
Ekiben – Bento-Gerichte im Bahnhof und in Zügen
- Ein nostalgischer Beigeschmack bei Reisen durch Japan
Das japanische Wort bento, das mittlerweile auch in anderen Ländern verstanden wird, bezeichnet Mahlzeiten, die man für ein Picknick, für ein Essen unterwegs oder für eine Mahlzeit am Arbeitsplatz mitnimmt. Mit ekiben werden die bento bezeichnet, die Reisende in Bahnhöfen (eki) oder Zügen kaufen können. Die große Vielfalt an ekiben spiegelt auch den ausgeprägten Sinn der Menschen in Japan für Ästhetik wider, der hier eine enge Verbindung mit dem Feingefühl eingeht, das Speisen in Japan stets entgegengebracht wird. Die kleinen Schachteln mit ekiben bieten zudem eine fast unerschöpfliche Auswahl an regionalen Spezialitäten und sind damit gleichzeitig ein einzigartiges Andenken an eine Reise durch das Land.

Reise durch die Berge mit ekiben
Siebzig Prozent der japanischen Landfläche besteht aus Bergen. Für die Menschen, die in diesen gebirgigen Regionen leben, ist das Reisen eng mit der Vorstellung von einer Reise über steile Bergpässe verknüpft. Ein ekiben-Gericht, das nach einem Bergpass benannt ist, erfreut sich mittlerweise seit mehr als fünfzig Jahren ungebrochen großer Beliebtheit: „Tōge-no-Kamameshi“ (wörtlich „Essen im Topf auf dem Bergpass“). Es wird im Bahnhof Yokokawa auf der Shin’etsu-Linie angeboten, die von der Präfektur Gunma durch die Präfektur Nagano führt, Austragungsort der Olympischen Winterspiele 1998. Der Bahnhof Yokokawa ist heute Endstation dieser Linie. Früher hingegen war er der letzte Bergbahnhof, durch den die Züge in die Ebene hinab fuhren, in der der bekannte Erholungsort Karuizawa liegt. Die Züge mussten hier auf einer Strecke von etwas mehr als 9 km eine Steigung von 552 m überwinden. Seit 1958 wird dieses traditionelle ekiben im Bahnhof von Yokokawa angeboten, wo die Zugreisenden es direkt durch die Fenster des Zuges frisch zubereitet und noch heiß kaufen können.
Das Tōge-no-Kamameshi ekiben ist eine Besonderheit, weil der Reis und die Beilagen in einem Keramiktopf serviert werden. Reis ist das Hauptnahrungsmittel der Menschen in Japan, und bevor es elektrische Reiskocher gab, wurde Reis in einem großen Topf mit der Form dieses Ekiben-Topfes zubereitet. Viele Menschen überkommen beim Anblick dieses Gerichts ein besonderes Gefühl der Nostalgie, wenn sie an die Art und Weise der Zubereitung von Reis in der Küche zuhause denken, wie sie noch vor einer Generation praktiziert wurde. Nachdem man das Tōge-no-Kamameshi ekiben verspeist hat, kann man den Topf mit nach Hause nehmen und beispielsweise als Schüssel für Beilagen oder zum Aufbahren verschiedenster Dinge verwenden. Damit ist Tōge-no-Kamameshi ein ganz typisches ekiben, weil es ein Gefühl der Nostalgie und des Fernwehs vermittelt.

Große Vielfalt an ekiben, die von Matsusaka-Rindfleisch bis zu sushi reicht
Japans erstes ekiben soll aus Reisbällchen bestanden haben, die ab 1885 auf dem Bahnhof Utsunomiya angeboten wurden. In den nächsten etwas mehr als hundert Jahren kamen dann zwischen zwei- und dreitausend neue Gerichte hinzu, die mittlerweile überall im Land angeboten werden und auch zahlreiche lokale Spezialitäten umfassen. Eines der bekanntesten ekiben in Japan ist das Gericht „Matsusaka-gyu Monogatari“ („Geschichte vom Matsusaka-Rind“), das auf dem Bahnhof Matsusaka in der Präfektur Mie angeboten wird und das als Zutat das weltbekannte Matsusaka-Rindfleisch enthält, das als bestes Rindfleisch in Japan gilt.
Matsusaka-Rinder werden auf eine ganz besondere Weise gemästet. So wird ihnen Bier zum Trinken gegeben und sie werden mit shochu (destilliertem Reisschnaps) massiert, um besonders zartes und feinmarmoriertes Fleisch zu erhalten. Diese Art des Mästens ist weltweit so bekannt geworden, dass mittlerweile auch französische Bauern versuchen, ein besonders Rindfleisch zu erhalten, indem sie ihren Rindern Wein zu trinken geben. Nur Matsusaka-Rindfleisch von höchster Qualität, das mit einer individuellen Identifikationsnummer versehen wurde, wird für sukiyaki verwendet, damit es auch wirklich gut schmeckt. Wie sushi ist auch sukiyaki mittlerweile im Ausland als typisch japanisches Gericht wohlbekannt. Zudem ist es eines der beliebtesten Gerichte bei ausländischen Besuchern in Japan.
„Bara-zushi“ ekiben, ein Sushi-Gericht, wird in den Shinkansen-Schnellzügen und auf dem Bahnhof Okayama in der gleichnamigen Präfektur angeboten, etwa 140 km westlich von Osaka. Dieses in hohem Maße farbenprächtige ekiben enthält dünne gelbe Streifen von Ei, die auf mit Essig gesäuertem Reis liegen. Das Ganze ist garniert mit aromatischen Lauchzwiebeln, die in dieser Region angebaut werden. Die Schachtel enthält zudem eine Auswahl an Meeresfrüchten und Fischgerichten wie Makrelen oder gegrillten Meeraal sowie Gemüse aus den Bergen wie schwarze Bohnen oder shiitake (eine Pilzsorte). Dieses ekiben spiegelt die Freude der Menschen in Japan wider, bei der ansprechenden Präsentation von Speisen mit den Farben der Natur zu spielen.
Es macht einfach Spaß, für sich ein ekiben auszuwählen, das eine genaue Nachbildung regionaler oder traditioneller Gerichte ist. Dazu zählt auch das bara-zushi, bei dem eine Auswahl an erlesenen Delikatessen auf Reis gelegt wird. Dieses Gericht stammt aus dem 16. Jh. und entstand, um die Vorgaben der Obrigkeit in Bezug auf einfache Speisen und ein bescheidenes Leben zu umgehen.

