
InnoTrans – eine der führenden Fachmessen für Verkehrstechnik im Fokus Japans
In Berlin finden im Laufe des Jahres zahlreiche Messen statt, die die unterschiedlichsten Bereiche von Gesellschaft und Wirtschaft präsentieren. In diesem Beitrag möchte Neues aus Japan das Engagement japanischer Unternehmen im Rahmen der InnoTrans (Internationale Fachmesse für Verkehrstechnik) vorstellen.

Die InnoTrans findet stets im September eines geraden Jahres wie jetzt 2014 statt. Bei dieser Messe handelt es sich um eine der weltweit größten Fachmesse für Verkehrstechnik, auf der Anbieter und Nachfrager aus dem Bereich Personen- und Güterverkehr ihre neuesten Produkte und Technologien präsentieren. Eine große Besonderheit dieser Messe sind die weitläufigen Ausstellungsflächen unter freiem Himmel. Auf einer Gleisanlage, die direkt mit dem öffentlichen Nahverkehrsnetz Berlins verbunden ist, ziehen unterschiedlichste Schienenfahrzeuge die Aufmerksamkeit der Messebesucher auf sich.
Präsentiert werden auf der InnoTrans Verkehrstechnologien, Catering- und Comfortangebote, Verkehrsinfrastruktur, öffentlicher Nahverkehr (Verkehrs- und IT-Service), aber auch der Bau von Tunnelanlagen. Die Besucher kommen aus den unterschiedlichsten Bereichen. So zählen dazu u.a. Vertreter öffentlicher und privater Verkehrsunternehmen, Hersteller und Lieferanten von Verkehrstechnik, Bau- und Ingenieursunternehmen, Geologen, Bergbauexperten, Vertreter von Regierungen und Kommunen, Consultingfirmen, Unternehmensverbände, wissenschaftliche Forschungseinrichtungen, Forscher und Techniker sowie Medienvertreter.
In diesem Jahr ist neben einer ganzen Reihe japanischer Unternehmen auch die Japan Overseas Rolling Stock Association (JORSA) mit einem eigenen Messestand vertreten. Dieser Verband der japanischen Exporteure von Verkehrstechnik und insgesamt 36 Unternehmen aus Japan erwarten mehr als 1.000 Fachbesucher und verfügen in diesem Jahr zusammen über die größte Ausstellungsfläche mit Japanbezug, die auf der InnoTrans bisher zu sehen war. Dieser Umfang macht das große Engagement deutlich, mit dem Unternehmen aus Japan auf den europäischen Verkehrsmarkt drängen, der weltweit zu den führenden Märkten im Bereich Schienenverkehr zählt.
Die japanische Seite hat sich aus folgenden Gründen für eine große Präsenz auf der InnoTrans hier in Berlin als einer der führenden internationalen Messe entschieden:
Einerseits leben in Berlin und Umgebung gerade einmal ca. 3.000 japanische Staatsbürger, die nur zu einem geringen Teil für Unternehmen tätig sind. Auch finden sich in dieser Region nur wenige Firmen aus Japan. Da aber für die unterschiedlichsten Messen zahlreiche japanische Unternehmen und Besucher nach Berlin kommen, bietet diese Messe eine hervorragende Gelegenheit, Unternehmen aus Japan zu unterstützen.
Ein weiterer Grund ist, dass die InnoTrans eine ausgezeichnete Plattform für den Export von Infrastruktur darstellt, dem im Rahmen der Verwirklichung der aktuellen Wachstumsstrategie von Seiten der japanischen Regierung und der Wirtschaft des Landes eine große Rolle beigemessen wird.
Schließlich richtet sich der Blick auch auf den Ausbau des wirtschaftlichen Austausches zwischen Japan und Deutschland auf persönlicher Ebene, aber auch auf Unternehmens- und Regierungsebene. Im persönlichen Bereich wird eine Zunahme der Zahl der Japaner angestrebt, die Deutschland besuchen und kennenlernen. Auf Unternehmensebene richtet sich der Blick insbesondere auf Möglichkeiten für einen Ausbau der Kooperation mit deutschen und europäischen Unternehmen. Und auf Regierungsebene schließlich besteht die Chance, den Austausch zwischen Vertretern von Regierung und Privatsektor im Rahmen eines Messebesuchs zu fördern.
