Städte ohne Kohlendioxydemissionen („Zero-Carbon“), die an vorderster Front der Vision stehen, Japan klimaneutral zu gestalten, generieren im ganzen Land eine Welle innovativen Wandels. Indem sie die Vorzüge ihrer geografischen Gegebenheiten nutzt, strebt die Stadt Goto in der Präfektur Nagasaki eine Reduzierung ihrer Kohlendioxydemissionen an, während sie sich gleichzeitig dafür engagiert, das Gemeinwesen zu stärken.

Bild: Eine schwimmende Windkraftturbine vor der Küste der Stadt Goto. Indem sie ihre günstigen Bedingungen nutzt – kräftige Winde, die das ganze Jahr hindurch wehen sowie die Tiefe des Meeres vor der Küste – startete die Stadt 2010 Japans erstes Demonstrationsprojekt für eine solche Anlage. Auch bei der Aufnahme des kommerziellen Betriebs im Jahr 2016 war die Kommune Vorreiterin. (Foto: NISHIYAMA Hoichi)
Jeden Morgen, bevor sie zur Arbeit fährt, schaut die Pendlerin auf ihr Smartphone, um den Ladestand der Batterien ihres Elektroautos zu überprüfen. Alles in ihrer Wohnung – von der Klimaanlage bis zum Durchlauferhitzer – wird auf optimale Weise von digitaler Technologie kontrolliert, um so Betriebskosten zu senken und die Hausarbeit einfacher zu gestalten. Anschließend macht sie sich auf den Weg ins Büro. Ihr Weg führt sie an der wunderschönen Küste entlang, an der eine Offshore-Windkraftanlage steht. Ihr Bürogebäude, erkennbar an einem Solarmodul auf dem Dach, bezieht sämtliche Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen vor Ort. – So könnte das Leben der Einwohner der Kommune Goto im Jahr 2050 aussehen, die auf über 150 Inseln in der Präfektur Nagasaki im Südwesten Japans liegt.
Goto ist eine von Japans „Zero-Carbon“-Kommunen, die erklärt haben, ihre Treibhausgasemissionen bis 2050 auf Netto-Null zu bringen. Die Regierung von Japan, die bis zum selben Jahr Klimaneutralität für das ganze Land anstrebt, gewährt diesen Kommunen verschiedene Arten von Unterstützung, etwa bei der Planung, dem Aufbau von Kapazitäten sowie bei der Installation der Anlagen. Die Zahl der Kommunen, die sich an dieser Initiative beteiligen, hat rasch zugenommen – von vier im September 2019 auf 444 im August 2021. Diese Kommunen repräsentieren 111,4 Mio. Einwohner, das sind rund 88% der japanischen Bevölkerung. Das Ziel besteht darin, einen „Dominoeffekt für die Dekarbonisierung“ zu erzeugen, indem derartige Initiativen vor Ort als Katalysatoren für ähnliche Effektive in den Nachbarkommunen sorgen und auf diese Weise zu einer landesweiten Bewegung hin zur Klimaneutralität führen.
Der Weg, auf dem eine bestimmte Kommune der Zero-Carbon-Städteinitiative folgt, wird sorgfältig geplant, um die Vorteile der jeweiligen Besonderheiten vor Ort zu nutzen. Die Stadt Goto ist vom Meer umgeben, auf dem ständig kräftige Winde wehen. Diese Bedingungen waren ideal dafür, dass die Stadt als erste Kommune in Japan eine schwimmende Offshore-Windkraftanlage einführte. Während eine Offshore-Windkraftturbine normalerweise im Wasser errichtet wird, indem man einen Pfeiler auf dem Meeresboden verankert, treibt eine schwimmende Windkraftturbine wie ein Schiff auf dem Wasser und wird mit drei Ketten befestigt. Damit kann sie einfach installiert und bewegt werden; zudem sind die Auswirkungen auf die Umwelt weitaus geringer. Da diese Anlagen auch in tiefem Wasser installiert werden können, geht man davon aus, dass sie in weiten Teilen Asiens eingeführt werden könnten, wo das Meer oft große Tiefen erreicht. Ein weiteres wichtiges Merkmal dieser Anlagen ist ihre Resilienz gegenüber Taifunen. Selbst wenn sie hohen Windgeschwindigkeiten ausgesetzt sind, sind sie so gestaltet, dass sie sich auf ihre ursprüngliche Position zurückbewegen. „Auch wenn Goto direkt auf den Taifun-Routen liegt, wurde unsere schwimmende Anlage bislang noch nicht beschädigt“, erklärt MURAI Yasukata, Leiter des Büros zur Förderung erneuerbarer Energien der Stadt.
Die einzelne schwimmende Windkraftturbine, die derzeit in Goto im Betrieb ist, hat einen maximalen Output von 2.000 kW (das entspricht dem jährlichen Stromverbrauch von 1.800 durchschnittlichen Haushalten). Mehr als 51% des Stroms der Stadt wird bereits mittels erneuerbarer Energiequellen produziert, die nicht nur Offshore-Windkraft, sondern u.a. auch Solarenergie beinhalten. Die Stadt plant, die Offshore-Windkraftanlage bis 2023 auszubauen, indem die Zahl der schwimmenden Windkraftturbinen auf ungefähr zehn erhöht wird. Damit würden schätzungsweise 80% des Strombedarfs der Kommune durch erneuerbare Energien erzeugt.

