreichend. In Bezug auf das, was Japan für den Frieden in der Region und in der Welt tun kann, muss unser Land sich hierfür einsetzen, wobei die offizielle Entwicklungshilfe und die von mir bereits angeführten internationalen Beiträge mit eingeschlossen sind. Seit die DPJ die Regierung stellt, engagiert sich Japan in Übereinstimmung mit den Regeln, die unser Engagement bestimmen, aktiv im Rahmen friedenserhaltender Operationen der Vereinten Nationen. Wir haben derzeit über 380 Mann entsendet, während es zuvor ungefähr 50 Mann waren. Zusätzlich zur offiziellen Entwicklungshilfe werden wir in Bereichen wie Friedensaktivitäten der VN, Bekämpfung der Piraterie etwa vor der Küste Somalias sowie Katastrophenhilfe und Rettungsoperationen solche Beiträge leisten, die unserem Land angemessen sind.
Abschließend möchte ich mit Blick auf die Erläuterung dieser fünf Pfeiler noch eine Überlegung anbringen, die ich bezüglich des Japans von heute und der heutigen Welt hege. Ich denke, Ihnen ist die Tatsache bekannt, dass in der Präfektur Yamaguchi, in der ich geboren wurde, zur Zeit der Meiji-Restauration der große Denker Yoshida Shoin lebte. Shoin war ein Mann hoher Ideale, der Politiker streng verurteilte, die nichts unternehmen, sobald sie in eine kritische Situation geraten. Er sagte einmal zu seinen Studenten in seiner Akademie Shokason Juku: „Wofür sollten Männer mit hehren Zielen respektiert werden? Für das, was sie aus eigenem Entschluss voller Ambitionen und Rechtschaffenheit unternommen haben.“
Für uns, die wir im 21. Jh. leben – und insbesondere für diejenigen, die als Politiker wirken, die eine größere Verantwortung schultern, und zumindest für mich – besteht die Notwendigkeit, die Dinge zu tun, die getan werden müssen, und zwar als Politiker in dieser modernen Zeit. Ich bin davon überzeugt, dass dies wirklich notwendig ist.
Die japanische Politik und die internationalen Angelegenheiten stehen heute vor extremen Herausforderungen. Ich möchte meinen Vortrag schließen mit einem Versprechen, das ich Ihnen hier gebe, nämlich dass ich mich mit großer Entschlossenheit und mit meiner ganzen Kraft dafür einsetzen werde, die Außenpolitik Japans weiter zu entwickeln und voranzubringen.
Vielen Dank.