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Politik

Die 7. Tokyo International Conference on African Development (TICAD 7) in Yokohama vom 28. - 30.08.2019

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Bild: Premierminister Abe mit Staats- und Regierungschefs sowie führenden Vertretern internationaler Organisationen bei der Eröffnung der TICAD 7 (Foto: Cabinet Public Relations Office)

Der TICAD-Prozess – ein Überblick

Die Tokyo International Conference on African Development (TICAD) ist eine 1993 von Japan ins Leben gerufene internationale Konferenz auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs für die Entwicklung des afrikanischen Kontinents. Bis zur TICAD V (2013) fand sie alle fünf Jahre statt; ab der TICAD VI (2016) wurde der Turnus auf drei Jahre verringert. Die Besonderheiten dieser Konferenz sind: (1) ihr bahnbrechender Charakter, (2) ihr umfassender und zugleich offener Ansatz, (3) die konkrete Umsetzung des Konzepts von Afrikas Ownership (Eigenverantwortung) und internationaler Partnerschaft sowie (4) ihr Follow-up Mechanismus, der eine kontinuierliche Umsetzung der Zusagen garantiert.

Die TICAD 7 fand vom 28. bis 30. August 2019 in Yokohama statt. Als Veranstalter fungierten Japan, die Vereinten Nationen, die Weltbank, das United Nations Development Programme und die Afrikanische Union. Teilnehmer waren neben den afrikanischen Staaten u.a. internationale Organisationen, Geberländer, Unternehmen sowie Vertreter der Zivilgesellschaft. Unter dem Thema „Afrikas Entwicklung durch Menschen, Technologie und Innovationen fördern“ wurde ein breites Spektrum von Themen diskutiert. Ziel ist es, u.a. durch Innovationen und das Engagement des zivilen Sektors eine Wende in Bezug auf die Wirtschaftsstrukturen zu fördern sowie das Umfeld für wirtschaftliche Aktivitäten zu verbessern, eine nachhaltige sowie widerstandsfähige (resiliente) Gesellschaft zu fördern und Frieden sowie Sicherheit durch die Unterstützung der von Afrika selbst eingeleiteten positiven Entwicklungen zu stärken. Einen detaillierten Überblick über Japans Engagement in Afrika sowie über die Resultate von TICAD 7 finden Sie hier. (Link zur Webseite von TICAD 7 – in engl. Sprache).

Grundsatzrede von Premierminister Abe zur Eröffnung der TICAD 7 in Yokohama am 28. 08. 2019

Willkommen in Yokohama!
Mein Dank geht an Präsident Kenyatta, der vor drei Jahren als Ko-Gastgeber der TICAD VI fungierte, sowie an Präsident El-Sisi, den Ko-Vorsitzenden der TICAD 7, die über das Thema „Afrikas Entwicklung durch Menschen, Technologie und Innovationen fördern“ diskutieren wird. Hiermit erkläre ich die TICAD 7 für eröffnet.

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Bild: Premierminister Abe während seiner Rede (Foto: Cabinet Public Relations Office)

In den letzten drei Jahren erreichten die Investitionen des japanischen Privatsektors in Afrika einen Umfang von 20 Mrd. US-Dollar. Von Unternehmen, die vor mehr als hundert Jahren gegründet wurden, bis hin zu Start-ups bilden die Investoren ein breites Spektrum, und doch sind sie alle auf der Suche nach Werten in Afrika.

Lassen Sie mich Ihnen etwas Brandneues präsentieren, nämlich „New TICAD“ – geboren in Nairobi und rasant wachsend. Unser New TICAD besteht aus einem großartigen Sprungbrett mit einem „doppelten E“ und einem „doppelten I.“ Es ist eine Partnerschaft, die das doppelte E aus „entrepreneurship“ (Unternehmertum) und „enterprise“ (Unternehmen) zusammen mit dem doppelten I von „Investitionen“ und „Innovationen“ zu größeren Höhen führt.

Ich mache hier die folgende Zusage: Die Regierung von Japan wird alles in ihrer Macht Stehende unternehmen, damit das Potenzial der privaten Investitionen Japans in Höhe von 20 Mrd. Dollar für den Zeitraum von drei Jahren in den kommenden Jahren abermals übertroffen wird. Beispielsweise wird unsere Zusammenarbeit mit Finanzinstitutionen vor Ort eine neue Handelsversicherung kreieren, die 100 Prozent unserer Transaktionen abdecken könnte. Wir werden alles tun, was notwendig ist, um den Eintritt japanischer Unternehmen in den afrikanischen Markt zu unterstützen. New TICAD wird den „doppelten E‘s“ und „doppelten I’s“ unbegrenzte Unterstützung zukommen lassen.

