Botschaft von Japan
.Neues aus Japan Nr.3                           Februar 2005

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Wiederaufbau des Irak

- Interview mit Außenminister Nobutaka Machimura (Dez. 2004)


 

 

 

 

 

"Die internationale Gemeinschaft muss den Menschen im Irak geschlossen helfen"


Auf der Grundlage einer Resolution der Vereinten Nationen engagieren sich insgesamt 76 Staaten und Regionen - darunter auch Japan - für den Wieder-aufbau des Irak.
Außenminister Machimura wurde nun über den aktuellen Stand des japanischen Engagements für den Wiederaufbau dieses Landes sowie über die bisher erzielten Resultate befragt. Zugleich berichten wir über die Aktivitäten der nach Samawah entsandten Angehörigen der Selbstverteidigungsstreitkräfte in den Bereichen humanitäre Hilfe und Wiederaufbau.

Frage:
Warum engagiert sich Japan für den Wiederaufbau des Irak?

Außenminister Machimura:
Die Stabilität des Mittleren Ostens beeinflusst nicht allein die Frage der Erdölvorkommen und die Problematik des Friedens in Nahost, sondern hat auch Auswirkungen auf die Weltwirtschaft und die internationale Politik. Sie ist damit unmittelbar mit dem Frieden und dem Gedeihen in der Welt verknüpft. Der Irak ist ein wichtiger Faktor in der Region Mittlerer Osten und grenzt an sechs andere Staaten dieser Region. Seine Stabilität ist für die Stabilität der ganzen Region mit ihren grenzübergreifenden ethnischen und religiösen Problemen unerlässlich. Für Japan, dessen Rohölimporte zu fast 90 % aus der Region Mittlerer Osten stammen, ist dies ein Problem, das unmittelbar mit dem Wohle unseres Landes verbunden ist.
Zugleich ist es als verantwortungsvolles Mitglied der internationalen Gemeinschaft eine selbstverständliche Verpflichtung, den Menschen im Irak angesichts ihrer schwierigen Lage die Hand zur Hilfe zu reichen. Dies ist auch der Wunsch der Vereinten Nationen, und daher wurde eine Resolution des Sicherheitsrates verabschiedet. Gegenwärtig engagieren sich die Menschen im Irak selbst für den Wiederaufbau ihres Landes, und die Staatengemeinschaft ist gefordert, ihnen geschlossen zu helfen. Japans Verpflichtung ist es, entsprechend seinen Fähigkeiten einen aktiven Beitrag in einem geeigneten Bereich zu leisten.
Darüber hinaus besteht auch das Problem der Terroranschläge. Wir dürfen nicht zulassen, dass der Wiederaufbau des Irak misslingt und er zu einem „Staat ohne feste Strukturen“ wird, der dann wie einst Afghanistan als Brutstätte des Terrorismus fungiert. Ich bin fest davon überzeugt, dass, wenn die Menschen im Irak für den Wiederaufbau der staatlichen Strukturen zusammenwirken und die Hilfe der internationalen Gemeinschaft weiter ausgebaut wird, der Irak als friedlicher und demokratischer Staat wieder erstehen kann. Mit der Verwirklichung dieses Zieles entsprechen wir auch dem Willen der vielen, die wie Botschafter Okumura und Botschaftssekretär Inoue bei ihrem Engagement hierfür ihr Leben lassen mussten.

Frage:
Welche Rolle spielte die am 13. und 14. Oktober 2004 veranstaltete „Konferenz des Treuhandfonds für den Wiederaufbau des Irak in Tokyo“?

