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Neues aus Japan Nr.84 November 2011

Japanbesuch von Bundespräsident Wulff

Vom 22. bis 28. Oktober 2011 hielt sich Bundespräsident Christian Wulff im Rahmen eines offiziellen Besuches in Japan auf. Dieser Besuch fand aus Anlass des Jubiläumsjahres „150 Jahre Japan-Deutschland“ statt. Bei dieser Veranstaltungsreihe, die an den offiziellen Beginn der Beziehungen zwischen beiden Ländern, nämlich an die Unterzeichnung eines Freundschafts- und Handelsvertrages zwischen Japan und dem damaligen Preußen im Jahr 1861 erinnert, fungiert der Herr Bundespräsident als Schirmherr der deutschen Seite.

Im Folgenden gibt Neues aus Japan einen kurzen Überblick über das umfangreiche Besuchsprogramm des Bundespräsidenten.

Sonntag, 23. Oktober

Montag, 24. Oktober

Dienstag, 25. Oktober

Mittwoch, 26. Oktober

Donnerstag, 27. Oktober

Freitag, 28. Oktober

 

(Sonntag, 23. Oktober)

In seiner Ansprache anlässlich der Eröffnung des „Deutschlandfestes“ im Arisugawa-Park in Tokyo erinnerte der Kronprinz an seinen Deutschlandbesuch im Juni dieses Jahres sowie an den herzlichen Empfang, den Bundespräsident Wulff und zahlreiche Menschen in Deutschland ihm damals bereitet haben. An den Bundespräsidenten gerichtet führte er aus: „Sie sind ein ausgewiesener Freund Japans und engagieren sich nicht erst seit Ihrer Übernahme des Amtes des Bundespräsidenten nachdrücklich für den Ausbau der japanisch-deutschen Beziehungen. Ich begrüße Sie ganz herzlich zu Ihrem offiziellen Besuch hier in Japan als deutscher Schirmherr von ‚150 Jahre Japan-Deutschland‘. Sie werden nicht nur Tokyo, sondern auch zahlreiche andere Orte in Japan besuchen, und ich wünsche mir, dass die vielfältigen Begegnungen mit den Menschen hierzulande dazu beitragen werden, Ihr Verständnis und Ihre Freundschaft für Japan weiter zu vertiefen.“

Sodann führte der Kronprinz aus, dass ihm bei seinem Besuch in Deutschland im Juni zahlreiche Bekundungen der Anteilnahme und Solidarität aus Anlass des schweren Erdbebens im Osten Japans vom 11. März zuteil wurden. Er bedankte sich erneut für die Unterstützung, die Japan in unterschiedlichster Form aus Deutschland erhalten hat. Dies habe den Menschen in Japan neuen Mut eingeflößt. Er fuhr fort: „Das freundschaftliche Verhältnis zwischen Japan und Deutschland, das von sehr engen Beziehungen geprägt ist, ist das Ergebnis der unermüdlichen Anstrengungen unserer Vorfahren, die diese im Verlauf der langen Geschichte der letzten 150 Jahre unternommen haben. Dieses Jubiläumsjahr bietet uns die Gelegenheit, mit Dank auf diese Anstrengungen zurückzublicken. Zugleich stellt es aber auch eine Chance dar, unsere bilateralen Beziehungen in Richtung Zukunft weiterzuentwickeln.“ Anschließend pflanzten S.K.H. der Kronprinz und Bundespräsident Wulff im Arisugawa-Park gemeinsam eine junge Linde. Dabei erinnerte der Kronprinz daran, dass er im Juni zusammen mit dem Bundespräsident im Garten des Schlosses Bellevue in Berlin einen jungen Kirschbaum gepflanzt hat. Er schloss seine Ansprache wie folgt: „Möge die heute gepflanzte Linde als Symbol der Freundschaft zwischen Japan und Deutschland wachsen und gedeihen und jedes Jahr in frischem Grün prangen.“

 

(Montag, 24. Oktober)

 

Am zweiten Tag traf Bundespräsident Wulff im Kaiserlichen Palast mit Seiner Majestät dem Kaiser zusammen. Diese Zusammenkunft darf als ein Höhepunkt des Jubiläumsjahres „150 Jahre Japan-Deutschland“ gelten. An das Gespräch schloss sich ein gemeinsames Mittagessen an.

 

Nach weiteren Gesprächen mit Vertretern aus Politik und Wirtschaft folgte dann am Abend eine Zusammenkunft mit Premierminister Yoshihiko Noda. Den Abschluss dieses Tages bildete ein gemeinsames Abendessen im Amtssitz des Premierministers. Zuvor hatte der Herr Bundespräsident noch eine Begegnung mit Medienvertretern im Japan National Press Club, in der er noch einmal die Bedeutung des Jubiläumsjahres „150 Jahre Japan-Deutschland“ sowie die große Bedeutung der Kooperation zwischen beiden Ländern zur Lösung globaler Aufgaben hervorhob, insbesondere im Bereich Energie. Auf Fragen der Journalisten äußerte sich der Bundespräsident zudem zur Lösung der Euro-Krise.

