
Aizome – Indigofärberei in Japan: Verschmelzung traditioneller Techniken und neuer Ideen
Färben mit Indigoblau ist eine traditionelle japanische Färbetechnik. In jüngster Zeit gibt es auf diesem Gebiet jedoch neue Entwicklungen, bei denen Altes und Neues zusammengefügt werden. Dazu zählt etwa die Verwendung kräftiger Indigoblautöne für stylische Modekombinationen sowie beim Interior Design. Aizome (Indigofärberei) ist nicht nur tief in der Kultur Japans verwurzelt, sondern schickt sich zudem an, sich weltweit einen ausgezeichneten Ruf als „Japan Blue“ zu erwerben.
Illuminiertes Kunstwerk, bestehend aus 247 zusammengefügten Tüchern,
die Indigoblau gefärbt wurden.
(Mit freundlicher Unterstützung von Awa Natural Indigo x Shape in the future Project)
Ein traditionelles Kunsthandwerk
Japans Indigofärberei beruht auf einem Farbstoff, der aus Knöterichgewächsen (Polygonaceae) gewonnen wird. Zunächst werden die Blätter getrocknet und dann längere Zeit eingeweicht sowie sorgfältig vermischt, damit sie zu gären beginnen und so der Rohstoff für das Färben, Sukumo genannt, entsteht.
Links: Getrocknete Indigoblätter (Mit freundlicher Unterstützung von Aizome Craft Gallery)
Rechts: Fermentierte Indigoblätter (Sukumo) (Mit freundlicher Unterstützung von Aizome Craft Gallery)
Anschließend wird dem Sukumo Aschenlauge (Aku) zugefügt, um das Farbbad zu erhalten. Das Wichtigste bei der Herstellung von Sukumo ist das genaue Abmessen der Wassermenge, die hinzugefügt wird sowie die Temperatur bei der Fermentierung. Der Färber benötigt daher viel Erfahrung, bis der Farbgrundstoff endlich fertig ist. Wird nun Stoff in das Farbbad getaucht und danach an der Luft getrocknet, entsteht durch Oxidation das leuchtende Indigoblau. Wiederholtes Eintauchen führt dabei zu immer kräftigeren Farbtönen.
Links: Ein weißes Taschentuch wird mehrmals in das tiefblaue Farbbad getaucht.
(Mit freundlicher Unterstützung von Aizome Craft Gallery)
Rechts: Nach dem Abtropfen und Öffnen des Tuchs erkennt man das wunderschöne,
mit Indigoblau gefärbte Muster, das durch Abbinden entstanden ist.
(Mit freundlicher Unterstützung von Aizome Craft Gallery)
1880 wurde in Deutschland erstmals synthetisches Indigo hergestellt. Dieses Indigo wurde seitdem in großen Mengen auch nach Japan exportiert, während das traditionell hergestellte Indigo fast in Vergessenheit geriet. Allerdings hat in den letzten Jahren die Nachfrage nach natürlich hergestelltem Indigo wieder zugenommen, da seine Farben langlebiger sind als die synthetisch hergestellten.
Neue Modekreationen
Fashion Show mit Kreationen aus indigoblauen Stoffen © AM MODEL AGENT
Indigofärberei in der oben beschriebenen Weise wird seit langem bei der Herstellung traditioneller japanischer Frauenbekleidung wie Sommerkimonos (Yukata) verwendet. Es heißt, dass Frauen in Japan früher Yukata in Indigoblau bei ihren abendlichen Sommerspaziergängen bevorzugten, da dieser Farbstoff Insekten abwehren und so z.B. Mückenstiche verhindern soll.
Inzwischen sind solche Eigenschaften größtenteils in Vergessenheit geraten, aber die wunderschönen blauen Farbtöne erfreuen sich auch heute noch als Modetrend bei aktuellen Kreationen großer Beliebtheit, etwa für Kleider und Mäntel für Frauen, aber auch in der Kindermode. Die traditionelle Färbetechnik erfährt so durch die Modewelt eine Art Auferstehung
Beispielsweise lässt blauer Stoff, der mittels sogenannter Shibori (Abbinde- und Presstechniken) gestaltet wurde, ein schickes Design entstehen, das an den blauen Ozean erinnert. Auch ein Frauenmantel, dessen Taille indigoblau gefärbt wurde, macht einen starken Eindruck. Kinderbekleidung wie Mützen oder Hemden, deren Rücken tiefblau gefärbt sind, und sogar kurze Hosen bieten vielfältige Möglichkeiten, um mit unterschiedlichen Farbtönen zu spielen.