Meine Damen und Herren,
unter uns befindet sich die Fackelträgerin einer neuen Ära: Frau Chizu Nakamoto. In ihrer Fabrik in Uganda beschäftigt sie alleinerziehende Mütter sowie ehemalige Kindersoldaten. Indem diese Menschen dort arbeiten, gewinnen sie Vertrauen in sich selbst. Diese Unternehmung schafft und fördert Selbstachtung. Dies ist wahrscheinlich der Grund, warum die Taschen, die Frau Nakamoto in Uganda für Kundinnen in Japan fertigen lässt, sich durch eine Vielzahl bunter Farben auszeichnen, die die Blicke aller auf sich ziehen. Die Investitionen einer einzigen Japanerin kreieren erstens Selbstvertrauen bei Frauen in Uganda, und dieses Selbstvertrauen kristallisiert sich sodann in diesen wunderschönen Produkten. Auf diese Weise wurde eine neue Erfolgsgeschichte geschrieben – entstanden aus der Zusammenarbeit zwischen Japan und Afrika.

Lassen Sie uns nun die Augen auf einen Ort jenseits der Erde richten. Schon bald wird ein kleiner Satellit, gebaut von Ruanda in Kooperation mit der University of Tokyo, ins All starten. Vom Weltraum aus wird der Satellit die Ernten sowie die Wasserressourcen in Ruanda überwachen.

Als Nächsten tauchen wir ins Meer hinab. Am 1. Oktober letzten Jahres wurden Angola und Brasilien durch ein Unterseekabel von enormer Kapazität miteinander verbunden. Dies war das erste Kabel, das Afrika direkt mit Südamerika verbindet, eine Glanzleistung innerhalb der Geschichte der Telekommunikation. Ich kann meine Freude darüber nicht verbergen, wenn ich Ihnen verkünde, dass es das japanische Unternehmen NEC war, das dieses Kabel mit einer Länge von 6.165 km verlegte. Daher sage ich es hier erneut: Die Regierung von Japan wird im Rahmen von New TICAD ihr Äußerstes geben, um japanische Unternehmen zu unterstützen, die auf die Zukunft Afrikas setzen.

Wir befinden uns in einer Ära, in der die Herausforderungen, vor denen der afrikanische Kontinent steht, gemeistert werden durch „S, T & I“: „Science“ (Wissenschaft), „Technologie“ sowie „Innovationen“. An der Egypt-Japan University of Science and Technology sowie an der Jomo Kenyatta University of Agriculture and Technology werden wir 5.000 junge Menschen ausbilden, die STI in die Zukunft hineintragen. Und wir möchten auch die Generationen, die ihnen nachfolgen, nahtlos daran anschließend fördern. Das bedeutet, dass wir ihnen das Verständnis für naturwissenschaftliche und mathematische Fächer vermitteln. Dies ist es, was die Zusammenarbeit zwischen Japan und Afrika beinhaltet, und wir sind gerade dabei, die Klassenzimmer in den Grundschulen beträchtlich zu verändern. Die japanische Methode, welche die Beteiligung der Schüler an Aktivitäten wie das Säubern der Klassenräume und das Servieren der Mahlzeiten beinhaltet, hat gerade erst begonnen, sich in den Grundschulen Ägyptens zu etablieren. Ein Projekt zur Verbesserung des Schulmanagements durch Beteiligung der Gemeinschaft – auch „Schule für alle“-Projekt genannt – wurde von der Japan International Cooperation Agency (JICA) zunächst in Niger ins Leben gerufen; mittlerweile hat sich dieses Projekt auf über 40.000 Schulen ausgebreitet, darunter auch solche in Burkina Faso und Senegal. Unser kurzfristiges Ziel ist es, dass die Zahl der Schüler, die von den Reformen der Grundschulbildung profitieren, die Drei-Millionen-Marke erreicht. Es ist diese Art der Ausbildung humaner Ressourcen, in die Japan über die Jahre hinweg die größten Anstrengungen investiert hat.