 

(Zusammenkunft mit Premierminister Noda)

Zu Beginn der Zusammenkunft begrüßte Premierminister Noda den Besuch des Bundespräsidenten als einen Höhepunkt des Jubiläumsjahres „150 Jahre Japan-Deutschland“. Er dankte ihm für den am folgenden Tag geplanten Besuch der Region, die von dem schweren Erdbeben im Osten Japans betroffen ist und betonte: „Japan ist offen für Handel, Studium und Tourismus. Ich wünsche mir, dass viele Menschen aus Deutschland nach Japan kommen. Zugleich hoffe ich, dass sich auch der Austausch zwischen den jungen Menschen in unseren beiden Ländern, dessen große Bedeutung die Schirmherren dieses Jubiläumsjahres, S.K.H. der Kronprinz und Sie, Herr Bundespräsident, hervorgehoben haben, noch lebendiger gestaltet.“ Bundespräsident Wulff führte aus, die Menschen in Deutschland könnten viel von dem Volkscharakter der Japaner sowie von ihrer Tatkraft lernen. Beide Länder stimmten bei zahlreichen Fragen überein. Zu nennen seien hier z.B. die Vereinten Nationen, Afghanistan, Weltwirtschaft, Währungspolitik, Staatsverschuldung oder auch die Energiepolitik. Man könne gemeinsam zur Lösung der Probleme in der Welt beitragen und er hoffe, dass Premierminister Noda möglichst bald nach Deutschland kommen werde.

 

(Wirtschaftspartnerschaftsabkommen Japan-EU)

Premierminister Noda brachte seine große Erwartung in die Führungsstärke Deutschlands zum Ausdruck, dass es gelingen werde, eine Ausweitung der Schuldenkrise in Europa zu verhindern. Bundespräsident Wulff führte aus, der Freihandel zwischen Japan und der EU sollte weiter ausgebaut und auch der Dialog zwischen beiden Ländern vertieft werden. Der Premierminister antwortete, man strebe ein Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (EPA) zwischen Japan und der EU an; dies werde zu einer erheblichen Ausweitung des bilateralen Freihandels führen. Er werde sich hierfür mit Nachdruck einsetzen und er bitte den Bundespräsidenten in dieser Angelegenheit um seine Unterstützung. (In seiner Ansprache im Rahmen des anschließenden Abendessens führte Bundespräsident Wulff u.a. aus, dass ein EPA zwischen Japan und der EU Japan und Deutschland noch enger zusammenführen könnte.)

 

 

(Atomunfall)

Der Premierminister erläuterte, dass man derzeit anstrebe, die Kaltabschaltung der Reaktoren im Atomkraftwerk Fukushima Daiichi noch in diesem Jahr zu erreichen. Man werde die Erfahrungen sowie die Lehren, die aus diesem Unfall gezogen werden können, mit der Staatengemeinschaft teilen. Darüber hinaus setze sich Japan für die rasche Weitergabe zutreffender Informationen zur Situation im Atomkraftwerk sowie zur Sicherheit der Nahrungsmittel ein. Japan hoffe, dass die EU ihre Einfuhrbeschränkungen auf der Grundlage der neuesten objektiven Daten anpassen werde. Bundespräsident Wulff erwiderte, er kenne die Position des Premierministers in Bezug auf den Ausbau des Freihandels. Es seien heute auch Vertreter aus der Wirtschaft anwesend und man werde den Dialog weiter fortsetzen.

 

(Afghanistan)

Der Bundespräsident unterstrich, dass mit Blick auf die geplante Übertragung der Verantwortung für die Sicherheit des Landes auf die afghanische Seite bis zum Jahr 2014 der für diesen Dezember in Bonn geplanten Konferenz große Bedeutung zukomme. Premierminister Noda wies darauf hin, dass der Prozess der Aussöhnung und Wiedereingliederung ehemaliger Kämpfer nicht beeinträchtigt werden dürfe. Diesbezüglich spiele die genannte Konferenz eine wichtige Rolle. Japan werde über einen Zeitraum von fünf Jahren Hilfe in Höhe von insgesamt rund 5 Mrd. US-Dollar bereitstellen.

An dem im Anschluss an das Gespräch stattfindenden Abendessen im Amtssitz des Premierministers nahmen rund 60 Vertreter aus allen Kreisen der Gesellschaft Japans und Deutschlands teil. In seiner Tischrede führte Premierminister Noda aus, dass die bisher gestalteten engen Bande zwischen Japan und Deutschland von den jungen Menschen, die als Träger der nächsten Generation wirkten, weitergeführt werden müssten. Bundespräsident Wulff wies in seiner Ansprache u.a. auf den Ausbau der Zusammenarbeit in den unterschiedlichsten Bereichen wie z.B. Wirtschaft und Wissenschaften hin.