Außenminister Machimura:
Im Oktober 2003 fand in Madrid die „Internationale Konferenz für den Wiederaufbau des Irak“ statt. An der Konferenz nahmen 73 Staaten, zwanzig internationale Organisationen und 13 Nichtregierungsorganisationen teil. Zusammen mit dem entschlossenen Willen, den Irak nicht zu einem Staat ohne feste Strukturen werden zu lassen, wurden auf dieser Konferenz Zusagen zur finanziellen Zusammenarbeit in Höhe von insgesamt 3,3 Mrd. US-Dollar gemacht; damit wurde mehr Geld als ursprünglich gedacht zur Verfügung gestellt. Ein Jahr später kommt der politische Prozess im Irak mit den für Januar 2005 geplanten Wahlen in eine entscheidende Phase. Deshalb wurde die „Konferenz des Treuhandfonds für den Wiederaufbau des Irak in Tokyo“ veranstaltet.
An dieser Konferenz beteiligten sich 53 Staaten und vier internationale Organisationen; sie war damit eine große und zugleich sehr wichtige Konferenz, bei der Japan als Gastgeber wirkte.
Es war die erste Konferenz der Geberländer nach dem Amtsantritt der irakischen Übergangsregierung. Der stellvertretende Ministerpräsident des Irak, Dr. Barham Salih stellte dabei die umfassende Wiederaufbaustrategie vor, woraufhin eine Reihe von Ländern, u.a. der Iran, neue Mittel zusagten. Es wurde erneut bestätigt, wie wichtig die Durchführung von Wahlen für das ganze Land ist. Die Konferenz konnte sehr gute Resultate vorwiesen, darunter auch die Hilfe der einzelnen Länder für die anstehenden Wahlen.

Frage:
Wie gestalten sich Umfang und Inhalt der japanischen Hilfe für den Wiederaufbau des Irak?

Außenminister Machimura:
Japan hat bei der Konferenz von Madrid als „erste Hilfe“ insgesamt fünf Mrd. US-Dollar einschließlich 1,5 Mrd. US-Dollar an zinslosen und rückzahlungsfreien Zuschüssen zugesagt. Zur Zeit leistet Japan einen personellen Beitrag durch die Selbstverteidigungs-streitkräfte (SDF) und wird bis 2007 bis zu fünf Mrd. US-Dollar an offizieller Entwicklungshilfe (ODA) leisten; dies sind die „beiden Räder des Wagens“, mittels denen unser Land seinen großen Beitrag leistet. Das japanische Außenministerium hat im Januar 2004 innerhalb des Stützpunktes der SDF in Samawah eine „Außenstelle Samawah“ eingerichtet, die sich mit der Knüpfung von Kontakten zu wichtigen Persönlichkeiten vor Ort, der Prüfung der Sicherheitslage und der politischen Situation sowie der Koordinierung der Hilfsmaßnahmen im Rahmen der ODA befasst und darüber hinaus auch Dolmetscher- und Beraterdienste für die SDF leistet.
Als „erste Hilfe“ im Rahmen der ODA wurde der Schwerpunkt u.a. auf die Bereiche Stromversorgung, Bildung, Wasser und Hygiene sowie Gesundheit gelegt, um so zur Wiederherstellung der Lebensgrundlagen der Menschen im Irak sowie zur Verbesserung der Sicherheit beizutragen. In Form direkter Hilfe an den Irak, in Form von Hilfe durch inter-nationale Organisationen und in Form von Mitteln für den Wiederaufbaufonds des Iraks wurden bislang zinslose und rückzahlungsfreie Zuschüsse in Höhe von ca. 1,3 Mrd. US-Dollar geleistet. Es werden nun die Vorbereitungen für die Gewährung von Yen-Darlehen für den Wiederaufbau in den Bereichen Wirtschaft und Gesellschaft getroffen und gleich-zeitig die Ausbildungsprogramme für irakische Experten ausgeweitet.

Frage:
Wie wird die Hilfe Japans im Irak selbst und von der internationalen Gemeinschaft ge-würdigt?

Außenminister Machimura:
Bei der eben genannten Konferenz von Tokyo bin ich mit zahlreichen Vertretern anderer Staaten zusammengetroffen. Besonders beeindruckt war ich von der Delegation der irakischen Übergangsregierung: dem stellvertretenden Ministerpräsidenten Dr. Barham Salih und dem Planungsminister Mahdi al-Hafez. Sie haben einen sehr guten Eindruck auf mich gemacht und mit großer Überzeugung ihre Strategie für den Wiederaufbau ver-kündet. Zugleich haben sie Japan ausdrücklich für seine Hilfe gedankt. Gefreut habe ich mich zudem darüber, dass die irakischen Vertreter das Engagement der SDF in Samawah sehr gelobt haben und mir sagten: „Samawah ist das Modell für die Hilfe beim Wieder-aufbau des Iraks. Darauf sollte Japan stolz sein.“
Anfang Oktober 2004 kam auch der Gouverneur der Provinz Muthanna, in der Samawah liegt, nach Tokyo und sagte mir, dass die verschiedenen Aktivitäten der SDF in Samawah stets den Erfordernissen vor Ort entsprächen. Als Wassermangel geherrscht habe und die Provinz nicht in der Lage gewesen sei, dieses Problem aus eigener Kraft zu beheben, seien umgehend Tankwagen mit Wasser zur Verfügung gestellt worden. Auch in Bezug auf die Reparatur von Schulen und Krankenhäusern sei das Timing sehr gut gewesen. Neben diesem Lob der japanischen Hilfe bat der Gouverneur zugleich um weitere Unterstützung. Darüber hinaus dankte der irakische Interim-Ministerpräsident Allawi in zwei Schreiben vom 24. Oktober sowie vom 1. Dezember 2004 Ministerpräsident Koizumi für den durch die SDF geleisteten Beitrag und sprach sich darin für die Fortsetzung des Engagements der SDF im Irak aus.

