
Rede von Premierminister Yoshihiko Noda vor der 66. Generalversammlung der Vereinten Nationen
New York, 23.09.2011
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Herr Präsident,
sehr verehrte Delegierte,
meine sehr verehrten Damen und Herren,
zunächst möchte ich Seiner Exzellenz Nassir Abdulaziz al-Nasser zur Übernahme seines Amtes des Präsidenten der 66. Generalversammlung der Vereinten Nationen ganz herzlich gratulieren. Zugleich möchte ich dem früheren Präsidenten, Dr. Joseph Deiss, für sein großes Engagement während seiner Amtszeit danken. Schließlich möchte ich auch Seiner Exzellenz Generalsekretär Ban Ki-moon für seine tatkräftige Führung meinen aufrichtigen Respekt zum Ausdruck bringen.
Dieses Jahr war für Japan ein Jahr außerordentlich großer Herausforderungen. Etwas mehr als sechs Monate sind vergangen, seit das schwere Erdbeben im Osten Japans mein Land traf. Fast 20.000 Menschen wurden getötet oder werden noch immer vermisst und fast 40.000 der zahlreichen Menschen, die in Notunterkünfte ziehen mussten, sind nach wie vor zu einem Alltagsleben unter großen Einschränkungen gezwungen. Es erfüllt mich wirklich mit Stolz zu sehen, wie die Menschen in Japan inmitten von Verzweiflung und großen Mühen ihren Mut unter Beweis stellen. Gleichzeitig bin ich tief bewegt von dem Mitgefühl, das die Menschen aus der ganzen Welt meinem Land zuteil werden ließen. Hier gibt es viele Geschichten zu erzählen, die wir nicht vergessen werden.
Rita Retnaningtyas aus Indonesien, die in einem Krankenhaus in Miyagi zur Krankenschwester ausgebildet wird, evakuierte noch kurz vor dem Auftreffen des Tsunami 120 Patienten aus ihrem Krankenhaus zu einem sicheren Ort. Sie selbst blieb mehrere Tage in dem Krankenhaus, um sich, während Strom und Wasser ausgefallen waren, weiter um die Patienten zu kümmern.
In Brasilien sammelten die Kinder einer kleinen Stadt auf dem Land ihr Taschengeld und schickten uns ihren Beitrag in einer Blechbüchse zu. Mir wurde berichtet, dass, als eines der Kinder gefragt wurde, warum sie das getan haben, es antwortete: „Weil Japan, ein Freund Brasiliens, in Not ist.“
Studierende einer Universität in Kenia kamen in Nairobi zu einer Gedenkfeier für die Opfer des Erdbebens in Japan zusammen. Bei diesem Anlass sangen sie ein bekanntes japanisches Lied, das im Ausland unter dem Titel „Sukiyaki“ bekannt ist, dessen ursprünglicher japanischer Titel aber übersetzt „Lasst uns losgehen und nach vorne schauen“ bedeutet. Dieses Lied widmeten sie den Menschen in Japan.
Dies ist eine ganz kurze Auswahl von Geschichten dieser Art, von denen es Zehntausende gibt. Die Welt brachte ihre Freundschaft und Solidarität mit Japan zum Ausdruck und gleichzeitig lobte sie die Japanerinnen und Japaner für ihr besonnenes Handeln unmittelbar nach dem Erdbeben. Ich möchte an dieser Stelle im Namen der Menschen in Japan meinen tiefempfundenen Dank für die Hilfe zum Ausdruck bringen, die uns aus der ganzen Welt angeboten wurde. Diese Bande zwischen Japan und der internationalen Gemeinschaft werden die Menschen in meinem Land niemals vergessen.
Seit dem 11. März sind in der ganzen Region Tohoku wieder Zeichen der Erholung zu erkennen. Die Regierung von Japan hat alles in ihrer Macht Stehende unternommen, um die von der Katastrophe betroffenen Gebiete wiederherzustellen und neu aufzubauen. Das Alltagsleben der Menschen, die außerhalb der betroffenen Gebiete leben, einschließlich der Hauptstadtregion Tokyo, ist inzwischen fast vollständig zur Normalität zurückgekehrt. Die Infrastruktur und die Wirtschaft in den Küstenregionen von Tohoku, die durch den Tsunami schwer getroffen wurden, erholen sich wieder. Die unterbrochenen Versorgungswege sind fast vollständig wiederhergestellt. Wir sind uns in hohem Maße der Rolle der japanischen Unternehmen, einschließlich der kleinen und mittleren Betriebe, bewusst, die diese für das Wachstum der Weltwirtschaft spielen.