Beim Besuch der Messe wird man sofort von der besonderen Atmosphäre dieser Veranstaltung mitgerissen, und man lässt sich gerne vom großen Eifer der vielen Besucher anstecken, die ihren jeweiligen Interessen folgend die einzelnen Stände besuchen, um sich dort zu informieren.
Beim Besuch des Messestands des Unternehmens East Japan Railway Company (JR East) fällt sofort die lange Schlange der Wartenden vor dem Shinkansen-Simulator ins Auge. Takao Nishiyama, derzeit als Executive Director für das internationale Geschäft zuständig, erläutert das Engagement seines Unternehmens auf der InnoTrans:
„JR East war erstmals 2010 auf dieser Messe vertreten und ist jetzt bereits zum dritten Mal dabei. Vor etwa zwei Jahren haben wir begonnen, Verkehrstechnik aus Japan im Ausland anzubieten und uns im Bereich Schienenverkehr in verschiedenen Ländern zu engagieren. Dies sind die Ziele in Bezug auf das Business, die wir uns mit Blick auf das Engagement im Ausland gesetzt haben. Da beim Schienenverkehr Technologien aus Europa einen weltweiten Spitzenplatz einnehmen, ist es sehr wichtig, dass auch wir selbst hier vor Ort sind und unsere Technologien präsentieren. Wir möchten die Präsenz unseres Unternehmens innerhalb Europas ausweiten. Natürlich wollen wir auch die europäischen Technologien besser kennenlernen, und wir haben eine Zeit lang unser Interesse an der Ausschreibung für die Berliner S-Bahn in diesem Herbst bekundet. Allerdings haben wir dann doch erkannt, dass die Schwelle für einen Einsatz unserer Technologien hier in Deutschland recht hoch ist, sodass wir diesmal auf eine Beteiligung am Ausschreibungsverfahren verzichten. Wir denken aber, dass wir uns erst dann auch nach Asien und Amerika wenden können, wenn wir den europäischen Markt richtig verstanden haben. Daher möchten wir uns weiterhin in der einen oder anderen Form an Schienenverkehrsprojekten in Europa beteiligen.
Im Bereich der Hardware, etwa bei Schienenfahrzeugen und -systemen, kann Japan auf eine hohe Qualität verweisen. Zusätzlich verfügen wir auch über großes Know-how beim Betrieb von Schienensystemen, vor allem was Sicherheit und Pünktlichkeit anbelangt. Stolz sind wir zudem auf das hohe Niveau unserer genau auf den Kunden zugeschnittenen detaillierten Serviceangebote. Wir hoffen, dass uns damit der Eintritt in den europäischen Markt gelingen wird.“
Von Seiten von Neues aus Japan kommt schließlich eine Frage, die schon länger in der Luft schwebt: „Warum gelingt es der Bahn in Deutschland mit ihrer hervorragenden Technologie und langen Geschichte eigentlich nicht, eine Pünktlichkeit wie z.B. beim Shinkansen in Japan zu erreichen?“
Herr Nishiyama betont, dies sei jetzt seine persönliche Auffassung und fährt fort: „Mit Blick auf das Gesamtsystem gibt es einmal die Zuverlässigkeit der Hardware und dann so etwas wie den menschlichen Faktor, der diese Hardware nutzt. Erst wenn beide genau zusammenpassen, ist ein zuverlässiger Betrieb auf hohem Niveau möglich. Die Ursachen für Verspätungen liegen sowohl in der Hardware als auch in der Software begründet. Zwar kenne ich die Situation in Deutschland nicht im Detail, aber ich denke, dass in Japan die sehr zuverlässige Hardware und die Mentalität der Menschen, die es ihnen erlaubt, ihre Arbeit sehr korrekt durchzuführen, genau zusammenpassen.“
Als Nächstes steht ein Besuch beim Stand des Unternehmens Hitachi, Ltd. an, das seit über zehn Jahren auf der InnoTrans aktiv ist. Dieses Unternehmen hat erst im April den Auftrag für die Fahrzeuge der neuen Hochgeschwindigkeitszüge in Großbritannien erhalten. Kentaro Masai, President & CEO Hitachi Rail Systems Co., und Shinya Mitsudomi, Global Chief Strategy Officer – Rail, stehen Neues aus Japan für Auskünfte zur Verfügung.