Frage:
Es gibt auch Opfer durch Terroranschläge im Irak.

Außenminister Machimura:
Die Entführung und Ermordung von Shosei Koda Ende Oktober 2004 war außerordentlich tragisch. Als Außenminister habe ich viele Persönlichkeiten in einer Reihe von Ländern gebeten, sich für seine Freilassung einzusetzen. Zugleich habe ich über die Sender Aljazeera und CNN an die Entführer appelliert, ihre Geisel freizulassen, leider ohne Erfolg. Das Leben von Menschen zur Durchsetzung eigener Forderungen zu missbrauchen, ist in hohem Maße verabscheuungswürdig. Wir dürfen uns dieser Bedrohung nicht beugen, sondern müssen uns mit ganzer Kraft weiter für den Wiederaufbau des Iraks einsetzen.
Am 11. November 2004 gab es in Samawah eine Demonstration, die sich gegen den „Rückzug der SDF“ aussprach. Vor dem Stützpunkt der SDF versammelten sich ca. 150 Personen, unter ihnen auch Kinder, die Spruchbänder mit Aufschriften trugen wie: „Die Bürger von Samawah danken für den Wiederaufbau ihrer Stadt“, „Wir wünschen die Fortsetzung der Wiederaufbauhilfe durch die SDF“ oder „Wir sind gegen Terrorismus“ und so die Fortführung des Engagements der SDF forderten. Ich denke, dies ist ein Beweis dafür, wie sehr die humanitäre Hilfe und der Wiederaufbau durch die SDF von den Menschen vor Ort gewünscht werden.

Frage:
Wie denken Sie über die künftige Entwicklung im Irak und die Art und Weise der Hilfe für dieses Land?

Außenminister Machimura:
Der Wiederaufbau des Irak muss von den Menschen im Land selbst für die Menschen im Land geleistet werden. Insbesondere die feste Entschlossenheit, den politischen Prozess nach der Übergabe der Souveränität an die Übergangsregierung fortzuführen, die größtmöglichen Anstrengungen für die Verbesserung der Sicherheitslage im Land sowie das auf eigenem Antrieb beruhende Engagement für den Wiederaufbau sind hierbei sehr wichtig. Das, was die internationale Gemeinschaft tun kann, ist, diese eigenständigen Anstrengungen der irakischen Seite in den unterschiedlichsten Bereichen zu unterstützen. Gerade auch angesichts der schwierigen Lage, in der sich die Menschen im Irak derzeit befinden, ist es wichtig, ihnen zu verstehen zu geben, dass die Staatengemeinschaft ein Freund ist, der ihnen zur Seite steht und ihnen hilft. Zugleich sind die Iraker selbst entschlossen, als ein Mitglied der internationalen Gemeinschaft zu kooperieren. Das Wichtigste für die weitere Entwicklung des Iraks ist, die Parlamentswahlen im Januar 2005 erfolgreich durchzuführen, damit das Land einen Neubeginn als demokratischer Staat erreichen kann. Wenn die Wahlen erfolgreich sind, werden sie in erheblichem Maße zur Verbesserung der Sicherheit im Land beitragen. Auch in diesem Sinne sind diese Wahlen für den Wiederaufbau des Iraks von großer Bedeutung. In meiner Rede auf der „Konferenz des Treuhandfonds für den Wiederaufbau des Iraks in Tokyo“ hatte ich angekündigt, dass Japan für die Wahlen 40 Mill. US-Dollar aus dem Fonds zur Verfügung stellen wird und zugleich darum gebeten, uns Bereiche zu benennen, wo wir darüber hinaus bei der Durchführung der Wahlen helfen können.
Die Wiederaufbauhilfe setzt sich insgesamt aus sehr vielen unterschiedlichen Aufgaben zusammen. Zahlreiche Mitarbeiter des Außenministeriums engagieren sich Tag und Nacht sowohl in der Zentrale in Tokyo, als auch unter schwierigen Umständen in der japanischen Botschaft in Bagdad und als Verbindungsglied zwischen den SDF und den Menschen vor Ort in der Außenstelle Samawah. Das Außenministerium unterstützt dieses Engagement mit ganzer Kraft, um in Zusammenarbeit mit den SDF den Wiederaufbau des Irak erfolgreich zu gestalten. Zugleich wünsche ich mir, dass die Menschen in Japan die Bedeutung des Wiederaufbaus des Irak und die aktuelle Lage dort erkennen.