Verkaufsmessen für ekiben erfreuen sich großer Beliebtheit
Ekiben in Form regionaler Spezialitäten bilden in ihrer Gesamtheit gleichsam einen Almanach der schmackhaften Küche ganz Japans. Kaufhäuser in Japan veranstalten daher sehr beliebte Verkaufsveranstaltungen für ekiben, bei denen möglichst viele verschiedene ekiben aus allen Teilen des Landes präsentiert und angeboten werden. Die erste Verkaufsmesse für ekiben fand in einem Kaufhaus in Tokyo während der Neujahrsfeiertage 1966 statt. Damals wurden rund 200 verschiedene Arten von ekiben zum Verkauf angeboten, darunter besonders begehrte Gerichte mit Meeresfrüchten als Zutaten wie etwa Krabben und gesalzenen Lachsroggen aus Hokkaido im Norden Japans sowie ekiben aus der Präfektur Yamanashi, die als Weinanbaugebiet Japans bekannt ist. Diese Schachtel enthielt auch eine kleine Flasche Wein und ein Plastikglas. Das Kaufhaus verkaufte damals 400.000 ekiben in nur zwei Wochen und machte einen Umsatz von 600 Mio. Yen.
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Ausgefallenes Design für Bento-Schachteln
Japan ist weltweit bekannt für seine erlesenen Kreationen, wenn es um das Verpacken von Dingen geht. Die Menschen in diesem Land haben auch ein besonders enges Verhältnis zu Verpackungen wie etwa Schachteln. Im Bahnhof Echizen-Takefu der Fukui-Bahnlinie, die durch die Präfektur Fukui führt, welche wiederum für ihre traditionellen Lackwaren bekannt ist, kann man im Voraus ein ungewöhnliches ekiben bestellen, das in einer hölzernen Schachtel serviert wird, die mit Lackkunst aus Echizen-Kawada verziert ist. Die Gerichte sind im europäischen Stil gehalten wie Suppenterrinen, geräucherter Lachs oder Roastbeef, jedoch besteht die Schachtel aus glänzend lackiertem Holz. Dieses ekiben kostet etwas mehr als sonst üblich, aber die Bestellungen erfolgen vor allem aufgrund der mitgelieferten wunderschönen Bento-Schachtel. Im Bahnhof Kanazawa kann man das „Kaga-nodate bento“ ekiben kaufen, das in einer Schachtel mit Schubladen wie bei einer Kommode angerichtet wird. Im Bahnhof Arita mitten in der Region, in der eine der bekanntesten Porzellane des Landes produziert wird, hat man die Möglichkeit, ekiben in Schachteln aus Porzellan zu kaufen.
Eine zunehmende Zahl von Designs für ekiben erlaubt es Käufern, den Inhalt einer Bento-Schachtel vor dem Verzehr zu erwärmen, indem man einfach an einer an der Schachtel angebrachten Schnur zieht. Dies ist ein gutes Beispiel für die Sorgfalt und die Rücksichtnahme, die die Menschen in Japan anderen gegenüber an den Tag legen.
Ekiben bringen in besonderer Weise das Feingefühl, die Kreativität, aber auch die Techniken zum Ausdruck, die den Japanern so eigen sind. Zugleich fungieren sie als eine Art Schaufenster, das den Blick auf einen weiteren Aspekt der japanischen Kultur ermöglicht, den man in Museen oder an Orten mit berühmten Sehenswürdigkeiten nicht ohne Weiteres beobachten kann.

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