Neues aus Japan Nr. 147 | Februar 2017
Kultur
Bild: Ukiyoe Holzschnitt einer Frau im Kimono mit Schneeflockenmuster. Name des Drucks: Edo no matsu meiboku zukushi oshiage myoken no matsu („Kiefern bei Oshiage-myoken: Alte Bäume von historischem Interesse in Edo“). Künstler: Keisai Eisen. Im Besitz des Koga History Museum.
Während der Edo-Zeit (1603-1868) war ein Feudalfürst so sehr von Schneeflocken fasziniert, dass er wegen dieser Leidenschaft den Spitznamen „Fürst des Schnees“ erhielt. Sein tatsächlicher Name war Doi Toshitsura (1789-1848), Fürst des Koga-Lehens (in der heutigen Präfektur Ibaraki nördlich von Tokyo). Er war der erste, der in Japan Schneekristalle unter dem Mikroskop beobachtete – Forschungen, die er im Verlauf von rund zwanzig Jahren unternahm. Doi bezeichnete Schneekristalle als sekka, was wörtlich „Schneeblumen“ bedeutet, und veröffentlichte seine Beobachtungen in dem Buch Sekka Zusetsu („Eine illustrierte Studie über Schneekristalle“) im Jahr 1832. In diesem Werk listet er vierzehn nutzbringende Vorzüge von Schnee sowie insgesamt 86 unterschiedliche Formen von Schneekristallen auf. Es gilt als allererste naturwissenschaftliche Abhandlung über Schnee in Japan und genießt noch heute große Wertschätzung.
Bild: Das Hemd ist eine modische Kreation der Gegenwart, aber das Motiv der Schneeflocken stammt aus einer Epoche, die einige Hundert Jahre zurückliegt. (Mitwirkung: Needles; Uneven Genereal Store)
Interessanterweise entwickelte sich die grazile Schönheit der Schneemotive, die in den Studien Toshitsuras präsentiert wurde, in der Edo-Zeit zu einem allgemeinen Modetrend. Die Motive verwendeten Schneekristalle wie Blumen und fanden weite Verbreitung, um Kleidungsstücken oder anderen Gegenständen eine besondere Note zu verleihen. Der damalige Trend ist noch heute in zahlreichen Holzschnitten der ukiyoe bijin-ga zu erkennen, Porträts schöner Frauen, die sich in Kimono mit sekka Mustern kleiden. Dieses Modephänomen ist ein Beispiel für ein vom Mikroskop inspiriertes Design und zeigt anschaulich, wie bereits das frühmoderne Japan seinerzeit eine führende Stellung in Wissenschaft und Technologie anstrebte. Selbst in unserer heutigen Zeit sind „Schneeblumen“ nach wie vor ein beliebtes Motiv und sie erinnern gleichzeitig an den Modetrend der Edo-Zeit. Muster mit Schneeflocken findet man insbesondere auf kleinen Gegenständen im japanischen Stil, aber auch auf T-Shirts, Laufschuhen oder anderen Accessoires unserer Zeit.
Bild: Eine Seite aus Sekka Zusetsu („Eine illustrierte Studie über Schneekristalle“) von Doi Toshitsura, der besser unter seinem Spitznamen „Herr des Schnees“ bekannt ist.
Bild: Oben: Schalen für grünen Tee aus dem 19. Jh. Die Mode der Schneeflockenmuster beeinflusste sogar das Dekor von Gefäßen und Behältern. Name der Schalen: Yuki no kessho moyo senchawan („Schalen für grünen Tee mit Schneekristallmuster“). (Foto: Takeo Nabeshima Family Archives; im Besitz der Stadt Takeo) Unten: Inro Behälter. Name: Sekkamon makie inro („Makie inro mit Schneekristallmuster“). Hergestellt von Hara Yoyusai, einem berühmten makie Künstler der Edo-Zeit. Im Besitz des Koga History Museum.
(c) niponica 2016