    

            

 

Anhang


Japans Hilfe für den Irak

Hilfe im Rahmen der Entwicklungshilfe (ODA) (Stand: 09. 11. 2004)

  • direkte Hilfe für den Irak (Stromversorgung, medizinische Versorgung, Wasser und Hygiene, Sicherheit, Hilfe auf Grass-Roots-Ebene u.a.): ca. 681 Mill. US-Dollar

  • Hilfe über internationale Organisationen (humanitäre Soforthilfe für den Irak, Schutz und Wiederherstellen des Kulturerbes, Bildung, Stromversorgung, medizinische Versorgung, Beschäftigung u.a.): ca. 90 Mill. US-Dollar

  • Wiederaufbaufonds der Vereinten Nationen für den Irak (Wiederaufbaufonds für den Irak sowie Finanzierung von kleineren Projekten durch die International Finance Corporation): ca. 500 Mill. US-Dollar

  • Hilfe durch Nichtregierungsorganisationen (Hilfe durch japanische und internationale NGOs): ca. 250 Mill. US-Dollar

  • sonstiges (Einladung irakischer Experten nach Japan sowie Ausbildung in den arabischen Anrainerstaaten): ca. 6 Mill. US-Dollar (Bereich technische Zusammen-arbeit)


Resultate der Hilfe im Bereich ODA:

  • Schaffung neuer Arbeitsplätze für insgesamt mehr als 300 Tsd. Menschen

  • Stromversorgung
    Reparatur von Kraftwerken, Lieferung von Transformatoren u. a., Wiederher-stellung von Kapazitäten in Höhe von ca. 460 MW (ca. 10 % des Strombedarfs des Irak)

  • Medizinische Versorgung /Gesundheit
    Reparatur von Krankenhäusern, Bereitstellung von medizinischen Geräten und Arzneimitteln, Sicherung der medizinischen Versorgung für ca. 4 Mill. Menschen pro Jahr

  • Wasser und Hygiene
    Reparatur und Neubau von Wasserleitungen,
    Unterstützung von insgesamt ca. zwei Mill. Menschen

  • Bildung, Kultur
    Reparatur von Schulen,
    Unterstützung von insgesamt ca. 6,1 Mill. Schülern und Studierenden

  • Sonstiges
    Bereitstellung von Feuerwehrfahrzeugen u.a., Reparatur von Kommunikations-netzen
     

Humanitäre Hilfe und Wiederaufbau durch die SDF

  • Medizinische Versorgung
    Medizinische Versorgung durch Sanitätspersonal (Verbesserung der Gesundheits-vorsorge und der medizinischen Behandlung für die Menschen in Samawah und Umgebung)

  • Trinkwasserversorgung
    Aufbereitung von Flusswasser und Verteilung mittels Tankwagen

  • Reparatur und Ausstattung von öffentlichen Einrichtungen wie Schulen
    Reparatur von Schulen, Straßen u.a.

  • Transport von humanitären Hilfsgütern u.a.
    Transport von humanitären Hilfsgütern u.a. (Luftstreitkräfte) sowie der Fahrzeuge, welche die Bodenstreitkräfte bei ihren Einsätzen verwenden (Seestreitkräfte)

                                                                    (Quelle: "Cabinet" vom 15. Dezember 2004)

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