 

(Dienstag, 25. Oktober)

An diesem Tag hielt der Bundespräsident in der Universität Tsukuba, einer staatlichen Universität in der nördlich von Tokyo gelegenen Präfektur Ibaraki, vor Studierenden und Lehrkräften eine Rede zum Thema „Fortschritt – Nachhaltigkeit – Zusammenarbeit“. Im Anschluss daran traf er in der Stadt Iwaki, Präfektur Fukushima, mit Evakuierten zusammen, die infolge des Atomunfalls ihre bisherigen Wohnorte verlassen mussten. Zudem besuchte er den Küstenort Toyoma, wo er sich die Auswirkungen der Tsunami-Katastrophe sowie den Stand der Maßnahmen für den Wiederaufbau erläutern ließ. Es folgte eine Zusammenkunft mit dem Gouverneur der Präfektur Fukushima sowie dem Bürgermeister von Iwaki. Den Abschluss dieses Besuchstages bildete am Abend der Besuch eines Konzerts für die Evakuierten, bei dem japanische und deutsche Mitglieder des Orchesters Young Euro Classic als Ausführende wirkten.

 

(Mittwoch, 26. Oktober)

Am vierten Tag stand u.a. eine Besichtigung des Ise-Schreins in der Präfektur Mie in Zentraljapan durch den Bundespräsidenten auf dem Programm. Bundespräsident Wulff war seit mehr als dreißig Jahren das erste ausländische Staatsoberhaupt, das den Ise-Schrein besuchte.

 

Der Ise-Schrein nahe der Stadt Ise in der Präfektur Mie zählt zu den ältesten und ehrwürdigsten Shinto-Schreinen. Im „Inneren Schrein“ (Naiku) wird die Sonnengöttin Amaterasu-ômikami verehrt, die zugleich mythische Ahnherrin des Kaiserhauses ist. Im Sanktuarium dieses Schreins wird der heilige Spiegel verwahrt, der zu den drei Throninsignien Japans zählt. Die zahlreichen Haupt- und Nebengebäude sind aus unbehandeltem Zedern- und Zypressenholz errichtet, die durch ihre funktionelle Einfachheit bestechen. Ihre Pfahlbauten-Architektur erinnert an die Reisspeicher und die daraus abgeleiteten Palastbauten der Yayoi-Kultur (3.-5. Jh.). Eine Besonderheit des Ise-Schreins besteht darin, dass die Gebäude alle zwanzig Jahre von Grund auf neu errichtet werden (Shikinen sengu). Der Grund dafür liegt in dem hohen Stellenwert, der in der Shinto-Religion der rituellen Reinheit beigemessen wird.

 

Am Abend des 26. Oktober erfolgte in Anwesenheit des Bundespräsidenten die feierliche Eröffnung der "Villa Kamogawa" des Goethe-Instituts in Kyoto. Die "Villa Kamogawa" ist die erste deutsche Künstlerresidenz in Asien; sie bietet Künstlerinnen und Künstlern aus Deutschland die Möglichkeit, im Rahmen eines mehrmonatigen Stipendiums Kyoto und die japanische Kultur kennenzulernen. Der Austausch mit japanischen Künstlerinnen und Künstlern soll zudem einen interkulturellen Dialog anstoßen.

 

(Donnerstag, 27. Oktober)

Am letzten Tag seines Besuchsprogramms fuhr der Bundespräsident zunächst mit dem „Shinkansen“ von Kyoto nach Kobe. Von dort aus ging es weiter nach Naruto in der Präfektur Tokushima auf der Insel Shikoku. In Naruto, das seit 1974 eine Städtepartnerschaft mit der niedersächsischen Stadt Lüneburg unterhält, besuchte Bundespräsident Wulff zunächst das Deutsche Haus Naruto, ein Museum, das an das in der Nähe gelegene ehemalige Kriegsgefangenenlager Bando erinnert. Im Anschluss an den Besuch des Deutschen Hauses Naruto legte Bundespräsident Wulff einen Kranz auf dem ehemaligen Gelände des Lagers ab.

 

Im Kriegsgefangenenlager Bando auf Shikoku waren von 1917 bis 1920 etwa eintausend deutsche Soldaten interniert, die nach der Kapitulation der deutschen Kolonie Tsingtau in China während des Ersten Weltkriegs nach Japan gebracht worden waren. Die großzügige Behandlung durch den Lagerkommandanten Toyohisa Matsue ermöglichte den Insassen vielfältige Aktivitäten, etwa eine eigene Lagerzeitung herauszugeben oder auch Sport- und Kulturveranstaltungen durchzuführen. Zudem waren nach Ende des Krieges in Europa auch Kontakte zur japanischen Bevölkerung im Umfeld des Lagers möglich. Den Menschen in Japan ist Bando vor allem deshalb bekannt, weil hier im Juni 1918 zum ersten Mal auf japanischem Boden von einem Lagerorchester Beethovens 9. Sinfonie aufgeführt wurde.

 

Es folgten ein Gespräch mit dem Gouverneur von Tokushima sowie ein Besuch des Otsuka-Kunstmuseums. Seinen Abschluss fand der fünftägige Japanbesuch des Bundespräsidenten mit einer Diskussionsveranstaltung in Osaka zum Thema „Was Deutsche und Japaner miteinander lernen können“.

 

 


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