Nach „Nobody knows”, das im letzten Monat angelaufen ist, haben wir leider
keine neuen Filmstarts japanischer Filme zu verzeichnen. Lediglich eine
DVD-Premiere: am 17. Mai erscheint „Stratosphere Girl“ auf DVD – ich habe
den Film in unserer Dezember-Ausgabe 2004 besprochen.
Fast
ein Jahr ist es her, dass der neueste Film von Takeshi Kitano in unseren
Kinos anlief – der glücklicherweise noch ab und zu in diversen Programmkinos
zu sehen ist: „Zatoichi – Der blinde Samurai“. Eine Chance somit für all
diejenigen, die ihn noch nicht sehen konnten und denen ich hiermit die
Entscheidung für einen Kinoabend erleichtern möchte.
Die inzwischen elfte Regiearbeit des japanischen Multitalents und
Kultregisseurs Takeshi Kitano greift erstmalig ein historisches Thema auf.
Und nicht irgendeines – die Geschichte des blinden Masseurs und
Schwertkämpfers Zatoichi gilt als japanisches Kulturgut und ist zwischen
1962 und 1989 bereits über zwanzig Mal verfilmt worden. Der Plot ist schnell
erzählt – Zatoichi ist ein blinder Wanderer, der im Japan des 19.
Jahrhunderts durch die Dörfer zieht und seinen Lebensunterhalt durch
Glücksspiel und Massagen verdient. Doch hinter der Fassade des behinderten,
auf den ersten Blick etwas trottelig wirkenden Alten verbirgt sich ein
Meister der Schwertkunst, der blitzschnell und präzise zuzuschlagen weiß und
diese Fähigkeit in den Dienst der Gerechtigkeit stellt...
Takeshi Kitanos Film ist eine verwegene Mischung verschiedenster Genres, wie
Western, Jidaigeki, Humoreske und Musikfilm. Das ist mutig und war von
Kitano nicht anders zu erwarten. Trotzdem ist das Ergebnis – das der Jury
der Filmfestspiele in Toronto und Venedig immerhin preiswürdig war – in
meinen Augen eher zwiespältig. Wer mit Takeshi Kitanos Filmschaffen vertraut
ist, den nimmt es nicht wunder, dass auch dieser Film bis an die
Schmerzgrenze gewalttätig ist. Das Kunstblut fließt in Strömen, getötet wird
mit einer Coolness, dass man kaum glauben mag, dass Quentin Tara ntino
„Zatoichi“ vor „Kill Bill“ nicht gesehen haben kann. Nun gehören Blut und
abgetrennte Gliedmaßen zu furiosen Schwertkämpfen dazu und sollen uns jetzt
nicht weiter beschäftigen – so die etwas sensibleren Gemüter hiermit
gewarnt seien. Nein, der Schwachpunkt des Films ist nicht dessen Brutalität,
sondern ganz einfach die Geschichte. Diese ist für zwei Stunden Film einfach
zu dünn. Man braucht viel Geduld, sich auf die durchaus schönen und ruhigen
Bilder einzulassen. Die Protagonisten laden allesamt zu keiner
Identifikation ein und so bleibt das auf der Strecke, was Kitanos Filme
bislang immer ausmachte: die Tiefgründigkeit, der gewohnte Anspruch. Das ist
schade und kann auch nicht durch Kitanos einmalig augenzwinkernde Art und
Weise des Erzählens wettgemacht werden.
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