
Das Neujahrsfest お正月oshogatsu ist in Japan eines der wichtigsten Ereignisse im Festkalender des Jahreskreises. Für die Kinder kommt der sehnsüchtig erwartete Höhepunkt dieses Festes in dem Moment, in dem sie von Eltern und Verwandten das traditionelle Geldgeschenk zu Neujahr お年玉 otoshidama in einem kleinen Umschlag otoshidama bukuro überreicht bekommen. Der Brauch, Geschenke zum Neujahrsfest zu verteilen, reicht bis ins 14. Jahrhundert zurück; allerdings bestanden otoshidama anfangs nicht aus Geldgeschenken. Heutzutage aber meint man damit das Überreichen von Geld an Kinder und jüngere Verwandte im Kreis der Familie während der Neujahrsfeiertage. Der Umschlag mit der Aufschrift otoshidama diente ursprünglich dazu, Trinkgelder für geisha und andere traditionelle Unterhaltungskünstlerinnen in Japan sowie deren Mitarbeiter und andere Angestellte zu überreichen.

Die Menschen in Japan vermeiden es nach Möglichkeit, Bargeld in offener Form zu überreichen bzw. in Empfang zu nehmen (ausgenommen natürlich das Bezahlen im Supermarkt oder Geschäft). Seit alters her bestand daher der Brauch, Trinkgelder und Geldgeschenke zu feierlichen Anlässen in Form von in Papier eingewickelte Münzen ohineri zu überreichen. Dieses Papier zum Einwickeln entwickelte sich schließlich zu einem Umschlag, der Münzen enthielt. Daher stammt auch der Name dieser Umschläge pochi bukuro: pochi bedeutet „ein wenig, ein bisschen“ und bringt anschaulich das Gefühl der Bescheidenheit zum Ausdruck, mit dem der Geber seine Gabe überreicht.

Ein Brauch, der sich ebenfalls bis heute erhalten hat, ist das Überreichen von oiri bukuro als Zeichen des Glückwunsches an Darsteller und Mitarbeiter einer Aufführung vor großem Publikum – zum Beispiel bei sumo Wettkämpfen oder kabuki Vorstellungen. In den letzten Jahren findet man zunehmend neue und originelle Designs für diese Umschläge, die von lustigen und bunten Motiven bis hin zu klassisch schlichten Entwürfen reichen. Dabei können die Umschläge neben Geldgeschenken auch Karten mit Grüßen und kurzen Mitteilungen enthalten.
(c) Web Japan 2017 (Fotos: Seiko Kusu)