Botschaft von Japan

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Notizen aus der Redaktion

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Bild: Schuluniformen sind in Japan ein alltäglicher Anblick. Foto: ja.wikipedia.org

Bei meinen Notizen aus der Redaktion für Neues aus Japan orientiere ich mich entsprechend der monatlichen Erscheinungsweise dieses Onlinemagazins in der Regel an wichtigen Ereignissen des entsprechenden Monats in Japan. Allerdings stehe ich da im Juni vor einem Problem: Dieser Monat ist wie auch der August in Japan ein Monat ohne Feiertage. Während zumindest für den August in diesem Jahr erstmals ein neuer Feiertag eingeführt wird, bleibt der Juni weiterhin ein Monat, in dem die Menschen in Japan nur an den Wochenenden frei haben. Er liegt zudem genau in der Mitte des arbeitsreichen Zeitraums vom Beginn des Haushaltsjahres im April bis zu den Sommerferien im August. Und eine größere Veranstaltung wie im vergangenen Monat ist auch nicht in Sicht. Aus diesen Gründen habe ich mich diesmal dazu entschlossen, ausnahmsweise über den Monat Juni selbst zu schreiben.

Bis vor einigen Jahren war dieser Monat in Japan auch als Monat des Kleidungswechselns in Erinnerung. Das heißt, ab dem 1. Juni waren, unabhängig davon, wie heiß oder kalt es tatsächlich war, dort, wo man eine Uniform trug – etwa in der Schule oder in manchen Firmen – Hemden mit kurzen Ärmeln vorgeschrieben. (An meiner Schule war dies keine Pflicht, aber ich erinnere mich, wie ich mit vielen meiner Klassenkameraden sehnsüchtig darauf wartete, endlich die dicke Winteruniform ablegen zu können.) Man fühlte sich dann mit einem Mal ungewohnt leicht und wie befreit. Dieses Kleidungswechseln (auf Japanisch koromogae) wurde vor ungefähr zehn Jahren in eine als „Cool Biz“ bezeichnete Kampagne zur Lockerung des strengen Dresscodes für Mitarbeiter in Behörden und Unternehmen umgewandelt. Allerdings wurde der Beginn dieser Kampagne auf den Mai vorverlegt, so dass der traditionelle Zeitpunkt des koromogae im Juni bei vielen Menschen immer weniger Beachtung findet.

Ein weiteres Phänomen, das die Japaner mit dem Monat Juni verbinden, ist der Beginn der Regenzeit (tsuyu) in meinem Land. Sowohl der Brauch des Kleidungswechselns als auch die Regenzeit sind für die Menschen in Deutschland, die den Juni als den Monat mit den längsten Tagen im Jahr und mit überwiegend mildem Wetter bei angenehmen Temperaturen kennen, gefühlsmäßig wohl nur schwer nachzuvollziehen.

In Japan liegt der Juni zudem genau in der Mitte des ersten Schulhalbjahres, das im April beginnt und bis Ende Juli reicht. Auch hat das Haushaltsjahr erst vor kurzem angefangen, so dass der Monat hier im Allgemeinen als eine geschäftige Zeit gilt. Im Gegensatz dazu fangen in Deutschland in manchen Bundesländern Ende Juni bereits die Sommerferien für Schulen und Universitäten an. Ich habe jedenfalls das Gefühl, dass der Zeitraum von Ende Juni bis Juli hierzulande in gewissem Sinn eine Art Einschnitt bildet. Trotzdem werden Ende des Monats über fünfzig Rektoren japanischer Hochschulen bzw. ihre Stellvertreter mit ihren deutschen Counterparts im Rahmen der Japanisch-Deutschen Rektorenkonferenz zu ausführlichen Diskussionen zusammentreffen. Und auch die Auswahlverfahren für die Stipendien des japanischen Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Technologie laufen in diesem Monat auf Hochtouren. Wenn man es richtig bedenkt, finden im Juni zwar keine großen Veranstaltungen statt, aber der Monat bietet doch ausreichend Gelegenheit, den Austausch zwischen Japan und Deutschland weiter voranzutreiben, und so möchte auch ich die länger werdenden Tage im Juni dafür in sinnvoller Weise nutzen.

Übrigens ist der 10. Juni in Japan der „Tag der Zeit“. Er erinnert an den Tag, als irgendwann in alter Zeit in Japan zum ersten Mal die Glocke einer Uhr ertönte. 1920 wurde dieser Tag dann festgelegt, damit die Menschen in Japan „die Zeit genau einhalten und sich wie die Bürger in den Staaten Nordamerikas und Europas um die Verbesserung und rationale Gestaltung des Alltagslebens bemühen.“

Kiminori Iwama, Gesandter