Auch mit Blick auf die stabile Kontrolle der Situation im Atomkraftwerk Fukushima Daiichi der Betreiberfirma Tokyo Electric Power Company (TEPCO) machen wir stetige Fortschritte. Derzeit konzentrieren wir uns darauf, den angestrebten Zeitpunkt für das Erreichen einer sogenannten Kaltabschaltung auf Ende dieses Jahres vorzuziehen. Es bleiben noch eine Reihe weiterer Herausforderungen, denen wir uns annehmen müssen. Dazu zählen u.a. die Beseitigung der Trümmer sowie die Sicherung des Lebensunterhalts der Menschen in der betroffenen Region. Wir werden uns auch weiterhin mit all unserer Kraft für den Wiederaufbau einsetzen, der unsere vordringlichste Aufgabe darstellt, damit Japans Erneuerung ohne Verzug verwirklicht werden kann.
Herr Präsident,
als frisch ernannter Premierminister von Japan ist es mir eine große Ehre, Ihnen und den Mitgliedern der VN-Generalversammlung heute die Ziele meines Landes in Bezug auf die Zukunft der Welt wie auch in Bezug auf Japans außenpolitische Visionen vorzustellen. Die Welt erfährt derzeit einen umfassenden Wandel; dazu zählen auch die derzeit zu sehenden Veränderungen im Mittleren Osten und in Nordafrika. Diese Veränderungen werden durch das vereinte Bewusstsein all derjenigen bewirkt, die nun erwacht sind. Angesichts der Erfahrung des schweren Erdbebens im März ist sich auch Japan der großen Bedeutung der Bande bewusst geworden, mit denen es mit den Menschen auf der ganzen Welt verknüpft ist. Wir haben erkannt, wie wichtig es ist, dass jeder Einzelne innerhalb der Gesellschaft seiner Verantwortung gerecht wird. Niemals zuvor sind wir uns der großen Bedeutung der Förderung des Konzeptes von Human Security mehr bewusst gewesen als heute. Ich bin fest entschlossen, die japanische Außenpolitik Hand in Hand mit allen anderen führenden Politikern hier bei den Vereinten Nationen umzusetzen, um auf diese Weise einen entschlossenen und substantiellen Beitrag für die Bewältigung der Herausforderungen zu leisten, denen sich die Welt gegenübersieht sowie eine bessere Zukunft für die ganze Menschheit zu gestalten.
Herr Präsident,
erlauben Sie mir nun, Japans Engagement für das Wachstum der Weltwirtschaft vorzustellen.
Japan kann auf eine lange Geschichte der Unterstützung der Entwicklungsländer bei der Gestaltung von Gesellschaften in Wohlstand mittels Maßnahmen für den Aufbau staatlicher Strukturen sowie für die Entwicklung der humanen Ressourcen verweisen. Mein Land versteht aufgrund eigener Erfahrungen sehr gut, dass der Motor für wirtschaftliches Wachstum eine starke Mittelschicht ist. Um die Mittelschicht zu stärken ist es notwendig, eine gesellschaftliche Basis zu errichten, auf der jeder Einzelne seine Fähigkeiten ausbauen und zu voller Blüte entwickeln kann. Daher wird Japan seine Unterstützung für die Entwicklungsländer durch aktive Nutzung seiner staatlichen Entwicklungszusammenarbeit (ODA) weiter fortführen.
Wir dürfen nicht zulassen, dass die derzeitige Situation der Weltwirtschaft von Unsicherheit bestimmt wird und dass die Sorgen über den Finanzsektor die Bemühungen der internationalen Gemeinschaft für mehr Wachstum behindern. Es ist unbedingt notwendig, dass alle Länder zusammenwirken, um aus dem gegenwärtigen Chaos zur Harmonie zurückzufinden. Auch ich werde mich als neuer Premierminister Japans hierfür mit ganzer Kraft einsetzen.