Die ABE-Initiative, die führende Persönlichkeiten in der Wirtschaft heranzieht, ist in den vergangenen fünf Jahren auf 2.700 junge Menschen angewachsen. Auf jeden offenen Platz kommen mittlerweile zwanzig Bewerber. Inzwischen gibt es 358 japanische Unternehmen, die diesen jungen Menschen Praktikumsplätze anbieten, eine Steigerung um das 5,4-Fache gegenüber dem Zeitpunkt, als diese Initiative ins Leben gerufen wurde. Eines dieser Unternehmen ist die Otowa Electric Company in der Präfektur Hyogo, ein Unternehmen, das danach strebt, zu den weltweit führenden Spezialisten für Blitzschutz zu gehören. Im Rahmen der ABE-Initiative kam ein junger Praktikant aus Ruanda namens Raymond Ndayisaba nach Otowa. Er erzählte, dass in seinem Land jedes Jahr mehrere Hundert Menschen ihr Leben infolge von Blitzschlägen verlieren. Otowa entschloss sich daraufhin, nach Ruanda zu expandieren – das war vor zwei Jahren. Die ABE-Initiative stellt somit eine solide Brücke dar, die japanische Unternehmen mit Afrika verbindet. New TICAD wird nun die „Abe Initiative 3.0“ starten. Während der kommenden sechs Jahre verfolgen wir das Ziel, insgesamt 3.000 Menschen auszubilden. Sie werden als Lotsen fungieren, auf die sich japanische Unternehmen mehr denn je verlassen können, wenn sie sich auf dem afrikanischen Markt engagieren.

Lassen Sie mich nun zum Thema Gesundheit und Medizin kommen. Beim jüngsten G20-Gipfel in Osaka hat die Regierung von Japan die Zusage gemacht, dem Globalen Fonds zur Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria neue Zuwendungen zukommen zu lassen. Japan hat während des gesamten TICAD-Prozesses dem Konzept von „Human Security“ stets allergrößte Bedeutung beigemessen. Die Universal Health Coverage (UHC) (Allgemeine Gesundheitsversorgung) ist ein typisches Beispiel für dieses „Markenzeichen Japans.“ Die Regierung von Japan macht nun die Zusage, dass drei Millionen Menschen in Afrika neu in den Genuss der UHC kommen. Das Bündnis für Impfungen Gavi – unerlässlich für die UHC – und Japan sind geistesverwandte Partner. Lassen Sie mich Ihnen hier verkünden, dass meine Regierung als Gastgeber für die nächste Zusammenkunft zur Wiederauffüllung der Finanzmittel für Gavi fungieren wird.

Dr. Mitsuo Takei, sind Sie hier? Dr. Takei leitet eine Klinik in Oita auf Kyushu. Er hat zudem in einem Armenviertel in der Stadt Nakuru, Kenia, gearbeitet, wo er im Laufe der Jahre über 50.000 Patienten behandelte. Er hat erkannt, dass die Zahl der Patienten in Afrika, die an Diabetes und anderen Zivilisationskrankheiten leiden, steigt. Das bedeutet, dass zusätzlich zum Kampf gegen Infektionskrankheiten ein wachsender Bedarf an fortgeschrittener medizinischer Behandlung besteht. Es ist für uns nun an der Zeit, die Krankheiten nicht länger jeweils einzeln zu behandeln, sondern sich um die Gesundheit der Menschen in einer umfassenden Weise zu kümmern. Der Bedarf reicht von gesundheitsbezogener Infrastruktur wie Wasser und Kanalisation bis hin zu Maßnahmen zur richtigen Ernährung sowie eine fortschrittliche Gesundheitsversorgung, die modernste medizinische Ausstattungen nutzt. Was Afrika braucht, ist ein Ökosystem für medizinische Behandlung und Gesundheit. Es benötigt ein System wie den Berg Fuji: mit Ausläufern, die sich weit über das Land erstrecken, sowie einem hohen Gipfel. Japan nutzt diese Gelegenheit – auch mit Blick auf den Welternährungsgipfel, der nächstes Jahr in Tokyo stattfindet – indem meine Regierung nun die „Africa Health and Wellbeing Initiative“ ins Leben ruft. Dies bildet den Versuch, Wissen und Technologien, die Japan erworben hat, von den Ausläufern bis zum Berggipfel auf die Länder Afrikas zu übertragen. Für den Beginn werden wir Kooperationsvereinbarungen mit einer Reihe afrikanischer Staaten schließen.

In den letzten Jahren haben sich die diplomatischen Beziehungen zwischen Äthiopien und Eritrea normalisiert. Auch n Zentralafrika macht der Frieden Fortschritte. Währenddessen wurden im Südsudan seit 2011 mit japanischer Unterstützung über 20.000 Landminen und Blindgänger geräumt. Wenn Frieden Einzug hält, werden bessere Straßen benötigt. Zu diesem Zweck waren insgesamt 149 Angehörige der Japanese Self Defence Forces (SDF) in Afrika als Instrukteure für den Einsatz von Planierraupen und anderen Erdarbeitsgeräten tätig. Sie haben 246 Pioniere aus Streitkräften von acht Staaten instruiert, die an Blauhelmmissionen der Vereinten Nationen teilnehmen. Genau in diesem Moment beteiligen sich Japans SDF von ihrem Stützpunkt Djibouti aus ebenfalls an Anti-Piratenoperationen.