Projekte zur Schaffung einer neuen Kultur
Shikoku ist die kleinste der vier Hauptinseln, die zusammen mit Hokkaido, Honshu und Kyushu den Großteil des japanischen Archipels bildet. In der Präfektur Tokushima auf Shikoku wird das Handwerk der Indigofärberei seit der Edo-Zeit (1603-1868) betrieben, und bis heute hat diese Region innerhalb Japans eine führende Stellung bei der Herstellung von Indigostoffen und ähnlichen Produkten inne. Tatsächlich wurden in der Präfektur verschiedene Projekte ins Leben gerufen, damit dieses traditionelle Handwerk wieder mehr Aufmerksamkeit erfährt. Dazu zählen Besichtigungen von Färbereien sowie Angebote für Besucher, eigene Kreationen herzustellen.
Links: Der Fußboden des Lesesaals der Stadtbibliothek Tokushima besteht
aus indigoblau gefärbtem Zedernholz. © Dairi Lumber Co., Ltd.
Rechts: Leinentücher in unterschiedlichen Indigotönen bezaubern die Besucher bei einer Indigo-Ausstellung
unter freiem Himmel durch den Kontrast mit dem blauen Himmel und dem Grün der Vegetation.
(Mit freundlicher Unterstützung von Awa Natural Indigo x Shape in the Future Project)
Ein ganz besonderes Projekt, das landesweite Beachtung fand, ist die Herstellung von Baumaterialien, bei der Zedernholz und Indigofärberei miteinander kombiniert werden. Dabei wurde mit Indigo gefärbtes Zedernholz für den Fußboden des Lesesaals der Bibliothek der Stadt Tokushima verwendet, die damit zu einer besonderen Attraktion in Japan geworden ist. Die Indigofarbe akzentuiert die Maserung des Zedernholzes und schafft eine besondere Verbindung zwischen der modernen und der klassischen Kultur Japans. Die weißen Wände verleihen dem ganzen Raum dabei einen besonderen Kontrast. Darüber hinaus hat die Präfektur Tokushima das „Awa Natural Indigo x Shape in the future Project“ ins Leben gerufen, um die Aufmerksamkeit im In- und Ausland auf Indigo Made in Tokushima zu lenken. Ziel des Projekts ist die Schaffung eines Lifestyles und eines neuen Gespürs für den Wert, der durch die Verwendung von Indigo aus Tokushima entsteht. Im Rahmen des Projekts wurden zahlreiche Aktivitäten wie Kunstausstellungen, Fashion Shows, Wettbewerbe für das Herstellen von T-Shirts oder Workshops mit Indigofärben veranstaltet. Ein Event, das in ganz Japan große Beachtung fand, war eine Ausstellung mit Kunstwerken, die Indigofärberei verwenden. Diese im Dezember 2012 in einem alten Lagerhaus in Tokushima veranstaltete Ausstellung zeigte u.a. ein einzigartiges Werk, bei dem 247 indigogefärbte Tücher von der Decke hingen. Die Besucher waren vor allem davon begeistert, dass die verschiedenen Farben der einzelnen Tücher die unterschiedlichen Texturen und die Dicke der jeweiligen Tücher in einer wunderbaren Art und Weise zum Ausdruck brachten.
Während Indigofärberei in Japan auf eine lange Tradition zurückblicken kann, schafft sie zugleich eine neue Kultur, die weit über den Bereich Mode hinausreicht.
Besucher schneiden kleine Stoffkreise in ihren Lieblingsfarben aus. Zu den ausgestellten Kunstwerken gehören auch Stoffstreifen mit kreisrund ausgeschnittenen Löchern.
(Mit freundlicher Unterstützung von Awa Natural Indigo x Shape in the Future Project)

Eine Indigofärberei-Ausstellung zum Anfassen.
(Mit freundlicher Unterstützung von Awa Natural Indigo x Shape in the Future Project)
© Web Japan 2014