Wirtschaftliches Wachstum zusammen mit gesunden Finanzen zu verwirklichen ist die größte und wichtigste Herausforderung, vor der die Welt derzeit steht. Japan wird sein Ziel der Wiederherstellung der haushaltspolitischen Nachhaltigkeit weiter mit Nachdruck verfolgen. Da wir sehen, dass die Wiederbelebung der japanischen Wirtschaft unmittelbar mit dem Umbau der Weltwirtschaft verknüpft ist, werden wir uns für die Stärkung der industriellen Infrastruktur, des Beschäftigungssektors und der Energieeinsparung einsetzen, um auf diese Weise eine umfassende Erholung von den Auswirkungen der Erdbebenkatastrophe zu erreichen. Mittel- und langfristig wollen wir die Partnerschaft zwischen der japanischen Wirtschaft und den anderen Volkswirtschaften weltweit weiter ausbauen. Es ist zudem wichtig, dass die Handelsaktivitäten nicht durch extreme Kursschwankungen beeinträchtigt werden.
Darüber hinaus werden wir, um ein nachhaltiges Wachstum der japanischen Wirtschaft zu verwirklichen, eine Niedrig-Karbon-Gesellschaft anstreben, also eine Gesellschaft mit niedrigem CO2-Ausstoß, sowie einen Übergang zu einer grünen Wirtschaft. Der Schlüssel für die Erreichung dieser Ziele liegt in technologischen Innovationen in Bereichen wie erneuerbare Energien, Energieeinsparung sowie saubere Nutzung fossiler Brennstoffe, eine Entwicklung, die als „grüne Innovation“ bezeichnet wird. Bis etwa Sommer nächsten Jahres wird die Regierung von Japan eine neue Strategie erstellen für den mittel- und langfristigen Energiemix, um so eine entschlossene Energiewende anzustreben.
Japan wird zudem seine ausgezeichneten sowie sicheren umweltfreundlichen Technologien weiter verbessern, etwa bei energieeffizienten Häusern, elektrischen Geräten sowie Autos mit elektrischem Antrieb. Mein Land wird einen wesentlichen Beitrag für das Wachstum der Weltwirtschaft sowie für eine bessere Zukunft mit Blick auf die Diskussionen für Rio +20 leisten.
Herr Präsident,
Japan strebt nachdrücklich eine sichere und bessere Zukunft an. Die maximale sogenannte „Wellenauflaufhöhe“ des Tsunami, der die Region Tohoku traf, war bis zu 40 m hoch. Das ist der höchste Wert, der jemals in Japan beobachtet wurde, seit es historische Aufzeichnungen gibt. Wir haben gelernt, dass wir uns gut vorbereiten müssen. Daher gibt es auch Beiträge, für die Japan aufgrund seiner gemachten Erfahrungen so geeignet ist wie niemand sonst auf der Welt.
Die erste Lektion, die wir aus Japans jüngster Tragödie ziehen können, ist die große Bedeutung der internationalen Kooperation bei der Reduzierung der Risiken von Katastrophen. Wir haben eine lange Geschichte des Kampfes gegen und der Überwindung der Folgen von Naturkatastrophen. Tatsächlich haben wir aktive Hilfe bei Katastrophen geleistet, die in den letzten Jahren auftraten, etwa auf Sumatra, in Sichuan in China, auf Haiti oder in Neuseeland. Als Land, das gelernt hat, mit der Natur in Harmonie zusammenzuleben, sind wir bereit, unser ganzes Wissen und unsere Fähigkeiten mit der Welt zu teilen. Den ersten Schritt wird im nächsten Jahr eine internationale Konferenz in der von der Katastrophe betroffenen Region Tohoku bilden, um die internationale Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Naturkatastrophen weiter voranzutreiben. Aufbauend auf den Resultaten dieser Konferenz bietet Japan an, 2015 als Gastgeber der 3. Weltkonferenz für die Reduzierung der Risiken von Katastrophen zu fungieren. Mein Land wird innerhalb der internationalen Gemeinschaft eine führende Rolle bei der Gestaltung einer weltweiten Gesellschaft spielen, die besser gegen Katastrophen gewappnet ist.