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Bild: Die Eröffnungssitzung der TICAD 7 am 28. 08. 2019 (Foto: Cabinet Public Relations Office)

Sehr geehrte Teilnehmer, meine Damen und Herren,
Japans Engagement in Afrika – seien es medizinische Dienstleistungen, das Räumen von Minen oder der Aufbau qualitativ hochwertiger Infrastruktur wie Häfen oder Straßen – geschieht im Rahmen einer sehr langfristigen Perspektive. Einzelne Projekte sind außerordentlich selten. Ich möchte Sie bitten, einen Blick auf die „African Clean Cities Platform“ zu werfen. Es ist eine Plattform, auf der Japan, 36 afrikanische Staaten sowie eine Reihe von VN-Organisationen ihre Kräfte bündeln mit dem Ziel, den Müll in den Städten Afrikas zu reduzieren, wiederzuverwenden und zu recyceln. Dies ist eine Art von Unternehmung, die nicht Jahre, sondern Jahrzehnte in Anspruch nimmt. Ich denke nicht, dass ich Ihnen sagen muss, dass es in meinem Land keinen Mangel an Experten gibt, die gerne bereit sind, soviel Zeit mit Ihnen zusammenzuarbeiten.

Es gibt zwei Dinge, die Japan gemeinsam mit Afrika unternehmen will. Eines ist die Sicherheit des Indo-Pazifiks, des Ozeans, der Afrika und Japan miteinander verbindet, als ein „internationales öffentliches Gut“, durchdrungen von der Herrschaft des Rechts. Das andere ist das Leisten eines bedeutenden Beitrags zu Ihrer „Blue Economy“-Initiative, die Japan als eine Nation, die Wasser und das Meer besonders wertschätzt, gerne unterstützt. Während wir Seite an Seite den Weg beschreiten, liegt vor uns die Reform des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, ein gemeinsames Anliegen Afrikas und Japans, das nach wie vor einer Lösung bedarf.

Indem ich nun zum Schluss meines Vortrags komme, möchte ich eine Idee vorstellen, die mit New TICAD einherging und die auf die Förderung des Wohlstands in Afrika abzielt. Dies ist das erste Mal, dass ich über diese Idee spreche. Sie ist Japans „Neuer Ansatz für Frieden und Stabilität in Afrika“ (New Approach for Peace and Stability in Africa), abgekürzt NAPSA. Diese Idee würde sich in Zusammenarbeit mit der Afrikanischen Union (AU) und regionalen Wirtschaftsgemeinschaften für die Förderung der Konfliktprävention sowie für Vermittlung bei Konflikten einsetzen. NAPSA würde zudem die Verwaltung der Justizsysteme und Regierungen stabiler und sicherer machen, so dass der Aufbau staatlicher Strukturen keine Rückschläge durch Konflikte erleidet. Die Regierung von Japan hat bislang insgesamt 676 Polizeibeamte, Staatsanwälte und Richter aus 39 Staaten in ganz Afrika aufgenommen und ihnen Wissen über Strafrecht und Verbrechensverhütung vermittelt. Dies ist ein Erfolg des „United Nations Asia and Far East Institute for the Prevention of Crime and the Treatment of Offenders“, einer in Tokyo ansässige Institution. In den Haushaltsjahren 2013 bis 2018 kamen zudem über 140 Polizeibeamte aus ganz Afrika für Studium und Ausbildung zur Nationalen Polizeibehörde Japans. Es ist nichts anderes als der Geist von TICAD, der Japan dazu drängt – voller Stolz auf seine Erfolge – sich nun für NAPSA zu engagieren.

TICAD, die über all die Jahre hinweg für Afrika stets nur eine leuchtende Zukunft im Blick hatte, hat nichts falsch gemacht. Als eine Konferenz, die an das Potenzial Afrikas glaubt, lag sie voll und ganz richtig. Die Philosophie von TICAD in Form von Eigenverantwortung (Ownership) und Partnerschaft sowie Wertschätzung jedes einzelnen Menschen wird unerschütterlich fortgeführt, während sie weiterhin den gemeinsamen Weg Afrikas und Japans anführt.

Vielen Dank!