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Neues aus Japan Nr.105 August 2013

Die Vision und das Engagement für „eine Welt ohne Kernwaffen“

Rede von Außenminister Fumio Kishida anlässlich der Eröffnung des „Hiroshima Round Table“ am 29.07.2013

Foto: Ministry of Foreign Affairs of Japan

 

Sehr geehrter Herr Gouverneur Yuzaki,
meine sehr verehrten Damen und Herren,

für die Einladung zum „Hiroshima Round Table“ hier in meiner Geburtsstadt Hiroshima möchte ich mich ganz herzlich bedanken. Diese Veranstaltung richtet den Fokus auf die nukleare Abrüstung und Rüstungskontrolle in der Region Ostasien. Diese Region sieht sich einer Reihe nuklearer Risiken wie z.B. der Nuklearproblematik Nordkoreas gegenüber und so kommt diese Veranstaltung, wie ich finde, genau zum richtigen Zeitpunkt. Auch die Regierung von Japan möchte mit der von der Präfektur Hiroshima geförderten „Vision von Hiroshima als ein Stützpunkt für den internationalen Frieden“ eng zusammenwirken, da beide gemeinsam das große Ziel „einer Welt ohne Kernwaffen“ anstreben.

Als erster Außenminister Japans, der aus Hiroshima stammt, der Stadt, die den ersten Abwurf einer Atombombe erleiden musste, werde ich mich mit großem Nachdruck für die nukleare Abrüstung engagieren. Diese Absicht habe ich bereits bei meiner ersten Pressekonferenz unmittelbar nach meiner Ernennung zum Außenminister öffentlich bekräftigt.
Im April habe ich am Treffen der Außenminister der Nichtverbreitungs- und Abrüstungsinitiative NPDI im niederländischen Den Haag teilgenommen. Bei dieser Zusammenkunft habe ich mit dem Außenminister der Niederlande, der den Vorsitz innehatte, sowie mit meinen anderen Amtskollegen einen ausgesprochen informativen Meinungsaustausch geführt und das Engagement dieser Staatengruppe auf politischer Ebene mit Blick auf die zweite Zusammenkunft des Vorbereitungskomitees für die Überprüfungskonferenz des Nichtverbreitungsvertrages (NPT) nachdrücklich unterstützt. Dabei habe ich deutlich gespürt, dass die Präsenz der NPDI auf dem Gebiet der nuklearen Abrüstung immer mehr an Gewicht gewinnt. Bei der zweiten Zusammenkunft des Vorbereitungskomitees für die NPT-Überprüfungskonferenz wurde ein inhaltlich außerordentlich fundierter Dialog mit den fünf Kernwaffenstaaten, darunter etwa die Vereinigten Staaten, geführt. Gerade das nachdrückliche Engagement der Außenminister der NPDI-Mitgliedsstaaten auf politischer Ebene sowie die von ihnen unterbreiteten konkreten praktischen Vorschläge machen die besondere Stärke dieser Initiative aus.

Um eine Welt ohne Kernwaffen zu verwirklichen, muss diese Vision auch weltweit verbreitet werden. Zugleich ist es notwendig, der Staatengemeinschaft als eine Art gemeinsamer Agenda durchführbare und konkrete Schritte aufzuzeigen und diese dann entschlossen umzusetzen. Das gerade genannte Engagement der NPDI bildet hierfür ein ausgezeichnetes Beispiel. Die große Bedeutung, die dem konkreten Handeln mit Blick auf das Erreichen dieser Vision zukommt, lässt sich auch an dem Bericht der International Commission on Nuclear Non-proliferation and Disarmament (ICNND) unter dem gemeinsamen Vorsitz der früheren Außenminister Gareth Evans aus Australien und Yoriko Kawaguchi aus Japan ablesen.
Im Hinblick darauf, die internationale Gemeinschaft zum gemeinsamen Handeln aufzurufen, kommt auch den Resolutionen zur nuklearen Abrüstung, die Japan der Generalversammlung der Vereinten Nationen vorlegt, eine große Bedeutung zu. Dieses Engagement geht auf die Initiative des Präsidenten des Unterhauses, Herrn Yohei Kono, zurück, der heute ebenfalls hier unter uns weilt. Als Außenminister Japans hat er 1994 erstmals eine entsprechende Resolution vorgelegt, die seitdem regelmäßig von unserem Land eingereicht und mit überwältigender Mehrheit angenommen wird. Diese Resolutionen zur nuklearen Abrüstung können als ein gutes Beispiel für die führende Rolle Japans angeführt werden, die unser Land auf diesem Gebiet innehat.