„Auf der InnoTrans kommen die globalen Player zusammen, daher ist diese Messe genau der richtige Ort, um unsere Präsenz weiter zu erhöhen. Zugleich ist die InnoTrans für uns sehr wichtig, weil wir hier Informationen über neueste Technologien aus anderen Ländern erhalten. Europa ist beim Schienenverkehr führend, und von Japan aus ist es eher schwierig, exakte Informationen aus dieser Region zu bekommen. Wir geben zwar auch in Japan unsere Bekanntmachungen heraus, aber die Kenntnis davon ist dann hier eher gering. Mit Blick auf diese beiden Aspekte ist diese Messe einfach ausgesprochen effizient.
Dass wir vor Kurzem den Auftrag für die Lieferung der Fahrzeuge für den neuen britischen Hochgeschwindigkeitszug erhalten haben, ist einer Reihe von Faktoren zu verdanken. Zunächst einmal sind bereits vor dem jetzigen Auftrag Fahrzeuge unserer Klasse 395 in britischen Städten im Betrieb. In der aktuellen Phase der Auslieferung standen wir folglich bei der Bestellung der neuen Hochgeschwindigkeitszüge ganz vorne.
Es ist ganz selbstverständlich, dass man bei einem erhaltenen Auftrag gute Produkte abliefern will; wichtig ist aber auch, dass man die Fristen für die Lieferung genau einhält. Bevor wir den Zuschlag erhielten, war es ganz normal, dass sich eine Auslieferung um bis zu einem Jahr verzögert. Man hat sicherlich genau beobachtet, ob unser Unternehmen, das zum ersten Mal einen Auftrag erhalten hatte, seine Produkte fristgerecht ausliefern und dabei die britischen und europäischen Normen, die sich von den japanischen unterscheiden, einhalten konnte. Dass uns dies in überzeugender Weise gelungen ist, war ein wichtiger Faktor dafür, dass wir nun den neuen Auftrag erhalten haben.
Ein weiterer Faktor, auf den sich das Interesse richtete, bildete die Frage, ob ausreichende Finanzmittel zusammenkommen, da es sich um eine Public-Private Partnership handelte. Diesbezüglich erhielten wir von der Regierung von Japan vielfältige praktische Unterstützung, sodass wir mit unserem Engagement im Rahmen einer Public-Private Partnership entsprechend überzeugen konnten. Mit vereinten Anstrengungen haben wir uns schließlich die Bestätigung gesichert.
Auch mit Blick auf Deutschland suchen wir nach Gelegenheiten für ein Engagement unsererseits. Einzelne Projekte können wir hier noch nicht anführen, aber wir sind uns sicher, dass die deutsche Seite unsere derzeitige umfangreiche Operation in Großbritannien genau beobachtet und sich anschaut, wie wir uns dabei anstellen und welche Produkte wir abliefern. Wir sind überzeugt, dass sich daraus dann entsprechende Gelegenheiten ergeben werden, um Kontakte zu knüpfen. Unser Unternehmen ist nicht in der Lage, auf alles einzugehen, aber wir halten weiter Ausschau nach guten Gelegenheiten.
Der Schienenverkehr in Japan genießt weltweit außerordentliches Ansehen, was Zuverlässigkeit und Gewissenhaftigkeit anbelangt. Wir denken, dass die japanischen Unternehmen hier einen wichtigen weltweiten Beitrag leisten können. Unser Unternehmen ist nicht nur im Bereich Schienenverkehr aktiv, sondern deckt eine ganze Reihe von Sparten etwa im Informationsbereich ab. Ein Motto der diesjährigen InnoTrans lautet „Smart Mobility“, und hier bieten sich uns zahlreiche Möglichkeiten der Einbindung von IT. Wir möchten daher die Besonderheiten Japans aktiv nutzen und uns dahingehend entwickeln, dass wir stets die besten Mobilitätsmittel anbieten können.“
Das große Angebot an neuesten Technologien auf der InnoTrans und die zahlreichen Messebesucher belegen eindrucksvoll, dass der Bereich der Verkehrstechnik auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen wird.