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	Haruki Murakami gilt als der meistgelesenste japanische Autor der Gegenwart 
	und kann auf eine weltweite treue Fangemeinde bauen. Diese zumindest dürfte 
	auch der ersten Verfilmung einer Erzählung des Autors mit Spannung 
	entgegengesehen haben.
 Jun Ichikawa, bislang erfolgreich als Werbefilmer und bekannt geworden durch 
	seinen Film „Tokyo Lullaby“ hat sich der Herausforderung gestellt und sie 
	schlussendlich auch gemeistert. Vielleicht nicht mit Bravour – aber das 
	lässt der knappe (75 Minuten lange) und kühle (viele leblose, braune und 
	graue Bilder) Film gar nicht zu. Er ist reduziert auf das Wesentliche und 
	lässt damit keinen Platz für Euphorie jeder Art.
 
 
  Wenn ich in unserer Juni-Ausgabe bekannt habe, „Tasogare Seibei“ zu lieben, 
	dann vermuten Sie richtig, dass mir dieser „Tony Takitani“ nicht in diesem 
	Maße liegen kann. Gerade weil Emotionen hier nur im Tiefkühlpack 
	daher 
	kommen, Träume nur dazu da sind, wie Glas zu zerspringen und Männer wie 
	Frauen einsame, auf ihren speziellen Überlebenskosmos reduzierte Lebewesen 
	sind. 
 Ichikawa hat eine zehn Jahre alte Erzählung von Haruki Murakami verfilmt 
	(aus dem Japanischen von Ursula Gräfe, Dumont Verlag, Köln 2005, 64 Seiten, 
	14,90 €), die davon handelt, dass ein einsamer Mann seine Liebe findet und 
	sie wieder verliert. Das klingt weitaus melodramatischer als es uns dann auf 
	der Leinwand erscheint – als fast zwangsläufige, unausbleibliche Geschichte 
	des Lebens. Tony Takitani ist einsam aufgewachsen und war Einsamkeit 
	gewohnt, bis er seine Frau traf. Er verliert sie wieder, als er sie bittet, 
	einen Teil ihrer obsessiv erworbenen Designerkleidung in eine Boutique 
	zurückzubringen. Als er wieder allein ist, teilt er diese Einsamkeit mit 
	Wagenladungen von Kleidern, Schuhen, Mänteln, Röcken, Pelzen... Tony 
	Takitani, der in seinem Leben keine Spuren hinterlassen hat, verkauft die 
	Kleidung seiner toten Frau gemeinsam mit der von seinem verstorbenen Vater – 
	einem Jazzmusiker – ererbten Plattensammlung und ist dann wirklich allein.
 
 Murakamis Texte lassen sich zweifelsfrei schwer verfilmen,
  da sie von 
	Alltäglichem reden, aber nicht wirklich davon handeln. Sie zeigen seinen 
	Alltag, seine Arbeit, Begegnungen, Liebschaften, Trennungen - handeln aber 
	von der Einsamkeit eines jeden Einzelnen, seinen Gefühlen, Sehnsüchten, 
	Ängsten und vor allem der Suche nach Wärme. Die ist in diesem Film genauso 
	wenig zu finden, wie in unseren hochentwickelten, individualisierten 
	Konsumgesellschaften. Ichikawa hat schlichte, einfache Bilder gefunden, 
	diese schlichte Geschichte zu erzählen. Verfremdet fährt die Kamera 
	horizontal von links nach rechts, scheinbar nahtlos von einem Schauplatz zum 
	nächsten. Die Schauspieler - Issey Ogata und Rie Miyazawa („Tasogare Seibei“) 
	- agieren verhalten und illustrieren dieses bebilderte Hörbuch auf 
	unvergessliche Weise. 
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