Als Nächstes hofft Japan, sein erworbenes Wissen und seine Erfahrungen auf dem Gebiet der nuklearen Sicherheit teilen zu können. Ich begrüße die gestrige hochrangige Zusammenkunft zu diesem Thema, die auf Initiative des Generalsekretärs zustande kam. Nach dem Atomunfall hat Japan zahlreiche Maßnahmen für die Sicherheit ergriffen und seine Kontrolle der Kernenergie weiter verbessert. Bei der Zusammenkunft gestern habe ich meine feste Entschlossenheit deutlich gemacht, aktiv an der Stärkung der nuklearen Sicherheit auf der ganzen Welt mitzuwirken und dabei unsere Erfahrungen bei dem Unfall zu nutzen. Im kommenden Jahr wird Japan gemeinsam mit der IAEA als Gastgeber einer internationalen Konferenz wirken, um die Ergebnisse der Bewertung des Unfalls in umfassender und detaillierter Weise mitzuteilen sowie um einen Beitrag für die verschiedenen Maßnahmen zu leisten, die von Seiten der Staatengemeinschaft unternommen werden, um die Standards für nukleare Sicherheit zu verbessern. Auch wenn bedauerlicherweise einige Staaten nach wie vor unbegründete Einfuhrbeschränkungen bei Gütern aus Japan aufrechterhalten, wird sich meine Regierung weiterhin dafür einsetzen, in transparenter Weise zeitnahe und akkurate Informationen zu diesem Thema zu vermitteln. Ich fordere alle Staaten auf, ihre diesbezüglichen Entscheidungen auf der Grundlage wissenschaftlicher Beweise zu treffen.
Herr Präsident,
globale Bedrohungen nehmen weiter zu. Es ist unerlässlich, die zugrunde liegenden Ursachen für diese Bedrohungen zu beseitigen und sich gleichzeitig mit ihnen selbst zu befassen. Japan wird sich weiterhin bei diesen beiden Herausforderungen engagieren, um eine bessere und friedlichere Zukunft auf der Welt zu gewährleisten.
Mit Blick auf die Piraterie vor der Küste Somalias wird sich mein Land weiter aktiv an der Bekämpfung dieses Problems beteiligen, indem Japan auch künftig zwei Zerstörer sowie zwei Patrouillenflugzeuge in diese Region entsendet.
Japan beabsichtigt zudem, sich noch stärker sowohl für die Ausrottung des Terrorismus als auch für die Bekämpfung seiner Ursachen einzusetzen. Obwohl seit den Anschlägen vom 11. September bereits ein Jahrzehnt vergangen ist, bedarf unser kollektives Leid nach wie vor der Heilung. In diesem Zusammenhang möchte ich auch mein aufrichtiges Beileid zum Tod von Burhanuddin Rabbani, dem Vorsitzenden des Hohen Friedensrates in Afghanistan, zum Ausdruck bringen. Japan erneuert seine strikte Verurteilung dieser schrecklichen Akte des Terrorismus. Um zu verhindern, dass Afghanistan erneut zu einer Brutstätte des Terrorismus wird, werden wir dieses Problem weiterhin mit nachdrücklicher Entschlossenheit in Angriff nehmen. Japan hat sich dazu verpflichtet, für den Zeitraum von fünf Jahren ab 2009 Hilfe im Umfang von annähernd fünf Milliarden US-Dollar bereitzustellen. Dabei wird der Fokus auf die Bereiche Sicherheit, Wiedereingliederung ehemaliger Kämpfer in die Gesellschaft sowie Entwicklung gelegt. Mein Land wird diese Verpflichtung in zuverlässiger Weise erfüllen.
Friedenserhaltende Missionen der Vereinten Nationen kommen in zerbrechlichen und von Konflikten erschütterten Staaten zum Einsatz. Japan leistet einen Beitrag für dieses Engagement auf dem Gebiet der Friedenskonsolidierung, indem es sich aktiv an solchen Operationen beteiligt. Wir müssen die Bedingungen dafür weiter verbessern.
Gleichzeitig werden wir alles in unserer Macht Stehende unternehmen, um das Ideal einer „Welt ohne Atomwaffen“ zu verwirklichen. Dies tun wir u.a. durch unseren Einsatz im Rahmen der Initiative für Nichtverbreitung und Abrüstung (NPDI).