Ich habe gerade erklärt, dass ich mich als Außenminister, der aus einer Stadt stammt, die von der Atombombe zerstört wurde, mit großem Nachdruck für die nukleare Abrüstung einsetzen werde. Dabei muss sich dieses Engagement meiner Ansicht nach auf zwei Überzeugungen gründen. Erstens ein exaktes Verständnis für die Auswirkungen, die ein Einsatz von Kernwaffen auf uns Menschen hat. Als einziges Land, das den Einsatz von Kernwaffen selbst erleben musste, ist es Japans Bestimmung, das Wissen um das große Leid der Menschen von Hiroshima und Nagasaki über die Generationen und Ländergrenzen hinweg zu vermitteln. Das exakte Verständnis für die Auswirkungen eines Kernwaffeneinsatzes auf uns Menschen muss für uns der Ausgangspunkt für unser Engagement zur nuklearen Abrüstung innerhalb der Staatengemeinschaft sein. Die zweite Überzeugung steht im Zusammenhang mit den immer vielfältiger werdenden nuklearen Risiken, denen sich die internationale Gemeinschaft heute gegenübersieht. Ich denke hier beispielsweise an die Nuklearproblematik Nordkoreas oder Irans, aber auch an nuklearen Terrorismus. Insbesondere in Ostasien ist ein intransparenter Anstieg der nuklearen Potentiale zu beobachten; und das Umfeld, in dem Japan sich befindet, sieht sich verstärkt nuklearen sowie sicherheitspolitischen Risiken ausgesetzt. Folglich muss es die Aufgabe einer verantwortungsvoll handelnden Regierung sein, im Rahmen ihres Engagements für nukleare Abrüstung in ausreichender Weise auch praktische Schritte zu unternehmen, um auf die unmittelbar vor ihr liegenden Risiken zu reagieren.

Auf der Grundlage dieser Überzeugungen verfolge ich mit Blick auf die Verwirklichung „einer Welt ohne Kernwaffen“ den Ansatz einer „dreifachen Reduzierung“ als praktisch umsetzbare und konkrete Schritte. Dies sind (1) eine Reduzierung der Zahl der Kernwaffen, (2) eine Verringerung der Rolle, die Kernwaffen innerhalb der militärischen Strategie spielen, sowie (3) eine Reduzierung der Motivation, die Staaten nach der Entwicklung und den Besitz von Kernwaffen streben lässt. Um eine Verringerung der Zahl der Kernwaffen und „eine Welt ohne Kernwaffen“ zu verwirklichen, muss zunächst die Transparenz in Bezug auf die nuklearen Potentiale und die nukleare Doktrin verbessert werden. Zusammen damit ist auch die Rolle, die Kernwaffen innerhalb der Sicherheitspolitik spielen, weiter zu verringern. Da die Existenz von sicherheitspolitischen Risiken auf regionaler sowie weltweiter Ebene Staaten dazu verleitet, Kernwaffen entwickeln und besitzen zu wollen, muss durch eine Verbesserung des sicherheitspolitischen Umfelds eine Reduzierung der entsprechenden Motivation bewirkt werden. Japan hat im Rahmen der NPDI bereits praktikable Vorschläge und Schritte unterbreitet, und wir werden auf dieser Grundlage aufbauen und uns weiterhin Schritt für Schritt für die Verwirklichung der Vision „einer Welt ohne Kernwaffen“ einsetzen.

2014 werden die Außenminister der NPDI-Mitgliedsstaaten hier in Hiroshima zusammenkommen. Das Treffen ist bereits für den 12. April angesetzt. Bei dieser Konferenz möchte ich meinen Amtskollegen die Realität der Folgen des Atombombenabwurfs von 1945 unmittelbar vor Augen führen und zugleich auch den Dialog mit Vertretern der Zivilgesellschaft verstärken. Bei dieser Gelegenheit möchten wir von dieser Stadt aus, die den Einsatz von Kernwaffen selbst erleiden musste, an möglichst viele Länder auf der ganzen Welt eine Botschaft richten, in der die ganze Unmenschlichkeit der Kernwaffen deutlich zum Ausdruck kommt.

Um eine internationale Stimmung zu erzeugen, die die Vision „einer Welt ohne Kernwaffen“ mitträgt, spielt auch das Engagement für die Bildung in Bezug auf nukleare Nichtverbreitung und Abrüstung eine wichtige Rolle. Wie ich eben bereits angeführt habe, ist es Japans Bestimmung, als einziges Land, das den Einsatz von Kernwaffen selbst erleiden musste, die schrecklichen Folgen eines Kernwaffeneinsatzes der ganzen Welt und den nachfolgenden Generationen zu vermitteln. Überlebende der Atombombenabwürfe sind bereits als „Special Communicator for a World without Nuclear Weapons“ überall auf der Welt aktiv. Im April habe ich beim Außenministertreffen in Den Haag auch die Entsendung von „Jugendbotschaftern für eine Welt ohne Kernwaffen“ angekündigt. Heute nun wurden die ersten Jugendbotschafter ernannt. Japan hofft, dass diese jungen Menschen der ganzen Welt vermitteln werden, was sie selbst gelernt und sich ausgedacht haben, um einen Beitrag für „eine Welt ohne Kernwaffen“ leisten zu können.

Um die Vision „einer Welt ohne Kernwaffen“ zu verwirklichen, ist es wichtig, dass jeder einzelne aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln überlegt, welche Schritte dafür notwendig sind. Es ist mein inniger Wunsch, dass die heute beginnende Veranstaltung „Hiroshima Round Table“ dafür eine wertvolle Gelegenheit bilden wird.

Vielen Dank.

 

 


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