Bild: Die weitverbreitete Nutzung von Elektroautos ist für Japan ein unverzichtbarer Schritt, da das Land die Dekarbonisierung seiner Automobilindustrie anstrebt. Die Stadt Goto plant, die Einführung solcher Fahrzeuge bis 2030 abzuschließen.

Bild: Ein großer Gezeitengenerator wurde im Januar 2021 vor der Küste von Naru-Seto installiert. Mit einem Output von 500 kW produzierte die Anlage in rund drei Monaten seit Beginn der Testphase ca. 80.000 kWh Elektrizität, was dem monatlichen Verbrauch von 360 Durchschnittshaushalten entspricht. (Foto: Kyuden Mirai Energy Co., INC.)
Mit dem Ziel, die gesamte Region zu dekarbonisieren, spielt Goto zudem eine Vorreiterrolle bei Demonstrationsprojekten, etwa für die Stromerzeugung durch Gezeitenkraftwerke oder durch ein Schiff mit Wasserstoffbrennstoffzellen. Die Kommune will zudem das Umweltbewusstsein ihrer Einwohner stärken und fördert dafür die Verwendung von Elektroautos sowie die Reduzierung von Müll. Dieses Engagement hat bereits einige positive Resultate hervorgebracht: Erneuerbare Energien sind mittlerweile ein wichtiges Thema, wenn in Schulklassen über Fragen in Bezug auf die Stadt diskutiert wird; auch haben die Schülerinnen und Schüler mittels Drohnen den Grad der Verschmutzung der Küsten durch Müll untersucht.

Die Initiativen für Kohlenstoffdioxydneutralität haben in Goto bereits neue Arbeitsplätze im Bereich erneuerbare Energien geschaffen und zur Stärkung der Kommune beigetragen. In letzter Zeit sind vermehrt Menschen in ihren Zwanzigern und Dreißigern in die Stadt gezogen, was in den beiden Jahren ab 2019 zu einem Zuwanderungsplus geführt hat. Büroleiter Murai meint dazu: „Ich möchte eine Gemeinschaft schaffen, in der alle Wirtschaftszweige gedeihen und in der die Menschen dort weiter leben wollen, und zwar sowohl wegen der Arbeitsplätze als auch aufgrund der nachhaltigen Entwicklung.“ Bei der Nutzung der Stärken vor Ort sowie von Spitzentechnologien zur Schaffung von Gesellschaften, die die Umwelt und die Menschen fördern, stehen die Zero-Carbon-Städte an der Spitze einer Welle des Wandels im ganzen Land.

Bild: Goto bietet regelmäßig Touren zu seiner schwimmenden Windkraftturbine sowie Seminare über erneuerbare Energien für Schüler und die Öffentlichkeit an, um auf diese Weise das Bewusstsein für die Notwendigkeit zu schaffen, nachhaltige Kommunen aufzubauen, die sich um die Umwelt kümmern.
Das Original dieses Beitrags wurde von KIZUNA, dem offiziellen Online-Magazin der Regierung von Japan, übernommen und für NEUES AUS JAPAN ins Deutsche übersetzt. Den originalen Beitrag (in englischer Sprache) finden Sie hier: www.japan.go.jp/kizuna/2021/09/zero-carbon_cities.html