Die Nuklear- und Raketenproblematik Nordkoreas stellt eine Bedrohung für die gesamte internationale Gemeinschaft dar, und Japan drängt Nordkorea weiter zu konkreten Maßnahmen für deren Lösung. Insbesondere aber bedeutet das Problem der Entführungen japanischer Staatsbürger eine Verletzung der grundlegenden Menschenrechte. Daher ist dies eine Angelegenheit von universaler Bedeutung und großer Besorgnis für die Staatengemeinschaft insgesamt. Japan wird sich auch weiterhin mit all seiner Kraft dafür einsetzen, dass alle Opfer so früh wie möglich zurückkehren, indem es sich mit anderen Mitgliedsstaaten noch enger abstimmt. Mit Blick auf die Beziehungen zwischen Japan und Nordkorea beabsichtigt mein Land weiterhin, sich in Übereinstimmung mit der gemeinsamen Erklärung Japans und Nordkoreas von Pjöngjang für eine umfassende Lösung aller noch ausstehenden Probleme zu engagieren, die unglückliche Vergangenheit zu überwinden sowie die Beziehungen zu normalisieren. Japan fordert Nordkorea auf, positive Schritte zu unternehmen, damit beide Länder in einen Dialog mit Blick auf diese Ziele eintreten können.
Herr Präsident,
in den letzten Jahren hat die Rolle der Vereinten Nationen immer mehr an Bedeutung gewonnen. Damit die Vereinten Nationen ihre Aufgaben noch effektiver erfüllen können, wird Japan auch künftig einen Ausbau der Effektivität sowie die Stärkung der Funktionen der VN unterstützen.
In diesem Zusammenhang ist eine Reform des Sicherheitsrates unerlässlich. Wir müssen den zum Stillstand gekommenen Reformprozess wieder in Schwung bringen. Alle Mitgliedsstaaten müssen sich aktiv für diese Reform einsetzen und sich dabei der Dringlichkeit dieser Angelegenheit bewusst werden, da ansonsten die Glaubwürdigkeit der Vereinten Nationen Schaden nähme. Japan beabsichtigt, zusammen mit gleichgesinnten Mitgliedern substantielle Verhandlungen für eine Reform ins Leben zu rufen, um noch in dieser Sitzungsperiode greifbare Fortschritte zu erzielen.
Herr Präsident,
wie ich eben versprochen habe, wird sich Japan von der Erdbebenkatastrophe erholen und Seite an Seite mit den hier versammelten Staats- und Regierungschefs eine friedliche, sichere und bessere Zukunft für alle anstreben. Zu diesem Zweck wird mein Land seine Beiträge für die Erfüllung der Millenniums-Entwicklungsziele fortsetzen und sich dabei auf die Bereiche Gesundheit und Bildung konzentrieren. Darüber hinaus wird Japan auch seinen Beitrag für die Entwicklung Afrikas weiterführen, indem es 2013 als Gastgeber der 5. Tokyo International Conference on African Development (TICAD V) fungieren wird. Mit Blick auf die Unterstützung der Entwicklungsländer beim Kampf gegen den Klimawandel wird mein Land seine Verpflichtungen zur Finanzierung der Startphase bis ins nächste Jahr hinein erfüllen und auch nach 2012 diese Unterstützung fortsetzen.
Herr Präsident,
heute möchte ich neue Zusagen verkünden, die Japan nun eingehen wird.
Als Erstes möchte ich den Menschen in der Republik Südsudan zur Erlangung ihrer Unabhängigkeit gratulieren. Ich versichere, dass Japan jede nur mögliche Unterstützung gewähren wird, um beim Aufbau staatlicher Strukturen im Südsudan zu helfen sowie um den Frieden in der Region herzustellen. Japan ist gewillt, einen Beitrag zur Mission der VN im Südsudan (UNMISS) dort zu leisten, wo es seine Fähigkeiten besonders zur Geltung bringen kann. Daher bereiten wir derzeit die Entsendung von Personal der Selbstverteidigungsstreitkräfte (JSDF) als Stabsoffiziere für das Hauptquartier der Mission vor. Japan ist zudem daran interessiert, eine Pioniereinheit der JSDF zu entsenden; diesbezüglich haben die Vereinten Nationen bereits ihre große Erwartung zum Ausdruck gebracht. Mein Land wird daher so rasch wie möglich eine Erkundungsmission durchführen.
Zweitens wird Japan sich auch weiterhin aktiv an dem Engagement der Staatengemeinschaft bei der Bekämpfung humanitärer Krisen beteiligen. Eine der drängendsten Herausforderungen derzeit ist die Dürre am Horn von Afrika, die insbesondere die Kinder in der Region unmittelbar trifft. Um das Leiden der Menschen so effektiv wie möglich zu lindern, wird mein Land zusätzlich zu der bereits umgesetzten Hilfe im Umfang von ca. 100 Mio. US-Dollar weitere humanitäre Hilfe bereitstellen.
