
Zellrasen – revolutionäre regenerative Medizin verwendet Patientenzellen
- Effektive Technik aus Japan für Hornhauttransplantationen und für die Behandlung von Herzmuskelerkrankungen
Organtransplantationen sind bei der Behandlung schwerer Krankheiten wie Herz- oder Nierenerkrankungen durchaus eine Option. Allerdings gelangen sie nicht in größerem Ausmaß zur Anwendung, da es einmal an Spendern fehlt und zum anderen das Problem der Organabstoßung besteht. Um diese Faktoren zu überwinden, blickt man in der aktuellen Forschung auf die regenerative Medizin, eine Behandlungstechnik, bei der einem Patienten Zellen oder Gewebe entnommen und dann kultiviert werden. Regenerative Medizin kam bislang bei der Behandlung von Verbrennungen oder anderen Hautkomplikationen zur Anwendung, aber die technologische Entwicklung bei der Herstellung von sogenanntem Zellrasen (cell sheet) in den letzten Jahren bereitet nun den Weg für eine umfassende praktische Anwendung.
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Ein Zellrasen besteht aus einem nur 5-10 Mikron dünnen Film von Zellen, der aus einer kleinen Zahl von Zellen kultiviert wurde, die aus Muskelmembranen oder Muskelgewebe stammen. So wird beispielsweise anstelle einer gespendeten Hornhaut für eine Hornhauttransplantation ein Zellrasen, der aus gerade einmal einer zwei Quadratmillimeter großen Schleimhautmembran aus dem Mund des Patienten gewonnen wurde, auf die Hornhaut übertragen. Bislang wurden mit dieser Methode etwa dreißig Patienten erfolgreich geheilt, während zuvor die Transplantation einer gespendeten Hornhaut in diesem Fall die einzige Option darstellte.
Bei einer erweiterten Erkrankung des Herzmuskels (sogenannte Kardiomyopathie) nehmen die Herzmuskelzellen ab, so dass es zu einer Schwächung der Herzfunktionen kommt. Sechs von zehn Patienten mit diesem Krankheitsbild, bei denen aus Beinmuskeln gewonnene Zellrasen auf die Oberfläche ihrer Herzen übertragen wurde, erholten sich so weit, dass eine Herztransplantation nicht mehr notwendig war. Weitere Behandlungen mit dieser Technologie beinhalten die Prävention der Verengung der Speiseröhre – ein oft auftretendes Phänomen nach der Entfernung eines Tumors in der Speiseröhre – indem ein aus Muskelmembranen gewonnener Zellrasen auf die Operationswunde gelegt wird. Eine weitere Möglichkeit besteht in der Regeneration einer Zahnwurzel, bei dem ein Transplantat aus Zellrasen verwendet wird, das aus Zahnwurzelzellen von Weisheitszähnen kultiviert wurde.
Technik zum Ablösen der Zellrasen als entscheidender Faktor
Auch wenn die Technik, einen dünnen Film aus vermehrten Zellen auf einem Zellkulturträger wachsen zu lassen, bereits seit langem existiert, waren Versuche, diesen Film auf den Körper eines Patienten zu übertragen, wenig erfolgreich. Um den Film von der Kulturschale abzulösen, wurden sogenannte proteolytische Enzyme verwendet, was unglücklicherweise zu einer Beschädigung der Filmstruktur sowie zum Verlust der interzellularen Verbindungsproteine auf der einen Seite des Films führte.
Dieses Problem wurde nun von Prof. Dr. Teruo Okano, Direktor des Institute of Advanced Biomedical Engineering and Science an der Tokyo Women’s Medical University, gelöst. Prof. Okano, der über die Verwendung von Polymeren in lebenden Organismen und ihre Anwendung bei der medizinischen Behandlung forschte, fand heraus, dass dünner Zellrasen sauber aus einer Kulturschale abgelöst werden kann, indem man die Oberfläche der Schale mit Polymeren beschichtet, die auf Temperaturschwankungen reagieren. Dabei wird die Temperatur im Inkubator für die Ernte des Zellrasens von 37 Grad auf rund 20 Grad Celsius reduziert.
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Da nicht länger proteolytische Enzyme für das Ablösen verwendet werden, bleiben die Temperatur-empfindlichen Polymere erhalten und die adhäsiven Proteinschlüssel, die sich mit dem lebenden Gewebe verbinden, sind auf der einen Oberfläche des Zellrasens intakt. Dies ermöglicht es dem Zellrasen, sich ohne Weiteres in biologisches Gewebe einzupflanzen, etwa in eine Hornhaut oder im Herzen, indem man ihn einfach auf die Oberfläche auflegt. Die eingepflanzten Zellen entwickeln sich dann zu Hornhautzellen oder Herzmuskelzellen.
„Es ist schwierig, adulte Zellen eines Herzmuskels, von Nerven oder der Bauchspeicheldrüse zu züchten; letztere sind vor allem für die Behandlung von Diabetes wichtig.“, meint Prof. Okano und fährt fort: „Ich hoffe, dass wir die Möglichkeiten der regenerativen Medizin durch Verbesserungen bei der Herstellung von Zellrasen und der Nutzen von iPS-Zellen erweitern können, die sich in jede Art von Zellen differenzieren können.“
Laut Prof. Okano ist das Anwendungsgebiet für Zellrasen recht groß. Diese Technologie könnte vielen Menschen neue Hoffnung geben, die unter Krankheiten leiden, die bislang nicht anders als durch eine Transplantation geheilt werden konnten.

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