Die letzte Zusage, die ich heute verkünden möchte, betrifft den Mittleren Osten und Nordafrika. Japan wird den Reform- und Demokratisierungsprozess in dieser Region unterstützen, die derzeit einen umfassenden Wandel erfährt, der auch als „Arabischer Frühling“ bezeichnet wird. Um in dieser Region die Beschäftigungssituation zu verbessern und die Entwicklung der humanen Ressourcen zu fördern, ist Japan bereit, zusätzliche Yen-Darlehen im Umfang von insgesamt ca. eine Mrd. US-Dollar zu vergeben. Damit sollen Projekte gefördert werden, welche zum Aufbau einer Infrastruktur und für die industrielle Entwicklung verwendet werden. Darüber hinaus werden wir faire Wahlen in Tunesien und Ägypten unterstützen, wo für diesen Herbst Referenden geplant sind. Für ein neues Libyen wird Japan in Zusammenarbeit mit der Staatengemeinschaft das Engagement für den Wiederaufbau staatlicher Strukturen fördern und dabei seine Kenntnisse und seine technischen Fähigkeiten zur Verfügung stellen. Gleichzeitig wird mein Land seine wirtschaftlichen Beziehungen mit den Staaten des Mittleren Ostens und Nordafrikas weiter vertiefen, indem wir Handel und Investitionen ausweiten, etwa durch Handelsbürgschaften und Exportkredite. Da der Frieden im Nahen und Mittleren Osten der Dreh- und Angelpunkt für Frieden und Stabilität in der Region insgesamt ist, wird Japan Anstrengungen unternehmen, etwa die Ausweitung der Hilfe für die Palästinenser, um eine Zwei-Staaten-Lösung zu verwirklichen.
Zum Schluss meiner heutigen Rede möchte ich kurz noch darauf zu sprechen kommen, was ich unmittelbar nach dem schweren Erdbeben im Osten Japans fühlte. Nach den Ereignissen vom 11. März dieses Jahres empfand ich in außerordentlicher Weise die Großartigkeit einer Gesellschaft, in der jeder Einzelne mit Besonnenheit und Umsicht agiert, also eine Gesellschaft, in der die Menschen einander helfen. Darüber hinaus vollführten sämtliche Shinkansen-Hochgeschwindigkeitszüge auf den Linien in der Region Tohoku, einschließlich eines Zuges, der zum Zeitpunkt des Erdbebens 270 km/h schnell fuhr, eine sichere Notbremsung, bei der es keinen einzigen Verletzten gab. Ich denke, dass dies den hohen Stand des technologischen Fortschritts beweist, den Japan besitzt.
Ich glaube daher an die Stärke der Menschen in Japan, die gerade in Zeiten der Krise besonders deutlich zum Vorschein kommt. Ich bin davon überzeugt, dass diese Robustheit – sowohl die der Menschen als auch die der Technik – die auch angesichts enormer Schwierigkeiten nicht wankt, die Quelle für Japans künftigen Beitrag zur Staatengemeinschaft ist.
Herr Präsident,
sehr verehrte Delegierte,
meine sehr verehrten Damen und Herren,
lassen Sie uns die Herausforderungen entschlossen in Angriff nehmen, welche die Lösung der Probleme, denen sich unsere Welt heute gegenübersieht, darstellt, um auf diese Weise den Weg für eine bessere Zukunft der Menschheit zu bereiten. Als neuer Premierminister Japans bin ich fest entschlossen, Schritt für Schritt den Pfad hin zu einer Zukunft zu beschreiten, in der Frieden und Wohlstand weiter zunehmen und dabei mit den anderen Staats- und Regierungschefs zusammenzuwirken, die heute hier zusammengekommen sind.
Sowohl die Menschen als auch die Regierung in Japan sind fest entschlossen, jedwede Schwierigkeiten zu überwinden. Wir werden auch künftig unseren Beitrag dafür leisten, dass alle Menschen auf der Welt eine bessere Zukunft haben.
Ich möchte meine Rede schließen, indem ich unsere feste Entschlossenheit noch einmal ausdrücklich unterstreiche.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.